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Unter der elektronischen Fußfessel versteht man einen technischen Apparat zur Ausübung der elektronischen Überwachung einer Person. Dieser Apparat besteht aus einem Sender, der am Fußgelenk der überwachten Person angebracht wird, und einem Empfangsgerät, das in der Wohnung des Überwachten aufgestellt wird. Diese beiden Geräte kommunizieren miteinander, so dass festgestellt werden kann, ob sich die überwachte Person zu Hause oder außerhalb aufhält.

Elektronische Fußfessel im Ausland

International ist die elektronische Überwachung unter dem Begriff Electronic Monitoring geläufig. Die Entwicklung begann in den USA und erreichte in den neunziger Jahren auch Europa. Hier wird die elektronische Fußfessel vor allem in Schweden (als Alternative zur kurzen Freiheitsstrafe bei Straßenverkehrstätern, insbesondere Alkoholtäter), in Großbritannien (Verkürzung des Langstrafvollzuges durch eine Übergangsphase der Halbgefangenschaft mit elektronisch überwachtem Hausarrest), und in der Schweiz (Kurzstrafenvollzug und Verkürzung des Langstrafenvollzugs bis zu zwölf Monaten) angewendet. In Schweden und Großbritannien ist sie bereits flächendeckend eingeführt. Die Schweiz hat am 31. August 2005 die Fortsetzung von Projekten in sieben Kantonen beschlossen. Zuletzt haben die Niederlande den elektronisch überwachten Hausarrest als Alternative zur kurzen Freiheitsstrafe erprobt. Im außereuropäischen Bereich sammeln unter anderem Kanada, Israel, Australien, Neuseeland und Singapur Erfahrungen mit der elektronischen Fußfessel.

Elektronische Fußfessel in Deutschland

Hessen

In Deutschland fand die elektronische Überwachung als Alternative zum stationären Freiheitsentzug erstmals im Jahre 2000 praktische Anwendung. Zunächst im Rahmen eines Modellversuchs beim Amts- und Landgericht Frankfurt am Main zum Einsatz gebracht, wurde die elektronische Überwachung im Rahmen eines Projektes des Justizministeriums mittlerweile in allen Gerichtsbezirken Hessens als Vollzugsalternative eingeführt. Die landesweite Implementierung der elektronischen Überwachung wurde durch das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg (MPI) wissenschaftlich begleitet und evaluiert.

Das hessische Modell stellt die Voraussetzungen für die Anwendung der elektronischen Fußfessel auf der derzeitigen Gesetzeslage zur Verfügung. Demnach besteht die Möglichkeit, elektronische Überwachung einzusetzen als:

Die elektronische Fußfessel wird also als Vermeidung von Untersuchungshaft angeordnet, oder in Fällen, in denen sonst eine Strafaussetzung nicht verantwortet werden könnte, oder in denen der Widerruf der Bewährung angesagt erscheint, verhängt. Dies sind Fälle, in denen eine strenge Strukturierung des Tagesablaufs für den Erfolg der Bewährung und für künftige Straffreiheit besonders notwendig erscheint.

Technischer Ablauf

Die überwachten Personen tragen während der Überwachungszeit einen Sender am Fußgelenk. Es wird ein Wochenplan festgelegt, aus dem hervorgeht, zu welchen Zeiten der Überwachte in seiner Wohnung bzw. außerhalb aufhalten muss. Über ein Empfangsgerät in der Wohnung des Probanden kann der Zentralrechner der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung (HZD) feststellen, ob sich dieser zu Hause befindet oder abwesend ist. Das hessische System verfügt über kein Global Positioning System (GPS), sodass nicht ersichtlich ist, wo sich der Betroffene aufhält, wenn er sich außerhalb von zu Hause befindet. Verstößt der Proband gegen den ihm auferlegten Zeitplan, wird der Bereitschaftsdienst des Projektes per SMS informiert. Manipulationen am Sender oder am Empfangsgerät werden ebenfalls dem System gemeldet.

Pädagogische Arbeit

Prüfung der Voraussetzungen einer Eignung für die Teilnahme

Kommt eine elektronisch Fußfessel in Betracht, wird die Sache an die Mitarbeiter des Projektes Elektronische Fußfessel übergeben. Hierbei handelt es sich um Dipl. Sozialpägadogen, die sowohl im Projekt Elektronische Fußfessel als auch in der allgemeinen Bewährungshilfe tätig sind. Sie erstellen der beauftragenden Behörde einen aussagekräftigen Sozialbericht. Dieser soll das Gericht in die Lage versetzen, sich ein umfassendes Bild über den Probanden zu machen. Neben den Fakten werden auch das soziale und familiäre Umfeld beschrieben. Die wichtigste Voraussetzung für eine elektronische Überwachung besteht aus dem Einverständnis des zu Überwachenden und seiner Beteiligung. Eine weitere Notwendigkeit besteht aus der Zustimmung einer elektronischen Überwachung aller volljährigen Personen, die mit dem Überwachten zusammen leben. Sie müssen nämlich Verständnis dafür zeigen, dass er sich nicht so spontan bewegen kann, wie er möchte, aber gerade nicht darf. Abhängig von den Auflagen und Weisungen des Gerichts muss der Proband, soweit erforderlich, Ärzte, Therapeuten, und Drogenberater gegenüber den Mitarbeitern des Projektes Elektronische Fußfessel von der Schweigepflicht entbinden, damit diese kontrollieren können, ob vereinbarte Termine eingehalten werden. Soweit möglich, wird gemeinsam mit dem Probanden der geplante Tagesablauf besprochen und ein Vorschlag für einen Wochenplan erstellt. In diesem werden verbindlich die Zeiten festgelegt, an denen der Proband zu Hause sein darf oder zu Hause sein muss. Seine Arbeitszeiten, Termine bei der Drogenberatung oder beim Arzt sowie die Freizeitaktivitäten werden hierbei berücksichtigt. Das zuständige Gericht oder die zuständige Strafvollstreckungskammer entscheidet, meist im Rahmen einer Hauptverhandlung, eines Anhörungs- oder Haftprüfungstermins, ob die elektronische Fußfessel zur Anwendung kommt.

Betreuung der Probanden

Während der Überwachungszeit findet mindestens einmal wöchentlich ein persönliches Gespräch zwischen Bewährungshelfer und Proband statt. Eine Auflage der Maßnahme der elektronischen Überwachung stellt das Nachgehen einer geregelten Tätigkeit nach. Sollte daher der zu Überwachende keine Arbeitsstelle haben und in keinem Ausbildungsverhältnis stehen, wird gemeinsam mit dem zuständigen Sozialarbeiter ein gemeinnütziger Arbeitsplatz gesucht. Verstöße gegen den Wochenplan werden thematisiert. Diese entstehen entweder durch äußere Umstände wie Stau, Überstunden, usw. oder durch willentliche Verstöße. Diese groben bzw. wiederholten Verstöße gegen den Wochenplan bieten Anlass zu richterlichen Anhörung bzw. zum Abbruch der Maßnahme. Nicht jeder grobe Verstoß wird jedoch richterlich sanktioniert. Die Verstöße bieten, wenn sich dadurch beispielsweise Hinweise auf einen Drogenrückfall oder andere Probleme ergeben, Gelegenheit, das bisherige Betreuungskonzept den Bedürfnissen des Probanden besser anzupassen.

Die elektronische Überwachung unterscheidet sich wesentlich von anderen Formen einer Betreuung von Straftätern. Dies betrifft vor allem die Art und Intensität der Kontakte zwischen Projekt und Proband, die erweiterten Interventionsmöglichkeiten der Projektmitarbeiter, den Umstand, dass den Probanden ihre Situation ständig ins Bewusstsein gerufen wird, und die Möglichkeit, das Projekt rund um die Uhr zu erreichen. Entsprechend ihrem Einsatzgebiet (Bewährungsweisung vs. Vermeidung von Untersuchungshaft) werden an die elektronische Überwachung unterschiedliche Anforderungen gestellt, was sich im pädagogischen Konzept niederschlägt. So liegt ihr Schwerpunkt bei Bewährungsweisungen in der Betreuung der Probanden, während bei der Vermeidung von Untersuchungshaft die Kontrolle im Vordergrund steht.

Dauer der Überwachung

Die vorgesehene Dauer der Überwachung beträgt sechs Monate, ist jedoch immer vom richterlichen Beschluss abhängig. Die längsten Überwachungszeiträume entstehen bei Probanden, die zur Vermeidung von Untersuchungshaft am Projekt teilnehmen.

Baden-Württemberg

Kritik

In Deutschland wird die elektronische Überwachung kontrovers diskutiert. Die Diskussionen verweisen auf erhebliche politische und professionell geprägte Widerstände gegen ihre Einführung. Während Befürworter die elektronische Überwachung als sinnvolle, kostengünstige, moderne und humane Alternative zum Freiheitsentzug begrüßen, befürchten andere die Etablierung einer Totalüberwachung und erinnern an den "Orwellschen Überwachungsstaat." Andere wiederum hegen Bedenken, die elektronische Überwachung sei eine Art "Urlaub zu Hause" und eigentlich keine Strafe, während manche die Sorge treibt, dass die Würde des Menschen durch sie gefährdet sei.

Literatur

  • Albrecht, Hans-Jörg et al. (Hrsg.), (1998): Internationale Pespektiven in Kriminologie und Strafrecht. Festschrift für Günther Kaiser zum 70. Geburtstag, Berlin, 121ff.
  • Erlass des Hessischen Ministeriums der Justiz vom 20.03.2000.
  • Mayer / Haverkamp / Levy (Hrsg.), (2003): Will electronic monitoring have a future in Europe? Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, Freiburg
  • Mayer, Markus (2002): Modellprojekt Elektronische Fußfessel, in: forschung aktuell, Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, Freiburg (Hg.)
  • Mayer, Markus (2004): Modellprojekt Elektronische Fußfessel. Studien zur Erprobung einer umstrittenen Maßnahme, in: Schriftenreihe des Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, Freiburg (Hg.)

Weblinks

http://www.cilip.de/ausgabe/60/elekhaus.htm

http://www.copyriot.com/electronic-monitoring/

http://www.grundrechte-report.de/2002/inhalt/details/back/inhalt-2002/article/der-elektronisch-ueberwachte-hausarrest-keine-alternative-zur-freiheitsstrafe/

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/9/9392/1.html

http://www.swissinfo.ch/ger/Fussfesseln:_ungewisse_Zukunft_trotz_positiven_Erfahrungen.html?cid=6403632