Alkohol und Gewalt

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Zwischen Alkohol und Gewalt bestehen vielfältige Beziehungen. Alkoholkonsum kann die Begehung von Gewalt gegen sich selbst (Suizid) oder andere (Gewaltdelikte) begünstigen, er kann aber auch einer Opferwerdung vorausgehen (Wehrlosigkeit durch Alkoholisierung). Schließlich können (traumatische) Gewalterfahrungen die davon Betroffenen auch zu (exzessivem) Alkoholkonsum bewegen.

Alkohol und Aggressionsdelikte

Allgemein wird eine Triggerwirkung des Alkohols angenommen. In frustrierenden Situationen wird Alkohol getrunken, um mit der Problematik zurechtzukommen. Gleichzeitig entsteht dadurch auch eine Enthemmung. Die Wahrscheinlichkeit aggressiver Handlungen steigt an. Alkoholmissbrauch ist also eher Auslöser als Ursache. Er ist ein Faktor in einem komplexen Faktorenkomplex, der für bestimmte Tätertypen das Auftreten und auch die Schwere gewalttätiger Übergriffe wahrscheinlicher macht.

  • Nach Polizeilichen Kriminalstatistiken in Deutschland und Österreich werden 30-50% aller Gewaltdelikte unter Einfluss von Alkohol begangen.
  • Eine Studie in Bern von 2007 hält fest, dass bei Körperverletzung, Raub und häuslicher Gewalt in bis zu zwei Drittel der Fälle Alkohol im Spiel gewesen ist. Jugendliche üben häufiger Gewalt gegen Sachen aus, ältere Personen eher gegen Personen. Als alkoholtypisch gelten: Kindesmisshandlung, Gewalt in der Familie, Beleidigung und Sachbeschädigung sowie Widerstand gegen die Staatsgewalt.
  • Die Studie „Alkohol und Gewalt im Jugendalter“ (Kuntsche et al. 2003) kam zum Ergebnis, dass Jugendliche im Alter von 13-17 Jahren mit problematischem Alkoholkonsum signifikant häufiger zu Gewalttaten neigen als Jugendliche ohne (problematischen) Alkoholkonsum. Bei Jungen ist rund ein Drittel der verübten körperlichen Gewalt alkoholbedingt, bei Mädchen sind es sogar zwei Drittel. Ein Viertel der Jungen weist einen problematischen Alkoholkonsum auf. Auf dieses Viertel entfallen 50-60 % der durch Knaben verursachten Gewalttaten. Bei den Mädchen sind es 15 %, die einen problematischen Alkoholkonsum aufweisen - und diese 15 % begehen 40 bis 50 % der insgesamt durch Mädchen verübten Gewalttaten.

Alkohol und Viktimisierung

  • Knapp die Hälfte der Jungen und etwa 30-40 % der Mädchen, die Opfer von Gewalttaten werden, weisen (nach Kuntsche et al. 2003) selbst einen problematischen Alkoholkonsum auf. Für Abstinente und risikoarm konsumierende besteht demnach eine geringe Wahrscheinlichkeit, sich gewalttätig zu verhalten.
  • Eine Vielzahl von Studien zeigt einen deutlichen Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und aggressiven, gewalttätigen Handlungen. Allerdings ist die Forschung aufgrund der Komplexität der Faktoren noch uneinig, wie genau Alkoholkonsum dazu führt, dass aggressive Verhaltensweisen zunehmen und welche Faktoren dabei zusätzlich und moderierend eine Rolle spielen.
  • Rossow benennt 1996 grundlegende beeinflussende Faktoren, die Einfluss auf das Risiko haben, verletzt zu werden bzw. in eine Schlägerei verwickelt zu werden. Dazu zählen neben dem Alkoholkonsum insgesamt auch Geschlecht, Alter, Einkommen, Bildungslevel, Persönlichkeitsfaktoren, Freundeskreis, Besuch öffentlicher „Trinkplätze“ und die Frequenz der Alkoholräusche.
  • Ferner weisen verschiedene Untersuchungen darauf hin, dass Konsummuster (z.B.: Vorglüher, Nicht-Vorglüher) und Trinkmuster, also die Häufigkeit des Konsums und die Menge pro Trinkgelegenheit, aufschlussreicher sind als die durchschnittliche Konsummenge.
  • Es gibt diverse Ansätze und Überlegungen aus neurobiologischer, kognitiver, psychologischer und soziologischer Sicht für den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Gewaltverhalten. Dabei stößt man sowohl auf monokausale und interaktive Modelle als auch auf Modelle mit unabhängigen Wirkfaktoren.


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