Bindungstheorie: Unterschied zwischen den Versionen

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PAULUS bezieht sich in einer Arbeit '(Entwicklungs-)Psychologische Erklärungsansätze zur Genese einer extrem gewalttätigen Persönlichkeit' aus dem Jahr 1998 auf desorganisierte Muster. Er schildert Aggression (aggressive Phantasien, spontan aggressive Verhaltensbereitschaften) als wesentliches Ergebnis einer Desorganisation von Bindung. Er beschreibt Übereinstimmungen zwischen den familiären Lebensumständen interviewter Gewaltstraftäter und solchen Lebensbedingungen, die geeignet sind, Desorganisation von Bindung zu begünstigen (besonders: abweisendes Elternverhalten). Er weist darauf hin, dass die von ihm beschriebenen Serientäter auch keine Chance hatten, in späteren Lebensphasen günstigere Bindungserfahrungen zu machen.
PAULUS bezieht sich in einer Arbeit '(Entwicklungs-)Psychologische Erklärungsansätze zur Genese einer extrem gewalttätigen Persönlichkeit' aus dem Jahr 1998 auf desorganisierte Muster. Er schildert Aggression (aggressive Phantasien, spontan aggressive Verhaltensbereitschaften) als wesentliches Ergebnis einer Desorganisation von Bindung. Er beschreibt Übereinstimmungen zwischen den familiären Lebensumständen interviewter Gewaltstraftäter und solchen Lebensbedingungen, die geeignet sind, Desorganisation von Bindung zu begünstigen (besonders: abweisendes Elternverhalten). Er weist darauf hin, dass die von ihm beschriebenen Serientäter auch keine Chance hatten, in späteren Lebensphasen günstigere Bindungserfahrungen zu machen.


Ein ganz anderer Ansatz einer Verbindung zur Kriminologie könnte sich aus entwicklungspsychologischen Überlegungen zur Entwicklung von "Moral" und Normverständnis ergeben: Dazu vorliegende Stufenmodelle (vgl. HEIDBRINK 1991) gehen mindestens implizit davon aus, dass die Entwicklung moralischer Urteilskraft eng zusammenhängt mit der Beziehungsqualität zu emotional bedeutsamen erwachsenen Bezugspersonen. Eine Annahme wäre dann, dass Kinder, die keine Beziehung solcher Qualität finden, Schwierigkeiten haben, Normen anzuerkennen.


Ein ganz anderer Ansatz einer Verbindung zur Kriminologie könnte sich aus entwicklungspsychologischen Überlegungen zur Entwicklung von 'Moral' und Normverständnis ergeben: Dazu vorliegende Stufenmodelle (vgl. HEIDBRINK 1991) gehen mindestens implizit davon aus, dass die Entwicklung moralischer Urteilskraft eng zusammenhängt mit der Beziehungsqualität zu emotional bedeutsamen erwachsenen Bezugspersonen. Eine Annahme wäre dann, dass Kinder, die keine Beziehung solcher Qualität finden, Schwierigkeiten haben, Normen anzuerkennen.
====Die Sicht der Kriminologie====
Bindung ist nach dem Konzept der Bindungstheorie ein personengebundenes, individuell unterschiedlich ausgeprägtes Merkmal, das Verhaltensbereitschaften in bestimmten Situationstypen vorbahnt. Auf Seiten der Kriminologie kann es dann von Interesse sein, wenn es darum geht, abweichendes Verhalten aus interindividuellen Unterschieden zu erklären.
 
Das betrifft etwa Sutherlands ''Theorie der differentiellen Assoziation'', wenn er davon ausgeht, dass die familiären Beziehungen besonders wichtige Kontakte ggf. für das Erlernen abweichenden Verhaltens sind. Das betrifft ebenso Hirschis ''Kontrolltheorie'', in der er davon ausgeht, dass Bindung in der Lage sei, ein Individuum von kriminellem Handeln abzuhalten. Hirschi und Gottfredson gehen in ihrer ''General Theory of Crime'' davon aus, dass vor allem "parenting" geeignet sei, die "criminology" des Kindes so einzudämmen, dass es zu keinem kriminellen Verhalten kommt. Auch hier lässt sich annehmen, dass Operationalisierungen des "parenting"-Begriffs nicht ohne Aspekte elterlichen Bindungsverhaltens auskommen können. Schließlich ist in der ''General Strain Theory'' eine deutliche Ähnlichkeit des Konzeptes der Belastungen mit den Merkmalen zu erkennen, die laut Bindungstheorie das Bindungssystem aktivieren (insbesondere: Verlust als Belastung).
 
Es lässt zwar für keine der hier angeführten Theorien belegen, dass die Autoren jeweils den
exakten verhaltensbiologischen Bindungsbegriff meinen, wenn sie von "Bindung" bzw. "attachment" sprechen. Die Nähe zu diesem Bindungsbegriff ergibt sich aber aus den jeweiligen Zusammenhängen.


====Die Sicht der Kriminologie====
Auf Seiten der Kriminologie arbeiten Theorien mit der Annahme, dass Bindung in der Lage sei, ein Individuum von kriminellem Handeln abzuhalten (Hirschis "social bonds", zu denen er auch "attachment to others" rechnet; zu fragen wäre, ob er hier den exakten verhaltensbiologischen Bindungsbegriff meint). Hirschi und Gottfredson gehen in ihrer General Theory of Crime davon aus, dass vor allem "parenting" geeignet sei, die "criminology" des Kindes so einzudämmen, dass es zu keinem kriminellen Verhalten kommt. Auch hier lässt sich annehmen, dass Operationalisierungen des "parenting"-Begriffs nicht ohne Aspekte elterlichen Bindungsverhaltens auskommen können. Schließlich ist in der General Strain Theory eine deutliche Ähnlichkeit des Konzeptes der Belastungen mit den Merkmalen zu erkennen, die laut Bindungstheorie das Bindungssystem aktivieren (insbesondere: Verlust als Belastung).


====Mögliche Forschungsinteressen====
====Mögliche Forschungsinteressen====
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