SUBUTEX

Aus Krimpedia – das Kriminologie-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

SUBUTEX als Substitutionsmittel

Der Wirkstoff von SUBUTEX, Buprenorphin, wurde in den USA ursprünglich unter dem Handelsnamen TEMGESIC zur Behandlung chronischer Schmerzen (postoperative Schmerzen, auch zur Behandlung von Krebs und Tumoren) bzw. zur Behandlung der Parkinsonkrankheit entwickelt und existiert bereits seit 30 Jahren. Die Münchner Firma Essex Pharma GmhH hat im Februar 2000 aufgrund der Tatsache, dass es sich bei Buprenorphin um ein synthetisches Opiat handelt, Buprenorphin-Sublingual-Tabletten als Alternative zu Methadon und L-Polamidon zur Substitutionsbehandlung unter dem Handelsnamen SUBUTEX auf den Markt gebracht. Erhältlich sind die Tabletten mit einem Wirkstoffgehalt von 0,4 mg (28 Stck. für 22,31 €), 2 mg (28 stck. für 35,02 €) und 8 mg (28 Stck. für 110,52 €, Stand der Preise:Oktober 2007).


Rechtliche Einordnung

SUBUTEX, bzw.Buprenorphin ist ein verschreibungspflichtiges Betäubungsmittel, d.h. es ist zwar ein legaler Ersatzstoff, bedarf jedoch der Verschreibung und Verabreichung durch einen Arzt gem. §5 der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV).Zudem darf eine Substitutionsbehandlung mit SUBUTEX nur von einem Arzt durchgeführt werden, der durch eine Zusatzausbildung zur Substitution ermächtigt ist (§ 5 Abs.2, Nr. 6 BtMVV).Buprenorphin entfällt als synthetisch hergestelltes Opiat unter die Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG), Anlage III, folglich sind illegaler Handel, Besitz und Erwerb strafbar.


Anwendung und Wirkung von SUBUTEX

Bei sublingualer Einnahme von SUBUTEX, d.h. sie werden unter die Zunge gelegt, bis sie sich nach ca.10 Minuten aufgelöst haben, gelangt der Wirkstoff über die Mundschleimhäute direkt ins Blut.Werden die Tabletten verschluckt,so werden sie im Magen verdaut und können somit keine Wirkung mehr entfalten. Der Wirkstoff Buprenorphin besetzt die für die Produktion von endogenen Opioiden (Endorphin und Enkephalin, im Volksmund auch "Glückshormone" genannt) zuständigen Opiatrezeptoren im Bereich des Hypothalamus. Diese Opiatrezeptoren tragen an ihrer Zelloberfläche Strukturen, die mit einer Art Schlüsselloch vergleichbar sind. Den Schlüssel stellen nun die Opiate dar, die in das Schlüsselloch hineinpassen. Wenn diese Rezeptoren bei einer heroinsüchtigen Person durch Zuführung von Heroin besetzt werden, entsteht der Rauschzustand, der "Flash", der mit dem Abbau des Heroins rasch wieder verflacht.Das Buprenorphin bewirkt nun eine Verdrängung des (Rest-)Heroins bzw. anderer Opiate von diesen Rezeptoren bzw. dockt es an die freien Rezeptoren an. Es können sich zu Beginn der Substitutionsbehandlung kurzzeitig Entzugssymptome einstellen, weil die noch am Rezeptor vorhandenen Opiate verdrängt und nicht alle gleich vollständig wieder besetzt werden. Wenn alle Rezeptoren besetzt sind, verschwinden die Entzugssymptome und der Betroffene fühlt sich wieder gut. Die Vorteile von SUBUTEX im Vergleich zu Methadon liegen besonders in der langanhaltenden Wirkung, dem niedrigeren Suchtpotenzial sowie weitaus geringeren Nebenwirkungen (z.B. Schwitzen, Schlafstörungen, Depressionen etc.).Aus diesen Gründen wird auch die Abdosierung von den Betroffenen generell als einfacher und weniger quälend als unter Methadon empfunden. Generell beschreiben mit SUBUTEX substituierte Personen ihren körperlichen und psychischen Zustand als "enorm verbessert".

Für viele opiatabhängige Menschen, die sich einen Weg aus der Sucht wünschen, ist die Behandlung mit SUBUTEX durch einen speziell ausgebildeten Arzt äußerst erfolgversprechend. Dennoch führt die suchtfördernde Wirkung und das hohe Abhängigkeitspotenzial von SUBUTEX oftmals zu gefährlichen Missbrauchsfällen in der Anwendung (z.B.Mischkonsum mit anderen Drogen/Alkohol, Pulverisieren und Schniefen der Tabletten, Auflösen der Tabletten in Flüssigkeit mit anschließender Injektion). Weiterhin kommt es im Zusammenhang mit SUBUTEX immer wieder zu strafbaren Handlungen bzgl. Handel, Besitz und Erwerb, die den Bestimmungen des BtMG unterliegen.Und nicht zu vergessen sind die Personen, die sich von illegalen Geschäften mit SUBUTEX große Profite erhoffen, indem sie die Tabletten zu hohen Preisen an Drogenabhängige verkaufen.

Es hat sich in der Folge der vergangenen Jahre mit wachsendem Bekanntheitsgrad von SUBUTEX seit seiner Zulassung in einigen Teilen Deutschlands bereits ein nicht mehr aufzuhaltender Schwarzmarkt gebildet.


Die Entwicklung eines SUBUTEX-Schwarzmarkts im deutsch-französischen Grenzbereich

Die Lage in Frankreich

Der Erwerb von SUBUTEX ist in Frankreich sehr viel einfacher als in Deutschland. Denn in Frankreich wird SUBUTEX nicht wie in Deutschland als Betäubungsmittel, sondern als gewöhnliches Medikament eingestuft. Es kann daher von jedem Allgemeinmediziner an Abhängige verschrieben werden, die es dann auf Rezept in jeder Apotheke -i.d.R. Packungen mit 7 Tabletten- erhalten (die Dosierung ist gleich der in Deutschland). Strenge Auflagen, wie sie in Deutschland bezüglich der Erfassung als Substitutionspatient, der kontrollierten Abgabe von SUBUTEX und der Aufsicht eines spezialisierten Arztes obligatorisch sind, existieren in Frankreich nicht. Zudem erlaubt das französische Gesundheitssystem es den SUBUTEX-Gebrauchern bislang, kurz hintereinander verschiedene Ärzte zu konsultieren und jedes Mal ein Rezept -auch für mehrere Packungen- zu bekommen. Auf diese Weise können also mehrmals in Folge hohe Verschreibungsmengen in verschiedenen Apotheken abgeholt werden. Und dies ist bislweilen nicht illegal.

Die Entstehung des Schwarzmarkts

Für viele abhängige Personen hat sich aufgrund fehlender arznei-und betäubungsmittelrechtlicher Bestimmungen und nichtexistierender Auflagen auf französischer Seite das Angebot eines lukrativen Geschäfts mit SUBUTEX ergeben: es werden hohe Verschreibungsmengen eingestrichen und die "überschüssigen" Tabletten u.a. im angrenzenden Ausland weiterveräußert. Seitens deutscher und französischer Drogenberatungsstellen wurde bereits ein rapide ansteigender Absatz registriert, welcher den Rückschluss auf eine neue Form des Schwarzmarkts zulässt. Dabei stehe laut des staatlichen Gesundheitsamts Frankreichs das Elsass, das sich in unmittelbarer Grenzlage zu Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland befindet, beim SUBUTEX-Verkauf an erster Stelle der französischen Regionen. Französische Staatsbürger, die mit großen Mengen SUBUTEX nach Deutschland einreisen, machen sich der illegalen Einfuhr bzw. des unerlaubten Besitzes von BtM strafbar.

Dies war am Beispiel der Saarbrücker Innenstadt in der jüngsten Vergangenheit bei etlichen auffällig gewordenen französischen Staatsbürgern der Fall, die meist sehr große Mengen von SUBUTEX (zwischen 50 und 100 Tabletten) bei sich hatten, weswegen illegales Handeltreiben in Betracht kommen durfte. Sie wurden durch die Polizei bei Kontrollen oder bei direkten Verkaufshandlungen vorwiegend im Umkreis typischer Saarbrücker Drogenumschlagsplätze angetroffen. Ähnlich gelagert sind Berichte über derartige Sachverhalte aus Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz.

Im umgekehrten Fall reisen deutsche Drogenabhängige nach Frankreich ein, um SUBUTEX dort günstig zu erwerben. Die Drogenberatungsstelle in der badischen Grenzstadt Kehl am Rhein berichtet, dass auf dem Straßburger Schwarzmarkt eine SUBUTEX-Packung mit 7 Tabletten bereits für 20€ erhältlich ist.Auch diese Personen machen sich strafbar, sobald sie die deutsche Grenze passiert haben und unerlaubt SUBUTEX mitführen. Aufgrund dieser Erkenntnisse kann von einem gesteigerten, grenzüberschreitenden und illegalen Handel mit SUBUTEX gesprochen werden.

Sicherstellungsmengen der Jahre 2002 bis 2006

Mit der nachweislichen Erfassung von SUBUTEX-Delikten hat man im Jahr 2002 begonnen, als derartige Fälle gehäuft auffielen.

Nachfolgend werden die Mengen sichergestellter Tabletten in den am stärksten betroffenen Bundesländern tabellarisch aufgeführt. In den nicht explizit erwähnten Bundesländern lagen entweder keine oder nur eine sehr geringe Zahl von Erfassungen vor, daher keine genaueren Ausführungen.


Subutex1.jpg


(Im Zusammenhang mit den Sicherstellungsmengen ist anzumerken, dass im Jahr 2005 in Bayern in einem Einzelfall die Sicherstellung von 3.850 SUBUTEX-Tabletten registriert werden konnte. In Baden-Württemberg ergfolgte im Jahr 2006 in einem weiteren Einzelfall eine ebenfalls sehr große Sicherstellung von 1.547 Tabletten).

Für den genannten Zeitraum von 2002 bis 2006 ist hauptsächlich in den Bundesländern Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg eine als steigend zu bewertende Tendenz bzgl. der SUBUTEX-Delikte zu beobachten. Laut LKA Bayern sind die in Bayern ebenfalls steigenden Zahlen größtenteils durch illegale Einfuhr von SUBUTEX aus Frankreich zu erklären.

In den übrigen Bundesländern fand zwar in diesem Zeitraum wegen der geringen Sicherstellungsmengen keine gesonderte Registrierung statt, aber auch dort wird inzwischen auf eine steigende Zahl von SUBUTEX-Fällen hingewiesen. Es zeigt sich folglich die stärkste Betroffenheit der an Frankreich angrenzenden Bundesländer.

Literatur

  • Agence Francaise de Sécurité Sanitaire des Produits de Santé (AFSSPS): "Information sur le bon usage du SUBUTEX", 2003
  • BKA, PKS-Berichtsjahre 2005 und 2006, Rauschgiftkriminalität
  • Drogen auf Rezept? "Legale Drogen" oder Rückweg ins Leben, [www.medizin.de], 26.06.2006
  • Frank, Nicole: "Aktuelle Lage SUBUTEX", Informationsbroschüre der Landespolizeidirektion des Saarlandes, Februar 2005
  • Körner, Dr.Harald Hans, BtMG/AMG, C.H.Beck-Verlag, 5.Auflage 2001
  • Rote Liste 2006, Service-GmbH, Frankfurt am Main
  • Stroka, Damien:"Der Handel mit Ersatzdrogen floriert", Der Tagesspiegel, 28.09.2006
  • SUBUTEX:"Dix ans d´éxperience dans la substitution", Schering-Plough France, Jahrgang 2005
  • Tretter, Felix: "Ökologie der Sucht", Hogrefe Verlag 1998
  • Substitutionshandbuch: "Ein Leitfaden für betroffene DrogengebraucherInnen", JES Osnabrück e.V., 2.Auflage, Juli 2002