Der Begriff Substitution

Aus medizinischer Sicht bedeutet Substitution (lat. substituere-ersetzen) den chemischen Ersatz von Atomen oder Atomgruppen einer bestimmten Verbindung durch andere Atome oder Atomgruppen. Diese nennt man Substituenten. In Bezug auf die Sucht nach Opiaten, z.B. Heroin, Morphin, bedeutet Substitution die regel- und planmäßige Behandlung des Süchtigen mit dem Ersatzsuchtstoff unter ärztlicher Aufsicht. Die Ersatzsuchtstoffe wirken durch ihre veränderte chemische Beschaffenheit Entzugssymptomen wie Zittern, Schwitzen, Halluzinationen etc. entgegen und vermindern das starke Bedürfnis nach dem Stoff, nach dem die Betroffenen eigentlich süchtig sind, d.h. die stoffliche Abhängigkeit wird von einem Suchtstoff auf einen artverwandten, aber weniger schädlichen umgelenkt.


In Deutschland angewandte Substitutionsmittel

Methadon

Seit 1986 wird Methadon (Wirkstoff Levomethadon/Dextromethadon) zur Heroinsubstitution eingesetzt. Das in Deutschland bekannteste Substitutionsmittel ist sowohl als Trinklösung als auch in Tablettenform (Methaddict) erhältlich.Es besteht zu gleichen Anteilen aus sog. rechts-und linksdrehenden Wirkstoffanteilen, jedoch nur die linksdrehenden werden an den Opiatrezeptoren des Gehirns aktiv wirksam. Die Wirkung des Methadons tritt nach ca. 30 Minuten ein und hält ca. 24 Stunden,sie ist jedoch weniger intensiv als die des Heroins, d.h.der "Flash" oder "Kick", wie man den akuten Rauschzustand szenetypisch nennt, bleibt aus. Durch die rechtsdrehenden Wirkstoffanteile kann es häufig zu Nebenwirkungen wie vermehrtem Schwitzen, Schwindel, Übelkeit, Schweregefühl in Armen und Beinen etc. kommen. Methadon ist geeignet für Langzeitabhängige mit Dextromethadonverträglichkeit.

L-Polamidon

L-Polamidon-Lösung (Wirkstoff Levomethadonhydrochlorid)wird als Reinform des Methadons seit 2001 zur Substitution eingesetzt. Es besteht zu 100% aus dem aktiv wirkenden linksdrehenden Wirkstoffanteil und wird daher vom Körper vollständig verwertet. Nach oraler Zuführung tritt die Wirkung nach ca. 30 Minuten ein und hält für ca.36 Stunden an. Der stabilere Wirkspiegel vermindert erheblich den Suchtdruck, weshalb sich viele Betroffene besser fühlen. Zudem ist die Verträglichkeit von L-Polamidon im Allgemeinen günstiger, denn Nebenwirkungen wie z.B. Schwitzen und Übelkeit, die durch Dextromethadon (siehe a) hervorgerufen werden, bleiben aus. Die Polamidonsubstitution eignet sich für Betroffene mit Dextromethadonunverträglichkeit sowie für Betroffene mit schweren Erkrankungen wie Hepatitis, AIDS und Depressionen.


Buprenorphin

Buprenorphin wird unter dem Handelsnamen SUBUTEX seit Februar 2000 zur Substitution eingesetzt und sind als Sublingualtabletten erhältlich.Der Wirkstoff Buprenorphin dockt an die Rezeptoren im Gehirn an, die Euphorie auslösen und hemmt jene, die Depressivität hervorrufen. Bei Ersteinnahme kommt es nach ca. 2-4 Stunden zum Wirkungseintritt, die Wirkungsdauer beträgt je nach Dosierung 1-3 Tage. Aufgrund der längeren Wirkungsdauer im Vergleich zu Methadon/Polamidon kann die Einnahme alle 2-3 Tage ausreichend sein. Buprenorphin wirkt außerdem weniger stark, verursacht weniger Nebenwirkungen und ist allgemein sehr gut verträglich. Die Abdosierung wird von den Betroffenen häufig als einfacher als unter Methadon/Polamidon empfunden. Buprenorphin ist geeignet für Lang-und Kurzzeitabhängige, Betroffene mit Methadonunverträglichkeit, sowie für Schwangere und Betroffene mit schweren psychischen Begleiterkrankungen.


Ziele der Substitution

Ein drogenfreies Leben

Das primäre Ziel der Substitution ist es, dem Drogensüchtigen durch sukzessives Abdosieren des jeweiligen Ersatzstoffs in ein "normales" und geregeltes Leben zurück zu verhelfen. Viele Substituierte sind, vorausgesetzt die Vorgaben der Therapie und die Anweisungen des behandelnden Arztes werden eingehalten, nach und nach wieder fähig, einer Arbeit nachzugehen, am sozialen Leben teilzunehmen, verschiedene Hobbies aufzunehmen und sich ggf. wieder verstärkt um ihre Kinder zu kümmern.Ideal ist die Therapie verlaufen, wenn an ihrem Ende die völlige Freiheit von Drogen steht.

Vermiderte Gefahr für die Gesundheit

Ein weiteres Ziel liegt in der Reduzierung von Gesundheitsrisiken, wie sie beispielsweise durch verunreinigte/gestreckte Drogen, mehrmals gebrauchte Injektionskanülen und eine unhygienische Umgebung entstehen. Die Substitutionsmittel sind pharmazeutisch hergestellte und kontrollierte Produkte, durch deren orale Einnahmeform Gefahren wie HIV-Infektionen, Venenentzündungen etc. vermieden werden können.

Weg von Beschaffungskriminalität und Prostitution

Als drittes Ziel der Substitution ist folgende Tatsache zu bewerten: Die Betroffenen bekommen von ihrem Substitutionsarzt regelmäßig ein verschriebenes, legales Produkt.Daher hat die Substitution für viele Betroffene den Wegfall des illegalen Konsums und des Drogenbeschaffungsdrucks, der meist mit strafbaren Handlungen wie z.B. Diebstahl, Hehlerei und/oder Prostitution einhergeht, zur Folge.



Literatur

-PSCHYREMBEL, Klinisches Wörterbuch:259. Auflage, 2002, S.1609

-Diakonisches Werk: "Drogenberatung-Substitution", [1], Stand 2004

-Substitutionshandbuch:"Ein Leitfaden für betroffene DrogengebraucherInnen", JES Osnabrück e.V., 2.Auflage, Juli 2002

-Drogen auf Rezept?"Legale Drogen" oder Rückweg ins Leben, http://www.medizin.de, Stand 2006

-Substitutionsmittel, http://www.safer-use.de, Stand 2006/2007

-Überlebenschance Substitution, "Erfahrungsberichte", Broschüre des Bundesverbands der Eltern und Angehörigen für akzeptierende Drogenarbeit e.V., [http://www.indro-online.de ]