Brandstiftung

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Im deutschen Rechtsraum ist unter Brandstiftung das vorsätzliche wie fahrlässige Inbrandsetzen definierter (fremder) Tatobjekte oder dessen ganze oder teilweise Zerstörung durch die Brandlegung zu verstehen.

Über die festgeschriebene Terminologie im Strafgesetzbuch findet der Begriff der Brandstiftung im allgemeinen Sprachgebrauch, aber auch in anderen wissenschaftlichen Disziplinen bei jeglicher vorsätzlicher Brandlegung, Verwendung.

Brandstiftung Bundesgebiet - Hamburg.jpg

Die Brandstiftung in der Geschichte

Sowie die Stärke und der Nutzen des Feuers entdeckt wurde, diente dessen zerstörende Kraft als Gewalt- und Durchsetzungsmittel in Fehden, Aufständen und Kriegen. Eine schwer kontrollierbare Naturgewalt, der, so wie sie Angst, Schaden und Tod bewirkt, eine Gemeingefahr zugesprochen wird.

Als älteste Rechtsquelle enthält das um 450 v. Chr. erlassene römische Zwölftafelgesetz Vorschriften über Brandstiftungen. Das Delikt wurde, wie andere schwere Straftaten, den Staatsverbrechen (crimen publicum) zugeordnet und zog Lebens- und Leibesstrafen, wie den Feuertod nach sich (Geerds 1962: 16). Der Stand des Täters wirkte sich gleichfalls erschwerend (unfrei) als auch strafmildernd (gehobener Stand) aus (ebd.: 17).

Im alten deutschen Recht der fränkischen Zeit (5.-9. Jh.) zählte der „Mordbrand“ (ebd.: 18) als vorsätzlich gelegter Brand neben Diebstahl, Verräterei und Mord zu den schwersten Verbrechen. In der unterschiedlichen Volksrechten werden ab dieser Zeit besonders bedeutende Objekte wie (bewohnte) Häuser, Kirchen, Kornscheuern, Saatfelder und Reben aufgezählt. Die nur noch bei besonders schweren Taten verhängte Todesstrafe, wird von der Buße, deren Höhe sich im Wesentlichen nach Art der Begehung und dem Tatobjekt richtet, abgelöst (ebd.: 19).

Ausschlaggebend für die weitere Entwicklung des Brandstrafrechts des Constitutio Criminalis Carolina (CCC) von 1532, war die starke Welle an Städtegründungen, die die staatliche Kriminalpolitik und Strafkompetenz forderte. Der Art. 125 bezog sich auf die „boßhafftig“ begangene, also vorsätzliche Brandstiftung. Fahrlässige Taten fanden darin keine Regelung, dafür jedoch strafmildernde Umstände, wie das Alter (bis 17.Lebensjahr), Geistesstörungen oder tätiger Reue, die zur Enthauptung anstatt zum Tod durch das Feuer führten (Rex 2008: 8). Die gegenüber dem fränkischen Recht deutlich härtere Bestrafung rührte aus der reellen Bedrohung der „Mordbrennerbanden“ und „bewaffnete Haufen“ (Geerds 1962: 23), die erst mit Erstarken der Territorialgewalt im 18. Jh. eingedämmt werden konnte.

Im preußischen Allgemeinen Landrecht (ALR), der Partikulargesetzgebung Ende des 17. Jhs. wird zwischen der Gefahr für Leib oder Leben und der Gefahr für fremdes Gut unterschieden (Rex 2008: 8). Die sich entwickelnden Feuergilden brachten das neue Phänomen der betrügerischen Brandstiftung mit sich (ebd.: 9, Geerds 1962: 24). Durch die in der Aufklärung stattgefundene Humanisierung setzte ein Wandel von Todes- und Leibstrafen zu Freiheitsstrafen ein (Barnett 2005: 8).

Mit dem Definieren des Inbrandsetzen als Tathandlung und der Einordung der Brandstiftungsdelikte unter die gemeingefährlichen Straftaten wurde im späten 18. Jh. im preußischen Strafgesetzbuch die Basis für das heute geltende Recht geschaffen (Geerds 1962: 25). Bis auf die damals bei schwersten Fällen noch verhängte Todesstrafe, ist der Strafrahmen, mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr für die einfache Brandstiftung und mindestens zehn Jahren für schwere Fälle dem heutigen ähnlich (ebd.: 26).

Die Brandstiftung im aktuellen deutschen Strafrecht

Die wesentlichen Tatbestände und Qualifizierungen der Brandstiftung sind mit Inkrafttreten des 6. Gesetzes zur Reform des Strafrechts (StrRG) 01.04.1998, im 28. Teil des Strafgesetzbuches (StGB) unter den gemeingefährlichen Straftaten in den §§ 306-306f StGB geregelt. Andere als dort aufgeführte, durch Brand zerstörte Objekte werden durch den Tatbestand der Sachbeschädigung (§ 303 StGB) aufgefangen.

Wie in der Historie gehört die Brandstiftung auch heute zu den schwersten Delikten und findet so die Zuordnungen zu den Verbrechenstatbeständen, die mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr geahndet werden (§ 12 StGB).

In den Regelungen zur einfachen Brandstiftung, im § 306 StGB, finden sich die für alle Brandstiftungsdelikte zu Grunde liegenden Tathandlungen. Das Inbrandsetzen, was das Fortbrennen aus eigner Kraft bedeutet, fand mit dem 6. StrRG, als Reaktion auf die fortschreitende Verwendung feuerresistenter Materialien mit dem Passus „ganz oder teilweise Zerstören durch Brandlegung“ eine Erweiterung. Den innerhalb der Kasuistik genannten (fremden) Objekten wird seitens des Gesetzgebers die Gemeingefahr vermutet (Rex 2008: 15). In den §§ 306a – 306c StGB – (besonders) schwere Brandstiftung und Brandstiftung mit Todesfolge finden sich Qualifizierungen, die dem Schutz von Gesundheit und Leben, aber auch der Religionsausübung dienen. Hier ist zumeist eine konkrete Gefährdung gefordert.

In Fällen des freiwilligen Löschens kann das Gericht gem. § 306e StGB – Tätige Reue, außer in Fällen der §§ 306c und 306f StGB, die Strafe mildern oder von ihr absehen. Im vorstrafbaren Bereich der Brandstiftung wird im § 306f StGB das Herbeiführen einer Brandgefahr geahndet. Sollte beispielsweise durch die Verwendung von Brandbeschleuniger eine Explosion hervorgerufen werden, würde dies auch unter die Regelungen des § 308 StGB Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion fallen (ebd.: 31).

Die Brandstiftung zur Erlangung eines finanziellen Vorteils, wird durch die §§ 263, 265 StGB – Betrug und Versicherungsmissbrauch, wobei letztgenannte Vorschrift das Vortatverhalten des Betruges erfasst, reglementiert. Als Schutzobjekt tritt hier die soziale Leistungsfähigkeit des Versicherungswesens hinzu (Bondü 2006: 26).

Die Brandstiftung in den Regelungen im Vergleich zu Österreich, der Schweiz und Frankreich

Wenngleich ein Teil der Regelungen, wie die Österreichs und Deutschlands, auf den gleichen Ursprung zurückzuführen sind, findet die Gemeingefahr, dessen Begriff neben der Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen auch die Gefährdung von Sachgütern (in unterschiedlicher Ausprägung) beinhaltet (Geerds 1962: 30), in den Ländern eine recht unterschiedliche Anwendung. Während in Frankreich und Deutschland die Gefahr im Feuer selbst (ebd.: 100), oder in bestimmten Objekten vermutet wird, ist in der Schweiz eine konkrete Gefährdung, Erfordernis (Rex 2008: 87). In Österreich hingegen ist die alleinige Verursachung einer Feuerbrunst nicht strafwürdig (ebd.: 62).

Über die unterschiedliche Systematik der Branddelikte ist auch der Schwerpunkt der Schutzgüter erkennbar. In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind sie den gemeingefährlichen Straftaten zugeordnet (ebd.: 3), während sie in Frankreich unter der Überschrift: „Zerstören, Beschädigungen und Verunstaltungen, die eine Gefahr für Personen darstellen“, geführt werden (ebd.: 90). Die Aufzählung von Tatobjekten ist eine nicht unstrittige Besonderheit der deutschen Regelung. Generell dienen alle Normen dem Schutz für Leib und Leben, aber auch für gesellschaftlich schützenswerte hohe Sachwerte. Über das erstgenannte Schutzgut werden, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung, in den untersuchten Ländern Qualifizierungen formuliert (ebd.: 129). Einigkeit besteht in der Unterscheidung von fahrlässiger wie vorsätzlicher Handlungen (ebd.: 2).

Die Tathandlungen lassen sich zum einen auf das Inbrandsetzen (Deutschland) und durch einen Brand zerstört (Frankreich) zum anderen auf das Verursachen einer Feuersbrunst (Österreich, Schweiz) aufteilen. Letztere erfordert eine „nicht mehr beherrschbare Ausdehnung des Feuers oder eine entfesselte, der menschlichen Kontrolle entgleitende Naturgewalt“ (ebd.: 134).

Ob der im Feuer liegenden besonderen Gefahr wird die Brandstiftung in den vier Staaten gleichermaßen als Verbrechen (Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr) bewertet. Darüber sind die Strafrahmen sehr unterschiedlich. Die vergleichsweise härtesten Strafen werden in Frankreich vergeben, wo das Grunddelikt bereits zwei Jahre Freiheitsstrafe fordert (ebd.: 133ff). Die Möglichkeit des strafbefreienden Rücktritts lässt sich nur in Deutschland finden, während die Strafmilderung zudem in der Schweiz Anwendung findet (ebd.: 38).

Ähnliche Auslegungsformen stellten sich bereits bei einem 1962 von Geerds, über die Grenzen Europas hinaus, durchgeführten Vergleich der Branddelikte heraus.

Hell- und Dunkelfeld

Bundesweit sind in 2012 21.571 Fälle von Brandstiftungen und Herbeiführen einer Brandgefahr polizeilich bekannt geworden. Etwa 25.000 Sachbeschädigungen durch Feuer sind dem hinzuzuzählen. Die Aufklärungsquote bei vorsätzlicher und fahrlässiger Brandstiftung liegt verhältnismäßig konstant bei etwa 50% (PKS 2012, BMI). Wenngleich Branddelikte innerhalb des polizeilichen Hellfeldes eine eher untergeordnete Rolle spielen, so erlangen sie über die jährlich etwa 400 Personen (Todesursachenstatistik 2012), die in Folge von Bränden versterben, als auch über die hohen Sachschäden an Bedeutung. Während die Zahl der Personen, die durch einen Brand versterben, dem Trend der meisten Industriestaaten folgend, sinkt („United“ 2011: 3), stiegen die Kosten für die Schadensregulierung, trotz sinkender Fallzahlen kontinuierlich (Jahrbuch Versicherungswirtschaft 2008-2012).

Für den Sektor Hausrat- und Wohngebäudeversicherungen belaufen sich diese für das Jahr 2012 auf etwa 1,2 Milliarden €. Darin nicht enthalten sind die Zahlungen die für Brandschäden im gewerblichen Bereich und Aufwendungen für betrügerische Schäden.

Untersuchungen zum Dunkelfeld der Brandstiftungsdelikte sind in der Literatur kaum zu finden. Jäkel et al stellten beim Abgleich der Feuerwehreinsätze mit den registrierten Branddelikten in Brandenburg fest, dass lediglich 22% der Brände der kriminalpolizeilichen Strafverfolgung bekannt geworden waren. Insbesondere Entstehungsbrände würden danach nicht gemeldet werden (Jäkel et al. 2007: 665). Grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, dass mit zunehmender Größe des Brandes das Dunkelfeld kleiner wird. Inwieweit hierbei die Struktur von Feuerwehr und Polizei im Stadt-, Landvergleich beeinflusst, ist unklar.

Klassifizierung von Brandstiftungen – Ursachen und Motive

Die Klassifizierung ist aus ursächlicher, wie auch motivatorischer Perspektive möglich. Grundlage stellt in der Praxis die zweifelsfreie Bestimmung der Brandursache dar. Die Rekonstruktion des Brandgeschehens und damit der Ursache ist auf Grund der speziellen Charakteristik eines Brandortes in längst nicht allen Fällen möglich. So gilt es zunächst einen bio-chemischen Prozess, eine natürliche Wetterscheinung oder einen technischen Defekt auszuschließen (Eliminationsverfahren).

Klassifizierungen bei fahrlässiger Brandstiftung

Eine Klassifizierung bei fahrlässigen Brandstiftungen, ist ob der fehlenden echten Motivlage lediglich nach der verursachenden, die Situation kennzeichnenden Geschehen möglich. Eine Gruppe stellt der „leichtsinnige Umgang mit offenem Feuer“ (Geerds 1962: 44), wie der mit heißer Asche oder glimmenden Zigaretten dar. Des Weiteren lassen sich der „leichtsinnige Umgang mit feuergefährlichen Geräten oder Anlagen [sowie] der leichtsinnige Umgang mit feuergefährlichen Stoffen“ (ebd.: 44) bestimmen.

Klassifizierungen bei vorsätzlicher Brandstiftung

Je nach Perspektive des Klassifizierenden spielt die rechtliche Terminologie der Brandstiftung keine Rolle. Insbesondere bei psychiatrischen Untersuchungen ist häufig jegliches vorsätzliches Inbrandsetzen gemeint. In einem über die Jahrzehnte andauernden Prozess wurde immer wieder versucht, in Anpassung an die gesellschaftlichen Bedingungen und den daraus resultierenden Motiven eine Klassifizierung von Brandursachen vorzunehmen. Trotz steter Gewinnung von Erkenntnissen über Tat-Täter-Zusammenhänge wurde bis heute kein einheitliches Klassifikationsmodel geschaffen, das sämtliche Charakteristika von Tätern aus den wissenschaftlichen Perspektiven vereint. In den Anfängen lassen sich wie bei Nelken (1925) kleinstteilige Klassifizierungen von Motiven, wie Heimweh, Bosheit, Aberglaube, Pubertätsstörung, Menstruation oder auch die Furcht vor Züchtigung finden. Daneben nahmen wirtschaftliche Ursachen, wie bei Grassberger (1928) die schwer voneinander abzugrenzenden wirtschaftlichen Störungen, Konjunkturschwankungen, Inflation u.a., einen beträchtlichen Raum ein.

In der weiteren Entwicklung werden die Einzelmotive in übergeordnete Kategorien zusammengefasst. Hatte sich die Klassifizierung der Ursachen zunächst auch an gesellschaftlichen Defiziten orientiert, findet zunehmend die täterorientierte Klassifizierung statt.

Eine der bekanntesten wie auch gebräuchlichsten Klassifizierungen wurde durch Douglas et all 1992 im Zusammenhang mit der Täterprofilerstellung von Sexualstraftaten und Mord erstellt und sind in den "Crime Classification Manual“ beschrieben. Darin werden mit „Vandalism-Motivated Arson“ (Douglas et all: 167), “Excitement-Motivated Arson” (ebd: 170), „Revenge-Motivated Arson“ (ebd.: 173), „Crime Concealment-Motivated Arson“ (ebd.: 176), „Profit-Motivated Arson“ (ebd.: 180) und „Extremist-Motivated Arson“ (ebd.: 184) sechs Hauptgruppen beschrieben. Grundlage dieser Klassifizierung ist die Rückführung der am Tatort vorgefunden Charakteristika auf den möglichen Tätertyp.

Über die hier benannten Motive hinaus wird aus psychiatrischer Perspektive weiter nach Persönlichkeits-, Sexual- und hirnorganischen Störungen unterschieden (vgl. Klosinski/ Bertsch-Wunram 2003).

Spezielle Phänomene und Tätergruppen

Pyromanie

Seit Beginn der Pyromaniedebatte im 19. Jh. werden unter dem Mantel des Begriffs Pyromanie unterschiedliche Definitionen angeführt und sind Ursache für Fehlinterpretationen. Der auf der Motivlosigkeit von Einzeltätern basierende Brandstiftungstrieb wurde schnell auf ungewöhnlich motivierte Serientäter, die aus objektiv nichtiger Frustration oder aus Freude am Feuer oder aus sexueller Befriedigung handelten, ausgeweitet (Barnett 2005: 157).

Der Begriff selbst entlehnt Esquirols Monomanielehre und fand zunächst großen Anklang. So sollten alle Brandstifter auf Pyromanie hin untersucht werden. Mit der Diagnose erlangten sie Straffreiheit (ebd.: 8). Die heutigen Hauptkriterien der, im ICD-10 unter F63.1 Pathologische Brandstiftung aufgeführten Pyromanie sind wiederholte Brandstiftungen ohne erkennbares Motiv, starkes Interesse an der Beobachtung von Feuer wie auch Gefühle wachsender Spannung vor der Handlung und starke Erregung sofort nach ihrer Ausführung. Ähnliche Kriterien sind im DSM-IV (TR 312.33) zu finden. In beiden Klassifikationssystemen wird die Pyromanie den Störungen der Impulskontrolle zugeordnet. Diese Zuordnung, der eher überlegt und wohl vorbereitet handelnden Delinquenten (ebd.: 145), als auch widersprüchliche oder nicht eindeutige Diagnosekriterien und die geringen Prävalenzraten, lassen Kritiker an Praxisrelevanz zweifeln (ebd.:143).

Psychologische Untersuchungen von Brandstiftern zeigen, dass diese in großer Anzahl und Bandbreite soziale, psychologisch und medizinische Probleme aufweisen (vgl. Bondü: 51). Ausdruck dessen scheint die bei Brandstiftern im Rahmen der Verurteilung fast doppelt so häufig angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, als Maßregel der Besserung und Sicherung(Strafverfolgung 2012).

Kinder

Kinder sind der Kriminalstatistik nach im Schnitt der letzten 28 Jahre mit etwa 18%, Tendenz fallend, für vorsätzliche wie fahrlässige Brandstiftungen „verantwortlich“ (PKS 1988-2012, BMI). Damit liegen die Zahlen deutlich über dem Durchschnitt der kindlichen Tatbeteiligung anderer Deliktsbereiche. Verantwortlich bedeutet in rechtlicher Hinsicht das wissentliche und willentliche Handeln, das insbesondere in Hinblick der Konsequenzen kaum möglich scheint. Nicht ohne Grund sind Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr schuldunfähig (§ 19 StGB). Abgesehen von der juristischen Verantwortlichkeit ist der Schaden an materiellen Werten erheblich. Zudem ziehen sich Kinder, ob ihrer Reaktion angesichts eines sich unkontrolliert ausbreitenden Brandes, nicht selten selbst schwere oder gar tödliche Verletzungen zu. Aus psychologischer Sicht spielt das Interesse an Feuer, insbesondere zwischen dem 5.und 7. Lebensjahr eine herausragende Rolle (Dauner 1979: 12; Grüttjen/ Hammer 2005: 54). Eine Dunkelfeldstudie der Universität Marburg hatte in der Retrospektive ergeben, dass über die Hälfte der befragten Jugendlichen im Kindesalter „gezündelt“ haben (Thiem 1990: 50). Als Motive lassen sich zunächst Faszination am Feuer, Experimentierlust, Neugier oder der Drang zum Überschreiten elterlicher Gebote nennen. Später finden sich der Wunsch nach Anerkennung, die Verbesserung des Sozialstatus innerhalb der Gruppe (Mutprobe), aber auch Hass oder Rache als mögliche Motive (Dauner 1979: 10). Insbesondere im Vorschulalter werden Kinder durch offen herumliegende Zündmittel erst auf die Idee gebracht(Grüttjen/ Hammer 2005: 54). Für die Verantwortlichen bedeutet dies, Zündmittel gut zu verwahren um den Anreiz nicht erst zu schaffen.

Mitglieder der Freiwillige Feuerwehr

Statistisch lässt sich diese Phänomen nicht erhellen. Die wenigen Untersuchungen zeigen, dass es sich hierbei eher um ein Randproblem handelt, wenngleich darunter viele Serienbrandstifter zu finden sind (vgl. Ackermann 2010: 23; Gudorf 2012: 15). Die Brisanz liegt in der Handlung, die kaum im klarer im Widerspruch zu dem stehen könnte, was Freiwillige Feuerwehren verkörpern. Ruf und Ansehen der Wehren nehmen großen Schaden. Die Motivation liegt in der Anerkennung beim oder die Freude am Löschen (Barnett 2005: 35). Nach der Klassifikation von Douglas et al ist diese Gruppe dem „Excitement-Motivated Arson“ (Douglas et al: 170) zuzuschreiben. Das Phänomen ist über die Grenzen Deutschlands bekannt. Das National Volunteer Fire Council (NVFC) stellt heraus, dass sich das Phänomen in den USA auch auf Berufswehren wie auch Feuerwehrmänner in führenden Positionen erstreckt (NVFC 2011: 11). Hingegen beschränkt es sich in Deutschland eher auf freiwillige (Jugend-) Feuerwehren (Grüttjen/ Hammer2005: 5; Ackermann 2010: 23). Präventionsstrategien lassen sich auf Grund der fehlenden Datenbasis nur bedingt erstellen. In erster Linie wird zunächst auf die Anerkennung des Problems innerhalb der Feuerwehren gedrungen. Eine umfassendere Überprüfung der Bewerber in bestimmten Risikofaktoren, soll durch die Aufstellung von Wahrscheinlichkeiten die Einstellung potentielle Brandstifter verhindern.

Brandstiftung an Kraftfahrzeugen

Seit 2009 kam in den Großstädten, wie Berlin, folgend Hamburg, vermehrt das Phänomen der Brandstiftungen an Kraftfahrzeugen zu Tage. Wobei Kraftfahrzeuge erst seit der Reformierung 1998 als Tatobjekte des § 306 StGB gelten. Die bisherige Spitze wurde in Berlin und Hamburg 2011 mit insgesamt 537 bzw. 293 Brandstiftungen festgestellt (Lademann/ Burasch 2012: 20). Seit 2012 ist eine Normalisierung zu verzeichnen. In Ermangelung an Spuren und Ermittlungsansätzen bestehen nur bedingt Rückschlussmöglichkeiten auf Täter und ihre Motivation. Nachweislich liegt in nur wenigen Fällen eine politische Motivation, wie der Protest gegen die Klassengesellschaft, vor. Den weitaus größten Anteil kommt den aus Vandalismus begangenen Brandstiftungen zu. Weitere werden als Beziehungstat, in betrügerischer oder spurenvernichtender Absicht begangen (ebd.: 23). Mit der Aussage eines Täters, der durch die Berichterstattung zu neuen Brandstiftungen motiviert worden sein will (ebd.:23), kommt den Medien eine besondere Verantwortung zuteil. Dass dieses Phänomen nicht neu ist, zeigen die Brandstiftungen an (Polizei-)Fahrzeugen, die es in Folge der Ausschreitungen nach dem Tod zweier Jugendlicher im Rahmen eines Polizeieinsatzes am 27.10.2005 in den Pariser Vororten (Banlieues) gab. In der Spitze brannten in einer Nacht, je nach Quelle der Daten zwischen 27 (Mahnken 2012: 558) und 1408 („Kritik“ 2005) Fahrzeuge.

Serienbrandstiftung

Der Systematik Jäkels et al (2007) folgend ist eine Serienbrandstiftung eine Aufeinanderfolge von mehr als zwei vorsätzlich begangenen Branddelikten, die in einem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen und mit jeweils neuen Tatentschluss von einem Täter oder einer Tätergruppen begangen werden. (Jäkel et al 2007: 661) Die Brandlegung dient als Lösungsstrategie für Probleme, so nimmt die Frequenz als auch die Qualität (Tatintensität) der Taten im Laufe ihrer Kariere häufig zu (Grüttjen/ Hammer 2005: 53). Ähnlich der Gewaltdelikte ist ein kleiner Teil von Brandstiftern für den Großteil der Taten verantwortlich. Entscheidend scheint bei Serientätern die Tatgelegenheit, was die Lage, Ausleuchtung, Umgebung und insbesondere die Zugangsmöglichkeiten zum Objekt beinhaltet (ebd.: 47).

Deliktspezifische Erklärungsansätze

Brandstraftaten sind, wie andere auch, multikausal determiniert. Sie lassen sich nicht auf einen Faktor reduzieren. Neben personalen Defiziten, die mangelnde Kommunikationsfähigkeit und Impulskontrolle, dient anderen eine Aggressionshemmung als Erklärung. Ebenso sind multifaktorielle, lerntheoretisch orientierte Ansätze zu finden (Bondü 2006: 65). Eine Theorie, die alle Faktoren, wie auch die Wiederholungtat, als auch das Feuer als Tatmittel erklärt gibt es nicht. Von Flemming wurde jedoch schon frühzeitig (1830) festgestellt, dass die Brandstiftung „dem Schwachen ein so sicheres Mittel darbietet, der Rachsucht, Bosheit und Schadenfreuden zu genügen“ (Barnett 2005:16). Bei diesem Tatmittel sind zudem keine besonderen Kenntnisse erforderlich und nach dem Minimax-Prinzip führt geringer Aufwand zu einem großen Effekt.

Prävention

Dieser Bereich ist vom steten Fortschritt in Material und Technik, als auch dem Durchdringen von Zusammenhängen zwischen Täter und Tat geprägt. Das Portfolio der Präventionsmaßnahmen erstreckt sich von vielfältigen baulichen und materiellen Schutzvorkehrungen, über die therapeutische Begleitung des Brandstifters und gegebenenfalls seiner Familie, bis hin zur Vermeidung von Tatgelegenheiten. Bei der Erforschung neuer feuerresistenter und –hemmender Materialien hat die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) einen bedeutenden Stellenwert inne. Gleiches gilt für das Institut für Schadensforschung (IfS) bei technischen Belangen.
Aktiv mit diesem Thema befasst sich die Informations- und Präventionsplattform: www.Brand-Feuer.de

Literatur

  • Ackermann, Markus (2011): Der Freiwillige Feuermann als Brandstifter. Eine Untersuchung basierend auf Fällen aus der Freien und Hansestadt Hamburg. Bachelorarbeit Hamburg, Hochschule der Polizei.
  • Barnett, Winfried (2005): Psychiatrie der Brandstiftung: eine psychopathologische Studie anhand von Gutachten. Steinkopff Verlag, Darmstadt.
  • Bondü, Rebecca (2006): Die Klassifikation von Brandstraftätern. Verlag für Polizeiwissenschaft, Frankfurt.
  • Dauner, Iris (1979): Brandstiftung durch Kinder – kriminologische, kinderpsychiatrische und rechtliche Aspekte. Verlag Hans Hubert, Bern, Stuttgart, Wien. (Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie: Beih.; 3).
  • Douglas, John E. et al. (1992): Crime Classification Manual – A standard System for Investigating and Classifying Violent Crimes. John Wiley & Sons, New York.
  • Geerds, Friedrich (1962): Die Brandstiftungsdelikte im Wandel der Zeiten und ihre Regelung im ausländischen Strafrecht“. In Brandermittlung, Brandverhütung, BKA Wiesbaden.
  • Grassberger, Roland (1928): Die Brandlegungskriminalität – Eine Untersuchung über ihre Ausdehnung, Bedingungen und Bekämpfung. Verlag von Julius Springer, Wien.
  • Grüttjen, Dirk; Hammer, Hubertus (2005): Verhütung vorsätzlicher Brandstiftung in Industrie und Gewerbe – Täterprofile und -motive – Schutzmaßnahmen und –konzepte. expert verlag, Renningen.
  • Gudorf, Rolf (2012): "Verkehrte Welt – Feuerwehrmänner als Brandstifter. Ein seltenes Phänomen in einem ohnehin schwierigen Ermittlungssegment". In: Deutsches Polizeiblatt für die Aus- und Fortbildung 6/2012 – 30. Jahrgang, 15-17.
  • Jäkel, Harry et al. (2007): „Serienbrandstiftungen. Definition und Zuordnungskriterien“. In: Kriminalistik 11/2007: 660-666.
  • Klosinski, Gunther; Bertsch-Wunram, Simone L. (2003): Jugendliche Brandstifter. Entwicklungspsychopathologie, Diagnostik, Therapie, forensische Begutachtung. W.Kohlhammer GmbH, Stuttgart.
  • „Kritik an Verlängerung des Ausnahmezustands in Frankreich“. In: Deutsche Welle, 17.11.2005, abrufbar unter:

http://www.dw.de/kritik-an-verl%C3%A4ngerung-des-ausnahmezustands-in-frankreich/a-1778039-1 (letzter Zugriff: 06.02.2014).

  • Lademann, René; Burrasch, Egon (2012): „Pkw-Brände in Berlin. Problematik der Brandursachenermittlung und Täterfeststellung/ Ermittlungen in einer Brandserie“. In: Deutsches Polizeiblatt für die Aus- und Fortbildung 6/2012 – 30.Jahrgang, 20-24.
  • Landeskriminalamt Hamburg LKA SP1 (Hrsg.): Polizeiliche Kriminalstatistik 1985 – 2010, nicht öffentlich
  • Lindenberg, Stefan (2004): Brandstiftungsdelikte - §§ 306 ff StGB – Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1870. BWV Berliner Wissenschafts-Verlag GmbH, Berlin.
  • Mahnken, Julia (2012): „Fallanalyse bei Mehrfachbrandstiftungen an Kraftfahrzeugen“. In: Kriminalistik 10/2012: 555-560.
  • Nelken, Sigmund (1925). Die Brandstiftung, ihre Ursachen, Feststellung und Verhütung. Verband Öffentlicher Feuerversicherungsanstalten in Deutschland, Berlin.
  • Rex, Christine (2008): Der Strafgrund der Brandstiftung – Eine rechtsvergleichende Untersuchung zum deutschen, österreichischen, schweizerischen und französischem Strafrecht. CUVILLIER VERLAG, Göttingen.
  • Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Rechtspflege. Strafverfolgung 2012, abrufbar unter:

https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Rechtspflege/StrafverfolgungVollzug/Strafverfolgung2100300127004.pdf;jsessionid=00BD61496030A95359D1B669F3BCD803.cae1?__blob=publicationFile (letzter Zugriff 13.02.2014).

  • Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Todesursachenstatistik 2012, abrufbar unter:

https://www-genesis.destatis.de/genesis/online/data;jsessionid=DA7241EDB308E85F498D71EA7BC7CD35.tomcat_GO_1_1?operation=abruftabelleBearbeiten&levelindex=1&levelid=1393885046736&auswahloperation=abruftabelleAuspraegungAuswaehlen&auswahlverzeichnis=ordnungsstruktur&auswahlziel=werteabruf&selectionname=23211-0001&auswahltext=%23STODUR1-TODESURS76&werteabruf=Werteabruf (letzter Zugriff: 03.03.2014).

  • Thiem, Werner (1990): "Branddelikte – Erscheinungsformen und Ursachen". 4.Aufl. In: Speziallehrgang: Brand- und Explosionsdelikte. Wiesbaden, Kriminalistisches Institut

Weblinks