Vandalismus

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Mit dem Begriff Vandalismus werden verschiedene Straftaten (meist Sachbeschädigungen) bezeichnet; im engen strafrechtlichen Sinn wird der Begriff aber nicht gebraucht. Es handelt sich um ein in der öffentlichen Wahrnehmung emotional aufgeladenes Phänomen unter dem meist destruktive Taten an Gegenständen zusammengefasst werden. Für Außenstehende ergeben die Taten häufig (zunächst) keinen Sinn.

Etymologie

Der Begriff Vandalismus tauchte 1794 zum ersten Mal auf. Er wird zurückgeführt auf den Bischof der französischen Stadt Blois, Henri Baptiste Grégoire. Er bezeichnete mit dieser Wortneuschöpfung die Gewalt, Morde und Zerstörung von Kunstwerken durch die Jakobiner während der französischen Revolution. Grégoire bezog sich mit dem Begriff auf die Eroberung und Plünderung Roms im Jahre 455 durch den ostgermanischen Volksstamm der Vandalen. Diesen wurden große Brutalität, Verwüstungen und Grausamkeiten während ihrer Eroberungsfeldzüge im fünften Jahrhundert vorgeworfen. So auch während er Eroberung Roms. In diesem Zusammenhang zerstörten die Vandalen unter anderem römische Tempel und Paläste (vgl. Schneider 2001, S. 6).

Definition

Für den Begriff des Vandalismus existiert keine einheitliche Definition. Die Bandbreite der Bestimmung des Begriffs ist weit. Sie reicht von „blinde Zerstörungswut“ (vgl. Duden), über „Akt der Destruktion mit differenten Aktzentuierungen“ (Herrmann 2014, S.9) bis hin zu inhaltlichen Abgrenzungen und Neubestimungen wie „gegenständliche Verletzungen der sozialen Ordnung“ (Heining et al 1984, S.20) die „zerstörerischer“ oder „gestalterischer Natur“ (ebd.) sein können. Schneider legt eine Definition vor, welcher verschiedene Perspektiven auf den Begriff zusammenführt. Er bezeichnet Vandalismus als eine „vorsätzliche, normverletzende, zerstörerische, beschädigende und gegen Sachen gerichtete Handlung, die aus Sicht der Gesellschaft sinn- und zwecklos, nihilistisch und irrational erscheint, für den Täter aber durchaus Sinn ergeben kann.“ (2001, S. 14).

Grundsätzliches zum Begriff Vandalismus

Vandalismus ist zu begreifen als ein komplexes Phänomen, dem man im Alttag unausweichlich ausgesetzt (vgl. Kube; Schuster 1983, S. 4) ist. Es handelt sich dabei um eine „vorsätzliche Zerstörung oder Beschädigung“ (ebd., S.4). Obwohl die meisten Delikte des Vandalismus der Sachbeschädigung zugeordnet werden, lässt dies nicht den Rückschluss zu, dass Vandalismus nur (absichtliche) Sachbeschädigung darstellt. Teilweise wird unter Vandalismus auch die unbeabsichtigte Zerstörung und Brandstiftung subsumiert (vgl. Klockhaus; Habermann-Morbey 1986, S. 3). In der Darstellung des Phänomens sind also hinsichtlich seiner strafrechtlichen Relevanz qualitative Unterschiede (vgl. Klockhaus; Habermann-Morbey 1988, S. 9) erkennbar. Die Delikte des Vandalismus werden in Deutschland – anders als beispielsweise in den USA – strafrechtlich unter diesem Begriff nicht erfasst, eine eigene Statistik wird darüber also nicht erhoben (vgl. Kube; Schuster 1983, S. 6). Aber nicht alle Formen des Vandalismus sind als strafrechtlich relevant einzuordnen, häufig dann, wenn sie ein „Nebenprodukt spielerischen Tuns“ (ebd, S. 9) sind. Körperliche Gewalt gegen Menschen wird nicht mit dem Begriff des Vandalismus gefasst, lediglich in den Ausführungen von Von Hentig wird diese (und auch die Gewalt gegen Tiere) als Vandalismus beschrieben (vgl. Von Hentig 1967, S. 46ff.).

Oberflächliche Betrachtung: Vandalismus als destruktiver und sinnloser Akt

Vandalismus kann allgemein als „zerstörerisches und beschädigendes Verhalten“ (Scheider 2001, S. 7) gegen Dinge bezeichnet werden; alle vandalistischen Handlungen tragen ein „gewaltvoll-aggressives Moment“ (Hermann 2014, S. 11) in sich. Neben dieser Gemeinsamkeit gibt es eine zweite: Alle Taten wirken zunächst sinnlos – für den Täter ist ja meist kein direkter Gewinn oder Mehrwert erkennbar. Vandalismus wird dementsprechend als irrational, zwecklos und als „nicht erkennbar zur Befriedigung der eigenen Bedürfnisse“ (Kube; Schuster 1983, S. 5) bezeichnet. Ein anderer Autor beschreibt die Zerstörungen durch Vandalismus im Rückbezug auf die Reaktionen der Bevölkerung als unerklärlich, der Anlass der dieses gemeinsame Tun rechtfertigt ist nicht verständlich (vgl. Detaille 1983, S. 42).

Tiefergehende Betrachtung: Vandalismus hat eine sinnhafte Bedeutung

Bei genauerer Betrachtung lässt sich bei den Ausdrucksformen aber doch Motive und einen Sinn des Tuns erkennen. Hier ist zum Beispiel auf vandalistischen Akte der sog. Luddites (auch 'Maschinenstürmer' genannt) zu verweisen. Dabei handelte es sich um vorsätzliche Zerstörungen von industriellen Anlagen durch organisierte Textilarbeiter – den Luddites – zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die Akte wurden als wahnsinnig und verrückt bezeichnet. Dabei hatten sie aus subjektiver Sicht der Arbeiter – durchaus einen Sinn: Sie protestierten so gegen den Verlust ihrer Lebensbedingungen durch die einsetzende Industrialisierung (vgl. Schneider 2001 S. 9). Ein aktuelles Beispiel für die scheinbare Sinnlosigkeit ist das Phänomen Graffiti. Die in ihrem Auftreten sehr unterschiedlichen Bemalungen von Häusern, Mauern oder Zügen sind, zumindest in ihrem rudimentären Auftreten der 'tags' (Signaturkürzel der einzelnen Graffitisprayer) für viele Menschen in Ihrer Bedeutung nicht nachvollziehbar. Für sie ist ein Graffiti rein destruktiv, eine sinnlose Sachbeschädigung und so subsumieren sie dies unter Vandalismus. Für die Sprayer stellen sie allerdings eine Kunstform dar, die, je häufiger sie gesprüht sind, eine große Bedeutung für ihren 'Fame' (Ruhm in der Graffitiszene) haben (vgl. Herrmann 2014, S. 18).

Typologie des Vandalismus nach Geerds

Der Vandalismus kann anhand verschiedener Kriterien zu Gruppen zusammengefasst werden. Eine Beschreibung findet sich bei Geerds:

Objekt-Vandalismus

Dazu werden Sachbeschädigungen gezählt, bei denen das Ziel-Objekt eine entscheidende Rolle spielt. Die Täter gehen bewusst gegen eine bestimmte Art von Sachen vor. Hierunter werden zum Beispiel Friedhofsschändungen oder Verwüstungen in Kirchen oder anderen Objekten religiöser Verehrung subsumiert. (vgl. Geerds 1983, S. 47).

Täter-Vandalismus

Hier rückt das Objekt in den Hintergrund, entscheidend ist vielmehr die Situation in der sich der Täter befindet. Die Gegenstände werden aus einer momentanen Situation heraus wahllos und ungezielt beschädigt oder zerstört. Frustration, entwicklungsbedingte und situative Aggressionen und die enthemmende Wirkung von Alkohol spielen anscheinend eine große Rolle für das Auftreten dieser Form des Vandalismus. Das Abtreten von Autospiegeln oder Verwüsten von Vorgärten auf dem Nachhauseweg im betrunkenen Zustand gehört typischerweise zu dieser Kategorie (vgl. Geerds 1983, S. 49).

Aktivitäts-Vandalismus

Hierzu zählen diejenigen Formen von Vandalismus bei denen die Sachbeschädigungen nicht primär Selbstzweck sind sondern als Begleiterscheinungen anderer Aktivitäten. Zu diesen zählen nach Geerds der Vandalismus im Anschluss oder im Zusammenhang mit Demonstrationen, Konzerten oder Fußballspielen (vgl. Geerds 1983, S. 49). Insbesondere bei letzteren kommt es immer wieder zu Ausschreitungen bei denen es zu einer erheblichen Anzahl von Sachbeschädigungen kommt. Diese werden meist der Gruppe der sogenannten Hooligans zugeordnet. Zur Kategorie des Aktivitäts-Vandalismus werden auch die teilweise sehr weitreichenden Zerstörungen und Verwüstungen gezählt, die im Zusammenhang mit Einbrüchen auftreten (vgl. Geerds 1983, S. 50).

Typologie des Vandalismus nach Cohen

1973 veröffentlichte der englische Kriminologe Stanley Cohen in dem Sammelband 'Vandalism' einen Aufsatz mit dem Titel 'Property Destruction: motives and meanings'. Darin stellt Cohen eine Typologie des Vandalismus vor, welche als zentrales Unterscheidungsmerkmal die unterschiedlichen Motive der Täter beachtet. Neben dieser Perspektive, welche auch auf die Frage des 'tieferen Sinns' eingeht ist für Cohen die sozialstrukturelle Lage der Täter von Bedeutung. In dieser sieht Cohen auch einen Erklärungsansatz für den Vandalismus. Cohen begreift die sozialstrukturelle Lage der Täter aber nicht nur als eine deskriptive Einordnung in einen gesellschaftlichen Zusammenhang, sondern wirft dabei auch die Frage auf inwiefern sich die Akteure hinsichtlich der Bandbreite der gesellschaftlichen Teilhabebedingungen und der damit verbundenen subjektiven Ausgrenzungserfahrungen und Bewältigungsstrategien von einander unterscheiden. Er beschreibt sie als Resultat einer Diskrepanz zwischen den gesellschaftlich und subjektiv erwünschten Zielen und der ungleich verteilten Möglichkeiten diese zu erreichen: „What the young person wants – or what the message tells him he should want to want – cannot be reached. He doesn't have enough money to participiate fully, even vicariously, and he doesn't have the talent, luck or contracts to really make it directly“ (Cohen 1973, S.53). Cohens Ausführungen und Erklärungen zum Vandalismus erweisen sich als anschlussfähig für kriminologische Theorien, im besonderen an die Anomietheorie von Merton. Cohen gilt als Vertreter der 'kritische Kriminologie' und sein Aufsatz als eine der grundlegenden kriminalsoziologischen Aussagen zu diesem Thema.

Cohen teilt den Vandalismus in fünf Gruppen ein:

Acquistitive Vandalism

In die Gruppe des habsüchtigen Vandalismus gehören beispielsweise Handlungen wie das Aufbrechen von Zigarettenautomaten, um sich das darin befindliche Geld anzueignen, aber auch die Verwüstungen in Folge eines Einbruchsdiebstahls. Im Mittelpunkt steht die materielle Bereicherung des Täters - „the damage is done in the course of or in order to acquire money or property“ (Cohen 1973, S. 42).

Tactical Vandalism

Bei dieser Form des Vandalismus werden Gegenstände absichtlich zerstört oder beschädigt. Ziel ist es aber nicht sich zu bereichern, sondern um auf einen Missstand oder eine subjektive Situation aufmerksam zu machen (vgl. Schneider 2001, S.38). Die Taten sind meist nicht spontan. „The choice of property destruction as form of action is deliberate and planned“ (Cohen 1973, S. 43), das Motiv ist teilweise auch ideologischer Natur: Wie zum Beispiel die Farbbeutelwürfe von politischen Aktivisten auf das Haus eines politischen Gegners. Die Täter haben „the end in mind of drawing attention or gaining publicity for a particular case“ (Cohen 1973, S. 43).

Vindictive Vandalism

Cohen sieht die Gruppe des Vandalismus aus Rache als eine sehr wichtige Kategorie an: „It looms much larger in the total vandalism picture than is apparent (…)“ (Cohen 1973, S. 44). Neben diesem Aspekt hebt er die subjektive Befriedigung des Täters durch den vandalistischen Akt hervor. Diese ist mindestens genauso wirkungsmächtig und einschüchternd für das Opfer, wie die direkte Konfrontation mit diesem (vgl. Cohen 1973, S. 44). Cohen sieht beim Vandalismus in Schulen eine typische Ausdrucksform von rachsüchtigem Vandalismus; die Gründe hierfür sind meist in der subjektiven Situation der Schüler zu sehen: „In these cases the vandalism is preceded by punishments, deprivation of privileges, expulsions or other potential sources of grievance“ (Cohen 1973, S. 45).

Play Vandalism

Diese Art des Vandalismus ist meist Kindern zuzuschreiben. Sie wissen oft gar nicht, dass ihr Verhalten missbilligt wird. Der Vandalismus ist meist die Folge von Wettbewerbsverhalten im Spiel, beispielsweise, wer am meisten Fensterscheiben einwirft (vgl. Cohen 1973, S. 47).

Malicious Vandalism

Cohen hält den 'bösartigen' für die am häufigsten auftretende Form des Vandalismus (vgl. Cohen 1973, S.48). Deutlich hebt er hervor, dass der 'malicios vandalism' auch die für die Gesellschaft am wenigsten nachvollziehbare Variante des Vandalismus ist: „my final category is the one which reveals most clearly the vicious and apparently senseless the facade which society finds so difficult to understand“ (Cohen 1973, S.48). Cohen sieht als Motiv für den bösartigen Vandalismus in subjektiven Gefühlen des Nichtgebrauchtwerdens, Langeweile, Verzweiflung, Abneigung, Misserfolg und Frustration (vgl. Cohen 1973, S. 49). Dies kann auch als Ausdrucksform subjektiver Gefühle der Ausgrenzung gedeutet werden. Eine Antwort darauf scheint der Vandalismus zu sein. Cohen dazu: „It is significant that in everyday language the escape from such states is often expressed in metaphors such as breaking out, breaking away and breaking clear" (ebd., S. 49). Wie schon die Motive dieser Variante des Vandalismus vermuten lassen, sieht Cohen die Unterschicht als größten Teil für die Taten dieser Art als verantwortlich an (vgl. Cohen 1973, S. 51). Die Ziele des Vandalismus sind meist subjektiv symbolisch aufgeladene Orte im öffentlichen Raum der Städte: „The target is de-personalised and not easily identified with, it belongs to 'them'“ (ebd, S.50). Passend dazu fasst Schneider zusammen: „Diese Art der Zerstörung erscheint zwar wahllos, ist aber oft gegen Symbole der Mittelschicht, öffentliche Einrichtungen und Anonymität fördernde Systeme gerichtet“ (2001, S. 42).

Räumliche Verteilung

Der Vandalismus ist primär ein Problem der Städte. Er wird als eine „stadtspezifische Erscheinung“ bezeichnet (Kube; Schuster 1983, S.4,) ist. Aber nicht überall in den Städten tritt Vandalismus gleich häufig auf. Eine Häufung dieses Phänomens ist den den ärmeren Vierteln zu finden: „Innerhalb der Städte gibt es wiederum Gebiete, in denen sich vandalistische Straftaten konzentrieren. Neben den Innenstadtbereichen sind dies zum einen heruntergekommene Altbaugebiete, die zur Sanierung anstehen und zum anderen bestimmte Neubaugebiete des sozialen Wohnungsbaus“ (Schneider 2001, S. 69). In anderen Beschreibungen wird dies bestätigt und als Begründungen für die Häufung von Vandalismus in ärmeren Stadtteilen Prozesse der städtischen Segregation und unter anderem die Theorie des architektonischen Determinismus für den Vandalismus genannt (vgl. Detaille 1983, S. 91).

Täterstruktur

Die Täterstruktur des Vandalismus stellt sich als heterogen dar, alle sozialen Schichten und ethnischen Gruppen sind vertreten. Jugendliche und junge Erwachsene werden aber häufiger mit den vandalistischen Delikten in Verbindung gebracht. Männer sind wesentlich häufiger als Täter festzumachen als Frauen. Umstritten ist, ob der Vandalismus eher von einzelnen oder in einer Gruppe begangen wird. Hier wird auf eine Spannbreite von 40-80%, hinsichtlich der Einschätzung, ob die Taten von Gruppen begangen werden verwiesen (vgl. Kube; Schuster 1983, S. 18; Detaille 1983, S. 51)

Spezielle Formen des Vandalismus

Einzelne Bereiche von vandalistischen Taten sind aufgrund ihrer (sub)kulturellen Bedeutung und Verbreitung und sowie ihrer gesellschaftlichen Relevanz von besonderer Bedeutung. Hierzu zählen Graffiti und der sogennte Compter-Vandalismus.

Graffiti

Graffiti, die Beschriftung und das Besprühen von Wänden, ist ein sehr häufig und weit verbreitetes Phänomen, das sich aus der Hip-Hop-Szene New Yorks der 70er kommend Anfang der 80er Jahre auch in Deutschland verbreitete. Die sich selbst als Künstler bezeichnenden Täter agieren alleine oder in Gruppen sowie im legalen und illegalen Rahmen. Die Frage ob es sich bei (illegalen) Graffitis um eine Sachbeschädigung oder um Kunst handelt steht zwar formaljuristisch fest, ist gesellschaftlich aber umstritten. Obwohl Graffiti als Sachbeschädigung (§303 StgB) gewertet und verfolgt wird, wird insbesondere die Sonderform und Weiterentwicklung des Graffiti die sogenannte Street Art mittlerweile in nahezu allen Großstädten als normaler Teil des Stadtbilds begriffen (vgl. Augsburger Allgemeine (2012); Die Welt(2014)).

Computer-Vandalismus

Unter Computer-Vandalismus werden destruktive Akte an oder mittels derer an anderen EDV-Geräten bezeichnet. Es kann zwischen physischen Schäden an Computern und logischen Schäden unterschieden werden. In diesen speziellen Fällen des Vandalismus kann mit relativ geringem Aufwand ein sehr hoher Sachschaden mit teilweise weitreichenden Folgen erzeugt werden (vgl. Schneider 2001, S. 47).

Physische Schäden durch Compter-Vandalismus

Hier unter Fallen physische Akte der Sachbeschädigung und Sabotage an einzelnen Computern oder größeren EDV-Systemen wie Servern. Hier wird zum Beispiel mit Büroklammern mit oder Haarspray die Hardware des Computers beschädigt (vgl. Schneider 2001, S. 45)

Logische Schäden durch Computer-Vandalismus

In diesen Fällen des Vandalismus wird der Schaden durch speziell angefertigte Viren, Trojaner oder Würmer erzeugt. Hierbei handelt es sich um speziell angefertigte Codefragmente, Unterprogramme oder Programme die gezielt über Datenträger oder das Internet in die betreffenden Computer(systeme) eingeschleust werden. Die Folge kann ein Ausfall oder Beschädigung von einzelnen oder mehreren Programmen aber auch des ganzen Computers sein. Die Taten werden als spezielle Formen der Sachbeschädigung verstanden und als Datenveränderung (§303 a StgB) und Computersabotage (§303 b StgB) verfolgt (vgl. Schneider 2001, S. 46) .

Erklärungsansätze für den Vandalismus

Aufgrund der Vielzahl an Erscheinungsformen lassen sich keine eindeutige Erklärungsmodelle für die Entstehung des Vandalismus aufzeigen. Es werden sowohl subjektzentrierte als auch gesellschaftlich orientierte Theorien als Erklärung für den Vandalismus angeführt.

Aggressionstheorien

Die Taten des Vandalismus werden als Aggressionen gewertet. Es wird zwischen direkten Aggressionen wie Beleidigungen oder körperlichen Angriffen und verschobenen Aggressionen unterschieden. Die Taten des Vandalismus wird zu den verschobenen Aggressionen gezählt. Also zu dem Bereich, bei dem das eigentliche Ziel der Aggression indirekt bzw. vermittelt angegangen wird (vgl. Schneider 2001, S. 78).

Triebtheorien

Innerhalb des Triebtheoretischen Modells von Sigmund Freud wird zwischen dem Lebenstrieb (Eros) und dem Todestrieb (Thanatos) unterschieden. Beide Triebe sind dem Menschen innewohnend und verhalten sich gegensätzlich zueinander. Um die Wirkung des Todestriebs unschädlich zu machen, wird dieser vom Menschen nach außen gelenkt. Eine Folge dieser Reaktion können auch Zerstörungen an und von Gegenständen sein. Allerdings werden diese destruktiven Reaktionen häufig durch die Instanz des Über-Ich verhindert oder abgeschwächt (vgl. Schneider 2001, S. 80).

Frustrations-Aggressions-Hypothese

Diese Theorie ist an triebtheoretische Annahmen angelehnt. Es wird davon ausgegangen, dass Versagungen im Alltag die Menschen daran hindern ein bestimmtes Ziel zu erreichen oder ein Bedürfnis zu befriedigen Frustration führen kann. Diese Frustrationen fördern wiederum aggressive Verhaltensweisen. Während Faktoren wie subjektives Einfühlungsvermögen, Angst vor Strafe aggressionshemmend wirken sind andere Faktoren wie Alkohol, Anonymität oder die Präsenz von Waffen fördernd für aggressive Verhaltensweisen (vgl. Schneider 2001, S.83).

Theorie der delinquenten Subkultur

Diese Theorie bezieht sich primär auf jugendliche Unterschichtsanghörige die aufgrund sozialstrukturellen Benachteiligungsprozessen und Versagungen am gesellschaftlichen Reichtum partizipieren zu können ein eigenes subkulturelles Normensystem anstreben. Häufig wird sich innerhalb dieser subkulturellen Normen von den Normen der Mehrheitsgesellschaft abgegrenzt oder diese offen abgelehnt. Dies kann Vandalismus an Symbolen der Mehrheitsgesellschaft begünstigen oder eine Haltung die dies toleriert fördern (vgl. Schneider 2001, S. 92).

Objekte und Raumstruktur als Reizbedingungen

Häufig gehen der Vandalismus bei den Tätern mit dem Auslösen von positiven Gefühlen einher. So lässt sich erklären, dass bestimmte Gegenstände die beim Zerstören oder Beschädigen ein bestimmtes Geräusch machen werden von den Tätern als besonders anziehend beschrieben werden. Das gleiche scheint auch für visuelle Reize zu gelten. Die Beschaffenheit insbesondere des städtischen Raums scheint durch seine häufig auftretende Monfonktionalität und seine teilweise architektonische Eintönigkeit bei den Betrachtern und Nutzern des Raums unbewusste subjektiv negative Reaktionen auszulösen. Dies kann im Wechselspiel mit anderen Prozessen dazu führen, dass Vandalismus auftritt (vgl. Schneider 2001, S.96).

Kriminologische Relevanz

Vandalismus ist ein Phänomen, das in den kriminologischen Diskurs um innere Sicherheit (dort im besonderen mit der Broken Windows These) einzuordnen ist. Bedingt durch sein vielfältiges, kulturelle Grenzen und Entwicklungslinien nicht einhaltende Auftreten ist er einerseits gesellschaftlich stark emotional aufgeladen auf der anderen Seite aber kriminologisch nicht eindeutig gefasst. Die emotionalen Reaktionen werden häufig damit erklärt und gerechtfertigt, dass das subjektive Sicherheitsgefühl durch dieses Phänomen bedroht wird. Die Politik reagiert auf Vandalismus und die damit wahrgenommene Bedrohung des Sicherheitsgefühls mit Kampagnen die an die kommunitäre Kontrollordnung andocken. Die Bürger sind dazu aufgerufen Vandalismus anzuzeigen und aktiv bei der Ergreifung der Täter zu helfen. Die kriminologisch unterschiedliche Betrachtung und Einordnung des Vandalismus zeigt sich auch an der Vielzahl an Erklärungsansätzen für das Phänomen. Der Hauptgrund für diese Uneinheitlichkeit in der Fassung des Vandalismus ist in der ungeklärten Frage der Motivlage der Täter und in der meist nur (und wenn überhaupt) nur für den Täter subjektiv nachzuvollziehenden Wahl des Zielobjektes zu sehen. Dies und die häufig zu unrecht als 'sinnlos' aufgefasste Taten des Vandalismus machen das Phänomen Vandalismus in sich zu einem inhaltlich diffusen Begriff der anschlussfähig für eine Vielzahl von kriminologischen Theorien insbesondere der Anomietheorie und die des Labeling Approach ist.

Literatur

Cohen, Stanley (1973): Property destruction: motives and meanings. In: Ward, Colin (1973). Vandalism. London: The Architectuural Press.

Detaille, Norbert (1983): Delikte gegen Fernsprecherhäuschen der Deutschen Bundespost unter besonderer Berücksichtigung der Phänomene des Vandalismus. Köln.

Geerds, Friedrich (1983): Sachbeschädigungen: Formen und Ursachen der Gewalt gegen Sachen aus Sicht der Kriminologie und Kriminalistik. Decker & Müller. Heidelberg.

Hennig, Ursula; Keim, Dieter; Schulz zur Wisch, Jochen (1984): Spuren der Missachtung: Zum Verhältnis von Jugendproblemen und Stadtstruktur. Frankfurt a. M.:Campus.

Herrmann, Ina (2014): Vandalismus an Schulen. Bedeutungsstrukturen maskierender Raumpraktiken.Wiesbaden: Springer.

Schneider, Mark (2001): Vandalismus. Erscheinungsformen, Ursachen und Prävention zerstörerischen Verhaltens sowie Auswirkungen des Vandalismus auf die Entstehung kriminellen Milieus. Würzburg.

Weblinks

http://www.duden.de/rechtschreibung/Vandalismus (19.02.16)

Augburger Allgemeine (2012): http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Stadt-will-mit-der-Augsburgblume-werben-id20293001.html (22.02.16)

Die Welt (2014): http://www.welt.de/regionales/bayern/article131570741/Warum-Muenchen-Sprayer-umwirbt-und-jagt.html (22.06.16)