Community Policing (2016)

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Community Policing oder auch Community-oriented Policing ist eine ursprünglich angloamerikanische Polizeistrategie und –philosophie. Das Konzept versucht, die Bürgerinnen und Bürger durch Partizipation an Sicherheitsbelangen an der Wiederherstellung der Sicherheit in ihrem unmittelbaren sozialen Raum zu beteiligen und Kriminalitätsfurcht zu reduzieren (Hermann; Laue 2003, 71).

Auf Deutsch ist der Begriff Community Policing mit "gemeindewesenorientierter Polizeiarbeit" oder auch "bürgerorientierter Polizeiarbeit" zu übersetzen.

Als gegenteiliges Konzept des Community Policing kann die Zero Tolerance Policy (dt. Nulltoleranzstrategie) angesehen werden, bei der selbst kleinste Vergehen im öffentlichen Raum hart durch die Polizei geahndet werden.

Etymologie

  • Das Nomen „Community“ (dt. Gemeinde) wurde aus dem Lateinischen „communitas“ (dt. Gemeinschaft, gemeinsames Zusammenleben) abgeleitet (Oxford Dictionary of Englisch 1998, 350).
  • Das Verb „Policing“ (dt. Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung, Polizieren) wird vom Nomen "Police" (dt. Polizei) abgeleitet. Polizei hat seinen Ursprung im 15. Jahrhundert und stammt aus dem mittelalterlichen lateinischen Wort „politia“ (dt. Staatsbürgerschaft, Regierung) (a.a.O., 1361).

Definition

Über eine einheitliche Definition von Community Policing herrscht in der Literatur kein Konsens, da oftmals jegliche Art von Neuerungen in der polizeilichen Praxis als Community Policing bezeichnet werden. So werden beispielsweise „Neighbourhood Watch“ Programme oder die bloße Neugestaltung des Eingangsbereichs einer Polizeidienststelle zum Teil als Community Policing bezeichnet. Dadurch wird einer Verwässerung des Begriffs der Weg bereitet (Obergefell-Fuchs 2001, 280).

Ende des 20. Jahrhunderts bildete sich jedoch eine klarere Akzentuierung der Definition von Community Policing heraus, die sich wie folgt darstellen lässt:

Community Policing wird nicht nur als neue polizeiliche Strategie oder operative Technik, sondern gar als neue Philosophie verstanden. Im Vordergrund des Konzepts steht das neue Rollenverständnis der Polizei und der Bürgerinnen und Bürger, in dem beide Seiten als gleichberechtigte Partner angesehen werden. Die beiden wesentlichen Ziele von Community Policing sind „Community Building“ (dt. "Bilden einer Gemeinschaft") und „Community-Based Problem Solving“ (dt. "gemeinwesenorientierte Problemlösung").

Im Rahmen des Aspekts „Community Building“ wird die Polizei als impulsgebender Initiator gesehen, der in der Bevölkerung die Bereitschaft zur Kriminalitätsbekämpfung wecken und gleichzeitig das Bewusstsein dafür schärfen soll, dass die Bürgerinnen und Bürger auch selbst für die Sicherheit in ihrem Quartier Verantwortung tragen.

„Community-Based Problem Solving“ ist die Bezeichnung der neuen partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der Polizei und den Gemeindebürgern, dessen Resultat gemeinsame Konzepte zur Lösung von Problemen sein sollen. Durch kreative Formen des Zusammenwirkens von Bevölkerung und Polizei sollen so gegenwärtige lokale Probleme gelöst werden, die im Kontext mit Kriminalität, Kriminalitätsfurcht, sozialer oder physischer Unordnung und dem Verfall von Nachbarschaften stehen, um im unmittelbaren sozialen Raum die Lebensqualität zu erhöhen.

Community Policing basiert auf einer dezentralisierten und personalisierten Polizeiarbeit, bei der jeder Vollzugsbeamte Ermessensspielräume besitzt, um diese intensiv für die Zwecke von Community Building und Community-Based Problem Solving einzusetzen, damit jedes Viertel einer Stadt oder eine Gemeinde zu einem besseren und sicheren Ort werden kann (Trojanowicz; Bucqueroux 1998, 5-6).

Die unverzichtbaren Prinzipien und essentiellen Bestandteile von Community Policing werden zusammengefasst als die „Neun Ps“ (Nine Ps of Community Policing) formuliert:

„Community Policing is a philosophy of full service personalized policing, where the same officer patrols and works in the same area on a permanent basis, from a decentralized place, working in a preactive partnership with citizens to identify and solve problems.“ (vgl., a.a.O., 113)

Zur Entstehung von Community Policing in Deutschland

Das angloamerikanische Konzept Community Policing geriet in den späten 1980er und den frühen 1990er Jahren in Deutschland in den Fokus, als sich die Diskussion um innere Sicherheit in mehreren Punkten veränderte: Durch eine teils tatsächliche, teils nur vermeintlich veränderte Kriminalitätslage und erhöhter Sensibilität der Allgemeinheit für Probleme von Unordnungszuständen wie Vandalismus, Graffitis, Verschmutzung des öffentlichen Raumes und der Sichtbarkeit von obdachlosen Personen, steigerte sich in der Agglomeration der sicherheits- und ordnungspolitische Handlungsbedarf. Das Bewusstsein dafür, dass die Polizei als alleiniger Akteur überfordert ist, dass man auch Kommunen in Fragen der Sicherheit und Ordnung einbeziehen sollte, dass Kriminalprävention einen höheren Stellenwert genießen müsste und bürgerschaftliche Bedürfnisse in puncto subjektivem Sicherheitsgefühl erfüllt werden sollten, schuf Voraussetzungen für die Etablierung kommunaler Sicherheitspolitik unter Zusammenwirken unterschiedlichster lokaler Akteure. Im Zuge dieser Diskussionen wurden auch verschiedene Aspekte des Konzepts des Community Policing aufgegriffen und beispielsweise kriminalpräventive Strategien wie Ordnungs- oder Sicherheitspartnerschaften verwirklicht (Schöne 2015, 145).

Anforderungen an die Polizei

In der polizeilichen Praxis kann eine bürgerorientierte Polizeiarbeit im Sinne des Community Policings durch folgende Elemente integriert werden:

Dezentrales Ausrichten der Organisation, Entanonymisierung und Steigerung der Sichtbarkeit der Polizei

Eine Erhöhung der Sichtbarkeit und Ansprechbarkeit der Polizei im öffentlichen Raum kann durch den vermehrten Einsatz von Fuß- und Fahrradstreifen und durch eine allgemeine Dezentralisierung des Polizeiapparats erreicht werden. Dies beinhaltet auch das Bestehenbleiben von Polizeistationen in der Nachbarschaft und Polizeikommissariaten in der Peripherie, um die Polizei näher an den Bürger zu bringen. Des Weiteren sind die personengebundene Kontinuität der Streifenbeamten und die lokale Begrenzung des Streifendienstes essenziell. So ist es dem Beamten möglich, umfangreiche Kenntnisse der örtlichen Besonderheiten sowie neuralgischer Punkte zu sammeln. Die Wiederentdeckung dieses Streifenbeamten sollte mit einer Abkehr von der Angewohnheit einhergehen, für immer neue Kriminalitätsprobleme stets neue Spezialeinheiten ins Leben zu rufen. Mit Spezialisierung und Zentralisierung, jedoch vor allem ohne das Bewusstsein für die Möglichkeit der selbständigen, bürgernahen Problemlösung, könnte auch die Notwendigkeit der Übernahme von Verantwortung verloren gehen (Kennedy 1993, 7). Ebenfalls sollte die Polizei Möglichkeiten nutzen, um außerdienstliche Kontakte zu den Bürgerinnen und Bürgern herzustellen, weil die Polizei von der Bevölkerung gewöhnlicher Weise nur als Teil des negativ besetzten Repressionsapparates wahrgenommen wird. Mit dem Aufbau von außerdienstlichen Kontakten kann in der Zusammenarbeit mit lokalen Institutionen und der Bevölkerung ein partnerschaftlicher Austausch stattfinden (Jahn 2003, 91).

Veränderung des Selbstbildes der Polizei

Das Konzept des Community Policings beinhaltet eine Neudefinition der Rolle der Polizei und eine Umorientierung in Richtung des Dienstleistungsgedankens. Die Bevölkerung wird dabei als Kunde betrachtet. Damit einher geht ein neues Selbstbild des Polizeibeamten, der sich nicht mehr als reiner Kriminalitätsbekämpfer, sondern als bürgernaher Problemlöser betrachtet. Proaktives, präventives Handeln hat für den Streifenbeamten grundsätzlich Vorrang vor repressiven Maßnahmen und Strafverfolgung. Darüber hinaus gibt die Polizei bei der Anwendung von Community Policing ihr professionelles Sicherheitsmonopol auf und wird stattdessen Teil des lokalen Problemlösungsprozesses ohne exklusives Fachwissen und -Kompetenzen für sich zu beanspruchen. Lokale Akteure werden als gleichberechtigte Partner angesehen und bei Fragen zur Sicherheit und Ordnung miteingebunden (Pütter 1999, 8). Als Umkehrschluss ergibt sich aus der Philosophie des Community Policings auch eine erhöhte Rechenschaftspflicht beim polizeilichen Einschreiten gegenüber Trägern der Öffentlichkeit.

Veränderung in der Aus- und Fortbildung

Deeskalative Kommunikation und soziale Kommunikationskompetenz sollten als Schwerpunkt in die Aus- und Weiterbildung von Polizeibeamten implementiert werden. Anstatt das „zu“ der Bevölkerung gesprochen wird, soll vermittelt werden, dass „mit“ der Bevölkerung gesprochen wird. Darüber hinaus soll bereits in der Ausbildung von Polizeibeamten gelehrt werden, dass in der problemorientierten Arbeit nicht automatisch das Repertoire polizeilicher Eingriffsbefugnisse eingesetzt wird, sondern zusammen mit anderen, auch öffentlichen Akteuren nach Lösungen gesucht werden sollte, die den Ursachen des Problems und den lokalen Interessen gerecht werden können (Greene 1993, 80).

Kontaktbeamte und Präventionsteams

Ein weiteres Element von Community Policing ist die Schaffung von Planstellen für Kontaktbereichsbeamtinnen und -beamten (KOB) bzw. das Einrichten von Präventionsteams als lokale Ansprechpartner. Ein KOB soll eine bürgernahe Präsenz erzeugen, kontinuierliche Kontaktpflege in der Gemeinde betreiben und außerdem Aufgaben wie Schulwegsicherung und Kriminalprävention stets zuverlässig gewährleisten. Des Weiteren soll ein KOB immer ein offenes Ohr für die Belange der Bürgerinnen und Bürger haben, das aufklärende Gespräch suchen, beraten und schlichten, um damit eine hohe Wertschätzung in der Gemeinde zu erreichen. Darüber hinaus soll eine stärkere Beteiligung der Öffentlichkeit an polizeilichen Belangen durch regelmäßige Treffen zwischen Mitgliedern von Präventionsteams und Akteuren der Stadtverwaltung stattfinden. Durch solche Treffen und das zusätzliche Durchführen von Bürgerumfragen, lassen sich die Kriminalitätslage und Sicherheitsbedürfnisse ermitteln, die wiederum in die polizeiliche Arbeit und das proaktive Vorgehen einfließen.

Bevölkerung für Sicherheitsarbeit nutzen

In Form von „Neighbourhood Watch“ Programmen, die besonders in Großbritannien und den USA weit verbreitet sind, könnte man Bürgerinnen und Bürger an der polizeilichen Arbeit direkt beteiligen. Ebenfalls wird der Einsatz von freiwilligen Mitgliedern der Gemeinde als Hilfspolizisten im Zusammenhang mit Community Policing regelmäßig diskutiert.

Kritik und Grenzen

Van Ooyen (2011, 74 ff.) sieht in dem Konzept der Community Policing ein institutionelles Problem: Während in den USA Polizeiarbeit eine hauptsächlich kommunale Aufgabe bzw. eine Aufgabe der Landkreise ist, scheitert eine Übertragung von Community Policing nach Deutschland schon an einer institutionellen Hürde. Mit einer staatlich gelenkten Polizei bei zugleich verfassungsrechtlich garantierter kommunaler Selbstverwaltung nach Art. 28 GG lässt sich in Deutschland keine kommunale Polizeipolitik betreiben. In den USA hingegen lässt sich Community Policing verwirklichen, da der polizeiliche Leiter einer Stadt ein Teil der von Bürgerinnen und Bürgern gewählten Kommunalregierung ist. Polizeipolitik hat einen dementsprechend höheren Stellenwert bei den Kommunalwahlen und die lokale Bevölkerung kann über das Thema politisch unmittelbar mitentscheiden. In Deutschland hingehen gibt es in puncto Polizeipolitik kein Pendant für kommunale politische Verantwortlichkeit. Diese ergibt sich nur sehr mittelbar über die Landespolitik.

Neben dem institutionellen Problem verweist Van Ooyen (a.a.O., 75) auf eine Ambivalenz, die durch die Erhöhung von Bürgeraktivierungen in der Gemeinde entstehen kann. Einerseits verstärkt sich durch die Bürgeraktivierung zwar die positive Möglichkeit der demokratischen Teilhabe, andererseits kann die lokale Bevölkerung preiswert für polizeiliche Zwecke benutzt werden. Aus demokratischer Sichtweise schwankt das Konzept Community Policing also zwischen Partizipation und Instrumentalisierung.

Der angestrebte Einsatz von Bürgerinnen und Bürgern als Hilfspolizisten birgt zudem die Gefahr, dass diese ihre individuellen Ansprüche an Sicherheit und Ordnung als allgemeines Interesse definieren und kleinere Auffälligkeiten, die für einen Großteil der Bevölkerung als tolerierbare Verhaltensweisen gelten, so kriminalisieren und etikettieren (Korfes; Sessar 1998, 88).

Die Notwendigkeit einer pluralistischen Repräsentation inklusive etwaiger Problemgruppen bei Einwohnerversammlungen zu Sicherheitsfragen mit direkter Beteiligung der Polizeibehörde wäre aus demokratietheoretischer Sicht erforderlich. Dies ist in der Praxis jedoch nur schwerlich realisierbar, da bei manchen sozialen Randgruppen mit geringem öffentlichen Gehör eine natürliche Ablehnung sowie Ressentiments hinsichtlich der Zusammenarbeit mit Sicherheitsbehörden existieren. In Bürgerversammlungen zu Sicherheitsfragen wären bestimmte Teile der Mittelschicht demnach überrepräsentiert, die in legitimer Weise ihre spezifischen Sicherheitsinteressen äußern würden. Die artikulierten Sicherheitsinteressen und favorisierten Problemlösungen würden somit aufgrund der fehlenden sozialen Durchmischung der Einwohnerversammlung eine gewisse Einseitigkeit aufweisen und wären nicht auf die gesamte Gemeinde übertragbar. Die sozial ungleiche Beteiligung, könnte letztlich dazu führen, dass sich soziale Konflikte polarisieren und Ausgrenzungstendenzen innerhalb der Gemeinde verschärft würden (Diederichs; Pütter 1997, 174 ff.).

Als weiterer negativer Aspekt könnte sich herausstellen, dass das Konzept nach erfolgter Implementierung in der Öffentlichkeit und von der Politik als Misserfolg angesehen würde. Bei einem stärkeren sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft würde nicht nur das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung verändert, ebenfalls würde die Wahrscheinlichkeit der Anzeigenerstattung bzw. die Anzahl der Verständigungen der Polizei erhöht. Demnach könnte Community Policing über einen längeren Zeitraum zu einem Ansteigen von gemeldeter Kriminalität führen und die Polizeiliche Kriminalstatistik derart verändern, was traditionell als polizeilicher Misserfolg gewertet wird (Kersten 2003, 119).

Pütter (1999, 10 ff.) merkt kritisch an, dass Community Policing vor dem Hintergrund aktueller Bedrohungsszenarien wie organisierter Kriminalität, international vernetzten Verbrechersyndikaten und Terrorismus keine umfassende Polizeistrategie in der modernen Gesellschaft sein kann. Community Policing taugt als Konzept für einen Teil der polizeilichen Aufgaben, nicht jedoch für überregional agierenden Polizeien oder Spezialeinheiten. Es ist daher kein Konzept für die Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr im Allgemeinen, sondern eine Ausrichtung der Polizei, proaktiv und vorrausschauend zu agieren.

Zusammenhänge mit der materiellen Realität

Die empirische Forschung zeigt, dass Community Policing einen größeren Einfluss auf die Wahrnehmung der Bürger, als auf das tatsächliche Lagebild hat. Ebenfalls wird von kontraproduktiven Ergebnissen im Sinne einer Erhöhung der Kriminalitätsfurcht berichtet. Die Mehrzahl der Forschungsergebnisse stellt jedoch überwiegend positive und einige wenige neutrale Effekte fest (Van den Broeck; Eliaerts 2002 und Chicago Community Policing Evaluation Consortium 2003).

Weitere empirische Ergebnisse zeigen, dass eine Implementierung von Community Policing in einer Gemeinde die Anzahl von polizeilichen Zwangsmaßnahmen gegenüber Verdächtigen reduziert und Polizeibeamte, die mit der Kontrollstrategie arbeiten, generell weniger zu verbaler oder physischer Zwangsgewalt neigen (Terrill; Mastrofski 2004, 130 ff.).

Zusammenhänge mit anderen Begriffen

Community Policing wird von Von Trotha als ein Element der präventiven Sicherheitsordnung verstanden. Demnach fallen in Form von Privatpolizeien und Wachdiensten kommunitäre Kontrollformen weitgehend mit der privatwirtschaftlichen Privatisierung von Sicherheit zusammen. Wohlhabende Mitglieder der Zivilgesellschaft geben durch das Engagieren von privaten Sicherheitsdiensten ihre Verachtung für das staatliche Gewaltmonopol zu erkennen, das ihre Sicherheit nicht zu gewährleisten vermag. „Mit dem Aufstieg des privaten Sicherheitsbereichs und der kommunitären Kontrollordnungen zerfasert die prekäre Einheit der Institutionen des staatlichen Gewaltmonopols zu Gunsten eines Gefüges von staatlich-öffentlichen, privatwirtschaftlichen, parastaatlichen und kommunitären Institutionen der Sicherheitsherrschaft und der Lebensformkontrolle“ (vgl. von Trotha 2010, 28). Nach Von Trotha kommen die kommunitären Bestandteile in den verschiedenen Formen des Community Policings noch stärker zur Geltung, beispielsweise in Form von Kontaktbereichsbeamtinnen und -beamten, sowie in Gestalt des Hilfspolizisten. Die reinsten Formen kommunitärer Kontrollordnungen sind Einrichtungen wie "Neighbourhood-Watch-Areas".

Die Kontrollstragie Community Policing fußt auf dem Gedankengut der Broken-Windows-Theorie, die sich in der konservativen kriminalpolitischen Schule verorten lässt. Hiernach sei der Fokus der Polizei und anderer Ordnungsbehörden besonders auf Anzeichen der sozialen Verwahrlosung und der urbanen Unordnung zu legen. Kriminalität und Unordnung stünden in einem kausalen Zusammenhang, weshalb die Polizei partnerschaftlich mit den Bürgerinnen und Bürgern zusammenarbeiten und proaktiv sowie problemlösungsorientiert tätig werden sollte, um dem Niedergang eines Quartiers entgegenzuwirken. Ohne diese Schlüsselkomponenten des Community Policings käme es schlussendlich zu einem Zusammenbruch der informellen Kontrolle, einem städtischen Zerfall und erhöhter Kriminalitätsfurcht bei der Bevölkerung. Bürgerinnen und Bürger würden solche Angsträume meiden und Kriminelle würden zusätzlich angezogen werden. (Wilson; Kelling 1982, 29 ff. und Jahn 2003, 84)

Kritiker des Community Policings verknüpfen potentielle Auswirkungen des Konzepts mit dem Labeling Approach (dt. Etikettierungsansatz): Wird ein gemeinsamer Gesprächskreis mit Einwohnern und Polizei gebildet, so sind die Ergebnisse nie pluralistisch, sondern werden einseitig durch diejenigen in der Gemeinde geprägt, die die größte Beschwerdemacht besitzen. So könnte eine Auswirkung des Community Policings sein, dass es zu Etikettierungen und Stigmatisierungen von Minderheiten oder problematischer Randgruppen kommt und die Polizei im Konflikt beispielsweise zwischen Grundstücksbesitzern und Obdachlosen oder zwischen Gewerbetreibenden und Bettlern mit der öffentlichen Forderung nach niedrigschwelligem Einschreiten in Form von Kontrollen und Platzverweisen instrumentalisiert wird.

Literatur

  • Chicago Community Policing Evaluation Consortium (2003): Community Policing in Chicago, Years Eight and Nine: An Evaluation of Chicago`s Alternative Policing Strategy and Information Technology Initiative. Evanston: Illinois Criminal Justice Information Authority
  • Greene, Jack R. (1993): Community Policing in the United States: Historical Roots, Present Practices and Future Requirements. In: Dölling, Dieter; Feltes, Thomas (Hrsg.): Community Policing – Comparative Aspects of Community Oriented Police Work. Holzkirchen: Felix-Verlag
  • Hadamitzky, Gregor (2015): Crime Mapping - Digitale Kriminalitätskartierung in Zeiten der Risikogesellschaft. Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft
  • Hermann, Dieter; Laue, Christian (2003): Kommunale Kriminalprävention. In: Der Bürger im Staat, Heft 1, Thema: Sicherheit und Kriminalität. Stuttgart: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg
  • Jahn, Thomas (2003): Bürger- und gemeinwesenorientierte Polizeiarbeit – Die Community-Policing-Strategie: Grundlagen, Erfolge und Möglichkeiten der Umsetzung unter den Bedingungen des deutschen Rechts. Hamburg: Verlag Dr. Kovac
  • Kennedy, David M. (1993): The Strategic Management of Police Resources. Washington D.C.: National Institute of Justice and Harvard University
  • Kersten, Joachim (2003): Zero Tolerance oder Community Policing: Ein Essay zur Geschichte und zum Stellenwert eines Ideologienstreits. In: Herrnkind, Martin; Scheerer, Sebastian (Hrsg.): Die Polizei als Organisation mit Gewaltlizenz – Möglichkeiten und Grenzen der Kontrolle. Hamburger Studien zur Kriminologie und Kriminalpolitik. Münster: Lit Verlag
  • Korfes, Gunhild; Sessar Klaus (1998): Sicherheitspartner im Land Brandenburg. Ergebnisse einer kriminologischen Recherche. In: Lühring, Holger (Hrsg.): Kommunale Kriminalitätsverhütung. Eine Materialsammlung. Brandenburg: Ministerium des Innern des Landes Brandenburg
  • Obergefell-Fuchs, Joachim (2001): Ansätze und Strategien Kommunaler Kriminalprävention. Freiburg: Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht
  • Oxford Dictionary of Englisch (1998): Oxford: Oxford University Press
  • Pütter, Norbert (1999): Community Policing. In: Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V. (Hrsg): Bürgerrechte und Polizei, CILIP 64. Berlin: CILIP GbR
  • Pütter, Norbert; Diederichs, Otto (1997): Polizei und Gemeinde – Präventionsräte als Chance? In: Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V. (Hrsg): Bürgerrechte und Polizei, CILIP 57. Berlin: CILIP GbR
  • Schöne, Marschel (2015): Stadtsoziologie: Polizeiliches Handeln im urbanen Raum. In: Frevel, Bernhard (Hrsg.): Polizei in Staat und Gesellschaft – Politikwissenschaftliche und soziologische Grundzüge. Hilden: Verlag Deutsche Polizeiliteratur
  • Terrill, William; Mastrofski Stephen D. (2004): Working the Street: Does Community Policing Matter? In: Skogan, Wesley G. (Hrsg.): Community Policing – Can it work? Belmont: Wadsworth Thomson Learning
  • Trojanowicz, Robert; Bucqueroux, Bonnie (1998): Community Policing: How to get started. Cincinnati: Anderson Publishing Co.
  • Trotha, Trutz von (2010): Die präventive Sicherheitsordnung. Weitere Skizzen über die Konturen einer „Ordnungsform der Gewalt“. In: Kriminologisches Journal 42, Beltz Juventa
  • Van den Broeck, Tom; Eliaerts, Christian. (2002): Evaluating Community Policing. Brüssel: Uitgeverij Politeia NV
  • Van Ooyen, Robert Chr. (2011): Polizei und politisches System in der Bundesrepublik – Aktuelle Spannungsfelder der Inneren Sicherheit einer liberalen Demokratie. Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft
  • Wilson, James Q.; Kelling, George L. (1982): The Police and Neighborhood Safety: Broken Windows. In: Whitworth, William (Hrsg.): The Atlantic Monthly. Boston: Atlantic Media

Weblinks