Kriminologie: Unterschied zwischen den Versionen

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===Definition===
Als '''Kriminologie''' bezeichnet man ein [[interdisziplinär]]es Forschungsgebiet aus [[Soziologie]], [[Philosophie]], [[Pädagogik]], [[Psychologie]], [[Ethnologie]] und [[Rechtswissenschaften]] (hier insbesondere der [[Strafrecht]]swissenschaft). Gemeinsam ist den jeweiligen Forschern ein Erkenntnisinteresse in Hinblick auf Ursachen, Formen und Möglichkeiten der Prävention von kriminellen Handlungen. Der Begriff der Kriminologie ist vom Begriff der [[Kriminalistik]] zu unterscheiden, welche die Aufklärung einzelner Verbrechen zur Aufgabe hat.


Kriminologie ist die Lehre von der Kriminalität (Kunz 2004, 1).
In Deutschland gehört die Kriminologie zur nicht-juristischen [[Kriminalwissenschaft]] und ist somit (zumindest in Teilbereichen) den Rechtswissenschaften zuzurechnen. Sie ist bedeutsam im Zusammenhang mit dem Strafrecht und vor allem in Bezug auf das [[Strafvollzugsrecht]] bzw. bei dessen Umsetzung durch im [[Strafvollzug]] tätige [[Jurist]]en. Anwendung finden kriminologische Erkenntnisse im Strafrecht vor allem bei der Legalprognose im Zusammenhang etwa mit der Urteilsfindung oder auch der Aussetzung der Strafe zur Bewährung.


In der Kriminologie geht es um die Betrachtung von Kriminalität in ihrer Tatsächlichkeit als ein gesellschaftlich vorhandenes Phänomen, welches mit den Personen, die Rechtsbrüche begehen, mit deren Verwobenheit in soziale Bezüge und mit den Reaktionen der Gesellschaft auf Rechtsbrüche in Zusammenhang gebracht werden kann. (Kunz 2004, 1)
== Begriffsgeschichte ==
Die Herkunft der Bezeichnung Kriminologie ist nicht eindeutig geklärt. Verwendet wurde der Begriff jedoch nachweislich zum ersten Mal von [[Raffaele Garofalo]] als Titel seines 1885 veröffentlichten Werkes "Criminologia".


===Begriffsgeschichte===
Als (zumindest geistiger) Begründer der Kriminologie wird der Italiener [[Beccaria]] angesehen. In seiner im 18. Jahrhundert veröffentlichten Schrift "Dei Delitti e delle Pene" (dt. "Über Verbrechen und Strafen") plädierte er in einer Art Manifest gegen das Strafrechtswesen im Allgemeinen und forderte, die Überkommenen Methoden (wie Folter, etc.) durch humanere Methoden zu ersetzen. Obwohl Beccarias Schrift zunächst auf große Zustimmung traf, verhallten diese Forderungen recht bald wieder, ohne für große Veränderungen gesorgt zu haben.
 
Als Urheber der empirischen (also streng an Fakten orientierten) Kriminologie gilt dagegen der italienische Mediziner [[Cesare Lombroso]]. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts veröffentlichte er sein Werk "L'uomo delinquente" (dt. "Der Verbrecher"), in welchem er die These vertrat, dass man Verbrecher anhand physiologischer Merkmale erkennen könne. Nach dieser Theorie war das Verbrechen somit bei der Geburt determiniert, was zu dem Schluss führte, dass als Reaktion auf Verbrechen ausschließlich repressive Maßnahmen in Betracht kämen.
Der Begriff der K. stammt nach heutigem Wissen von Garofalo (1885). In Frankreich benutzte Gabriel Tarde den Begriff im Jahre 1888; Émile Durkheim verwandte ihn 1894 in einem seiner Aufsätze in der Revue philosophique zu den "Regeln der soziologischen Methode". In den USA tauchte der Begriff "Criminology" wohl zuerst 1902 als Titel eines Buches von [[Arthur MacDonald]] auf.  
Lombrosos Thesen basierten auf Untersuchungen (körperlichen Messungen), welche er zunächst in seiner Zeit als Militärarzt an Soldaten und später an Strafgefangenen vorgenommen hatte und anhand derer er Tafeln mit den unterschiedlichen "Verbrechertypen" aufstellte.
 
Seine Theorien wurden allerdings bereits zu dessen Lebzeiten von anderen Wissenschaftlern widerlegt und werden heutzutage kaum noch vertreten.
===Worum geht´s in der Kriminologie?===
 
Als weitere anlagebedingte Ansätze gelten etwa die Adoptions- und die [[Zwillingsforschung]], sowie die weniger populäre sog. "Phosphattheorie" (verstärkte Aggressionsbereitschaft durch übermäßigen Konsum phosphathaltiger Fleischprodukte). Ferner wurde zeitweilig von der Existenz eines sog. Mörderchromosomes ausgegangen (überzähliges Y-Chromosom - [[XYY]]), dessen Kausalität für das Begehen von Verbrechen jedoch wissenschaftlich widerlegt werden konnte.
Edwin Sutherland und Donald Cressey bringen es 1974 auf den Punkt. In der Kriminologie geht es um:
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzten sich zunehmend solche Stimmen durch, welche die Verbrechensursachen nicht ausschließlich in den Anlagen des Menschen vermuteten, sondern vielmehr auch die Umwelt als Ursache mit einbezogen.
 
In diesem Zusammenhang entwickelte sich die von [[Franz von Liszt]] aufgestellte sog. '''Anlage-Umwelt-Formel''', wonach er das Verbrechen als Resultat der Eigenart des Täters und den diesen zur Tatzeit umgebenden äußeren Einflüssen beschrieb.
"a study of lawmaking, lawbreaking, and reactions to lawbreaking" (Sutherland/Cressey 1974, 21)
Während der nationalsozialistischen Herrschaft gewannen die anlagebedingten Theorien nochmals an Bedeutung - was sich etwa in der Ausweitung strafrechtlicher Sanktionen auf Familienangehörige des Straftäters (siehe auch [[Sippenhaftung]]) widerspiegelte.
 
===Wissenschaftscharakter, Teil- und Nachbardisziplinen===


Es gibt auch andere Wissenschaften, die sich mit Kriminalität befassen. So beschäftigt sich die Rechtswissenschaft, vor allem die Strafrechtswissenschaft mit den normativen Voraussetzungen, unter denen Strafe verhängt und vollstreckt wird.  
Heutzutage gibt es eine Vielzahl unterschiedlichster Erklärungsansätze. Diese lassen sich grob einteilen in:
- '''täterorientierte''' Theorien
- '''gesellschaftsorientierte''' Theorien
- '''multifaktorielle''' Ansätze (zu den einzelnen Theorien siehe auch [[Kriminalitätstheorie]]n).


Die Kriminalität in ihrem tatsächlichen Vorhandensein betrachtet auch die [[Kriminalistik]]. Sie versteht sich als Hilfswissenschaft praktischer Kriminalitätsbekämpfung und ist fallbezogen auf Aufdeckung und Verhüten von Straftaten ausgerichtet.
In der [[Kritische Kriminologie|kritischen Kriminologie]] wird, entsprechend der Doppeldeutigkeit des lateinischen Begriffsursprungs ''crimen'', was sowohl Beschuldigen, als auch Verbrechen bedeuten kann, unter „Kriminalität“ die Gesamtheit der Aktionen und Interaktionen zwischen den für Rechtsetzung und -durchsetzung zuständigen Institutionen einerseits und den für Rechtsbruch verantwortlichen und von Rechtserleidung betroffenen Individuen andererseits verstanden.


Daneben gibt es weitere Bezugswissenschaften (Bezugsfächer), die sich ebenfalls mit Kriminalität beschäftigen, wie zum Beispiel die [[Kriminalanthropologie]], [[Kriminalbiologie]], [[Kriminalpsychologie]], [[Kriminalpsychiatrie]], [[Kriminalsoziologie]].
Vertreter des sich seit den Fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts formierenden ''Labeling Approaches'' (dt. [[Etikettierungsansatz]]) (in Deutschland z.B. [[Fritz Sack]] und [[Peter-Alexis Albrecht]]) gehen davon aus, dass Kriminalität ubiquitär (d.h. allgemein verbreitet) sei und lediglich gewisse Schichten der Gesellschaft seitens des Gesetzgebers, sowie der Strafverfolgungsbehörden als Verbrecher "herausselektiert" - und damit etikettiert - würden.
In bewußter Abgrenzung zur [[Ätiologie|ätiologisch]] orientierten Kriminologie, erklären die Anhänger des Etikettierugsansatzes die Entstehung von Kriminalität nicht dadurch, dass sie kausal auf in der Person des Täters oder in der gesellschaftlichen Struktur gelegene Ursachen zurückführen. Kriminalität ist dieser Ansicht zufolge vielmehr das Ergebnis eines gesellschaftlichen Zuschreibungsprozesses. Teile des Labeling-Approaches sind dem (strafrechtlichen) [[Abolitionismus (Kriminologie)]] zuzuordnen (einer Strömung, welche die Abschaffung jeglicher Art von Freiheitsentzug fordert).


In ihrer Wissenschaftlichkeit greift die Kriminologie häufig auf Befunde ihrer Bezugsfächer zurück, sie vergleicht die Befunde und wertet sie aus. Karl-Ludwig Kunz betont, dass es noch recht unklar ist, ob die Kriminologie einfach nur ein Sammelbecken ihrer Bezugswissenschaften ist oder gar eine fachliche Eigenständigkeit besitzt. (vgl. die Kriminologie als [["clearing"-Zentrale]])
Die Kriminologie ist vom Begriff her die Lehre vom [[Verbrechen]]. Die Ursachenforschung von [[Kriminalität]] spielt heute eine wichtige Rolle im Alltag. Die [[Kriminalitätsfurcht]] insbesondere älterer Menschen ist Thema der [[Kriminalpolitik]] wie auch die erhebliche Kriminalitätsbelastung von [[Kind]]ern, [[Jugendliche]]n und [[Heranwachsende]]n.


Institutionell jedenfalls besteht eine fachliche Eigenständigkeit, denn es existieren zahlreiche kriminologische Forschungseinrichtungen und national- und internationale Studiengänge (vgl. [[Ausbildung zum Kriminologen]]).
== Aufgabengebiet und Arbeitsweise ==


== Geschichte der Kriminologie ==
Der Begriff der Kriminologie ist vom Begriff der [[Kriminalistik]] zu unterscheiden. Beide Wissenschaften können als Hilfswissenschaft der jeweils anderen betrachtet werden. Während primäres Ziel der Kriminologie die abstrakte (also nicht auf einen bestimmten Fall bezogene) Erkenntnisgewinnung über die Ursachen und Erscheinungsformen von Kriminalität ist, beschäftigt sich die Kriminalistik mit der konkreten - praxisbezogenen - Fragestellung der Verhütung (Prävention), Bekämpfung und Aufklärung von Straftaten.


I. Probleme der Geschichtsschreibung
Zentrale Betrachtungspunkte der Kriminologie stellen das [[Verbrechen]], der [[Verbrecher]], das Verbrechensopfer, sowie die Verbrechenskontrolle dar.


II. Die drei "Ursprungsmythen"
Kriminologie umfasst insbesondere die [[Kriminalitätstheorie]]n (darunter auch die [[Kontrolltheorie]]n und „[[Halttheorie]]n“, welche der Frage nachgehen, warum Menschen sich konform verhalten - also nicht kriminell werden); zur Kriminologie muss weiterhin auch der Bereich der Sinnhaftigkeit von [[Strafe]] gestellt werden.  


1. Die klassische Schule
Betrachtet man Kriminalität als Massenerscheinung, benutzt die Kriminologie auch die bekannten [[Kriminalstatistik]]en. Diese haben dann auch erheblichen Anteil an der praktizierten [[Kriminalpolitik]], die sich mit leicht zu vermittelnden Zahlen besser verbreiten lässt, als Hinweise auf komplizierte Untersuchungen. Zentrale Begriffe hierbei sind das [[Hellfeld]] und das [[Dunkelfeld]].
Problematisch ist in diesem Zusammenhang stets die begrenzte Aussagekraft der Statistiken.


2. Die Moralstatistiker
== Kriminologie als Studienfach ==


3. Die positive Schule
Kriminologie als Studienfach wird insbesondere als Grundlagenfach oder als Annexfach zum [[Strafrecht]] gesehen. In Berlin und vielen weiteren Universitäten (bspw. Köln) gibt es die Möglichkeit, im Rahmen eines Schwerpunktbereiches im Hauptstudium Kriminologie zu belegen und im Examen darin geprüft zu werden.
Ein Master-Studiengang Internationale Kriminologie existiert derzeit an der [[Universität Hamburg]] (Abschluss: „Master of Arts (MA)“, früher „Dipl.-Kriminologe“). Seit dem Wintersemester 2005/2006 gibt es an der [[Ruhr-Universität Bochum]] einen [http://www.rub.de/kriminologie Masterstudiengang „Kriminologie und Polizeiwissenschaft“], der ab 2008 als viersemestriges "blended learning"-Studium angeboten wird. Der Studiengang ist praxisbezogen und richtet sich sowohl an Bewerber mit mindestens einem abgeschlossenen rechtswissenschaftlichen Studium als auch an Personen aus den Bereichen der Polizei, Sozialarbeit sowie aus anderen Berufsfeldern mit einem geeigneten Fachhochschulabschluss und einschlägiger Berufserfahrung.  


III. Das 19. Jahrhundert
Fast sämtliche Universitäten mit juristischer [[Fakultät (Hochschule)|Fakultät]] besitzen einen Lehrstuhl für Kriminologie.


IV. Das 20. Jahrhundert
Seit 2007 gibt es auch an der neugegründeten Deutschen Hochschule der Polizei in Münster (ehemals [[Polizei-Führungsakademie]] einen Lehrstuhl für Kriminologie - sowie einen Lehrstuhl für [[Polizeiwissenschaft]].


1. Geschichte der Kriminologie in Deutschland
== Siehe auch ==
  1.1 Bis zum Ende des Kaiserreichs
* [[Kriminalität]], [[Kriminalistik]], [[Kriminalprävention]], [[Kriminalbiologie]], [[Kriminalpolitik]], [[Profiler (Kriminalistik)]]
  1.2 Die Weimarer Republik
* [[Rechtspsychologie]]
  1.3 Das Dritte Reich
* [[Kriminologische Zentralstelle]], [[Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen]]
  1.4 Die Nachkriegszeit (Besatzungszeit)
* [[Liste der Kriminologen]]
  1.5 Kriminologie in der BRD und der DDR von 1949-1989
* [http://www.krimlex.de Kriminologie-Lexikon Online]
      1.5.1 Traditionelle und [[Kritische Kriminologie]]
* [http://www.polizei-newsletter.de Polizei-Newsletter]
      1.5.2 Sozialistische Kriminologie in der DDR


2. Geschichte der Kriminologie in Europa
== Literatur ==
* [[Peter-Alexis Albrecht]]: ''Kriminologie. Eine Grundlegung zum Strafrecht.'' 3. Auflage. Beck, München 2005, ISBN 3-406-53870-3.
* Britta Bannenberg, Dieter Rössner: ''Kriminalität in Deutschland.'' Beck, München 2005, ISBN 3-406-50884-7.
* Peter Becker: ''Verderbnis und Entartung. Eine Geschichte der Kriminologie des 19. Jahrhunderts als Diskurs und Praxis.'', Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN 3525351720
* Michael Walter: ''[http://www.uni-koeln.de/jur-fak/krimfor/Jugendkriminalitaet2005.pdf Jugendkriminalität].'' Stuttgart 2005, 3. Auflage, ISBN 3415035131.
* Michael Bock: ''Kriminologie.'' München 2000, ISBN 3800625830.
* Helga Cremer-Schäfer, [[Heinz Steinert]]: ''Straflust und Repression. Zur Kritik der populistischen Kriminologie.'' Münster 1998.
* Wolfgang Daschner, ''Die Geschichte des Verbrechens'', Kriminalistik 02/1996 - 06/1996
* Ulrich Eisenberg: ''Kriminologie.'' C. H. Beck, 6. Auflage, München 2005, ISBN 3406531652.
* Silviana Galassi: ''Kriminologie im Deutschen Kaiserreich. Geschichte einer gebrochenen Verwissenschaftlichung'', Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2004.
* [[Günther Kaiser]]: ''Kriminologie.'' 3. Auflage, Heidelberg 1996.
* [[Hans-Jürgen Kerner]] (Hrsg.): ''Kriminologie Lexikon.'' 4. Auflage, Heidelberg 1991.
* Stefan Krauth: ''[http://phase2.nadir.org/rechts.php?artikel=314&print= Zur Querfront von Kriminologie und Hirnforschung]''. In: ''Phase 2'', #17/2005 .
* Karl-Ludwig Kunz: ''Kriminologie.'' 4. Auflage. Stuttgart 2004.
* [[Bernd-Dieter Meier]]: ''Kriminologie.'' 3. Auflage, München 2007, ISBN 3406559824.
* [[Hans-Dieter Schwind]]: ''Kriminologie. Eine praxisorientierte Einführung mit Beispielen'' 17. Auflage, Heidelberg 2007, ISBN 3783200334.
* Karsten Uhl: ''Das „verbrecherische Weib“. Geschlecht, Verbrechen und Strafen im kriminologischen Diskurs 1800-1945.'' Münster u.a.: LIT 2003; ISBN 3-8258-6593-2
* Michael Windzio, Matthias Kleinmann: ''Die kriminelle Gesellschaft als mediale Konstruktion?''. In: ''Soziale Welt'', 2006, S. 193-215
* Klaus-Stephan von Danwitz: ''Examens-Repetitorium Kriminologie'' 1. Auflage, 2004, ISBN 3811490370


3. Geschichte der Kriminologie in den USA
== Weblinks ==
 
*[http://www.kriminologie.uni-hamburg.de/wiki/index.php/Hauptseite Krimpedia. Die freie kriminologische Enzyklopädie]
 
*[http://www.uni-konstanz.de/rtf/ki/links.htm Links zu kriminalstatistischen und kriminologischen Informationsquellen - Konstanzer Inventar]
== Die Kriminologie und ihre Institutionen ==
*http://www.mpicc.de/ - [[Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht]]
 
*[http://www.krimz.de/ Kriminologische Zentralstelle in Wiesbaden]
 
*http://www.kfn.de - [[Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen|Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen]]
 
*[http://www.criminologia-rsm.eu Society of Criminology, Republic of San Marino]
===Literatur===
*[http://www.irks.at/ Institut für Rechts und Kriminalsoziologie Wien]
 
*[http://www.mpicc.de/ww/de/pub/home/albrecht.htm Beitrag Hans Jörg Albrechts in: 'Kleines Kriminologisches Wörterbuch'], hrsg. von [http://www.isip.uni-hamburg.de/05%20Mitarbeiter/FS%202.htm Fritz Sack], [http://www.mpicc.de/ww/de/pub/home/kaiser.htm Günther Kaiser], Hans-Jürgen Kerner und Hartmut Schellhoss, Heidelberg: C. F. Müller 1993.
Garofalo, Raffaele (1885): Criminologia.
 
MacDonald, Arthur (1892): Criminology. With an Introduction by Dr. Cesare Lombroso, Professor of Legal Medicine at the University of Turin, Italy. New York: Funk & Wagnalls Company.
 
Kunz, Karl-Ludwig (2004): Kriminologie. UTB, Bern.
 
Pires, Alvaro (1995): La criminologie d'hier et d'aujourd'hui. Nn: Christian Debuyst, Françoise Digneffe, Jean-Michel Labadie et Alvaro P. Pires, Histoire des savoirs sur le crime et la peine. Band I: Des savoirs diffus à la notion de criminel-. S. 13-67. Les Presses de l'Université de Montréal, Les Presses de l'Université d'Ottawa et De Boeck Université, 1995
 
Tarde, Gabriel (1888):La criminologie. Revue d'anthropologie, pp. 521-533 (Der Artikel bezieht sich explizit auf die in diesem Jahr erschienene französische Übersetzung von Garofalos "Criminologia")
 
Sutherland, Edwin / Cressey Donald (1974): Principles of criminology. 9. Auflage. Philadelphia.
 
===Links===
Siehe Beitrag von [http://www.mpicc.de/ww/de/pub/home/albrecht.htm Hans-Jörg Albrecht] in: 'Kleines Kriminologisches Wörterbuch', hrsg. von [http://www.isip.uni-hamburg.de/05%20Mitarbeiter/FS%202.htm Fritz Sack], [http://www.mpicc.de/ww/de/pub/home/kaiser.htm Günther Kaiser], Hans-Jürgen Kerner und Hartmut Schellhoss, Heidelberg: C. F. Müller 1993.

Version vom 2. März 2008, 17:02 Uhr

Als Kriminologie bezeichnet man ein interdisziplinäres Forschungsgebiet aus Soziologie, Philosophie, Pädagogik, Psychologie, Ethnologie und Rechtswissenschaften (hier insbesondere der Strafrechtswissenschaft). Gemeinsam ist den jeweiligen Forschern ein Erkenntnisinteresse in Hinblick auf Ursachen, Formen und Möglichkeiten der Prävention von kriminellen Handlungen. Der Begriff der Kriminologie ist vom Begriff der Kriminalistik zu unterscheiden, welche die Aufklärung einzelner Verbrechen zur Aufgabe hat.

In Deutschland gehört die Kriminologie zur nicht-juristischen Kriminalwissenschaft und ist somit (zumindest in Teilbereichen) den Rechtswissenschaften zuzurechnen. Sie ist bedeutsam im Zusammenhang mit dem Strafrecht und vor allem in Bezug auf das Strafvollzugsrecht bzw. bei dessen Umsetzung durch im Strafvollzug tätige Juristen. Anwendung finden kriminologische Erkenntnisse im Strafrecht vor allem bei der Legalprognose im Zusammenhang etwa mit der Urteilsfindung oder auch der Aussetzung der Strafe zur Bewährung.

Begriffsgeschichte

Die Herkunft der Bezeichnung Kriminologie ist nicht eindeutig geklärt. Verwendet wurde der Begriff jedoch nachweislich zum ersten Mal von Raffaele Garofalo als Titel seines 1885 veröffentlichten Werkes "Criminologia".

Als (zumindest geistiger) Begründer der Kriminologie wird der Italiener Beccaria angesehen. In seiner im 18. Jahrhundert veröffentlichten Schrift "Dei Delitti e delle Pene" (dt. "Über Verbrechen und Strafen") plädierte er in einer Art Manifest gegen das Strafrechtswesen im Allgemeinen und forderte, die Überkommenen Methoden (wie Folter, etc.) durch humanere Methoden zu ersetzen. Obwohl Beccarias Schrift zunächst auf große Zustimmung traf, verhallten diese Forderungen recht bald wieder, ohne für große Veränderungen gesorgt zu haben. Als Urheber der empirischen (also streng an Fakten orientierten) Kriminologie gilt dagegen der italienische Mediziner Cesare Lombroso. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts veröffentlichte er sein Werk "L'uomo delinquente" (dt. "Der Verbrecher"), in welchem er die These vertrat, dass man Verbrecher anhand physiologischer Merkmale erkennen könne. Nach dieser Theorie war das Verbrechen somit bei der Geburt determiniert, was zu dem Schluss führte, dass als Reaktion auf Verbrechen ausschließlich repressive Maßnahmen in Betracht kämen. Lombrosos Thesen basierten auf Untersuchungen (körperlichen Messungen), welche er zunächst in seiner Zeit als Militärarzt an Soldaten und später an Strafgefangenen vorgenommen hatte und anhand derer er Tafeln mit den unterschiedlichen "Verbrechertypen" aufstellte. Seine Theorien wurden allerdings bereits zu dessen Lebzeiten von anderen Wissenschaftlern widerlegt und werden heutzutage kaum noch vertreten.

Als weitere anlagebedingte Ansätze gelten etwa die Adoptions- und die Zwillingsforschung, sowie die weniger populäre sog. "Phosphattheorie" (verstärkte Aggressionsbereitschaft durch übermäßigen Konsum phosphathaltiger Fleischprodukte). Ferner wurde zeitweilig von der Existenz eines sog. Mörderchromosomes ausgegangen (überzähliges Y-Chromosom - XYY), dessen Kausalität für das Begehen von Verbrechen jedoch wissenschaftlich widerlegt werden konnte. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzten sich zunehmend solche Stimmen durch, welche die Verbrechensursachen nicht ausschließlich in den Anlagen des Menschen vermuteten, sondern vielmehr auch die Umwelt als Ursache mit einbezogen. In diesem Zusammenhang entwickelte sich die von Franz von Liszt aufgestellte sog. Anlage-Umwelt-Formel, wonach er das Verbrechen als Resultat der Eigenart des Täters und den diesen zur Tatzeit umgebenden äußeren Einflüssen beschrieb. Während der nationalsozialistischen Herrschaft gewannen die anlagebedingten Theorien nochmals an Bedeutung - was sich etwa in der Ausweitung strafrechtlicher Sanktionen auf Familienangehörige des Straftäters (siehe auch Sippenhaftung) widerspiegelte.

Heutzutage gibt es eine Vielzahl unterschiedlichster Erklärungsansätze. Diese lassen sich grob einteilen in: - täterorientierte Theorien - gesellschaftsorientierte Theorien - multifaktorielle Ansätze (zu den einzelnen Theorien siehe auch Kriminalitätstheorien).

In der kritischen Kriminologie wird, entsprechend der Doppeldeutigkeit des lateinischen Begriffsursprungs crimen, was sowohl Beschuldigen, als auch Verbrechen bedeuten kann, unter „Kriminalität“ die Gesamtheit der Aktionen und Interaktionen zwischen den für Rechtsetzung und -durchsetzung zuständigen Institutionen einerseits und den für Rechtsbruch verantwortlichen und von Rechtserleidung betroffenen Individuen andererseits verstanden.

Vertreter des sich seit den Fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts formierenden Labeling Approaches (dt. Etikettierungsansatz) (in Deutschland z.B. Fritz Sack und Peter-Alexis Albrecht) gehen davon aus, dass Kriminalität ubiquitär (d.h. allgemein verbreitet) sei und lediglich gewisse Schichten der Gesellschaft seitens des Gesetzgebers, sowie der Strafverfolgungsbehörden als Verbrecher "herausselektiert" - und damit etikettiert - würden. In bewußter Abgrenzung zur ätiologisch orientierten Kriminologie, erklären die Anhänger des Etikettierugsansatzes die Entstehung von Kriminalität nicht dadurch, dass sie kausal auf in der Person des Täters oder in der gesellschaftlichen Struktur gelegene Ursachen zurückführen. Kriminalität ist dieser Ansicht zufolge vielmehr das Ergebnis eines gesellschaftlichen Zuschreibungsprozesses. Teile des Labeling-Approaches sind dem (strafrechtlichen) Abolitionismus (Kriminologie) zuzuordnen (einer Strömung, welche die Abschaffung jeglicher Art von Freiheitsentzug fordert).

Die Kriminologie ist vom Begriff her die Lehre vom Verbrechen. Die Ursachenforschung von Kriminalität spielt heute eine wichtige Rolle im Alltag. Die Kriminalitätsfurcht insbesondere älterer Menschen ist Thema der Kriminalpolitik wie auch die erhebliche Kriminalitätsbelastung von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden.

Aufgabengebiet und Arbeitsweise

Der Begriff der Kriminologie ist vom Begriff der Kriminalistik zu unterscheiden. Beide Wissenschaften können als Hilfswissenschaft der jeweils anderen betrachtet werden. Während primäres Ziel der Kriminologie die abstrakte (also nicht auf einen bestimmten Fall bezogene) Erkenntnisgewinnung über die Ursachen und Erscheinungsformen von Kriminalität ist, beschäftigt sich die Kriminalistik mit der konkreten - praxisbezogenen - Fragestellung der Verhütung (Prävention), Bekämpfung und Aufklärung von Straftaten.

Zentrale Betrachtungspunkte der Kriminologie stellen das Verbrechen, der Verbrecher, das Verbrechensopfer, sowie die Verbrechenskontrolle dar.

Kriminologie umfasst insbesondere die Kriminalitätstheorien (darunter auch die Kontrolltheorien und „Halttheorien“, welche der Frage nachgehen, warum Menschen sich konform verhalten - also nicht kriminell werden); zur Kriminologie muss weiterhin auch der Bereich der Sinnhaftigkeit von Strafe gestellt werden.

Betrachtet man Kriminalität als Massenerscheinung, benutzt die Kriminologie auch die bekannten Kriminalstatistiken. Diese haben dann auch erheblichen Anteil an der praktizierten Kriminalpolitik, die sich mit leicht zu vermittelnden Zahlen besser verbreiten lässt, als Hinweise auf komplizierte Untersuchungen. Zentrale Begriffe hierbei sind das Hellfeld und das Dunkelfeld. Problematisch ist in diesem Zusammenhang stets die begrenzte Aussagekraft der Statistiken.

Kriminologie als Studienfach

Kriminologie als Studienfach wird insbesondere als Grundlagenfach oder als Annexfach zum Strafrecht gesehen. In Berlin und vielen weiteren Universitäten (bspw. Köln) gibt es die Möglichkeit, im Rahmen eines Schwerpunktbereiches im Hauptstudium Kriminologie zu belegen und im Examen darin geprüft zu werden. Ein Master-Studiengang Internationale Kriminologie existiert derzeit an der Universität Hamburg (Abschluss: „Master of Arts (MA)“, früher „Dipl.-Kriminologe“). Seit dem Wintersemester 2005/2006 gibt es an der Ruhr-Universität Bochum einen Masterstudiengang „Kriminologie und Polizeiwissenschaft“, der ab 2008 als viersemestriges "blended learning"-Studium angeboten wird. Der Studiengang ist praxisbezogen und richtet sich sowohl an Bewerber mit mindestens einem abgeschlossenen rechtswissenschaftlichen Studium als auch an Personen aus den Bereichen der Polizei, Sozialarbeit sowie aus anderen Berufsfeldern mit einem geeigneten Fachhochschulabschluss und einschlägiger Berufserfahrung.

Fast sämtliche Universitäten mit juristischer Fakultät besitzen einen Lehrstuhl für Kriminologie.

Seit 2007 gibt es auch an der neugegründeten Deutschen Hochschule der Polizei in Münster (ehemals Polizei-Führungsakademie einen Lehrstuhl für Kriminologie - sowie einen Lehrstuhl für Polizeiwissenschaft.

Siehe auch

Literatur

  • Peter-Alexis Albrecht: Kriminologie. Eine Grundlegung zum Strafrecht. 3. Auflage. Beck, München 2005, ISBN 3-406-53870-3.
  • Britta Bannenberg, Dieter Rössner: Kriminalität in Deutschland. Beck, München 2005, ISBN 3-406-50884-7.
  • Peter Becker: Verderbnis und Entartung. Eine Geschichte der Kriminologie des 19. Jahrhunderts als Diskurs und Praxis., Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN 3525351720
  • Michael Walter: Jugendkriminalität. Stuttgart 2005, 3. Auflage, ISBN 3415035131.
  • Michael Bock: Kriminologie. München 2000, ISBN 3800625830.
  • Helga Cremer-Schäfer, Heinz Steinert: Straflust und Repression. Zur Kritik der populistischen Kriminologie. Münster 1998.
  • Wolfgang Daschner, Die Geschichte des Verbrechens, Kriminalistik 02/1996 - 06/1996
  • Ulrich Eisenberg: Kriminologie. C. H. Beck, 6. Auflage, München 2005, ISBN 3406531652.
  • Silviana Galassi: Kriminologie im Deutschen Kaiserreich. Geschichte einer gebrochenen Verwissenschaftlichung, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2004.
  • Günther Kaiser: Kriminologie. 3. Auflage, Heidelberg 1996.
  • Hans-Jürgen Kerner (Hrsg.): Kriminologie Lexikon. 4. Auflage, Heidelberg 1991.
  • Stefan Krauth: Zur Querfront von Kriminologie und Hirnforschung. In: Phase 2, #17/2005 .
  • Karl-Ludwig Kunz: Kriminologie. 4. Auflage. Stuttgart 2004.
  • Bernd-Dieter Meier: Kriminologie. 3. Auflage, München 2007, ISBN 3406559824.
  • Hans-Dieter Schwind: Kriminologie. Eine praxisorientierte Einführung mit Beispielen 17. Auflage, Heidelberg 2007, ISBN 3783200334.
  • Karsten Uhl: Das „verbrecherische Weib“. Geschlecht, Verbrechen und Strafen im kriminologischen Diskurs 1800-1945. Münster u.a.: LIT 2003; ISBN 3-8258-6593-2
  • Michael Windzio, Matthias Kleinmann: Die kriminelle Gesellschaft als mediale Konstruktion?. In: Soziale Welt, 2006, S. 193-215
  • Klaus-Stephan von Danwitz: Examens-Repetitorium Kriminologie 1. Auflage, 2004, ISBN 3811490370

Weblinks