Benutzer:Stefanie K.

Aus Krimpedia – das Kriminologie-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Bei der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) handelt es sich um eine psychische Erkrankung (ICD-10: F43.1), die aus der ein- oder mehrmaligen Konfrontation mit selbst erlebten oder beobachteten Ereignissen von außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß (Trauma) resultieren kann. Das Trauma entsteht aus dem Gefühl heraus, der jeweiligen Situation schutz- und hilflos ausgeliefert zu sein und die gewohnten Abwehrmechanismen und Verarbeitungsstrategien als wirkungslos zu erleben. Die psychischen und psychosomatischen Symptome einer akuten Belastungsreaktion treten innerhalb der ersten drei Monate nach dem traumatischen Ereignis auf. Bestehen sie länger fort, ohne das tendenziell eine Besserung in Sicht ist, kann sich eine chronische PTBS entwickeln. Häufig geht mit der Erkrankung auch ein Infragestellen menschlicher Grundannahmen (wie z.B. das Vertrauen in die eigene Sicherheit und Handlungsfähigkeit oder die Vorhersagbarkeit bzw. Berechenbarkeit von Ereignissen) einher.


Definition

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert die Posttraumatische Belastungsstörung als

„[...] eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde.“

In der Definition der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) finden sich konkrete Beispiele traumatisierender Ereignisse:

„Die Posttraumatische Belastungsstörung ist eine mögliche Folgereaktion eines oder mehrerer traumatischer Ereignisse (wie z.B. Erleben von körperlicher und sexualisierter Gewalt, auch in der Kindheit (so genannter sexueller Missbrauch), Vergewaltigung, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Krieg, Kriegsgefangenschaft, politische Haft, Folterung, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, Unfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit), die an der eigenen Person, aber auch an fremden Personen erlebt werden können. In vielen Fällen kommt es zum Gefühl von Hilflosigkeit und durch das traumatische Erleben zu einer Erschütterung des Selbst- und Werteverständnisses.“

Auch wenn andere Erlebnisse gemeinhin als Trauma bezeichnet werden können (wie z.B. das Auseinanderbrechen einer Beziehung oder entscheidende Lebensveränderungen), entsprechen sie nicht den genannten Definitionskriterien, in deren Mittelpunkt eine Todeskonfrontation oder andere schwerwiegende Gefahrensituationen stehen. Solch Zustände werden als Anpassungsstörungen (ICD-10: F43.2) klassifiziert.


Ursprung

Die deutschen Überlebenden des Ersten Weltkrieges wurden aufgrund ihrer kriegsbedingten Traumafolgen als „Kriegszitterer“ bezeichnet und, gerade zur Zeit des zweiten Weltkrieges, der „Drückebergerei“ und der „mangelnden Manneszucht“ bezichtigt. Die (Militär-) Medizin fing erst in Folge des Vietnamkrieges an, sich ernsthaft mit den Folgen massiver psychischer Belastungen der Soldaten auseinanderzusetzen: Die Anzahl der traumatisierten Vietnamveteranen, die nach ihrer Rückkehr psychoseähnliche Erlebnis- und Verhaltensstörungen, Persönlichkeitsverformungen und Suchtkrankheiten aufwiesen, belastete die Staatskassen und erschütterte die Gesellschaft. Auch körperlich Unversehrte wurden nun aufgrund einer seelischen Extrembelastung als Schwerkranke angesehen. In Deutschland verhilft das Einsatz-Weiterverwendungsgesetz der Bundeswehr seinen Soldaten, die im Auslandseinsatz schwer verwundet wurden, zu einer Weiterbeschäftigung. Dies gilt explizit auch für traumatisierte Soldaten, deren Gesundheitsbeschädigungen oftmals erst nach Ende der Dienstzeit erkannt werden. Überlebende des Holocaust bzw. generell Überlebende von Völkermord und Lagerhaft werden als vom so genannten KZ-Syndrom, als eine spezielle Form der PTBS, betroffen verstanden.


Symptome

Kernsymptome der PTBS sind immer wiederkehrende Erinnerungen an das Erlebte und entsprechende Albträume. Die Erinnerungen kommen oftmals spontan und scheinen unkontrollierbar. Ebenso können sie durch so genannte Trigger ausgelöst werden, d.h. durch Geräusche, Gerüche oder Ereignisse, die der traumatisierenden Situation ähneln. Die durch diese Schlüsselreize ausgelösten Flashbacks können mit der Wahrnehmung verschiedener Sinne einhergehen (so berichten z.B. Soldaten, die im Einsatz schwer verwundet wurden, bei Flashbacks von dem Geruch von Blut), weshalb sie als außerordentlich plastisch und real wahrgenommen werden. Aufgrund der hohen Belastung durch die Erinnerungen werden mögliche Auslöser gemieden, weshalb sich die betroffene Person mitunter von ihren sozialen Kontakten völlig zurückzieht. Ein weiteres Symptom kann die Entwicklung von Ängsten sein. Am häufigsten tritt eine „Agoraphobie“ auf, die Angst vor bestimmten Orten, weshalb sich die Betroffenen auch hier fast gänzlich in die Sicherheit des eigenen Zuhauses zurückziehen.

Aber auch ein Gefühl der emotionalen Taubheit, Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, Panikattacken, Schreckhaftigkeit, erhöhte Wachsamkeit, Übererregung und aggressives Verhalten sind bezeichnend für diese Erkrankung. Es lassen sich bei den Betroffenen auch psychosomatische Beschwerden feststellen, die körperliche Krankheiten vortäuschen. Beispielhaft seien hier Beschwerden des Magen-Darm-Traktes, Rücken- und Kopfschmerzen wie auch Druck- oder Engegefühle im Brustbereich genannt.


Behandlung

Für die Behandlung von Traumata stehen eine Vielzahl an Verfahren und Therapien zur Verfügung, welche auf Ansätzen der kognitiven Verhaltentherapie bzw. Verhaltenstherapie oder der Psychoanalyse basieren. Das den unterschiedlichen Ansätzen gemeinsame Ziel ist die geordnete Verarbeitung des Traumas bzw. der Traumata, um so die Symptome reduzieren oder zumindest kontrollieren zu können. Mithilfe der Therapie soll das Erlebte (inklusive der dazugehörigen Gedanken und Gefühle) in der Vergangenheit vorortet werden und somit die diffuse Angst der Gegenwart verschwinden.


Kriminologische Relevanz

Die durch das Trauma ins Wanken geratenen persönlichen Moralvorstellungen und Werte, die Auseinandersetzung mit hartnäckigen Erinnerungen und Gefühlen, wie z.B. Verlust, Trauer, Scham oder Schuld, können zu einer besonderen emotionalen Dünnhäutigkeit führen. Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit und Nervosität stellen für das Umfeld eine Belastung dar, zumal die traumatisierte Person nicht in der Lage ist, ihre Erinnerungen, Gefühle und Bedürfnisse in Worte zu fassen. In der Folge kann es zu verbalen oder körperlichen Übergriffen kommen, so auch zu Formen der häuslichen Gewalt, in deren Kontext die Täter-Opfer-Beziehung eine wesentliche Rolle spielt.

Aufgrund der mit der PTBS einhergehenden täglichen Belastungen von innerer Anspannung, Schlafstörungen sowie Gefühlen der Angst und Hilflosigkeit, greifen einige Erkrankte zu Suchtmitteln, um die eigene Lage besser ertragen zu können. In erster Linie werden beruhigende Suchtmittel, wie z.B. Alkohol, konsumiert. Trotz der vermeintlich kurzfristigen Entlastung bergen diese Substanzen längerfristig ein erhebliches Schädigungs- und Abhängigkeitspotenzial und können die Krankheitssymptome letztendlich noch verstärken.

Die Kombination aus der besonderen emotionalen Dünnhäutigkeit und Alkoholkonsum erhöht die Gefahr von gewalttätigem Verhalten gegen andere Personen. Von PTBS Betroffene können aber auch zu autoaggressiven Handlungen bis hin zum Suizid neigen, wenn sie aufgrund der Kräfte zehrenden Symptome und Gefühlen von Traurigkeit, Verzweiflung und Mutlosigkeit ihren Antrieb und ihre Lebensfreude verlieren und sich eine Depression entwickelt.


Literatur

  • Martin Baierl, Herausforderung Alltag - Praxishandbuch für die pädagogische Arbeit mit psychisch gestörten Jugendlichen, 3. Aufl., Göttingen Vandenhoeck & Ruprecht 2011
  • Thomas Albert, Ein einziges Trauma macht noch keine PTBS, in: InFo Neurologie & Psychiatrie, 15 (4), Berlin: Springer 2013
  • Alexander Friedmann et al. (Hrsg.), Psychotrauma - Die Posttraumatische Belastungsstörung, Wien: Springer 2004
  • Andreas Maercker (Hrsg.), Posttraumatische Belastungsstörungen, 4. vollst. überarb. und aktual. Aufl., Berlin: Springer 2013
  • Kathleen Priebe et al., Dissoziation, Berlin: Springer 2013


Weblinks