Spezialprävention


Die Theorie der Spezialprävention ist eine Straftheorie bzw. eine Zwecktheorie, d.h. sie versucht die Verhängung einer Freiheitsstrafe durch den Staat anhand verschiedener Vollzugsziele zu rechtfertigen. Bei den Straftheorien ist zwischen den absoluten und den relativen Theorien zu unterscheiden. Während die ersten die Verhängung einer Strafe durch den in Straftat enthaltenen Unrechtsgehalt rechtfertigen und sich deswegen eher auf einen retributiven Gedanken stützen, spielt bei den zweiten (auch Zwecktheorien genannt) der Zweck der Strafe eine Zentrale Rolle, wobei der Eingriff des Strafrechts nur dann gerechtfertigt ist, wenn durch das Übel - seine Ankündigung, Verhängung oder reale Zufügung - bestimmte, der Verbrechensvorbeugung dienende Zwecke erstrebt werden (weil eine Zweckgelöste Übelzufügung sinnwiedrig ist).(Maurach/Zipf, Strafrecht AT, §6I Rn.5)

Laut Theorie der Spezialprävention ist es die Funktion der Strafe den Täter von weiteren Straftaten abzuhalten, dabei ist die Strafe nicht an einen potentiellen Täter, sondern an den konkreten individualisierten schon bestraften Täter gerichtet - die Theorie der Spezialprävention hat ihr "Wirkungsmomentum" a posteriori, d.h. nachdem der Täter die Rechtsordnung schon gebrochen hat. Der spzialpräventive Zweck der Strafe kann auf verschiedene zwei verschiedene Weisen erreicht werden, entweder durch negative (repressive) oder positive (Integrations und sozialisierungsfördernde) Methoden:

Negative Spezialprävention (Indivuduelle Abschreckung):

Dadurch dass dem Täter ein Leid angetan wird (Freiheitsentzug), verhindert man dass er in Zukunft rückfällig wird weil er die wiederholung dieses Leids verhindern will. Dadurch dass der Täter die Strafe "absitzt", hat er die Möglichkeit sich des Unrechtsgehalts der Tat bewusst zu werden und auf diese Weise zurück in die Legalität finden.

Positive Spezialprävention (Die Resozialisierung des Täters):

Mit dem Vollzug der Strafe und der Anwendung sog. Maßnahmen der Besserung wird angestrebt, den Täter im Wege der Sozialisierung (wieder) in die Gesellschaft zu intergrieren. (Otto, Grundkurs Strafrecht, Allgemeine Strafrechtslehre, S.14)

Rechtsprechung--> BVerfG (E=35, 202,235f.=Lebach-Urteil) Urteil was der die lebenslämgliche Freiheitsstrafe ausgesetzt hat und ein Anspruch auf Resozialisierung bejaht --> BVerfG - 45, 187, 239f.)

Kritik: Man müsste einen Täter so lang gefangen halten bis er wieder sozialisierungsfähig wäre.(Roxin, Seite 77f.)

Einer der bedeutesten Verfechter der Theorie der Spezialprävention war Franz von Liszt. Seine Forderungen nach einem Zweckgedanken im Strafrecht fanden weitere Anhänger und wurden von der von ihm gegründeten "soziologischen" Strafrechtsschule weiterentwickelt. In seinem 1882 erschienem Marburger Programm verteidigte er die Spezialpräventive Behandlung und teilte sie nach drei Tätertypen auf:

1) Die Unschädlichmachung der weder abzuschreckenden noch zu bessernden Gewohnheitsverbrechern (Die allgemeinheit (Gesellschaft) wird durch die Einsperrung des Täters gesichert )

2) Abschreckung der bloßen Gelegenheitsverbrechern (Der Täter wird von der Begehung weiterer Straftaten abgeschreckt)

3) Besserung der Besserungsfähigen (Durch Besserung wird der Täter wieder "geheilt")

Die bis in die Gegenwart erstreckende Bedeutung Liszts liegt vor allem darin, daß er als Erster Verbrechen und Strafe als Erscheinung der Wirklichkeit, als Phänomen des sozialen Lebens und des einzelmenschlichen Schicksals deutet und damit den Brückenschlag zwischen Strafrecht und Kriminologie ermöglicht, die bis dahin einander abgewandt dagestanden hatten. ((Maurach/Zipf, §6I, Rn.28)

Eine der modernere, den heutigen Zuständen Umformulierung der leitenden Ideen des Marburger Programms liefern Baumann/Weber/Mitsch (Strafrecht AT, §3, Rn.39 ff.). Sie unterscheiden zwischen:

1. den Straftätern die von der Generalprävention von vornherein nicht erfasst werden, weil sie infolge seelischer Störungen durch die Strafdrohung nicht beeinflussbar sind, sei es wegen fehlender Unrechtseinsicht z.B. Geisteskrankheit oder wegen - trotz vorhandener Unrechtseinsicht - fehlender Steuerungsfähigkeit z.B. Triebtäter. Da diese Tätergruppen Schuldunfähig sind wäre eine Bestrafung unter Berufung des Schuldprinzips wie sie die absoluten Straftheorien anprangern nicht möglich. Bleiben solche Täter nach der Begehung der Tat gefährlich (was meistens der Fall ist), so werden Maßregeln der Besserung oder Sicherung angeordnet, etwa Unterbringung in einem psychatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsantsalt. Die 1933 als "zweite Spur" ins StGB eingeführten Maßregeln, sind ausschliesslich Instrumente der Spezialprävention und basieren primär auf die schon aus dem Marburger Programm bekannten Zielen der Besserung durch Heilung oder, falls diese nicht möglich ist, Sicherung der Gesellschaft.