Policing

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Allgemeines

Im Allgemeinen werden im Zusammenhang mit Policing auch die Begriffe "Community Policing (CP)", "Neighborhood Policing", "Community-oriented Policing" und "Problem-oriented Policing" verwendet. Zunächst wird in kurzen Zügen aufgezeigt, was unter Community Policing verstanden wird und was dieses Konzept beinhaltet, während anschließend der Begriff Policing im Sinne der so genannten "Polizeiwissenschaft" nähere Erörterung findet.

Allgemeine Definition

"To regulate, control, or keep in order with or as if with a law enforcement agency."

(http://www.thefreedictionary.com/policing)


Community Policing

Community Policing erhielt erst in den letzten Jahren aus dem angelsächsischen Raum Einzug in Deutschland. Darunter wird hier zulande eine "bürgerorientierte" bzw. "gemeinwesenorientierte" Polizeiarbeit verstanden. Diese Konzeption eines neuen Selbstverständnisses der Polizei ist weder einheitlich gestaltet, noch steht es für eine genau festgelegte Form von Polizeiarbeit. Daraus resultieren auch die o. g. verschiedenen Begrifflichkeiten. Aus den unterschiedlichen Auffassungen lassen sich jedoch auch zwei Gemeinsamkeiten entnehmen, welchen sich CP verpflichtet hat: "Community policing ist eine neue Philosophie der Polizeiarbeit, die auf dem Konzept basiert, daß kreative Formen des Zusammenwirkens von PolizistInnen mit BürgerInnen dazu beitragen können, gegenwärtige Probleme in Gemeinden zu lösen, die mit Kriminalität, Kriminalitätsfurcht, sozialer oder physischer Unordnung und dem Verfall von Nachbarschaften zusammenhängen (http://www.cilip.de/ausgabe/64/alternat.htm)." In der Praxis sieht dieses Konzept folgende Bereiche vor, in denen diese Philosophie Umsetzung finden soll:

Die Polizeipräsenz und die Ansprechbarkeit sollen durch

  • vermehrte Fußstreifen
  • Errichtung kleiner Reviere in den Innenstädten
  • Zuordnung von Stadtteilbeamten zu den einzelnen Bezirken usw.

erhöht werden.

Polizeiarbeit soll sich an den Bedürfnissen der Gemeinde und deren Bürgern orientieren, die durch

  • Bürgerversammlungen
  • Umfragen
  • regelmäßigen Treffen der Polizeiführung mit der Stadtverwaltung usw.

in Erfahrung gebracht werden können.

Unmittelbare Beteiligung von BürgerInnen an der Polizeiarbeit i. S. der inneren Sicherheit, wie z. B. "Bürgerwehren" i. S. von Hilfspolizisten, Einrichtung von Hotlines zur Polizei usw.

Problemorientierte Polizeiarbeit, wobei nicht die polizeil. Maßnahmen im Vordergrund stehen, sondern vielmehr gemeinsam mit Akteuren Problemlösungsstrategien ausgearbeitet und umgesetzt werden, um so auch der Effizienz-, Legitimations-, und Motivationskrise der Polizei(beamten) adäquat begegnen zu können. Näheres hierzu siehe S. 3 der o. g. Internetquelle.


Der Begriff Policing ist sehr vielseitig und findet in mehreren Bereichen Anwendung. So auch in der Konzeption der "neuen" Polizeiphilosophie, welche im Folgenden näher beschrieben wird.

Definition i. S. der Polizeiwissenschaft

Birkenstock / Hauff /Neidhardt (2005: 134): „Grundlage und Rahmen des Forschungskonzeptes ist eine interdisziplinäre, integrativ verstandene Polizeiwissenschaft. Sie kann vorläufig definiert werden als das Wissenschaftsgebiet, das die polizeiliche Grundfunktion (Gewährleistung innerer Sicherheit unter Inanspruchnahme des staatlichen Gewaltmonopols), die Polizei als Institution (police) und ihr Verhalten sowie ihre Tätigkeit (policing) – wie sie ist, wie sie sein kann und soll und wie sie nicht sein darf – mit wissenschaftlichen Methoden theoretisch (police theory), empirisch (police research) und systematisch erforscht.“ Genauer gesagt versteht man in Deutschland unter "policing" die "Polizeiwissenschaft" (im engeren Sinne auch die Institution Polizei und ihr Verhalten).


Entstehungsgeschichte der Polizeiwissenschaft in der BRD

In der Bundesrepublik Deutschland erhielt der Begriff "Policing" Einzug im Rahmen der Umstrukturierung der "Polizeiführungsakademie" zur "Deutschen Hochschule der Polizei". Hierbei war die Akkreditierungsvoraussetzung des Masterstudiengangs „Master of Public Administration – Police Management“ die Entwicklung eines Forschungskonzeptes (s. Definition).


Gegenstand von Policing

Gegenstand der Polizei als Institution ist die Legalität polizeilichen Handelns und die Effizienz eines Einsatzes, zum Beispiel die Bedeutung von Fußstreifen, die Relevanz von Polizeipräsenz oder Videoüberwachung (Schwind, 2004).

Schneider sieht andere Bereiche als Gegenstand als relevant an: „die Polizei (Police) als Institution, ihre Organisation, Aufgabe und Rolle innerhalb der Sozialstruktur, ihre Beziehungen und Einstellungen zur Gemeinschaft und der Gemeinschaft zu ihr, ihre Beziehungen und Haltungen zu sozialen Gruppen, z.B. zu Minderheiten, und der sozialen Gruppen zu ihr, ihre Verantwortlichkeit, ihre Privatisierung, ihr Bild in den Massenmedien, ihr Personal, seine Zusammensetzung, sein Selbst- und Weltbild (Polizeikultur), seine Auswahl, Aus- und Fortbildung, sein Schutz vor Schädigungen, z.B. vor Erkrankungen durch Polizeistress“ (Schneider, 2002). Weitere Gegenstände laut Schneider: „die Polizeiarbeit (Policing) als Sozialkontrolle, ihre Legalität, Effektivität und Effizienz, Arbeitsstile der Polizei, die Ausübung ihres Ermessens, ihr Machtmissbrauch, Polizeiarbeit in der Stadt und auf dem Land, Polizei-Bürger-Interaktionen, die Lösung von Krisen- und Konfliktsituationen sowie die Ausübung von Gewalt durch und gegen die Polizei.“

Stock unterscheidet bei Policing in zwei Gegenstandsbereiche und den dazugehörigen Teilbereichen:

Gegenstandsbereich I

====Polizei als Institution==== (Stock, 2000). =====Teilbereiche===== Geschichte, Polizeibegriff, Polizei als Teil von Gesellschaft, Staat und Herrschaft, Polizei-Philosophie, Polizei-Kultur, Strukturen des Polizeisystems (Organisation, Organisationskultur, Leitbilder und Visionen, Information und Kommunikation, Aus- und Fortbildung usw.), Polizei & Personal (Subkulturelle Strukturen, Persönlichkeitsprofile, Werte, Einstellungen, Verhalten, Frauen in der Polizei, Minderheiten in der Polizei), Berufsvertretungen, Polizeiliches Management (Philosophie polizeilichen Managements, Verwaltungsmodernisierung, Planung und Entscheidungsfindung, Personal- und Organisationsentwicklung usw.), Polizeiliches Fehlverhalten und institutionelle Kontrolle der über Polizei (Korruption, Polizeigewalt, Missbrauch legalen bzw. faktischen Ermessens), (Stock, 2000).


Gegenstandsbereich II

====Polizeiarbeit bzw. polizeiliches Handeln==== (Stock, 2000). =====Teilbereiche===== Geschichte der Polizeiarbeit, Polizeiliche Strategien und Ziele sowie ihre Entwicklung, Polizeiliche Handlungslehre, Polizei und Kriminalität; polizeiliche Verbrechenskontrolle durch Prävention und Repression, Polizeilicher Ermessensgebrauch, Verhältnis Polizei – Öffentlichkeit, Vergleichsforschung zur Polizeiarbeit, Operative polizeiliche Tätigkeit (Stock, 2000).

Weiters befasst er sich mit Policing im weiteren Sinne. Policing soll sich „mit folgenden Gegenständen und ihren Zusammenhängen zu Polizei und polizeilichemHandeln“ befassen: Polizeibezogene Politik, Polizeibezogene Gesetzgebung, Determinanten polizeilichen Handelns, Verbindungen zu anderen Bezugs- und Hilfswissenschaften, sonstige Instanzen des Kriminaljustizsystems, sonstige Agenturen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, Gesellschaft und Polizei („Police-Community-Relations“), Privatisierung öffentlicher Sicherheit und privates Sicherheitsgewerbe“ (Stock, 2000).

Auch Feest äußerte sich 1974 zum Gegenstandsbereich der Polizeiwissenschaft. Für ihn war dies der Oberbegriff, da er als einziger nicht zwischen „police“ und „policing“ unterschied. Zum Gegenstandsbereich gehören „traditionell auch Abhandlungen zur Polizeiorganisation und –verwaltung. Standen hier zunächst militärische Modelle im Vordergrund, so werden sie zunehmend von betriebswirtschaftlichen Vorstellungen abgelöst: Sowohl die Effizienz und das Betriebsklima der Organisation als auch das Image der Polizei in der Öffentlichkeit „police community relations“) sollen verbessert werden. In diesem Zusammenhang werden etwa die Methoden der Testpsychologie und die der empirischen Sozialforschung zur Effizienzssteigerung des polizeilichen Streifendienstes herangezogen.“


Aufgaben und Funktionen

Laut Stock (2000) ist eine wichtige Policingaufgabe „zunächst, gegenwärtig noch verstreut in den verschiedenen Disziplinen – auch in der Kriminologie – verborgenes Wissen zur Polizei zu erheben und zu systematisieren. (…) Darüber hinaus muss es sich die Polizeiwissenschaft grundsätzlich zur Aufgabe machen, die Erkenntnis zu ihrem Gegenstandsbereich systematisch zu steigern (…) Hierfür bedarf es einer Forschung über Polizei, die Gegenstände polizeilicher Tätigkeit, vor allem aber auch die Methoden, Mittel und Verfahren von Strafverfolgung und Gefahrenabwehr.“ Aufgrund dessen wird gefordert die gewonnenen Erkenntnisse zu einem Policinggrundwissen zusammenzuführen, neue Fragestellungen herauszubilden und Zusammenhänge und Strukturen zu untersuchen oder anderes gesagt „Herausbildung einer spezifischen, umfassenden Polizeitheorie“ (Stock, 2000).


Verhältnis zu anderen Wissenschaften

Policing greift ausgewählte Erklärungsansätze und Methoden von den Grundwissenschaften, also den Geisteswissenschaften, auf für seinen relevanten Gegenstandsbereich. Aber im Hinblick auf neue Zielrichtungen. Teilweise greift Policing aber nicht nur Erklärungsansätze und Methoden auf, sondern integriert sie in eigene Methodik. Daher bezeichnet Stock Policing auch als „Querschnittswissenschaft“.

Stock (2000) grenzt Policing aber auch von der Kriminologie ab und bezeichnet die beiden Wissenschaften als „Schwesternwissenschaften“. Im Gegensatz zu Lehne (2007), der zu Policing sagt „Policing gilt fast als Synonym für Kriminologie“.

In der Mitte der 60er Jahre hat sich auch eine Polizeisoziologie entwickelt, die die Prozesse polizeilicher Organisation und Tätigkeit durchleuchtet und in weiteren gesellschaftlichen Kontext stellen. Feest (1974) grenzt diese beiden Wissenschaften voneinander ab.