Behandlung im Strafkontext: Funktion der Strafe

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Im Strafkontext spielt Behandlung erst seit zweihundert Jahren überhaupt eine Rolle. Vor der Erfindung des modernen Strafvollugs in Zellengefängnissen in den noch jungen Vereinigten Staaten und vor der nicht zuletzt vom politischen Protestantismus getragenen Verbreitung dieser Sanktionsform in Europa und der Welt regierte mehr als ein halbes Jahrtausend lang die sogenannte peinliche Strafgerichtsbarkeit, auch Blut- oder Halsgerichtsbarkeit genannt. In den Gesetzbüchern fanden sich Formulierungen wie „straffen biss ann das blut“ oder „straffen, so an das blut gandt und das läben kostendt“. Es ging bei der Strafe um Verstümmelungen und/oder verschiedene Formen, Menschen vom Leben zum Tod zu bringen, aber jedenfalls nicht im Entferntesten um irgend etwas, das sich als Behandlung sozialer Eingliederungsprobleme bezeichnen ließe.

An eine Parallelität von Bestrafung und Behandlung konnte erst gedacht werden, als mit der Freiheitsstrafe das Phänomen der leeren Zeit des Verurteilten auftauchte - einer Ressource, mit der man ökonomisch und moralisch etwas anzufangen hatte. Dass Behandlung und Bestrafung heute zusammen praktiziert werden, heißt aber nicht, dass der Widerspruch zwischen diesen beiden sozialen Praktiken damit auch aufgehoben sei. Man kann sogar sagen: im Gegenteil; denn nun erst zeigt sich, dass Behandlung und Bestrafung nicht nur durch keine innere Wahlverwandtschaft verbunden, sondern konträre Herangehensweisen sind, deren Widersprüchlichkeit bis in jede Faser und jede Minute der Beziehung zwischen Behandlern und Klienten hinein wirkt.

Man könnte meinen, dass sich das Verhältnis zwischen Behandlung und Strafe im Laufe dieser rund zwei Jahrhunderte allmählich zurechtgeschüttelt haben sollte. Doch es genügt ein Blick auf die Zeit seit der letzten Jahrhundertmitte, also seit den 1950er Jahren, um das als Illusion zu erkennen. Nach unleugbaren Rudimenten einer faschistischen Vollzugspolitik mit kriminalbiologischen Einflüssen viel älteren Datums kam es zu einer abrupten Öffnung für moderne psychologische Methoden und Ideale, bis es dann in einer ebenfalls sehr plötzlichen Wende wieder hieß: das funktioniert doch alles nicht (Martinson et al. 1974), wir brauchen wieder mehr Strafen und weniger Psychologie (Allen 1981). Doch kaum hatte man den "Abschied von der Behandlungsideologie" eingeläutet, da kam eine neue kriminalpolitische Grundwelle, die eine zunehmende Punitivität mit einer prominenteren Rolle aufgenötigter Behandlung kombinierte und die - eingeleitet mit dem Betäubungsmittelgesetz von 1982 und weitergeführt mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten von 1998 - der Behandlung im Strafkontext einen bis heute anhaltenden Schub verlieh. So stark ist dieser Aufschwung, dass das Angebot an Prognosegutachten-Kapazität und behandlerischen Leistungen aller Art schon heute kaum noch mit dem stetig steigenden Bedarf mithalten kann. Die prinzipiellen Widersprüche und Dilemmata sind damit aber nicht verschwunden.

Im Gegenteil: die brüsken Kurswechsel der letzten Jahrzehnte sind vielleicht ein Indiz dafür, dass Strafe und Behandlung aufgrund ihrer diametral entgegengesetzten Funktionsimperative und Zielvorstellungen nur im Widerspruch und dauernden Konflikt kohabitieren können. Denn während die Strafe dazu da ist, duch die absichtliche Zufügung eines Übels die Befindlichkeit und den Zustand des Verurteilten fühlbar zu beeinträchtigen, ist Behandlung ja gerade die Einwirkung auf die Befindlichkeit und den Zustand einer Person in der Absicht ihrer Verbesserung. Sie ist damit haargenau das Gegenteil einer Bestrafung. Wenn also jemand eine Person behandelt, während diese Person gleichzeitig bestraft wird, dann muss es zu Konflikten, Reibungen, gegenseitigen Neutralisierungen oder unintendierten Folgen aller Art kommen, anders geht es gar nicht. Das ist unausweichlich. Denn der soziale Raum, in dem zugleich behandelt und bestraft wird, ist doppelbödig, um nicht zu sagen: von einer institutionalisierten Schizophrenie.

Auswirkungen auf die Behandlung

Für die Behandlung hat die Strafe nur eine Funktion. Sie führt Behandler und Behandelte zusammen. Ohne die Strafe würden diese Behandler und diese Straftäter nicht zusammentreffen. Insofern kann man sagen: die Strafe schafft die raumzeitlichen Voraussetzungen für ein ansonsten höchst unwahrscheinliches Treffen zwischen zwei Personen an einem bestimmten Ort in einer bestimmten Rollenverteilung, bzw. Konfiguration. Sie wie es heißt: "Die Nürnberger hängen keinen, sie hätten ihn denn", so kann man auch sagen: die Psychologen behandeln keinen, sie hätten ihn denn. Einen Straftäter auf der Flucht kann man nicht behandeln. Einen Straftäter, den man hat, kann man aufgrund des Bekämpfungsgesetzes von 1998 mit mehr oder weniger starkem Druck auch zur Behandlung bewegen.

Für diesen Nutzen sind aber auch Kosten in Kauf zu nehmen. Die Strafe sorgt zwar für das Geschehen des Unwahrscheinlichen, aber sie muss dafür das Fundament der Therapie austauschen. Behandlung im Strafkontext ist keine Behandlung wie jede andere. Der Behandler erhält seinen Auftrag nicht mehr vom motivierten Klienten selbst, und er wird auch nicht vom Klienten selbst bezahlt. Auftrag und Bezahlung kommen stattdessen von einem merkwürdig unsichtbaren, zugleich aber nahezu omnipotenten Dritten, nämlich dem Staat. Der Staat drängt sich gewissermaßen zwischen Behandler und Klienten, bindet Behandler durch Versorgung und Klienten durch Zwang an seinen eigenen Willen und macht damit aus der klassischen Therapeut-Klient-Dyade eine Triade mit ganz besonderen Eigenschaften, als deren wichtigste sofort die dominante Stellung des Staates selbst als des abwesenden Dritten hervorsticht.

Der Klient kommt nicht von selbst, getrieben durch seinen inneren Leidensdruck, sondern er kommt, weil er unter dem Druck der Strafjustiz steht. Statt Leidensdruck gibt es Veränderungswillen. Der ist meist weniger reflexiv orientiert als eben nach außen hin gerichtet: auf bessere Haftbedingungen, frühere Lockerungen, frühere Entlassung. Andererseits regiert aber sowieso eine gewisse Entfremdung. Denn Auftrag und Entlohnung, sogar das Ziel der Behandlung werden vom Staat bestimmt, nicht vom Klienten. Vom Standpunkt der klassischen Therapielehre geht es hier nicht mit rechten Dingen zu. Statt eines Behandlungspakts auf Augenhöhe gibt es hier vielfältige Über-Kreuz-Beziehungen in einer völlig atypischen und höchst labilen, zugleich aber gesetzlich festgezurrten Triade.

Das Problem der Triade liegt im Grundsatz darin, dass triadische Beziehungen einerseits zum Auseinanderbrechen in eine Dyade und einen ausgeschlossenen Dritten tendieren, dass andererseits aber auch eine Auflösung in diesem Fall nicht ohne großen Schaden möglich zu sein scheint. Die drei möglichen Resultate des Auseinanderbrechens sind eine Koalition von Behandler und Klient gegen den Staat, von Klient und Staat gegen den Behandler - oder von Behandler und Staat gegen den Klienten. Alle drei Möglichkeiten stiften aber im Regelfall mehr Schaden als Nutzen. Das gilt für die erstgenannte Koalition sowieso. Im Extremfall verhilft dann - wie 1995 in Hamburg geschehen - die Psychologin dem einsitzenden Serienmörder zur Flucht und beide zusammen wenden sich mit Foltervorwürfen gegen den Staat und träumen von einem friedlichen gemeinsamen Leben im Ausland (Holst/Segal). Derlei Koalitionen verschlechtern die Lage meist für Behandler, Klienten und Strafvollzug gleichermaßen. In der zweiten Koalitionsvariante führt der Klient mit Hilfe der Anstaltsleitung und/oder der Justiz einen Kleinkrieg gegen einen Behandler - was zumindest den Behandler beschädigen kann, unter Umständen aber auch mehrere Beteiligte. Die dritte Variante des Auseinanderbrechens der Triade geht zu Lasten des Klienten: der Behandler sucht die Rückendeckung von Anstaltsleitung und Ministerium, steht aber in einem verkappten Strafverhältnis zu seinem eigenen Klienten: er spricht - unter dem Vorwand behandlerischer Notwendigkeit - Sanktionen aus, die keinen inneren Bezug zur Symptomatik aufweisen und im Grunde genommen umetikettierte Disziplinarstrafen sind (Entzug von bislang im Besitz gehabten Gegenständen für mehrere Wochen, Verlegung auf eine Station mit weniger Rechten und Privilegien etc.; vgl. Lindemann 2004; Lindemann o.J.).

Unter diesen Umständen spricht fast alles dafür, trot der dauernden Spannungen an der Triade so lange wie möglich festzuhalten. Das geht allerdings an die Substanz der Behandler, die über Jahre und Jahrzehnte hinweg mit dieser Dauerbelastung zurechtkommen müssen. Sie sind es, an denen von allen Seiten gezogen und gezerrt wird, sie müssen sich die Coping-Strategien aneignen, Sport treiben und Entspannungsübungen machen, aber auch sie sehen im Kollegenkreis, dass es nicht immer und überall funktionieren kann, dass Alkohol und Tabletten eine Rolle spielen, Rücken-, Bauch- und Kopfschmerzen ebenso zunehmen wie Burn-Outs und Depressionen und psychosomatische Krankheiten aller Art.

Die Doppelgesichtigkeit des sozialen Raums als eines Sanktions- und Behandlungsraums zugleich macht ihn besonders konfliktträchtig. Nimmt man dann noch Situationsspezifika wie den baulich und organisatorisch bedingten Mangel an privatem Rückzugsraum hinzu sowie Personenspezifika aller Art (und insbesondere verfestigte Züge dissozialen Verhaltens bei der Klientel), dann wird klar, dass hier mit einem überdurchschnittlich erhitzten Binnenklima und entsprechenden Folgeerscheinungen zu rechnen ist (eruptive Entladungen, aber auch Mobbing usw.). Auf Dauer schadet der doppelbödige Konfliktraum der Gesundheit aller Beteiligten wie auch der Qualität der Behandlung.

Kehren wir zur historischen Perspektive zurück, dann steht wohl nicht zu erwarten, dass die historisch junge und wenig erprobte Kombination von Strafe und Behandlung ähnlich alt werden könnte wie die ihr vorangehenede Praxis der Blutgerichtsbarkeit. Gewiss gelten die Belastungen heute noch weithin als Privatsache und werden auf mangelnde Stressresistenz der Beteiligten zurückgeführt statt auf strukturelle Widersprüche. Doch wenn der Anteil derjenigen Beschäftigten, die überhaupt noch in arbeitsfähigem Zustand das Rentenalter erreichen und nicht vorher schon aufgrund (psycho-) somatischer Beschwerden ausgeschieden sind, unter die Zehn-Prozent-Marke sinkt, dann wird sich mit den heute von manchen Anstaltsleitungen noch empfohlenen Yoga- oder Entspannungs-Kursen, bzw. Schüßler-Salzen auch nicht mehr viel machen lassen. Dann werden jedenfalls die heute angepriesenen Schüßler-Salze Nr. 5 (das Salz der Nerven und der Psyche) und 7 (das Salz der Muskeln und Nerven) nicht mehr in der Normaldosis genügen (drei- bis sechsmal am Tag eine bis drei Tabletten). Irgendwann wird auch der Ratschlag nicht mehr genügen, in krisenhaften Situationen das Salz Nr. 7 auch gegen Wutausbrüche zu nehmen - dann aber "Alle paar Minuten je eine Tablette. Irgendwann wird es zu strukturellen Auflösungen der Dilemmata kommen. Dazu kann auch ein Bewußtwerdungsprozess der Beschäftigten beitragen - dann nämlich, wenn diese bemerken, dass hier eine strukturelle Problematik auf ihren Rücken ausgetragen wird.

Behandlung von Straftätern - ohne Strafe?

Was wartet jenseits der heutigen Kombinatorik von Behandlung im Strafkontext: eine modernisierte Rückkehr zu sozialer Kontrolle ohne Behandlung, die sich der heute schon erkennbaren Tendenzen zu autoritär-etatistischer Bekämpfungsstrategien vom Stile eines Feindstrafrechts oder gar einer präventiv-polizeilichen Unschädlichmachung im Stile einer souveränen Polizei bedient? Oder vielleicht ein Ausbau von Ansätzen zu einer originär gesellschaftlichen Reaktion auf Straftaten im Sinne der restorative oder transformative justice? Wäre eine Phase denkbar, in der auf Straftaten eben nicht die Zufügung eines Strafübels folgt, sondern eine von Strafe befreite Reaktion der Aufarbeitung, Wiedergutmachung, Anerkennung und überall dort, wo es notwendig ist, auch der Behandlung? Die Entscheidung fällt keine anonyme Macht. Die Entscheidung, welcher Weg gewählt wird, ist die Entscheidung der heute Lebenden.

Man will freilich wissen, ob es Sinn macht, gegen eine dominante Tendenz zum Autoritarismus und Effektivismus überhaupt anzukämpfen. Wäre denn eine Gesellschaft überhaupt möglich, in der Straftäter nicht mehr bestraft würden? Oder würde das jeden Zusammenhalt in der Gesellschaft zerstören?


Die Lehre von der unverzichtbaren Funktion der Strafe

Nach heute herrschender Ansicht kann keine Gesellschaft - jedenfalls keine moderne Gesellschaft - ohne Strafe existieren. Der Grund dafür liegt nicht in der Unverzichtbarkeit der Resozialisierungsleistungen des Freiheitsentzugs und er liegt auch nicht in irgend einer der vielen weiteren Aufgaben und Zweckbestimmungen der Strafe. Von der Funktion zu sprechen ist nicht identisch mit Begriffen wie Aufgabe oder Zweck. Aufgaben und Zwecke verweisen auf kollektive Intentionen, der Begriff der Funktion hingegen darauf, was tatsächlich passiert. Funktionszusammenhänge sind objektiver Art und existieren auch ganz und gar unabhängig von jeder Aufgaben- oder Zweckvorstellung. Auch existieren Funktionen immer nur im Hinblick auf einen bestimmten Gegenstand: im Hinblick auf das sommerliche Badevergnügen an der Nord- oder Ostsee hat die Sonne die Funktion der Erwärmung des Wassers auf mehr als 17 Grad, so dass man getrost schwimmen gehen kann; im Hinblick auf die Flora wiederum hat das Sonnenlicht die Funktion, die Fotosynthese und damit das Wachstum der Pflanzen zu ermöglichen. Von einer Aufgabe oder einem Zweck zu sprechen, machte mangels individueller oder kollektiver Intentionalität wenig Sinn. Der Grund für die Unverzichtbarkeit der Strafe liegt also nicht in ihrer Aufgabe oder ihrem Zweck, sondern in ihrer Funktion, die sie (jenseits kollektiver Intentionalitäten, die mit dieser sozialen Institution verbunden werden) erfüllt. Nach herrschender Ansicht erfüllt die Strafe eine objektive und unverzichtbare Funktion in der Gesellschaft, und das ist die Bekräftigung des Geltungsanspruchs der normativen Ordnung im Falle von Rechtsverletzungen.

Damit ist Folgendes gemeint: die öffentliche Strafe (die Kriminalstrafe) ist ein öffentlicher Widerspruch zur Verletzung von Strafgesetzen. Mit der Verurteilung zu einer Strafe wird öffentlich kundgetan, dass die Verletzung der Norm durch diesen Straftäter oder irgend einen künftigen Straftäter nicht toleriert wird, sondern mit einer fühlbaren Schlechterstellung desjenigen endet, der diese Verletzung zu verantworten hatte. Die Strafe stellt damit klar, dass die Norm, auch wenn sie verletzt wurde, weiterhin Geltung und Gehorsam beansprucht, und dass man sich kein Beispiel an dem Rechtsbrecher nehmen sollte - es sei denn, man wäre bereit, sich ebenfalls bestrafen zu lassen. Die Strafe sorgt dafür, "dass kein gesetzwidriger Wille sich behaupte und den Sieg behalte" (Stahl 1837: 373). Die Strafe rechtfertigt sich dadurch, dass sie in einer Situation erfolgt, in der ihr Ausbleiben dazu führen würde, dass das Unrecht triumphierte (vgl. Schmidhäuser 1975, 1998). Das ist - mit einigen semantischen Modernisierungen und rechtsstaatlich-liberalen Ergänzungen, auch noch der Erkenntnisstand der aktuellen Rechtswissenschaft und Rechtssoziologie (vgl. Hassemer 2009, Jakobs 1993: 9). Geändert hat sich seit dem 19. Jahrhundert nicht der Inhalt dieses Arguments, wohl aber seine sprachliche Formulierung. Heute nennt man den beschriebenen Vorgang die "Validierung der durch den Rechtsbruch desavouierten Norm". Ihr Geltungsanspruch wird bekräftigt (= validiert). Wenn in der Straftat eine Negation des Rechts liegt, dann ist die Strafe die Negation dieser Negation (Hegel). Wenn die Straftat das Ansehen einer Norm "desavouiert" (Günther Jakobs), dann ist die Strafe die Negation dieser Desavouierung, bzw. die Wiederherstellung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die weitere Geltung dieser Norm. Prinzipiell ist die Validierung einer verletzten Norm für den Bestand der normativen Ordnung - und damit für den Bestand einer menschlichen Gemeinschaft und Gesellschaft - in der Tat unverzichtbar. Ausnahmen kann es dann geben, wenn eine Norm veraltet, nicht mehr zeitgemäß und nicht mehr erforderlich ist. Dann kann man Normbrüche durchgehen und den Geltungsanspruch der Norm erodieren lassen.

Über diese gleichsam horizontale Funktion der Validierung des Geltungsanspruchs verletzter Normen hinaus existiert noch eine zweite wichtige Funktion der Strafe, und das ist die Bekräftigung der Fähigkeit und Bereitschaft des Staates, auf Verletzungen der von ihm gesetzten Verbote mit der Zufügung eines Übels zu reagieren. Es geht dabei um die Bekräftigung der Autorität des Staates selbst, der es ja übernommen hat, die normative Ordnung zu gestalten und für ihre Aufrechterhaltung zu sorgen. Insofern geht es auch um die Bekräftigung von Herrschaftsnormen, die gleichsam hinter den sozialen Normen stehen und ihren Anspruch, gültig zu sein, mit der Staatsautorität garantieren. Es geht um die Autorität des Staates selbst. Diese (vertikale) Funktion zweiter Ordnung, die das Vertrauen in den Staat als Garanten der Gültigkeit des Rechts betrifft, ist um so ausgeprägter, je wichtiger in einem Gemeinwesen die Selbstbehauptung der politischen Herrschaft ist. Je autoritärer der Staat, desto weniger reflektiert die Strafe den Schaden für das Opfer und desto stärker ist sie eine Reaktion auf die Verletzung der politischen Autoritäten. Das personale Opfer tritt hinter dem symbolischen der verletzten staatlichen Autorität zurück. Konservative Staatsrechtslehrer wie Friedrich Julius Stahl vermögen diese Funktion der Strafe häufig am treffendsten in Worte zu fassen. Im 19. Jahrhundert hatte Stahl (1837: 372 f.) sie auf die Formel gebracht, die hier noch einmal in ganzer Pracht zitiert zu werden verdient: "Wie das Reich des Staates im Ganzen ein Äußerliches ist, so auch seine Strafgerechtigkeit. Seine Herrschaft wird nur durch äußere That verletzt - durch Verbrechen, und wir nur durch äußere körperlich zugefügte Strafe wiederhergestellt. Aber diese äußere Strafgerechtigkeit kann doch ihrem Wesen nach keine andere seyn, als die Strafgerechtigkeit überhaupt, als die Strafgerechtigkeit Gottes. Sie ist die Herstellung des Reiches, d.i. der Herrlichkeit, des Staates durch die Vernichtung oder das Leiden dessen, der sich wider sie empört hat. Durch das Verbrechen macht sich der Thäter zu einem Herren über den Staat und seine Ordnung, er richtet ein anderes, sein eignes, Reich in ihm auf, deshalb muss die höhere Macht des Staates sich an ihm bewähren, in der That selbst wie im Bewusstsein sowohl der menschlichen Gemeinschaft als des Verbrechers, sie muss ihn vertilgen, je nach dem seine Auflehnung war entweder vollständig oder nur in bestimmter Beziehung durch Lähmung seiner natürlichen Kraft und Freiheit, die er nothwendig als Leiden empfindet, damit nur ihr Reich bestehe und kein anderes, das ist die Strafe. Nicht das Gesetz soll durch sie aufrecht erhalten oder wieder hergestellt werden - das wäre unmöglich, seine Übertretung ist unwiderruflich - sondern seine Herrlichkeit. Die Gerechtigkeit ihrem Begriffe nach fordert nicht, dass keine Gesetzesübertretung Statt finde, sie fordert nur, dass kein gesetzwidriger Wille sich behaupte und den Sieg behalte zum Trotze der höheren Ordnung."

Es lässt sich leicht vorstellen, dass eine Staatsmacht, die um die Durchsetzung ihres Machtanspruchs erst noch ringen muss und sich ihrer selbst nicht ganz sicher ist oder aber alle denkbaren Gegner einschüchtern möchte, zu besonders grausamen Strafen neigt. Nach Eberhard Schmidt (1965: 67) zeigte nicht zuletzt schon das Mittelalter mit seinen immer grausameren Verkrüppelungs- und Todesstrafen "mit aller Deutlichkeit, dass Härte und Grausamkeit der Strafrechtspflege ein Zeichen politischer Schwäche ist" - denn je kleiner die Machtbereiche der Landesherrn und je schwächer und ohnmächtiger sie sich im kümmerlichen Umkreis ihrer Staatlichkeit fühlen mussten, desto brutaler waren sie bei der Demonstration ihrer Machtansprüche.


Exkurs über Nebenfunktionen

Neben ihren Beiträgen zur horizontalen und vertikalen Normvalidierung erfüllt die Strafe auch noch Funktionen in Bezug auf Individuen und Subsysteme wie z.B. Bestrafende, Bestrafte und die Behandlung im Strafkontext. Doch für die Frage, ob die Strafe unverzichtbar ist, sind diese wohl nicht von Bedeutung.

Die Funktion der Strafe für den Bestrafenden besteht womöglich in emotionaler Befriedigung. Wer straft, aktiviert dadurch einen Belohnungsmechanismus im Zentralen Nervensystem. Besonders deutlich ist das im Fall im des sog. altruistischen Strafens, d.h. bei der Sanktionierung von Normabweichungen durch Personen, die von der Sanktionierung selbst nicht einmal einen materiellen oder statusmäßigen oder sonstigen Vorteil haben und die gleichwohl den dafür erforderlichen Aufwand ohne Gegenleistung zu tragen bereit sind. Das einzige, was sie davon haben, ist das Gefühl der Befriedigung. Deshalb heißt es, solche Bestrafungen seien altruistisch nur in einem "biologischen", nicht in einem "psychologischen" Sinne, da ja die Aktivierung des Nucleus Caudatus, der auch auf Geld, Kokainkonsum u.a. anspricht, psychologisch durchaus eigennützig sei. Spieltheoretische Experimente (vgl. Boyd, Gintis u.a. 2005) zeigten darüber hinaus nicht nur, dass Gruppenmitglieder ihre unproduktiven Kollegen auch dann bestraften, wenn dadurch hohe Kosten für sie entstanden, sondern auch, dass altruistisches Strafe zur Aufrechterhaltung der bei steigender Gruppengröße normalerweise sinkenden Kooperationsbereitschaft beitragen kann.

Die Funktion der Strafe für den Bestraften kann in dem von Sigmund Freud thematisierten (Ausnahme-) Fall des Verbrechers aus Schuldgefühl für den Straftäter entlastend im Hinblick auf ein sehr viel stärkeres präexistentes Schuldgefühl, das aus seiner Kindheit stammt, wirken. Darüber hinaus kann die Bestrafung aber auch für den "gewöhnlichen" Straftäter insofern entlastend wirken, als die Bestrafung häufig als unfair und ungerecht empfunden wird: das erlaubt dem Straftäter, Gedanken an sein eigenes Fehlverhalten zu verdrängen und sich als Opfer vorzukommen.

Funktionale Äquivalente der Strafe

In einer demokratischen Gesellschaft bedarf es der Strafe zwar nicht, um die Herrlichkeit des Staates in möglichst glänzendem Licht erscheinen zu lassen, so dass wir ihre Funktion der vertikalen Normvalidierung für einen Augenblick in den Hintergrund treten lassen dürfen. Das ändert jedoch nichts daran, dass die soziale Ordnung stabiler Normen bedarf, dass also eine horizontale Normvalidierung auf jeden Fall erforderlich ist. Während die herrschende Meinung daraus folgert, dass die Strafe, die ja (auch) diese Funktion erfüllt, eben deshalb unverzichtbar sei, übersieht sie bei dieser Argumentation einen wesentlichen Unterschied zwischen einem Mittel zur Erfüllung einer unverzichtbaren Funktion einerseits und einem unverzichtbaren Mittel zur Erfüllung einer Funktion andererseits.

Wenn X eine Funktion Y erfüllt, dann kann Y eine unverzichtbare Leistung darstellen, X aber durchaus durch funktionale Äquivalente ersetzbar sein. Ein Beispiel mag das illustrieren. Wenn Atomenergie die Funktion der Energieversorgung Deutschlands erfüllt, dann kann die Energieversorgung Deutschlands unverzichtbar für die Aufrechterhaltung des Gemeinwesens sein, Atomenergie aber durchaus durch funktionale Äquivalente wie z.B. regenerative Energiequellen ersetzbar sein. Ein Umschwenken von Atomenergie zu regenerativen Energien nennt man Energiewende. Nicht die unverzichtbare Funktion (= Energieversorgung) wird in Frage gestellt, sondern das bisherige Mittel, das diese unverzichtbare Funktion erfüllte (die Atomenergie) wird durch ein funktionales Äquivalent (= regenerative Energien) ersetzt.

So ähnlich verhält es sich auch mit der Strafe als des heute eingesetzten Mittels zur unverzichtbaren Validierung verletzter Normen. Wenn heute noch Strafen die Funktion der Normvalidierung in Deutschland erfüllen, dann ist die Normvalidierung unverzichtbar für die Aufrechterhaltung des Gemeinwesens, während die Strafe druchaus durch funktionale Äquivalente wie z.B. nichtpunitive Validierungsquellen ersetzbar sein kann. Ein Umschwenken von Strafen zu nichtpunitiven Validierungsmethoden könnte man als Sanktionswende bezeichnen.

Wer die Kosten-Nutzen-Bilanz der Atomenergie problematisch findet, wird bereit sein, sich mit Alternativen zu befassen und sich schließlich und endlich für deren Ersetzung durch andere Energieträger engagieren. Wer andere Gewichtungen vornimmt, wird andere Konsequenzen ziehen. Ähnlich ist es auch bei der Sanktionsfrage. Wer die Kosten-Nutzen-Bilanz der Strafkultur problematisch findet, wird bereit sein, sich mit Alternativen zu befassen und sich schließlich und endlich für deren Ersetzung durch andere Normvalidierungen engagieren. Wer andere Gewichtungen vornimmt, wird andere Konsequenzen ziehen.


Restorative Justice als nicht-punitive Validierung sozialer Normen

Die Strafe erfüllt einerseits ihre Funktion der Negation der Negation des Rechts schon allein dadurch, dass sie verhängt und vollstreckt wird. Andererseits wäre es aber schön, wenn sie auch einen Beitrag zur Befriedung von Konflikten zwischen Menschen leistete, wenn sie der Aufarbeitung zwischen den Beteiligten und der Wiederherstellung von Respekt, Würde und Integrität diente. Das tut sie aber in der Regel nicht. Die Zufriedenheit der Betroffenen ist nach Strafprozessen zwar kein Gegenstand systematischer Erhebungen, aber nach allem, was man bisher weiß, ist die gering.

Dabei müßte es in einer demokratischen Gesellschaft darum gehen, die konkreten Konflikte zu lösen - und die tatsächlich entstandenen Schäden und Verletzungen materieller und immaterieller Art nicht nur so gut es geht wiedergutzumachen, sondern diese Konflikte zum Anlass zu nehmen, die Verhältnisse selbst, aus denen die Konflikte und Taten entstanden, in Richtung auf eine bessere Sozialstruktur und Konfliktkultur zu transformieren. Das aber ist eine Aufgabe, die aus dem bürokratischen Modus der Justiz heraus und mit ihren Medien gar nicht zu leisten ist. Das Strafrecht ist so konstruiert, dass es den Bedürfnissen der vertikalen Normvalidierung gerecht wird. Für horizontales Konfliktmanagement ist es hingegen nicht gemacht - und das merkt man. Auf horizontaler Ebene kann es nicht funktionieren, weil seine Imperative nicht kompatibel sind mit den Erfordernissen einer wirksamen Konfliktregluierung und Re-Integration. Denn dafür müßte es auf Angstfreiheit und auf offene Kommunikation angelegt sein (vgl. Gewaltfreie Kommunikation, nicht auf strategisches Handeln, Schutzbehauptungen, Leugnungen und ähnliches mehr, also auf Elemente, die im Strafprozess zur unverzichtbaren rationalen Interessenvertretung gehören.

In einer Gesellschaft, die Normvalidierung als Aufarbeitung von Konflikten und als Dienstleistung auffasste, würde man auf die Zufriedenheit der Kunden achten. Die Kunden, das wären die Opfer von Delikten, aber auch die Täter - und ihre jeweiligen Angehörigen und Freunde, aber damit nicht genug. Betroffen ist auch ein größerer Kreis von Bürgern (die Gemeinde), betroffen ist die Sicherheit von vielen. Insofern gibt es viele stakeholder, die an dem Aufarbeitungsprozess teilnehmen und von ihm profitieren sollten. Wenn wir heute auf jedem Produkt im Supermarkt die Telefonnummer des Kundenservice finden - warum dann nicht auch eine solche Telefonnummer auf jedem Schriftstück der Justiz? Warum wird nicht bei jedem Strafprozess zugleich auch immer die Zufriedenheit der Betroffenen und Beteiligten mit dem Prozess und mit dessen Ergebnis und Folgen erhoben?

Joanna Shapland (2008) von der Universität Sheffield hat tatsächlich einmal die Zufriedenheit mit der Strafjustiz mit derjenigen bei der alternativen Vorgehensweise der Restorative Justice verglichen. Heraus kam: die Kundenzufriedenheit war bei Restorative Justice eindeutig höher:

"The overall tone was one of satisfaction: 74% of JRC offenders and 78% of JRC victims would definitely/probably recommend restorative justice to others. 80% of JRC offenders and 85% of JRC victims were very/quite satisfied with the conference - only 10% of JRC offenders and 12% of JRC victims expressed any doubt about the outcome agreement. Not everyone was entirely satisfied, but only 6 offenders (of 152) and 6 victims (of 216) were dissatisfied overall with JRC conferencing - dissatisfaction revolved around disputes about the offence or difficulties in communication. I would argue that the current criminal justice system for adults is impoverished in terms of not providing enough opportunities to help offenders to desist (reduce/stop offending) so conferencing may provide a ‘boost’ to offenders deciding to start changing their lives, through supporting that decision and mobilising potential resources to address offending-related behaviour."

In ihrem siebenjährigen Forschungsprojekt, das vier Berichte über Restorative Justice (bei schwerer Kriminalität von Erwachsenen) generierte, kam Joanna Shapland (Ministry of Justice 2011) zu folgenden Ergebnissen:

"The majority of victims chose to participate in face-to-face meetings with the offender, when offered by a trained facilitator; 85% of victims who took part were satisfied with the process; RJ reduced the frequency of re-offending, leading to £9 savings for every £1 spent on restorative justice. Expert independent criminologists Professor Lawrence Sherman and Dr Heather Strang state that the reduction in the frequency of re-offending found in this research was 27% - that's 27% less crime, 27% fewer victims following RJ. - Alongside the Sentencing Green Paper in December 2010 the Government published their own further analysis of the data behind the Shapland reports, quantifying the size of the reduction in the frequency of re-offending following RJ as 14%."

Was unterscheidet die Normvalidierung durch Restorative Justice von der durch Strafe? Vor allem konzentriert sich die Bearbeitung der Straftat nicht auf den Täter, sondern auf die gesamte Situation, wenn nicht sogar auf die den Konflikten zugrundeliegenden Strukturen (transformative justice). Das impliziert zugleich eine Entwicklung von der formalen Gleichheitsorientierung (alles über einen Kamm scheren) zur prinzipienorientierten Problemlösung (Kohlberg). Es impliziert eine Wertschätzung der Opfer und der Täter wie auch der sonst noch Betroffenen. Es geht um Aufarbeitung statt Aburteilung, um reintegrative Beschämung und gemeinsame Unterstützung von Geschädigten und Schädigern bei gemeinsamer Einforderung und Ermöglichung der Übernahme von Verantwortung. Auch in einem solchen Prozess werden Normen validiert, die geschieht dies auf nicht-punitive Art: nicht autoritär-plakativ für ein unbeteiligtes Massenpublikum, sondern konkret und nachhaltig für alle Beteiligten.

Die strafende Vernunft stellt im Grunde immer nur drei Fragen: Welches Gesetz wurde verletzt? Wer hat es getan? Wie ist er zu bestrafen? Man könnte aber auch fragen, wie es bei der Restorative Justice der Fall ist: Who has been hurt? What are their needs? What has to be done? Auch hier wird nach der Verantwortung des Täters gefragt, doch erfolgt dies im Kontext gemeinsamer Reflexion und nicht als Verurteilung durch eine abgehobene Autorität, die sich in dem Prozess vor allem selbst glorifiziert wissen will.

Dies setzt freilich nicht nur eine demokratische, sondern eine selbstbewusste und gestaltungsbereite Gesellschaft voraus. Man kann an Norwegen denken und an die spezielle Reaktion der Norweger auf den Massenmord von Utoya. Die gesellschaftliche Aufarbeitung erfolgt durch die Betonung der positiven Werte der norwegischen Gesellschaft, nicht durch Aufrufe zu einer besonders grausamen Bestrafung des Täters. Dass er entweder in die Psychiatrie oder ins Gefängnis kommen wird, dass also punitive Reaktionen der einen oder anderen Art nicht ausbleiben werden, ist zwar richtig. Dennoch finden sich in Norwegen Elemente einer horizontalen Normvalidierung, die richtungweisend sein könnte und die an Friedrich Nietzsches (1887/1954: 814) Antizipation einer selbstbewußten und machtbewußten Gesellschaft und ihrer Art des Umgangs mit Abweichung denken lässt: „Es wäre ein Machtbewusstsein der Gesellschaft nicht undenkbar, bei dem sie sich den vornehmsten Luxus gönnen dürfte, den es für sie giebt, - ihren Schädiger straflos zu lassen."


Offene Fragen

Nicht-punitive Normvalidierung ist grundsätzlich möglich und praktikabel. Sie könnte die Methode der Wahl sein, die allen anderen vorzuziehen wäre - aber vielleicht bedürfte es des Strafjustizsystems noch weiterhin, um sich der Fälle anzunehmen, die aus diesem oder jenem Grunde für nicht-punitive Aufarbeitungen nicht geeignet sind. Welche Fälle könnten das sein?

Opfer müssen das Recht haben, nicht selbst noch eigene Zeit und Energie und Nerven in die Aufarbeitung eines Delikts zu investieren, durch das sie verletzt wurden. Wer von wildfremden Menschen überfallen wurde, will sicherlich in vielen Fällen aus guten Gründen keine Beziehung zu den Tätern aufbauen (müssen). Aber auch Täter müssen das Recht haben, sich einfach nur bestrafen zu lassen, wenn sie der komplexen Aufarbeitung nichts abgewinnen können. In all solchen Fällen wäre eine subsidiäre Zuständigkeit der Strafjustiz eine Art "Plan B".

Nils Christie plädiert deshalb sogar für die Beibehaltung gut funktionierender Strafgerichte: "well functioning penal courts are essential to protect some of the basic principles in mediation, particularly its non-compulsive nature. Sometimes it is impossible to get the parties to meet. Some would not dare to meet those they might have harmed. Some harmed people would not accept meeting those who are supposed to have done it. And some might insist in continuing what society in general saw as harmful behaviour. Mediation can not take place in such cases."

Ruth Morris (1999: 12) hat darauf hingewiesen, dass die Wiederherstellung früherer Verhältnisse - das erklärte Ziel von Restorative Justice - jedenfalls dann nicht unbedingt wie ein attraktives Ziel erscheinen kann, wenn die Verhältnisse, die geherrscht hatten, als die Tat begangen wurde (und aus denen sie vielleicht entstand), durch Ungerechtigkeit und Unterdrückung gekennzeichnet gewesen waren.

"When we live in an unjust society, restoring that unjust situation is sacrilege. Instead, we are called to transform!"

Literatur

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