Terrorliste

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Terrorliste nennt man ein amtliches Verzeichnis von Personen und/oder Organisationen, die wegen der mutmaßlich von ihnen ausgehenden terroristischen Risiken besonderen Überwachungs- und/oder Boykottmaßnahmen unterworfen werden.

Auf Terrorlisten im engeren Sinn - zu nennen sind hier insbesondere die Terrorliste der Vereinten Nationen und die Terrorliste der EU - befinden sich die Taliban, Al-Kaida, Osama bin Laden und darüber hinaus noch Hunderte von weiteren als terroristisch eingeschätzten Personen und Organisationen. Zweck der Terrorlisten im engeren Sinne ist der totale wirtschaftliche Boykott mittels Finanzrestriktionen (Einfriergebot; Bereitstellungsverbot). Im Fall der UNO-Terrorliste kommen noch umfassende Reisebeschränkungen hinzu (Reiseverbot).

  • Das Einfriergebot bedeutet: die Konten der Betroffenen werden eingefroren; sie können ihre Immobilien nicht mehr veräußern etc.
  • Das Bereitstellungsverbot bedeutet: den Betroffenen dürfen keine wirtschaftlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Keine Kreditgewährung, keine Ausleihe, keine Auszahlung von Sozialleistungen oder Gehältern.

Ausnahmen vom Einfriergebot und vom Bereitstellungsverbot können gewährt werden. Der Rechtsweg ist allerdings in jeder Hinsicht wenig entwickelt. Dies gilt für die Frage der Aufnahme auf eine Terrorliste wie auch für allfällige Ausnahmen von den Sanktionen und die Streichung von einer Liste. Graduelle Unterschiede bestehen aber zwischen den einzelnen Terrorlisten.

Auf Terrorlisten im weiteren Sinne, die häufig auch als "terrorist watch list" oder No Fly Liste bezeichnet werden, befinden sich sehr viel größere Datenmengen. Bei diesen Listen geht es nicht um direkte Sanktionierung oder gar einen umfassenden sozio-ökonomischen Boykott, sondern um erhöhte Aufmerksamkeit und Überwachung.

Als problematisch gelten:

  • die mangelnde Transparenz bei der Frage, wer warum auf eine Terrorliste aufgenommen wird (Listungsverfahren)
  • das fehlende Anhörungsrecht von Personen, die von einer Listung bedroht oder betroffen sind
  • die Intransparenz und mangelnde rechtliche Ausgestaltung des De-Listungsverfahrens zwecks Erreichung der Streichung von einer Terrorliste.
  • die generelle Lückenhaftigkeit des Rechtsschutzes bei Fragen, die zu diesem Themenkomplex gehören.

Folgen für die Betroffenen: "Wer einmal auf der Liste steht, hat kaum mehr eine Chance auf ein normales Leben. Er ist quasi vogelfrei, wird politisch geächtet, wirtschaftlich ruiniert und sozial isoliert. Das gesamte Vermögen wird eingefroren, alle Konten und Kreditkarten werden gesperrt, Barmittel beschlagnahmArbeits- und Geschäftsverträge faktisch aufhoben; weder Arbeitsentgelt noch staatliche Sozialleistungen dürfen noch ausbezahlt werden; hinzu kommen Passentzug und Ausreisesperre sowie Überwachungs- und Fahndungsmaßnahmen. Mit Verweis auf die Terrorliste werden Wohnungsdurchsuchungen, Beschlagnahmungen oder Festnahmen begründet. Zu den Fernwirkungen zählen die Verweigerung von Einbürgerungen und Asylanerkennungen sowie der Widerruf des Asylstatus von Mitgliedern oder Anhängern gelisteter Gruppen" (Gössner 2009).

Strafen bei Verletzung der Sanktionsvorschriften: Vorsätzliche Verstöße gegen die Sanktionsvorschriften von Terrorlisten werden in Deutschland nach dem Außenwirtschaftsgesetz und der Außenwirtschaftsverordnung mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, in besonders schweren Fällen nicht unter zwei Jahren. Der Versuch ist strafbar. Bei fahrlässigem Handeln kann eine Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren oder eine Geldstrafe verhängt werden. Die Verletzung von Mitteilungspflichten u.ä. wird nach § 70 AWV grundsätzlich als Ordnungswidrigkeit geahndet.

Zeugnisverweigerungsrecht

siehe : Verweigerungsrechte im Strafverfahren

Literatur

  • Bartmann, Julia (2011) Terrorlisten. Ebenenübergreifende Sanktionsregime zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung. Stuttgart: Richard Boorberg Verlag
  • Hohmann, Harald; Puschke, Marcus (2007) Basiswissen Sanktionslisten. Hintergrund und Praxis der Integration von Sanktionslisten in Ihre Geschäftsprozesse. Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft.
  • Pergande, Frank (2009) Die Tücken der Terrorlisten. Deutsche Unternehmen im Visier der Fahnder. FAZ 24.02.09: 3.
  • Rechtsschutz für Terrorverdächtige. FAZ 04.09.08: 4.

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