Strafvollzug in Deutschland

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In Deutschland ist der Strafvollzug nach dem föderativen Prinzip aufgebaut d.h. sie obliegen den Landesjustizverwaltungen, dem Justizministerium. Dem können wiederum nach § 152 Abs.1 StVollzG die Aufsichtsbefugnis auf zentrale Justizvollzugsämter übertragen werden. Neben der Freiheitsstrafe, die unter den §§ 38 StGB festgehalten ist, fällt auch der Vollzug der Jugendstrafe nach §§ 17 f. JGG, die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (Maßregel) nach § 63 StGB, die Entziehungsanstalt nach den §§ 64 ff StGB, der Sicherungsverwahrung nach §§ 66 ff StGB sowie dem millitärischen Strafarrest nach § 9 WStG. Die psychiatrischen Krankenhäuser als auch Entziehungsanstalten bei denen die Maßregel durchgeführt wird, sind keine Einrichtungen des Justizvollzuges, noch sind sie entsprechenden Justizverwaltungen unterstellt. Dennoch sind sie an die entsprechende strafrechtliche Aufgabenstellung gebunden, die im § 2 des StVollzG geregelt ist.


Definition

Unter Strafvollzug ist die gerichtliche Sanktion, hier der Freiheitsentzug in einer stationären Form zu verstehen, die eine strafrechtliche Reaktion auf kriminelles Verhalten aufweist und die Bürger in der staatlichen Gemeinschaft schützen soll. Durch die zwangsläufig verbundene Ausgliederung von Personen aus ihrem gewohnten Umfeld wird auch die Menschenwürde tangiert. Somit gilt die Freiheitsstrafe als Ultima ratio und findet ihren Einsatz nur in notwendigen Fällen sozialschädlichen Handelns.

Historische Entwicklung

Strafe und Strafvollzug haben eine lange Geschichte. So findet man Frühformen der Strafe bereits in den Epochen des Altertums und des Mittelalters bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Die Freiheitsstrafe in ihrer modernen Ausprägung beginnt in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts mit den Haftanstalten in England und Holland. Neben der Leitidee der vollkommenden Überwachung verlagerte sich im Zuge bürgerlicher Gesellschaft das Zentrum der Bestrafung vom Körper auf die Seele, so dass jegliche Nische und Freiraum aufgrund der Totalität zerstört wurde. Das Einsperren von Straftätern diente bis dato vorwiegend der bloßen Verwahrung der Inhaftierten für das Strafverfahren und der anschließenden Exekution von Leibes- oder Lebensstrafen. Ursache für die Entwicklung zum Besserungsvollzug war im wesentlichen die soziale, religiöse und wirtschaftliche Situation. So konnte die stetig wachsende Kleinkriminalität nicht ausschließlich durch Leibesstrafen begegnet werden. Mit der Einführung der Amsterdamer „Tuchthuiser“ entwickelte sich die Idee des Besserns und des Abschottens, geprägt vom Protestanismus und calvinistischen Ideologien, welche Arbeit als Strafe in den Mittelpunkt stellte. Neben Fleiß, Vorteile jeglicher Art sollten insbesondere auch finanzielle Vergütungen miteinander verbunden werden und war geprägt vom Gedanken der Resozialisierung. Im 19. Jahrhundert wurde die Freiheitsstrafe zur Regelform staatlicher Kriminalstrafe. So gaben John Howard und Heinrich Wagnitz wesentliche Impulse zur Neugestaltung von Situationsanalysen. Gefängnisse seien laut Howard nicht allein der Verwahrung dienlich. Vielmehr legte er den Fokus auf die Erziehung durch Arbeit und Sittenstrenge. Heinrich Wagnitz verbreitete die Gedanken John Howards anschließend in Deutschland.

Tabellarischer Überblick:

Vorstufen:

  • Altertum: ehemalige Brunnen wurden teilweise als Gefängnisse genutzt und dienten der Aufbewahrung des Täters bis zur Aburteilung oder Hinrichtung
  • 813: Karl der Große ordnet Freiheitsentzug zur Besserung von Straftätern gehobenen Standes an/ Potential an billigen Arbeitskräften


Anfänge des neuzeitlichen Strafvollzuges (16.Jahrhundert):

  • 1552: Bridewell in London: für die Behandlung von Kleinkriminelle: houses of correction, mit dem Ziel der gesellschaftlichen Integration
  • 1595: Amsterdamer Zuchthaus: Todesstrafe sollte vermieden werden; insbesondere erziehen von Jugendlichen durch harte Arbeit und Religion als Zuchtmittel. Soziale Integration von Straftätern rückt in den Vordergrund


Entwicklung bis 1870:

  • 18. Jahrhundert: Erste Zuchthäuser mit Erziehungsauftrag in den deutschen Städten Einfluss des Merkantilismus: Verpachtung von Zuchthäusern an Unternehmer mit Konsequenz des Arbeits- und Verwahrvollzugs
  • Ende des 18.J.: Gefängnisreformen durch Situationsanalysen von John Howard (England) und Heinrich Wagnitz (Deutschland). Gefängnisse sollten nicht allein der Verwahrung dienen sondern auch der Erziehung durch Arbeit und Sittenstrenge. Umsetzungsvorschlag: Einzelhaft zur Verhinderung gegenseitiger krimineller Ansteckung, Arbeitszwang verbunden mit der Zahlung von Arbeitslohn, Schaffung hygienischer Zustände, Bildung von Rücklagen für die Entlassung, Einführung eine Bonussystems = Wohlverhalten führt zur Verkürzung der Strafzeit
  • 1804: Preußischer Generalplan der Strafanstalten mit vielen Differenzierungen, Durchführung: Militärischer Drill
  • 19. Jahrhundert: Angloamerikanisches System: Einzelhaft, Einkehr und Versöhnung mit Gott (Pennsylvanisches System) Fortentwicklung als silent system mit Tagesarbeit (Anburnsche System)
  • 19. Jahrhundert: Englisches Progressivsystem. Einzelhaft und Arbeit auch in Deutschland. Panoptische Anstalt wie Bruchsal. Freiheitsstrafe wird Regelform staatlicher Kriminalstrafe, dennoch uneinheitliche Entwicklung in den deutschen Partikularstaaten
  • Mitte 19.J.: Ausbildung und Betreuung der Inhaftierten durch Cjhristliche Gefängnisbewegung: Theodor Fliedner und Johann-Heinrich Wichern Gründer des Erziehungsheims Rauhes Haus


Reformentwicklung seit 1870

  • 1870: Reichsstrafgesetzbuch ohne Regelungen über den Vollzug der verschiedenen im StGB enthaltenen Freiheitsentziehungen wie Zuchthaus, Gefängnis, Festungshaft, Haft
  • 1879: Erster Entwurf eines Reichsstrafvollzugsgesetzes: Stufenvollzug, Beschwerderecht, Anspruch auf Arbeitsbelohnung und Bewegung im Freien- gescheitert
  • 1882: von Liszt Marburger Antrittsvorlesung über Zweckgedanken im Strafrecht: Reformprogramm
  • 1897: Bundesratsgrundsätze als Ländervereinbarung erlassen
  • 1923: Reichsratgrundsätze für den Vollzug von Freiheitsstrafe: Ländervereinbarung beinhaltet Rückfallverhütung als Vollzugsziel, Stufenvollzug, Beschwerderecht
  • 1923: Jugendgerichtsgesetz: Vollzug Jugendstrafe in separaten Anstalten
  • 1927: Strafvollzugsgesetz, dass an Grundsätze von 1923 anknüpfte, scheiterte
  • 1933: NS-Strafvollzug: Straftäter als Feinde; Bekämpfung der Verbrecher; Abschreckung, Disziplin und Arbeit als Grundlage
  • 1940: Strafvollzugsordnung: Rigider Vergeltungs- und Sicherungsvollzug. Daneben Ausbeutungs-, Sicherungs- und Vernichtungshaft in Konzentrationslagern
  • 1945: Kontrollratsdirektive Nr.19: Neuordnung des Strafvollzugs Verbot unmenschlicher Strafen, Erziehung und Besserung im Vordergrund
  • 1947-1949: Verwaltungsvorschriften einzelner Länder
  • 1961: DVollzG der Bundesländer. Reine Verwaltungsvereinbarung, welche die Rechtsstellung der Inhaftierten regelt. Eingriffe in die Grundrechte eines Inhaftierten werden mit dem sog. Bes. Gewaltverhältnis gerechtfertigt
  • 1969: StGB-Reform: Einführung der Einheitsfreiheitsstrafe, Stärkung der individualpräventiver Gesichtspunkte bei Strafzumessung, Einschränkung kurzer Freiheitsstrafen, Erweiterung des Anwendungsbereiches ambulanter Maßnahmen wie z. B. Geldstrafe, Strafaussetzung zur Bewährung
  • 1972: Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 33, 1 ff.): Ablehnung des besonderen Gewaltverhältnisses. Dadurch ist ein Gesetz erforderlich.
  • 1975: Fristsetzung des BVerfG gegenüber dem Gesetzgeber bis zum 01.01.1977
  • 1977: 01. 01.1977 Inkrafttreten des StVollzG
  • 1998: Gesetz zur Änderung des StVollzG mit bereichsspezifischen Regelungen über Datenschutz und Änderungen zur Zulassung eigener Fernsehgeräte oder zur Durchsuchung sowie zur Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt
  • 2005: erste Privatisierung einer Anstalt in Hessen ( JVA Hünfeld)
  • 2006: Förderalismusreform: Gesetzgebungskompetenz geht auf Länder über
  • 01.01.2008: Jugendstrafvollzugsgesetze der Bundesländer treten in Kraft

Statistik

Am 31. März 2010, waren laut des statistischen Bundesamtes in Deutschland 72.052 Personen inhaftiert, in welcher 10.941 der Untersuchungshaft , 6008 im Jugendstrafvollzug und 524 der Sicherungsverwahrung zugeordnet werden.

In Deutschland sind bis gegenwärtig 194 Justizvollzugsanstalten in Betrieb. Davon fungieren19 Justizvollzugsanstalten im Offenen Vollzug. Insgesamt stehen für Untersuchungshäftlinge, Strafgefangene als auch Sicherungsverwahrte 80.214 Haftplätze zur Verfügung, davon im Offenen Vollzug 12.077. Für Frauen stehen aktuell 4283 Haftplätze zur Verfügung, davon 704 im Offenen Vollzug. Die Haftkosten sind je Bundesland unterschiedlich. Allgemein gefasst betragen diese circa 35.770 Euro pro Person und Jahr. Speziell im Land Brandenburg beträgt der Haftkostenbeitrag mit Stand von 2010 wie folgt:

Die Unterkunft für Gefangene bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres beträgt die Unterkunft bei einer Einzelunterbringung 4,76 Euro am Tag und 142,80 Euro im Monat. Für alle übrigen Gefangenen 5,78 Euro am Tag und 173,40 Euro im Monat. Bei einer Belegung mit zwei Gefangenen beträgt die Unterkunft bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres 2,04 Euro am Tag und 61,20 Euro im Monat. Hinzu kommen Verpflegungskosten, die sich wie folgt aufteilen:

  • Frühstück: 1,53 Euro am Tag/ 46,00 Euro im Monat
  • Mittagessen: 2,73 Euro am Tag/ 82,00 Euro im Monat
  • Abendessen: 2,73 Euro am Tag/ 82,00 Euro im Monat

Vollzugsziel

Die Vorbereitung und Befähigung der Inhaftierten zu einem Leben ohne Straftaten erfordern einen Lernprozess, der die Abkehr von straftatursächlichen Verhaltensweisen zu Gunsten sozial akzeptierter Handlungsweisen beinhaltet. Daneben nennt § 2 Satz 2 StVollzG als weitere Aufgabe des Strafvollzuges den Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten. Der hierin zum Ausdruck kommende Sicherungsgedanke wird in einer Vielzahl von speziellen Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes konkretisiert. Das Vollzugsziel gebietet, die begrenzten Möglichkeiten des Strafvollzuges auszuschöpfen, um dem Inhaftierten künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu ermöglichen. Zur Erreichung des Vollzugsziels ist es insbesondere erforderlich, den Inhaftierten für individuelle Behandlungsmaßnahmen zu motivieren und zur Auseinandersetzung mit seinen Straftaten und deren Folgen anzuhalten. Die Einstellung und Fähigkeiten für eine straffreie Lebensgestaltung werden in einzelnen- speziell auf jeden Inhaftierten abgestimmte- Behandlungsmaßnahmen vornehmlich durch Psychologen, Sozialpädagogen und qualifiziertes Personal des Allgemeinen Vollzugsdienstes sowie Externer Fachkräfte gefördert.

Der § 4 Abs. 1 StVollzG geht davon aus, dass der Inhaftierte an der Erreichung des in § 2 StVollzG festgelegten Vollzugszieles mitwirkt. Hierbei spricht das Gesetz jedoch nicht von einem Mitwirkungsrecht oder einer Mitwirkungspflicht. Er Konstatiert lediglich eine Mitwirkungsnotwendigkeit. Neben dem Mitwirkungsgrundsatz formuliert das Strafvollzugsgesetz weitere allgemeine Grundsätze für die Gestaltung des Strafvollzuges. Hierzu zählen der Ausgleichungs-, der Gegenwirkungs- und der Eingliederungsgrundsatz (§ 3 Abs.1, Abs.2 und Abs.3 StVollzG).

Bei dem Ausgleichungsgrundsatz geht es um die Herstellung einer möglichst geringen Diskrepanz zwischen allgemeinen Lebensverhältnisse und der Vollzugswirklichkeit.

Soweit die Angleichung an Ihre Grenzen stößt, soll den schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges entgegengewirkt werden. § 3 Abs. 2 StVollzG enthält damit einen Programmansatz für ein therapeutisches Minimalprogramm, das zumindest versucht, die negativen Auswirkungen der Haft auszugleichen.

Nach § 3 Abs.3 StVollzG ist der Vollzug darüber hinaus „darauf auszurichten, dass er dem Inhaftierten hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern“.

Die Bedeutung für die Gestaltung des Vollzuges liegt darin, dass alle einzelnen Maßnahmen während der Inhaftierung dem Vollzugsziel Rechnung tragen, die Entlassung vorbereiten und die Rückkehr in die Freiheit erleichtern sollen.

Aus diesen vorgenannten Grundsätzen leiten sich die Aufgaben des Vollzuges ab.

Organisation des Strafvollzuges

Die Verwaltungshoheit obliegt den Ländern, so können Bundesländer gem. § StVollzG auch Vollzugsgemeinschaften bilden. Eine Freiheitsstrafe in einer Justizvollzugsanstalt wird gemäß § 139 StVollzG dann vollzogen, wenn deren sachliche und örtliche Zuständigkeit sich aus dem von der Landesjustizverwaltung aufgestellten Strafvollstreckungsplan ergibt. Neben den räumlich-örtlciehn Gesichtspunkten sind wesentliche Kritikpunkte für die Zuständigkeit der jeweiligen JVA die Gemeinschaftsfähigkeit des Inhaftierten als auch das Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit. Der Inhaftierte hat die Möglichkeit den Rechtsweg über die §§ 458, 462 StPO zu gehen, wenn er gegen die Einweisung in eine bestimmte JVA ist.

Personalstruktur

Die Regelung der Personalstruktur in der JVA ist in den §§ 154-165 StVollzG beschrieben. Wesentliche Aufgabe ist, dass Geschehen in der JVA vollzugsorientiert auszurichten. Das StVollzG enthält in § 154 I eine sog. Kooperationsklausel, in der alle im Vollzug tätigen gemeinsam bei der Aufgabenerfüllung mitarbeiten. Dazu zählen:


• Aufsichtsbehörde;

• Anstaltspersonal ( Anstaltsleitung, Verwaltungsdienst, allgemeiner Vollzugsdienst, Werkdienst, Sozialdienst, Psychologischer Dienst, Anstaltsarzt);

• ehrenamtliche Vollzugshelfer;

• Anstaltsbeiräte;

• Gefangenenmitverantwortung

Anstaltsformen

  • Geschlossener Vollzug

Der geschlossene Vollzug hat nach § 141 Abs.2 StVollzG primär den Auftrag der Sicherung des Inhaftierten, so dass dieser mit einem erhöhten baulichen- und technischen Sicherheitsvorkehrungen ausgestattet ist. Im vergleich zum offenen Vollzug stellt der geschlossene Vollzug einen Freiheitsentzug in verschärfter Form dar, in der negative Spezialprävention durch erhöhte Sicherheitsvorkehrungen und mehr Kontrollmechanismen überwiegt. Die Aufgabe des geschlossenen Vollzuges besteht darin, nach § 2 Abs. 2 StVollzG die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten des Inhaftierten zu schützen, so dass der Resozialisierungsauftrag laut § 2 Abs.1 StVollzG dem nachrangig ist. Der geschlossene Vollzug hat dennoch einen Behandlungsauftrag zu erfüllen, um den Inhaftierten die Chance zu einer sozial verantwortllichen Lebensführung zu ermöglichen. So werden neben individuellen therapeutischen Maßnahmen auch Aus- und Weiterbildungen sowie diverse Freizeitmangebote angeboten.

  • Offener Vollzug

Nach § 10 Abs. 1 StVollzG stellt der offene Vollzug den Regelvolzug dar. In diesen sollen Inhaftierte untergebracht werden, wenn folgende Voraussetzungen für eine dortige Unterbringung erfüllt sind: Zum einen müssen etwaige Befürchtungen ausgeschlossen werden können, dass der Inhaftierte sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen will bzw. die Möglichkeiten des offenen Vollzuges missbrauchen wird. Eine Unterbringung im offenen Vollzug ist durch eine Reduzierung des Sicherheitsgrades gekennzeichnet, welche im Gegensatz zum geschlossenen Vollzug andere Interaktionsmöglichkeiten für die Inhaftierten inne hat. So kommen zum Beispiel nach § 3 StVollzG die Gestaltungsprinziepien dahingehend zum Ausdruck, dass sie den Verhältnissen außerhalb des Vollzuges am ehesten entsprochen werden kann. Auch ist die Gefahr vor schädlichen Einflüssen durch Mitgefangene im offenen Vollzug geringer. Somit erleichtern diese Voraussetzungen des Offenen Vollzuges den Inhaftierten nach § 3 Abs. 3 StVollzG sich in das Leben in Freiheit einzugliedern. Nach § 141 Abs.2 StVollzG ist der offene Vollzug dadurch gekennzeichnet, dass diese verminderte oder keine Vorkehrungen gegen Entweichungen vorsehen, was sich in der baulichen und technischen Sicherungsvorkehrungen wieder spiegelt. Gefangene können sich im offenen Vollzug frei bewegen, ihre Hafträume verlassen und betreten wann sie wollen. Im Fokus des offenen Vollzuges steht der Resozialisierungsauftrag nach § 2 Abs.1 StVollzG.

  • Sozialtherapeutische Anstalt

Sozialtherapeutischen Anstalten sind Anstalten des geschlossenen Vollzuges, die inhaltlich und strukturell eigenständig, in den §§ 9, 123 bis 126 StVollzG geregelt und mit einem speziellen Behandlungsangebot ausgestattet sind. Das Behandlungsziel ist identisch mit dem Vollzugsziel nach § 2 S.1 StVollzG. Den Therapiebedürftigen und behandlungsfähigen Inhaftierten soll mit Hilfe besonderer therapeutischer Mittel und soziale Hilfen die Fähigkeit erlangen, künftig ein Leben ohne Straftaten und sozialer Verantwortung zu führen. Konzipiert sind diese Anstalten vorwiegend für Sexualstraftäter, junge Erwachsene Rückfalltäter mit einer Tendenz zum Hangtäter und schuldunfähige- bzw. vermindert schuldfähige Täter, bei denen Behandlungsmaßnahmen zur Resozialisierung als geeignet erscheinen. Nach § 3 Abs. 2 StVollzG verfolgen sozialtherapeutische Anstalten das Ziel, den schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges durch Behandlungen entgegenzuwirken. Hinzu kommt, dass nach § 126 StVollzG die Behandlung auch außerhalb des Vollzuges in Form von Nachbetreuung praktiziert wird.

  • Maßregelvollzug

Neben Krankenanstalten und psychiatrische Krankenhäuser gehören Entziehungsanstalten und Sicherungsanstalten für den Vollzug von freiheitsentziehenden Maßregeln zur Besserung und Sicherung. Der Maßregelvollzug kommt nach §§ 20 und 21 StGB nur bei vermindert schuldfähigen und schuldunfähigen Tätern in Betracht. Dennoch muss die schwere der rechtswiedrigen Tat so schwer wiegen, dass eine Unterbringung nicht außer Verhältnis steht. Die rechtlichen Grundlagen sind in den §§ 129 bis 138 StVollzG verankert. Das Aufgabenfeld des Maßregelvollzuges bewegt ist zwischen Psychiatrie und Strafvollzug angesiedelt. Neben der Sicherung des Inhaftierten erfolgt aus medizinischen Gesichtspunkten die Behandlung, d.h. Therapie und Diagnostik. Die Unterbringung derer erfolgt nicht aufgrund ihrer psychischen Errkrankung im Maßregelvollzug, sondern vielmehr wegen der damit verbundenen Gefährlichkeit.

  • Abschiebehaft

Die Abschiebehaft ist im § 62 AufenthG geregelt. Gemäß dessen, kann ein Ausländer zur Vorbereitung der Ausweisung auf richterliche Anordnung in Haft genommen werden, wenn über die Ausweisung nicht zeitnah entschieden werden kann und die Abschiebung nach § 58 AufenthG ohne die Inhaftnahme erschwert oder vereitelt würde. Sie findet ihre Anwendung bei unerlaubter Einreise des Betroffenen nach § 62 Abs. 2 Nr. 1, bei Entziehung des Ausländers vor dem Abschiebungsverfahren nach § 62 Abs. 2 Nr.4 und wenn der verdacht besteht, dass der Ausländer sich dem Abschiebeverfahren entziehen will, so in § 62 Abs.2 Nr. 5 AufenthG. Weiterhin wird die Abschiebehaft vollzogen, wenn nach §§ 53 AufenthG bereits eine Ausweisung vorliegt. Die Abschiebehaft hat lediglich als Zielstellung die Gewährleistung eines geordneten Ausweisungsverfahren inne. Auch sind diese von Resozialisierungsmaßnahmen weitestgehend ausgeschlossen.

  • Auslieferungshaft

Die Auslieferungshaft ist eine Maßnahme der internationalen Rechts- und Amtshilfe, die im IRG geregelt ist und eine sog. Rechtshilfemaßnahme darstellt. Voraussetzung für eine Auslieferung ist ein vorliegendes Auslieferungsersuchen eines anderen Staates, welcher vorab die Voraussetzungen der §§ 2 ff IRG erfüllen muss. Neben der Sicherung des Betroffenen, dient die Auslieferungshaft dem Ziel, ein geordnetes Auslieferungsverfahren zu gewährleisten als auch die Sicherung des Betroffenen in der Haftanstalt.

Kritik

Für Inhaftierte stellt der Strafvollzug eine unüberschaubare, bürokratische Organisation dar. So wird beispielsweise ein Antrag auf vorzeitige Entlassung von Menschen bearbeitet, die dem Inhaftierten fern stehen und dann wiederum anderen Menschen zur Weiterbearbeitung und Entscheidung übersandt, die ihm noch ferner stehen. Darüber hinaus verfügt der Inhaftierte über wenig Autonomie oder Durchsetzungsmacht, die Ihm eine Entscheidung des Entscheidungsvorganges erlauben würde. Kritisch ist auch die Unterbringung eines Inhaftierten in einer Schlichtzelle/ Sicherheitszelle zu sehen. Sie stellen zwar formell keine Strafmaßnahme dar, kommen dennoch zur Anwendung, um Gewalt einzudämmen oder Bedrohungen abzuwehren, den Widerstand zu brechen oder Ruhe und Sicherheit in der Anstalt aufrechtzuerhalten. Jedoch ist allseits bekannt, so insbesondere auch unter den Inhaftierten, dass die Grenzziehung zwischen Benutzung der Schlichtzelle/ Sicherheitszelle als sog. Zwangsmittel in einer Notsituation und der Verwendung dieser als Sanktion diffus und unklar ist. Sie stellt in Wirklichkeit eine zusätzliche Strafe für einen Inhaftierten dar.

Betrachtet man die Gesellschaft im Ganzen, können wir hier auch von einer Art Säuberungssystem sprechen. Zunehmend werden von unserer Gesellschaft Gruppen geschaffen, die unproduktiv sind und uns täglich daran erinnern, dass unser vermeintlich produktives System nicht so gelungen ist. Aufgrund der vielfältig vorhandenen Möglichkeiten, erlaubt es der Gesellschaft, sich von Ihren unproduktiven Elementen zu trennen. So stellt die Anstalt eine maßgebliche Lösung dar, in der z.B. die Alten in Altersheime, Geisteskranke in psychiatrischen Anstalten, Alkoholiker in Entziehungsanstalten und Diebe, Mörder in Gefängnisse untergebracht werden. Die sogenannte Trennungslinie zwischen der produktiven versus unproduktiven Gesellschaft wird lediglich von der symbolischen bzw. tatsächlichen Anstaltsmauer gebildet.

Auch bildet der Glaube, dass einem Menschen nur durch Freiheitsentziehung in einem Gefängnis zu bessern, eine Illusion. Im, Gegenteil, solch eine Bestrafung führt zu mangelhafter Wiedereingliederung und hoher Rückfälligkeit führt. Hinzu kommt die Tatsache, dass eine solche Bestrafung zerstörerische Auswirkungen auf die Persönlichkeit hat. So können infolge der Strafzeit entsozialisierende Folgewirkungen wie Obdachlosigkeit, Familien- und Arbeitsverlust oder Drogenabhängigkeit eintreten. Auch bleibt offen, inwieweit sich Kriminalität in den Strafanstalten ausprägt. Das Gefängnis stellt letztendlich ein System mit kulturellen Auswirkungen dar, welches als ein Symbol dafür ist, wie eine Gesellschaft über Menschen denkt. Man könnte annehmen, dass zwischenmenschliche Konflikte mit Gewalt und Erniedrigung gelöst werden Kann.

Literatur

  • Hosser, D. (2001). Soziale Unterstützung im Strafvollzug. Nemos Verlagsgesellschaft Baden-Baden
  • Kurze, M. (1999). Soziale Arbeit und Strafjustiz. Eigenverlag Kriminologische Zentralstelle e.V.
  • Laubenthal, K. (1998). Strafvollzug. Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York
  • Mathiesen, T. (1989). Gefängnislogik. Über alte und neue Rechtfertigungsversuche. AJZ Druck & Verlag Bielefeld
  • Schumann, K.-F., Steinert,H.; Voß, M. (1988). Vom Ende des Strafvollzugs. AJZ Druck & Verlag Bielefeld


Siehe auch