Terrorismus

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Der Terror war die erste Form strategischer Grausamkeit und eine der ersten Kampf- und Herrschaftstechniken überhaupt. Er nutzt die Überlegenheit ohne Einschränkung und ohne Furcht vor Vergeltung. Dass es dazu nicht kommt, dafür sorgt die Konsequenz des Terrors selbst.

Der kleine Bruder des Terrors ist der Terrorismus. Es ist der Versuch unterlegener Kräfte, sich desselben Prinzips zu bedienen. Er ist die Spiegelung des Terrors im Verhalten der subalternen Kräfte und Klassen.

Natürlich ist die Dimension kleiner. Die Opferzahlen sind geringer. Die Möglichkeiten sind beschränkter. Der Aspekt der Botschaft - der Kommunikation - tritt gegenüber dem instrumentellen Aspekt der Vernichtung des Gegners noch weiter in den Vordergrund.

Spektakuläre Anschläge dienen der indirekten Steuerung des übermächtigen Gegners in eine Richtung, von der sich die Terroristen selbst den größten (propagandistischen) Vorteil erhoffen.

Beispiele sind im 1. Jahrhundert AD die Sikarier, im 12. die Assassinen.

Im 19. Jahrhundert Propaganda der Tat durch Bakunin, Netschajew und andere Anarchisten. Dann durch die Sozialrevolutionäre in Russland. Terroristischer Mittel bedienten sich auch Gruppen in der Weimarer Republik und in der Bundesrepublik (Rote Armee Fraktion (RAF)) sowie Gruppen des sog. neuen oder internationalen oder djihadistischen Terrorismus.


Definitionen

"Terrorismus ist die Spiegelung des Terrors" (Sebastian Scheerer)

"Terrorismus ist eine politisch motivierte Taktik, die die Drohung oder die Anwendung von Gewalt impliziert, wobei das Streben nach Publizität eine signifikante Rolle spielt" (Weinberg, Pedahzur, Hirsch-Hoefler 2004: 786).

"Terrorismus ließe sich dann zum Beispiel als die Situation verstehen, in der ein nicht-staatlicher Akteur A gezielte manifeste Gewalt gegen Zivilisten einsetzt (Mittel), um Angst und Schrecken zu verbreiten (Ziel) und den Staat (Akteur B) zur Veränderung seiner Politik zu zwingen (Zweck). Damit wäre der aktuelle Sprachgebrauch vermutich relativ gut getroffen und z.B. al-Qa'ida als Terrorgruppe präzise charakterisiert" (Daase 2007: 93).

Man könnte den Terrorismusbegriff aber auch "radial" konstruieren. Er wäre dann durch eine Reihe von Familienähnlichkeiten bestimmt. In einem bestimmten best case wäre er aber sozusagen verankert. Mit anderen Worten: am "meisten" terroristisch ist die Art des Terrorismus, "bei der nicht-staatliche Akteure gezielte manifeste Gewalt gegen Zivilisten ausüben, um Angst und Schrecken zu verbreiten um dadurch einen Politikwandel des Staates herbeizuführen" (Daase 2007: 94).

Symmetrische Narrative von Terrorismus und Anti-Terrorismus

Terroristen und ihre Feinde pflegen ihre eigenen Legitimationsdiskurse was die politischen Themen angeht, aber auch in Bezug auf die Narrative über den terroristischen Konflikt selbst.

Dabei zeigen sich symmetrische Muster der Darstellung. Jede Partei inszeniert sich als Getriebenen, der zu seinen Handlungen gezwungen wurde. Jede Partei inszeniert sich als Unschuld vom Lande, die andere als das Böse. Man ist sich über die Gräben der Differenz hin einig: das Böse kann man nicht verstehen, man kann es nur bekämpfen.


Paradoxie der Bekämpfung

Wie der Rechtsstaat sich zu Tode schützt (Dahs). Rechtsstaat: Rechtsgleichheit, Bürgerrechte. Freiheitssphäre des Bürgers. Teilung der Gewalten.

Die Bekämpfung erfolgt

  1. durch Ressourcenbündelung (weniger Bildung, mehr Zwangsstäbe)
  2. durch Gesetzgebung (Stärkung der Exekutive zu Lasten der Legislative und der Judikative und zu Lasten der Bürgerrechte)
  3. durch außergesetzliche Maßnahmen (Maßnahmenstaat; extralegale Spionage, Sabotage, Tötung)

Prioritätensetzung bedeutet: Inkaufnahme von Ungewolltem, um das unbedingt Gewollte zumindest zu erreichen.

Auf die Dauer kommt es zu Eigendynamiken kumulierter ungewollter Nebenfolgen.

Eine davon ist die Erstarkung von prinzipieller Opposition.

Eine andere davon ist das Verschwinden des Rechtsstaats zugunsten des Ausnahmezustands. Der Staat ist nicht mehr das Gut, das zu verteidigen sich lohnt. Es ist nur noch das Eigene, nicht mehr das Gute. Aus dem Normenstaat wird der integrale Staat nach Horkheimer, eher noch der Doppelstaat nach Fraenkel.

Beispiele für den Maßnahmenstaat: Guantanamo, Außerordentliche Überstellung, Folter, Gezielte Tötung, Terrorliste

Weblinks und Literatur