Raffaele Garofalo

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Der neapolitanische Richter (ab 1874), Strafrechts- und Strafprozessrechtslehrer (Privatdozent ab 1891) und konservative Senator (ab 1909) Baron Raffaele di Garofalo (* 18.11. 1851 in Neapel; † 18.04.1934 in Neapel) gilt aufgrund seines Lehrbuchs "Criminologia" (1885) als Erfinder der Bezeichnung "Kriminologie". Darüber hinaus

  • war zusammen mit Cesare Lombroso und Enrico Ferri einer der Begründer der scuola positiva di diritto penale, also einer positivistischen Richtung im (italienischen) Strafrecht, die in kriminologischen Lehrbüchern auch als positive (oder: italienische) Schule der Kriminologie bekannt ist und
  • bemühte sich mit dem (umstrittenen) Begriff des natürlichen Verbrechens um eine vom gesatzten Recht unabhängige Bestimmung des Gegenstands der Kriminologie.

Raffaele Garofalo, Sohn von Giovanni Garofalo (aus einer alten Familie katalonischen Ursprungs) und Carolina Zezza di Zapponeta, absolvierte ein Jurastudium in Neapel 1872, schlug 1874 die Laufbahn als Richter ein, wo er es bis zum Präsidenen des Kassationsgerichtshofs brachte, lehrte Strafrecht und Strafprozessrecht in Neapel und war zudem ein engagiert anti-marxistischer Politiker. Garofalo setzte sich u.a. für die Beibehaltung der Todesstrafe, für die Einführung von Entschädigungen für die Opfer von Verbrechen und Fehlurteilen sowie in späteren Jahren für das Regime Mussolinis ein.

In der "Criminologia" bemühte er sich um eine soziologische Definition des Verbrechens, die es erlauben würde, diejenigen Handlungen zu bestimmen, die durch Strafe unterdrückt werden könnten. Diese stellten seiner Meinung nach die "natürlichen Verbrechen" dar, also Handlungen, die die beiden fundamentalen altruistischen Gefühle verletzten, die alle Menschen gemeinsam haben, nämlich Anstand und Mitleid. Garofalo bestritt die Doktrin von der Willensfreiheit und favorisierte die positivistisch-empirische Untersuchung des Verbrechens.

Als Sozialdarwinist schlug Garofalo vor,

  1. Todesstrafe für diejenigen, deren kriminelle Taten aus einer permanenten psychischen Anomie resultierten, die sie unfähig zum sozialen Leben machten
  2. Teilweise Elimination oder Langzeit-Einsperrung derjenigen, die nur für das Leben von Nomadenhorden oder primitiven Stämmen geeignet sind
  3. Zwangswiedergutmachung durch nicht rückfallgefährdete Täter, die ihre Taten unter dem Druck außergewöhnlicher Umstände begingen.


Veröffentlichungen von Raffaele Garofalo

  • Raffaele Garofalo, Criminologia. Studio sul delitto, sulle sue cause e sui mezzi di repressione. Torino 1885; 2ª ed. ibid. 1891 oder 1896. Engl.: Criminology, 1914.
  • Studi recenti di penalità (1878)
  • Riparazione alle vittime del delitto, Torino 1887
  • Contro la corrente! Pensieri sulla proposta abolizione della pena di morte (1888)
  • Ancora sulla pena capitale (1933)
  • Sulla criminalità e la legislazione penale, Roma 1929.
  • L'assassinio e la pena di morte, Napoli 1877 (Übersetzung von F. von Holtzendorff, Das Verbrechen des Mordes und die Todesstrafe, Berlin 1875).
  • Della mitigazione dei reati di sangue, Giornale napoletano III, 5, f. 3 (1877)
  • Di un criterio positivo della penalità. Napoli 1880.
  • La indennità alle vittime dei reati (Auszug aus der Enciclopedia giuridica italiana), Milano 1901.
  • Dei recidivi e della recidiva, in: Completo trattato teorico e pratico di diritto penale (a cura di P. Cogliolo, IV, Milano 1888, pp. 781-943 (veröffentlicht 1889; zusammen mit L. Carelli)


Literatur

  • Francis A. Allen, Raffaele Garofalo, 1852-1934, in: Hermann Mannheim (Hrsg.), Pioneers in Criminology, London 1960, S. 254-276
  • Necr. in Corriere della sera, 27 apr. 1934
  • Rom, Arch. centr. dello Stato, Ministero di Grazia e Giustizia, Personale della magistratura, II versamento, b. 967
  • T. Rovito, Letterati e giornalisti italiani contemporanei, Napoli 1922, p. 186
  • U. Spirito, Storia del diritto penale italiano da C. Beccaria ai giorni nostri, Torino 1932, p. 210
  • F. Grispigni, Le concezioni penalistiche di A. Rosmini e di R. G.: contributo allo studio delle origini della scuola positiva, in Riv. di diritto penitenziario, 1940, pp. 5-37
  • G. Nirchio, in Enc. filosofica, II, Firenze 1967, coll. 1588 s.
  • Enc. biogr. e bibliogr. "Italiana", A. Malatesta, Ministri, deputati, senatori dal 1848 al 1922, II, pp. 16 s.
  • M. Missori, Governi, alte cariche dello Stato e prefetti del Regno d'Italia, Roma 1973, pp. 198 s., 207.

Weblinks