Haft-bzw. Vollzugslockerung

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Haft- bzw. Vollzugslockerungen sind vollzugliche Maßnahmen. Diese bieten den Strafgefangenen die Möglichkeit, sich während des laufenden Freiheitsentzug(es), nach Maßgaben und Kontrolle des Strafvollzuges in Freiheit zu erproben. Ziel ist es, den Gefangenen zu befähigen, ein Leben in sozialer Verantwortung und ohne Straftaten zu führen. Dabei können Strafgefangene die Justizvollzugsanstalt für eine gewisse Zeit verlassen. Vollzugslockerungen eignen sich zur Überprüfung des Behandlungsfortschrittes und dem Vollzugsziel - der Resozialisierung.

Etymologie

Das Wort Vollzugslockerungen entstammt einer Wortbildung. Es setzt sich aus den Wörtern Vollzug und Lockerungen zusammen. Der Vollzug (mittelhochdeutsch) ist die Verwirklichung einer Anordnung oder Vorstellung/Vollziehung und die Durchsetzung einer Haftstrafe (kurz für Strafvollzug). Lockerungen bedeuten Entspannung, Entkrampfung oder auch Trennung. Der Begriff Vollzugslockerungen deutet darauf hin, dass der Vollzug einer Freiheitsstrafe unter gewissen Voraussetzungen gelockert werden kann. Er ist daher eine allgemein gebräuchliche und vereinfachte Bezeichnung, für eine vollzugliche Maßnahme im Sinne des Strafvollzugsgesetz (StVollzG). Nach dem Strafvollzugsgesetz handelt es sich gemäß § 11 StVollzG um "Lockerungen des Vollzuges".

Allgemeines/Historie

Die Schaffung von Vollzugslockerungen gehört zu den wichtigsten Veränderungen im Zuge der Strafvollzugsreform seit den 1970er. Hintergrund für die Festschreibung von Vollzugslockerungen ist die Entstehung des Strafvollzugsgesetzes. Diese Maßnahmen führten zu einer Humanisierung der Lebensbedingungen, und zu einer verbesserten Vollzugsgestaltung in der Haft. Durch die Möglichkeit von Vollzugslockerungen, lässt sich die gesamte Zeit des Freiheitsentzuges besser planen (siehe hierzu Vollzugsplan). Den Urlaub aus der Haft heraus, gab es bereits vor Inkrafttreten des StVollzG und nannte sich Sozialurlaub. "In einigen Bundesländern hatte es Hafturlaube schon vor Inkrafttreten des Gesetzes gegeben. Etwa in Bayern, seit 1968, als Gnadenmaßnahme[4] für einzelne Gefangene. In Hamburg sogar bis zu 4 Wochen pro Jahr. Genaue Zahlen sind nicht bekannt. Die Praxis hielt sich aber vermutlich, angesichts des Ausnahmecharakters der Gnadenmaßnahme, in engen Grenzen. Durch die ausdrückliche Regelung in §§ 11 ff StVollzG setzte jedoch eine Entwicklung ein, welche zunächst die gesamte alte Bundesrepublik und nach der Wiedervereinigung auch die neuen Bundesländer umfaßte (in der DDR waren Lockerungen nicht praktiziert worden)".[[1]] (Feest 2004) Seit der Föderalismusreform von 2006 sind die Länder ausschließlich für die Gesetzgebung hinsichtlich des Strafvollzuges zuständig. Nunmehr können die einzelnen Bundesländer wieder eigene Strafvollzugsgesetze erlassen. Dies hat entscheidende Auswirkungen auf die Lockerungspolitik in Deutschland. Einzelheiten siehe unter [[2]]oder Strafvollzug in Deutschland

Anwendungsbereich und Arten der Vollzugslockerungen

Die Lockerungen des Vollzuges finden nicht nur Anwendung bei dem Vollzug von der Freiheitsstrafe, sondern auch bei anderer gerichtlich angeordneter Freiheitsentziehung. Darunter zählen u.a. der Vollzug der Freiheitsstrafe in einer sozialtherapeutischen Abteilung/Anstalt ( kurz Sozialtherapie), die Sicherungsverwahrung und der Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregel (kurz Maßregelvollzug). Die Arten der Vollzugslockerungen im Sinne des Strafvollzuggesetzes sind in den §§ 10 (Offener und geschlossener Vollzug), 11 (Lockerungen des Vollzuges), 12 (Ausführung aus besonderen Gründen), 13 (Urlaub aus der Haft), 15 (Entlassungsvorbereitung und Freigängerurlaub), 35 (Urlaub, Ausgang und Ausführung aus wichtigem Anlass), 36 (Urlaub zur Wahrnehmung von gerichtlichen Termine), 43 (Arbeitsurlaub),124 (Urlaub zur Vorbereitung der Entlassung bei Unterbringung in sozialtherapeutischer Anstalt) und 134 (Urlaub bei Sicherungsverwahrung) geregelt. "Das Strafvollzugsgesetz kennt drei Kategorien der Minderung des Gewahrsams an Strafgefangenen: Den "Hafturlaub" als am weitesten gehende Regelung, die im Strafvollzugsgesetz ausdrücklich als "Lockerungen des Vollzuges" gekennzeichneten Maßnahmen und die Unterbringung des Gefangenen im sog. "offenen Vollzug"". (Feller 1991) § 10 StVollzG stellt die Grundsvollzugsformen des Freiheitsentzuges dar, der geschlossene und der offene Vollzug. Der offenen Vollzug [3] zählt neben den Lockerungen des Vollzuges mit zu den wichtigsten Behandlungsmaßnahmen im modernen Strafvollzug. § 11 StVollzG zeichnet einen Katalog über mehrere Arten der Vollzugslockerungen. Lockerungen des Vollzuges gemäß § 11 StVollzG stellen Behandlungsmaßnahmen dar.

  • Die Ausführung (§ 11 Abs. 1 Nr. 2, 1. Alt. StVollzG) ist das Verlassen der Anstalt für eine bestimmte Tageszeit unter Aufsicht eines Vollzugsbediensteten. Die Ausführung wird meist angeordnet, wenn eine weitergehende Lockerungen des Vollzuges, wie Urlaub oder Ausgang noch nicht verantwortet werden kann, aus Gründen die in der Person/der Persönlichkeit des Gefangenen liegen.
  • Der Ausgang (§ 11 Abs. 1 Nr.2, 2. Alt. StvollzG) ist das Verlassen für eine bestimmte Tageszeit (also noch nicht über Nacht) ohne Aufsicht eines Vollzugsbediensteten. Diese Art der Lockerungen ermöglicht dem Gefangenen u.a., in Freiheit selbstständig die Erledigung persönlicher/privater Angelegenheiten (Aufrechterhaltung sozialer Kontakte - Besuche der Angehörigen) oder die Erledigung behandlerischer Angelegenheiten (Aufsuchen einer Suchtberatungsstelle). Darüber hinaus wird der Ausgang als eine Art Erprobung für die weitergehenden Vollzugslockerungen, wie Urlaub und Freigang genutzt.
  • Die Außenbeschäftigung (§ 11 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. StVollzG) ist eine regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Anstalt unter Aufsicht eines Vollzugsbediensteten. Die Beaufsichtigung durch einen Vollzugsbediensteten kann "ständig und unmittelbar", "ständig" oder "in unregelmäßigen Abständen" erfolgen.
  • Der Freigang (§ 11 Abs. 1 Nr. 1, 2 Alt. StVollzG) Der Freigang ist eine regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Anstalt ohne Aufsicht eines Vollzugsbediensteten. Der Freigang soll sinnvolle Arbeit oder Berufs- bzw. Schulausbildung außerhalb der Anstalt ermöglichen. Der Freigang ist ein wesentlicher Schritt zum Aufbau der Fähigkeit der Legalbewährung (Krott 2003)

§ 13 StVollzG (Urlaub aus der Haft) Bei dem Hafturlaub ist die Art und Weise der Durchführung nicht mehr vorgegeben. Mit der Gewährung von Urlaub können Strafgefangenen die Anstalt auch über Nacht verlassen, ohne ständige und unmittelbare Beaufsichtigung. Bei dem in § 13 StVollzG normierten Urlaub handelt es sich um den "Regelurlaub". Nach § 13 StVollzG können Gefangenen bis zu 21 Kalendertage im Jahr Urlaub erhalten. Die wichtigsten Voraussetzungen für die Gewährung von Hafturlaub sind gemäß § 11 StVollzG, dass keine Flucht- und Missbrauchsgefahr bestehen, und der Gefangene muss sich mindestens 6 Monate in Haft befindet. Durch die Gewährung von Hafturlaub wird die Strafvollstreckung nicht unterbrochen.

Funktion und Zweck der Vollzugslockerungen im Strafvollzug

Funktionen nach Kobbe (1992)

Kobbe (1992) unterscheidet 3 grundlegende Funktionen von Vollzuglockerungen [4]

  • Motivations- und verhaltensbestimmende Funktion Lockerungen eröffnen Perspektiven für Gefangene, die nur wenig empfänglich sind für Behandlung.
  • Therapeutisch-behandlerische Funktion Im Fokus hierbei steht die Verwendung von sozialen Kontakten, z.B. zum Erlernen von Freizeitverhalten, zur Vorbereitung der Entlassung.
  • Erprobung von Behandlungsfortschritten Durch das Erproben mittels Lockerungen, besteht die Möglichkeit, die Behandlungsschritte bzw. Veränderungen außerhalb der Justizvollzugsanstalt kontrollieren zu können.

Zweck und Ziel der Vollzugslockerungen i.S.d. StVollzG

Der Zweck solcher Maßnahmen können die Erprobung im Hinblick auf das Vollzugsziel (§ 2 Abs. 1 StVollzG), auf eine vorzeitige Entlassung nach § 57 StGB oder auf den Integrationsgrundsatz – Hilfe zur Eingliederung (§ 3 Abs. 2 StVollzG) sein. Weitere Intentionen bestehen im Gegensteuerungsgrundsatz (§ 3 Abs. 2 StVollzG), sowie im Herstellen oder Aufrechterhalten der sozialen Kontakte/Beziehungen der Außenwelt. Um das Vollzugsziel zu erreichen wird an den drei im Strafvollzugsgesetz fest verankerten Grundsätzen festgehalten. Danach sollen Strafgefangene wieder Schritt für Schritt in die Gesellschaft integriert werden und weiterhin auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden. Gemäß § 3 StVollzG (Gestaltung des Vollzuges) soll das Leben des Vollzuges den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden; schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken und der Vollzug ist darauf auszurichten, dass er dem Gefangenen hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern. Gemeint ist damit, dass der Prisonisierung und den Prisonisierungseffekten entgegenzuwirken ist. Durch die Gewährung von Vollzugslockerungen können Erscheinungen der Prisonisierung und Hospitalismus [5] reduziert werden. Vollzugslockerungen bieten den Strafgefangenen eine Möglichkeit, sich dem Haftalltag und der bestehenden Subkultur zu entziehen.

Eignungsvoraussetzungen für die Gewährung von Vollzugslockerungen

Entscheidung und Voraussetzungen i.S.d. StVollzG

Die Entscheidung über Lockerungen im Vollzug wird in einer Konferenz nach § 159 StVollzG vorbereitet. Über die Anordnung und Gewährung von Vollzugslockerungen entscheidet der Anstaltsleiter der Justizvollzugsanstalt. Die Lockerungskonferenzen haben einen beratenden Charakter. Sie dienen dem Anstaltsleiter zur Entscheidungsfindung, über die Gewährung von Vollzugslockerungen. Über die Konferenz ist eine Niederschrift bzw. ein Protokoll zu fertigen. Gemäß § 11 Abs. 2 StVollzG dürfen Lockerungen des Vollzuges nur mit Zustimmung des Gefangenen angeordnet werden, wenn nicht zu befürchten ist, dass der Gefangene sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Lockerungen des Vollzuges zu Straftaten missbrauchen wird. Bei der Flucht- und Missbrauchsklausel handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe. Insofern steht dem Gefangenen kein Anspruch auf die Gewährung von Lockerungen zu, sondern nur ein Recht auf fehlerfreien Ermessensgebrauch. Insbesondere muss Berücksichtigung finden, ob ein Gefangener durch sein Verhalten im Vollzug die Bereitschaft gezeigt hat, an der Erreichung des Vollzugszieles mitzuwirken. Zu den im § 11 StVollzG geregelten Voraussetzungen, gibt es weiterführende VV`en (Verwaltungsvorschriften) zu den einzelnen Paragraphen. Verwaltungsvorschriften dienen lediglich der Orientierung bei der Entscheidungsfindung. In den Verwaltungsvorschriften sind Ausschließungsgründe für die Gewährung von Vollzugslockerungen aufgelistet. Danach sind Gefangene in der Regel nicht für Lockerungen des Vollzuges geeignet, u.a. die erheblich suchgefährdet sind, gegen die eine Ausweisungs-, Auslieferungs-, Ermittlungs- oder Strafverfahren anhängig ist, die nach einem Ausgang nicht wieder zurück in die Anstalt gekehrt sind, Anhaltspunkte vorliegen, dass ein Gefangener die Lockerungen für die Begehung von neuen Straftaten genutzt hat. Eine besonders gründliche Prüfung, laut der Verwaltungsvorschrift Nr. 8 zu § 11 StVollzG findet bei Gefangenen statt, gegen die während des laufenden Freiheitsentzuges eine Strafe wegen grober Gewalttätigkeiten gegen Personen, wegen einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder wegen Handels mit Stoffen im Sinne des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln vollzogen wurde oder zu vollziehen ist oder die im Vollzug in den begründeten Verdacht des Handels mit diesen Stoffen oder des Einbringens dieser Stoffe gekommen sind.

Prognoseentscheidung

Rasch (1986) unterscheidet in 4 prognoserelevanten Dimensionen(siehe hierzu auch [6]).

Die Tat

Bei dem Aspekt der Tat wird die gesamte Delinquenzentwicklung bis zur Anlasstat dargestellt. Wichtige Informationen hierzu liefert das Bundeszentralregister [[7]] über die Vorstrafen, wie zum Beispiel die Breite (Formen der Kriminalität), die Dichte (Zeitintervalle zwischen Taten) und der Intensität (Häufigkeit und Schweregrad der Tat). Nach Krott (2003) ist hierbei zu entscheiden, ob die Tat der Persönlichkeitsstruktur des Täters entspringt, oder ob sie das Resultat einer spezifischen Situation ist. Bezüglich der Situation sind "lebensphasische Aspekte" (Alter, Verhaftung in subkulturellen Gruppen), "lebensgeschichtliche Aspekte" (Konflikte, wirtschaftliche Notlagen) und "Aspekte der aktuellen Tatsituatio" (Streit, Drogen oder Alkoholeinfluss) zu unterscheiden. Klarzustellen gilt es welche Straftaten unter welchen Umständen zur Verurteilung geführt haben.

Die Persönlichkeit/ Persönlichkeitsquerschnitt

Einige Aspekte des Persönlichkeitsquerschnitt können u.a. die Wandlungsfähigkeit durch Erfahrung, Antriebs- und Durchhaltevermögen, Selbstwertgefühl und Selbstkonzept, Suchtpotential, Handlungskontrolle oder Empathievermögen und Fähigkeit zu Schuldgefühlen sein. Laut Krott (2003) ist hierbei je nach Persönlichkeitstheorie zum Untersuchungszeitpunkt ein Querschnittsbild der Persönlichkeit zu zeichnen. Zu unterscheiden sind Einschätzungen und Beschreibungen der Persönlichkeit im "prädeliktischen" (was weiß man bis zur Tat) und "postdeliktischen" (Verlauf nach der Tat) Zeitraum.

Der Haftverlauf

Dargestellt bei diesen Aspekt, wird das Verhalten des Strafgefangenen nach der Tat und während der gesamten Zeit in der Haft. Die von den meisten Autoren als besonders zuverlässig herausgestellten Prognosefaktoren sind Verlässlichkeit im Umgang, Verantwortungsübernahme, Kontaktfähigkeit, Offenheit und Beziehungsfähigkeit im Sinne von Verbindlichkeit. Eine eher "gefällige Anpassungsfähigkeit" ist für die Beurteilung weniger interessant. Folgende weitere Verhaltensbeschreibungen können untersucht werden, wie zum Beispiel u.a. das Verhältnis von Anpassung und Durchsetzung eigener Interessen, insbesondere Fähigkeit zur Impulskontrolle; Kooperationsfähigkeit im Stationsalltag; Behandlungsmotivation und Bereitschaft zur Wahrnehmung behandlerischer Angebote; kritische Selbsteinschätzung der eigenen Persönlichkeitsproblematik; Fähigkeit zur Knüpfung und Aufrechterhaltung sozialer Kontakte; Vertrauensvolle Bindung an einen Therapeuten oder Abteilungsbeamten; Einstellung zur bzw. Stellung innerhalb der "Subkultur" der Gefangenen; Umgang mit Suchtmitteln und Lockerungen; realistische Zukunftsorientierung.

Die Perspektiven nach der Entlassung

Nach Krott (2003) ist diese Dimension sowohl für die Lockerungsprognose als auch für die Entlassungsprognose von Bedeutung. Sie erfasst Ziele und Pläne für die Zeit nach der Entlassung und umschreibt den sozialen Empfangsraum mit den Merkmalen Wohnung, Arbeit und soziale Beziehung. Erörtert werden darüber hinaus belastende und entlastende Faktoren in der Zukunft, wie z.B. erhebliche Schulden oder Unterstützung durch die Angehörigen.

Widerruf der Vollzugslockerungen

Gemäß § 14 Abs. 2 StVollzG kann der Anstaltsleiter Lockerungen und Urlaub unter bestimmten Voraussetzungen widerrufen oder zurücknehmen. Für die Durchführung von Vollzugslockerungen können dem Gefangenen Konkrete Weisungen wie zum Beispiel, das Verbot des Konsums von Drogen und Alkohol, Verbot des Führens einer Fahrzeuges, sich zu festgesetzten Zeiten bei einer bestimmten Stelle oder Person zu melden oder das Verbot im Umgang mit bestimmen Personen oder Gruppen auferlegt werden. Verstöße gegen die Auflagen (z.B. verspätete Rückkehr aus dem Ausgang, die Rückkehr unter Suchtmitteleinfluss) können im Einzelfall zum Widerruf der Vollzugslockerungen führen. Ferner führen erneute strafbare Handlungen während der Lockerungen und das Nichtzurückkehren in die Anstalt - die Flucht zu einen Lockerungswiderruf.

Empirie

In der Literatur lassen sich zahlreiche Studien über die Auswirkungen, der Rückfälligkeit und dem Missbrauch von Vollzugslockerungen finden. Eine Studie des kriminologischen Dienst Baden-Württembergs erfolgte zur Untersuchung des Lockerungsversagens im Langstrafenvollzug. Begonnen wurde 1988 mit der Frage, in welchem Umfang und in welcher Weise die Gefangenen des Langstrafenvollzuges bei Vollzugslockerungen und Urlaub im Laufe der gesamten Strafdauer versagen. Bei der Untersuchung wurden insgesamt 368 deutsche männliche Gefangene, die 1987 aus vier Langstrafenanstalten nach mindestens 15 Monaten Vollzugsdauer entlassen worden waren untersucht. Anhand dieser Studie zeigte sich, dass Freigänger eine deutlich bessere Legalbewährung nach der Entlassung aufwiesen als diejenigen, die als weitestgehende Lockerung lediglich Urlaub/Ausgang erhalten hatten. Letztere bewährten sich etwas besser als die Gefangenen, die ohne Lockerungen aus dem Vollzug entlassen wurden. Weitere Ergebnisse lieferte die Studie insbesondere darüber, dass "Je kürzer der Freigang, umso höher der Rückfall. Lockerungsmissbrauch zeigte sich als kein hinreichendes Prognosekriterium für die spätere Rückfälligkeit, mindestens jeder zweite Gefangene mit Lockerungsversagen blieb vier Jahre nach der Entlassung ohne erneute Verurteilung zur Freiheitsstrafe." Weiterhin stellten (Lösel und Bender 1997) in einer Meta-Analyse von mehr als 500 Studien, die These auf, "Je härter und geschlossener ein Bestrafungssystem ist, desto geringer sind die Effekte von Behandlungsmaßnahmen". Eine weitere These lieferte (Dolde 1997), "Prisonisierungseffekte seien umso ausgeprägter, je geschlossener der Vollzug ist und je länger die Haftstrafe andauert."

Kriminologische Relevanz, Auswirkungen und Kritik

Seit der Entwicklung von Vollzugslockerungen im Strafvollzugsgesetz gibt es immer wieder Diskussionen über die Verantwortbarkeit, im Hinblick auf mögliches Schädigungsrisiko, welches vom Täter ausgeht. "Das öffentliche Meinungsbild zur Frage der Vollzugslockerungen wird eher durch spektakuläre Einzelfälle der Entweichung oder des Begehens neuer Straftaten anläßlich einer Lockerungsmaßnahme geprägt werden, wobei die Diskussion hierüber durch die zum Teil reißerische Gestaltung der Schlagzeilen in den Massenmedien - z.B. "Mörder bekommen Urlaub zum Töten" ("Neue Revue" vom 12.09.1981) oder: "Dieser Bankräuber hat gerade Hafturlaub" ("Bild" vom 24.04.1984) - zusätzlich angeheizt wird." (Feller 1991) Diese Art der Berichtserstattung führt zu Missmut in der Gesellschaft. Menschliches Verhalten ist jedoch nie gänzlich vorhersehbar. Bei der Entscheidungsfindung über die Gewährung von Vollzugslockerungen stehen sich zum einen immer die vom Straftäter ausgehende Gefährlichkeit für die Öffentlichkeit und zum anderen das Sicherheitsbedürfnis der Öffentlichkeit gegenüber. Mit der Gewährung von Vollzugslockerungen und damit eine Erprobung der Strafgefangenen in der Öffentlichkeit, bleibt stets ein Restrisiko bestehen. Das Feld in denen sich die Strafgefangenen zu erproben haben, wird durchgehend die Gesellschaft sein. Insofern bestehen hier zwei Spannungsfelder. Auf der einen Seite die Behandlung und Integration des Strafgefangenen in die Gesellschaft und auf der anderen Seite der Schutz der Bevölkerung (Opferschutz). Problematische Aspekte der Vollzugslockerungen sind daher in ihrer Funktion, der Umsetzung und in ihrem vom Gesetz her bestimmten Zweck zu sehen. Allerdings wurde in einer Diskussion im Jahre 2012 deutlich, dass empirische Studien gezeigt haben, dass durch die Möglichkeit der Gewährung von Vollzugslockerungen, die Rückfallgefahr deutlich sinken würde. Im Ergebnis wurde dargestellt, dass die Resozialisierung, der beste Schutz für die Bevölkerung sei. Heftige Kritik und Diskussionen herrschen bei der Gewährung von Vollzugslockerungen bei "Schwerverbrechern", insbesondere im Hinblick auf den richtigen Zeitpunkt und Beginn mit der Gewährung von Vollzugslockerungen(siehe hierzu [8]).

Literatur/Quellen

  • Callies/Müller-Dietz (2008):"Becksche Kurzkommentare zum Strafvollzugsgesetz", (11. Auflage), Verlag C.H.Beck ISBN 978-3-406-57619-5
  • Eppenstein Dieter Generalsekretär Weisser Ring (1989) "Schäden durch mißglückte Vollzugslockerungen - wer trägt die Folgen", Mainzer Schriften zur Situation von Kriminalitätsopfern Band 1: Risikoverteilung zwischen Bürger und Staat, Weisser Ring Verlags-GmbH Mainz 1. Auflage 1/1990, ISBN 3-9802412-0-3
  • Feller Frank (1991): "Die strafrechtliche Verantwortung des Entscheidungsträgers für die Gewährung von Vollzugslockerungen nach dem Strafvollzugsgesetz und im Maßregelvollzug", Universitätsverlag Dr. N. Brockmeyer Bochum 1991 ISBN 3-88339-915-9
  • Harling von Anja (1997) "Der Mißbrauch von Vollzugslockerungen zu Straftaten - Eine empirische Untersuchung zur Bewährung der Lockerungspraxis am Beispiel Niedersachsens in den Jahren 1990 und 1991 (neue kriminologische Studien Band 16)", Wilhelm Fink Verlag München 1997 ISBN 3-7705-3214-7
  • Höflich/Schriever (2003): "Grundriss Vollzugsrecht" (3.Auflage) Springer Verlag Berlin Heidelberg New York ISBN 3-540-00126-3
  • Kobbe Dr. Ulrich (1992) "Lockerungen im Maßregelvollzug am Beispiel des westfälischen Zentrum für forensische Psychiatrie Lippstadt. In Schumann, V. Albrecht, P.A. & Dimmek, B. (Ed.) 1992. Das Risiko kalkulieren. Werkstattschriften zur forensischen Psychiatrie. Nr. 4. Lippstadt: Westfälisches Zentrum für forensische Psychiatrie
  • Krott Dr. Eberhard (2003) "Studienbegleitendes Lehrmaterial Studium 2 - Studienobjekt Vollzugslockerungen, offenerer Vollzug und Urlaub" Fachhochschule für Rechtspflege Nordrheihn-Westfalen
  • Kunz Karl-Ludwig (2011) "Kriminologie" (6. Auflage), Haupt Verlag Bern-Stuttgart-Wien, ISBN 987-3-8252-3591-8
  • Puschke Jens (Hrsg.) (2011):"Strafvollzug in Deutschland - Srukturelle Defizite, Reformbedarf und Alternativen",BVW Berliner Wissenschafts-Verlag (2011) ISBN 978-3-8305-1918-8
  • Rasch W. (1986) "Forensische Psychiatrie" Stuttgart: Kohlhammer
  • Rasch W. (1992) "Lockerungen: Eine unendliche Geschichte." In Schumann, V., Albrecht, P.A. und Dimmek, B. (Ed.) 1992 Das Risiko kalkulieren. Werkstattschriften zur forensischen Psychiatrie. Nr. 4. Lippstadt: Westfälisches Zentrum für forensische Psychiatrie
  • Schwind/Böhm/Jehle (Hrsg.) (April 2005) "Kommentar Strafvollzugsgesetz" (4. Auflage) Verlags-GmbH by De Gruyter Rechtswissenschaften Berlin ISBN 3-89949-040-1

Weblinks