Kriminalpolitik und Rechtsstaat: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Rechtsstaat ist ein guter Deal. Bürger verzichten auf gewaltsame Selbsthilfe und ordnen sich dem Gesetz unter. Dafür beschränkt auch der Staat seine Macht über den Bürger und setzt seine Gewalt nur noch sparsam ein. Im Idealfall nur zum Schutz der Bürger gegen illegal agierende Individuen oder Kollektive. Und nur zur Garantie von Recht und Freiheit. Die Folge: ein niedriges Gewaltniveau, Frieden und ein gewisser Wohlstand. Die Länder mit einem hohen Maß an Rechtsstaatlichkeit, bzw. rule of law, sind denn auch diejenigen mit den wenigsten Tötungsdelikten.
==Der Rechtsstaat ist ein guter Deal==
 
Bürger verzichten auf gewaltsame Selbsthilfe und ordnen sich dem Gesetz unter. Dafür beschränkt auch der Staat seine Macht über den Bürger und setzt seine Gewalt nur noch sparsam ein. Im Idealfall nur zum Schutz der Bürger gegen illegal agierende Individuen oder Kollektive. Und nur zur Garantie von Recht und Freiheit. Die Folge: ein niedriges Gewaltniveau, Frieden und ein gewisser Wohlstand. Im Rechtsstaat sorgen Gesetze, Polizei und Justiz dafür, dass es in der Gesellschaft friedlich zugeht. Nicht nur die Sozialpolitik, sondern auch die Kriminalpolitik sorgt für ein friedliches Miteinander. In funktionierenden Rechtsstaaten gibt es nur wenig Kriminalität. Tötungsdelikte sind selten. Zugleich wendet aber auch die Staatsgewalt nur selten unmittelbaren Zwang an. Einzelne Fälle von Korruption, Erpressung oder gar außergerichtlichen Tötungen durch Staatsdiener kennt man im Rechtsstaat nur als absolut außergewöhnliche Skandale. Die Länder mit einem hohen Maß an Rechtsstaatlichkeit, bzw. rule of law, sind denn auch diejenigen mit den wenigsten Tötungsdelikten.


Das zeigt schon ein Blick auf den [https://en.wikipedia.org/wiki/World_Justice_Project Rule of Law Index] einerseits und die Homizid-Raten der betreffenden Länder andererseits.  
Das zeigt schon ein Blick auf den [https://en.wikipedia.org/wiki/World_Justice_Project Rule of Law Index] einerseits und die Homizid-Raten der betreffenden Länder andererseits.  
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[https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_intentional_homicide_rate#UNODC.27s_global_study Homicides], bzw. [https://es.wikipedia.org/wiki/Anexo:Pa%C3%ADses_por_tasa_de_homicidio_intencional homicidios]. Wenn es denn schon Herrschaft geben muss (was natürlich zu diskutieren wäre), dann ist der Rechtsstaat so etwas wie ihre ideale Form.  
[https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_intentional_homicide_rate#UNODC.27s_global_study Homicides], bzw. [https://es.wikipedia.org/wiki/Anexo:Pa%C3%ADses_por_tasa_de_homicidio_intencional homicidios]. Wenn es denn schon Herrschaft geben muss (was natürlich zu diskutieren wäre), dann ist der Rechtsstaat so etwas wie ihre ideale Form.  


Die Staaten mit geringer Rechtsstaatlichkeit haben Homizidraten von 57 (Venezuela); 12 (Bolivia); 63 (Honduras); 3,2; 6,5; 16,3; 11,3; 31,2; 5,9; 1,8 (Durchschnitt: ca. 21; Verhältnis 1:30).  
Die Staaten mit geringer Rechtsstaatlichkeit haben Homizidraten von 57 (Venezuela); 12 (Bolivia); 63 (Honduras); 3,2; 6,5; 16,3; 11,3; 31,2; 5,9; 1,8 (Durchschnitt: ca. 21; Verhältnis 1:30).


Gesetzwidriges Handeln seiner eigenen Organe erklärt der Rechtsstaat zu strafbarem Handeln, also zu Kriminalität, die zu bekämpfen er sich verpflichtet hat. Diese Art der Kriminalität ist allerdings nicht so leicht zu verfolgen wie die normale Straßenkriminalität, da hier Staatsdiener gegen Staatsdiener antreten müssen, mit denen sie ein Band der Solidarität, die Vermutung der Rechtmäßigkeit des Gewalteinsatzes und nicht zuletzt ein Korpsgeist verbindet. Im Rechtsstaat sorgen Gesetze, Polizei und Justiz dafür, dass es in der Gesellschaft friedlich zugeht. Nicht nur die Sozialpolitik, sondern auch die Kriminalpolitik sorgt für ein friedliches Miteinander. In funktionierenden Rechtsstaaten gibt es nur wenig Kriminalität. Tötungsdelikte sind selten. Zugleich wendet aber auch die Staatsgewalt nur selten unmittelbaren Zwang an. Einzelne Fälle von Korruption, Erpressung oder gar außergerichtlichen Tötungen durch Staatsdiener kennt man im Rechtsstaat nur als absolut außergewöhnliche Skandale.  
Tödliche Gewalt der Polizei gegen Bürger ist in gut funktionierenden Rechtsstaaten eine seltene Ausnahme. [http://www.schusswaffeneinsatz.de/Statistiken_files/Statistiken.pdf In Deutschland pro Jahr zwischen 3 und 21 Opfer], der Durchschnitt liegt bei etwa 8).  


Der Rechtsstaat befindet sich allerdings in vielen Teilen der Welt in einer tiefen Krise. Vielerorts erodiert das staatliche Gewaltmonopol. An die Stelle des Staates treten konkurrierende Ordnungsformen der Gewalt. Manche sehen ein "neues Mittelalter" oder eine "kommende Anarchie" im Weltmaßstab, in der Staaten zerfallen und von Kämpfen zwischen Warlords, Banden oder verfeindeten Ethnien zerrissen werden - so wie heute etwa Südsudan, Libyen oder Afghanistan. Wo solche Zustände herrschen, kann sich niemand sicher fühlen. Die große Mehrheit der Menschen dort lebt in Furcht sowohl vor Kriminalität als auch vor der Willkür und dem Machtmissbrauch der jeweiligen Machthaber. Was die Menschen sich dort wünschen ist ein Leben in Sicherheit und Freiheit. Genaugenommen träumen sie - auch wenn sie den Begriff vielleicht nicht benutzen - von einem Leben im Rechtsstaat.  
Gesetzwidriges Handeln seiner eigenen Organe erklärt der Rechtsstaat zu strafbarem Handeln, also zu Kriminalität, die zu bekämpfen er sich verpflichtet hat. Diese Art der Kriminalität ist allerdings nicht so leicht zu verfolgen wie die normale Straßenkriminalität, da hier Staatsdiener gegen Staatsdiener antreten müssen, mit denen sie ein Band der Solidarität, die Vermutung der Rechtmäßigkeit des Gewalteinsatzes und nicht zuletzt ein Korpsgeist verbindet.  


== Die Krise des Rechtsstaats ==
Der Rechtsstaat befindet sich allerdings in vielen Teilen der Welt in einer tiefen Krise. Vielerorts erodiert das staatliche Gewaltmonopol. An die Stelle des Staates treten konkurrierende Ordnungsformen der Gewalt. Manche sehen ein "neues Mittelalter" oder eine "kommende Anarchie" im Weltmaßstab, in der Staaten zerfallen und von Kämpfen zwischen Warlords, Banden oder verfeindeten Ethnien zerrissen werden - so wie heute etwa Südsudan, Syrien, Irak, Libyen oder Afghanistan. Wo solche Zustände herrschen, kann sich niemand sicher fühlen. Die große Mehrheit der Menschen dort lebt in Furcht sowohl vor Kriminalität als auch vor der Willkür und dem Machtmissbrauch der jeweiligen Machthaber. Was die Menschen sich dort wünschen ist ein Leben in Sicherheit und Freiheit. Genaugenommen träumen sie - auch wenn sie den Begriff vielleicht nicht benutzen - von einem Leben im Rechtsstaat.


In der Realität wird dieser Traum immer seltener Wirklichkeit. Zwei Tendenzen zeigen in die entgegengesetzte Richtung: das Aufkommen konkurrierender Gewaltordnungen in schwächelnden Staaten einerseits und der überstarke Sicherheitsstaat andererseits.
== Kriminalpolitik ==
== Kriminalpolitik ==



Version vom 3. Oktober 2017, 20:45 Uhr

Der Rechtsstaat ist ein guter Deal

Bürger verzichten auf gewaltsame Selbsthilfe und ordnen sich dem Gesetz unter. Dafür beschränkt auch der Staat seine Macht über den Bürger und setzt seine Gewalt nur noch sparsam ein. Im Idealfall nur zum Schutz der Bürger gegen illegal agierende Individuen oder Kollektive. Und nur zur Garantie von Recht und Freiheit. Die Folge: ein niedriges Gewaltniveau, Frieden und ein gewisser Wohlstand. Im Rechtsstaat sorgen Gesetze, Polizei und Justiz dafür, dass es in der Gesellschaft friedlich zugeht. Nicht nur die Sozialpolitik, sondern auch die Kriminalpolitik sorgt für ein friedliches Miteinander. In funktionierenden Rechtsstaaten gibt es nur wenig Kriminalität. Tötungsdelikte sind selten. Zugleich wendet aber auch die Staatsgewalt nur selten unmittelbaren Zwang an. Einzelne Fälle von Korruption, Erpressung oder gar außergerichtlichen Tötungen durch Staatsdiener kennt man im Rechtsstaat nur als absolut außergewöhnliche Skandale. Die Länder mit einem hohen Maß an Rechtsstaatlichkeit, bzw. rule of law, sind denn auch diejenigen mit den wenigsten Tötungsdelikten.

Das zeigt schon ein Blick auf den Rule of Law Index einerseits und die Homizid-Raten der betreffenden Länder andererseits. Der Rule of Law Index des World Justice Programs der American Bar Association gilt als

"the world’s most comprehensive data set of its kind and the only to rely solely on primary data, measuring a nation’s adherence to the rule of law from the perspective of how ordinary people experience it. These features make the Index a powerful tool that can help identify strengths and weaknesses in each country, and help to inform policy debates, both within and across countries, that advance the rule of law."

Er vergleicht Grade der Rechtsstaatlichkeit in verschiedenen Staaten. Es versteht unter Rule of Law eine Situation, in der

  1. the government and its officials and agents as well as individuals and private entities are accountable under the law
  2. the laws are clear, publicized, stable and just; are applied evenly; and protect fundamental rights, including the security of persons and property
  3. the process by which the laws are enacted, administered, and enforced is accessible, fair, and efficient, and
  4. justice is delivered timely by competent, ethical, and independent representatives and neutrals who are of sufficient number, have adequate resources and reflect the makeup of the communities they serve.

Kriterien: Effective investigations, Timely and effective adjudication, Effective correctional system, No discrimination or corruption, no improper government influence, but: Due process of law.

Rechtsstaatliche Kriminalpolitik zeichnet sich aus durch:

  1. Normative und faktische Garantie der Menschen- und Bürgerrechte gegenüber staatlichem Handeln (insbesondere von Polizei, Justiz und Militär)
  2. Normative Ächtung und faktische Verhinderung von Korruption und Machtmissbrauch durch Akteure in Legislative, Exekutive und Judikative (vom Präsidenten bis zum Polizisten)
  3. Zugang zum Recht für alle Bürger (von Beschwerdemöglichkeiten bis zu gerichtlicher Überprüfung staatlicher Akte und Entschädigungen)
  4. Gesetzliche und effektive Verfahren - also Ermittlungsverfahren, Strafverfahren und Strafvollstreckungsverfahren (insbesondere ohne Einmischung von Politik, Polizei, Militär; due process) sowie eine erfolgreiche Kriminalitätskontrolle mit legalen Mitteln (geringe Kriminalitätsbelastung, geringe Homizidraten, keine gewaltsame Selbsthilfe).

Was den Rechtsstaat insgesamt angeht, so sind die besten 10: Dänemark, Norwegen, Finnland, Schweden, Holland, Deutschland, Österreich, Neuseeland, Singapur, UK.

Staaten mit elaborierter kriminalpolitischer Rechtsstaatlichkeit:

  • 1-10: Finnland, Norwegen, Österreich, Singapur, Dänemark, Hong Kong, Holland, Schweden, Deutschland, United Kingdom
  • 11-20: Belgien, Australien, Neuseeland, VAE, Kanada, Tschechien, Südkorea, Antigua und Barbuda, Estland, Polen
  • 21-30: Japan, USA, Bahamas, Portugal, Slowenien, Grenada, Frankreich, St. Lucia, Italien und Spanien
  • 31-40: St. Vincent and the Grenadines, Barbados, Jordan, Uruguay, Romania, St. Kitts and Nevis, Chile, Georgia, Bosnia and Herzegovina, Dominica.

Staaten mit geringer kriminalpolitischer Rechtsstaatlichkeit:

  • 1-10: Venezuela, Bolivia, Honduras, Liberia, Afghanistan, Mexiko, Panama, Guatemala, Kamerun, Kambodscha
  • 11-20: Libanon, Nicaragua, Myanmar, Belize, Äthiopien, Russland, Bangladesch, Kirgistan, El Salvador, Dominikanische Republik
  • 21-30: Uganda, Serbien, Kolumbien, Peru, Guayana, Kenia, Sierra Leone, Ekuador, Zimbabwe, Philippinen
  • 31-40: Elfenbeinküste, Marokko, Pakistan, Indonesien, Moldawien, Brasilien, Ukraine, Madagaskar, Türkei, Trinidad und Tobago.

Die durchschnittliche Homizidrate beträgt global 6,9 pro 100 000 Bevölkerung. Die Staaten mit hoher Rechtsstaatlichkeit haben Homizidraten von 1,6 (Finnland); 0,56; 0,51; 0,25; 0,99; 0,3; 0,61; 1,15; 0,85; 0,92 (UK). Durchschnitt ca. 0,7 Homicides, bzw. homicidios. Wenn es denn schon Herrschaft geben muss (was natürlich zu diskutieren wäre), dann ist der Rechtsstaat so etwas wie ihre ideale Form.

Die Staaten mit geringer Rechtsstaatlichkeit haben Homizidraten von 57 (Venezuela); 12 (Bolivia); 63 (Honduras); 3,2; 6,5; 16,3; 11,3; 31,2; 5,9; 1,8 (Durchschnitt: ca. 21; Verhältnis 1:30).

Tödliche Gewalt der Polizei gegen Bürger ist in gut funktionierenden Rechtsstaaten eine seltene Ausnahme. In Deutschland pro Jahr zwischen 3 und 21 Opfer, der Durchschnitt liegt bei etwa 8).

Gesetzwidriges Handeln seiner eigenen Organe erklärt der Rechtsstaat zu strafbarem Handeln, also zu Kriminalität, die zu bekämpfen er sich verpflichtet hat. Diese Art der Kriminalität ist allerdings nicht so leicht zu verfolgen wie die normale Straßenkriminalität, da hier Staatsdiener gegen Staatsdiener antreten müssen, mit denen sie ein Band der Solidarität, die Vermutung der Rechtmäßigkeit des Gewalteinsatzes und nicht zuletzt ein Korpsgeist verbindet.

Die Krise des Rechtsstaats

Der Rechtsstaat befindet sich allerdings in vielen Teilen der Welt in einer tiefen Krise. Vielerorts erodiert das staatliche Gewaltmonopol. An die Stelle des Staates treten konkurrierende Ordnungsformen der Gewalt. Manche sehen ein "neues Mittelalter" oder eine "kommende Anarchie" im Weltmaßstab, in der Staaten zerfallen und von Kämpfen zwischen Warlords, Banden oder verfeindeten Ethnien zerrissen werden - so wie heute etwa Südsudan, Syrien, Irak, Libyen oder Afghanistan. Wo solche Zustände herrschen, kann sich niemand sicher fühlen. Die große Mehrheit der Menschen dort lebt in Furcht sowohl vor Kriminalität als auch vor der Willkür und dem Machtmissbrauch der jeweiligen Machthaber. Was die Menschen sich dort wünschen ist ein Leben in Sicherheit und Freiheit. Genaugenommen träumen sie - auch wenn sie den Begriff vielleicht nicht benutzen - von einem Leben im Rechtsstaat.

In der Realität wird dieser Traum immer seltener Wirklichkeit. Zwei Tendenzen zeigen in die entgegengesetzte Richtung: das Aufkommen konkurrierender Gewaltordnungen in schwächelnden Staaten einerseits und der überstarke Sicherheitsstaat andererseits.

Kriminalpolitik

Kriminalpolitik ist gewollte Einwirkung auf den Umfang und den Inhalt derjenigen Sphären von Staat und Gesellschaft, die man als Sinnprovinz der Kriminalität bezeichnen kann: was soll strafbar werden oder bleiben, wo sollen Strafen erhöht oder abgemildert werden, wie soll über Fragen der Strafmündigkeit, der Opferentschädigung und des Strafvollzugs entschieden und welche Strategien sollen für den Umgang mit Jugend-, Drogen-, Wirtschafts- oder politischer Kriminalität angewandt werden?

Dem Begriffe nach ist Kriminalpolitik sehr jung, der Sache nach uralt. Zur Zeit des Atheners Drakon (um 600 v. Chr.) war sie sprichwörtlich hart, in der frühen Neuzeit nach unserem Verständnis überaus grausam - selten aber so milde, wie es sich die sanftmütigen Reformer aller Epochen, insbesondere aber seit dem Zeitalter der Aufklärung, wünschten. Auch der Einfluss der Religion war und ist keineswegs immer ein mildernder. Man denke nur an die Häufigkeit von Hinrichtungen in islamischen Theokratien oder an die Strafvorschriften für Ehebruch in den Gesetzes des 5. Buch Moses (22, 22-24):

Wenn jemand dabei ergriffen wird, dass er einer Frau beiwohnt, die einen Ehemann hat, so sollen sie beide sterben, der Mann und die Frau, der er beigewohnt hat; so sollst du das Böse aus Israel wegtun. Wenn eine Jungfrau verlobt ist und ein Mann trifft sie innerhalb der Stadt und wohnt ihr bei, so sollt ihr sie alle beide zum Stadttor hinausführen und sollt sie beide steinigen, dass sie sterben, die Jungfrau, weil sie nicht geschrien hat, obwohl sie doch in der Stadt war, den Mann, weil er seines Nächsten Braut geschändet hat; so sollst du das Böse aus deiner Mitte wegtun.
Deuteronomio 22:22-24: 22 Si un hombre es sorprendido durmiendo con la esposa de otro, los dos morirán, tanto el hombre que se acostó con ella como la mujer. Así extirparás el mal que haya en medio de Israel. - 23 »Si en una ciudad se encuentra casualmente un hombre con una joven virgen, ya comprometida para casarse, y se acuesta con ella, 24 llevarán a ambos a la puerta de la ciudad y los apedrearán hasta matarlos; a la joven, por no gritar pidiendo ayuda a los de la ciudad, y al hombre, por deshonrar a la prometida de su prójimo. Así extirparás el mal que haya en medio de ti.

Wenn Verbrechensbekämpfung sich strafbarer Handlungen bedient, also selbst in mehr oder weniger starkem Ausmaße kriminell wird, können Kriminalpolitik und kriminelle Politik in eines fallen (in vielen romanischen Sprachen steckt diese Option schon im Begriff der política crimminal). Damit mutiert die Schutzmacht der Bürger in eine weitere Quelle der Gefahr, die sich nicht nur zum gewöhnlichen Kriminalitätsrisiko gesellt, sondern die Bedrohlichkeit potenziert. Es gibt Orte, an denen die Angst der Menschen vor den sogenannten Sicherheitskräften nicht geringer ist als die vor kriminellen Banden. An solchen Orten dauert das Leben oft nicht lang und es scheint auch nicht viel wert, während es gelebt wird, ist es doch meist auch - dem von Thomas Hobbes einst imaginierten Naturzustand entsprechend - solitary, poor, nasty, brutish, and short.

Unter der doppelten política criminal sehnen sich die Menschen nach einem angst- und gewaltfreien Leben. Sie träumen - ohne den Begriff zu kennen oder zu verwenden - von dem, was man mit dem Begriff des Rechtsstaats zu fassen versucht.

Rechtsstaat

Der Rechtsstaat drückt eine Hoffnung auf doppelte Sicherheit aus: auf Schutz vor Kriminalität einerseits und vor staatlicher Willkür andererseits.


Die Mindestanforderung an einen Rechtsstaat ist die Ausübung von Herrschaft mittels Gesetzen (rule by law). Anspruchsvollere Konzepte setzen auch noch die Garantie von Menschenrechten und Grundrechten voraus (rule of law). Rule of law, not of men (John Adams) ist dann die Art legaler Herrschaft, in der sich die staatlichen Organe an die Gesetze halten und in der der Gesetzgeber selbst sich innerhalb des Rahmens höherer Normen (vorpositiver oder Verfassungsnormen) hält. Der Rechtsstaat bindet alle drei Staatsgewalten an klare Regeln im Interesse von Frieden und Freiheit.

Polizei und Staatsanwaltschaft schützen einerseits vor Kriminalität und Gewalt (niedriges Gewaltniveau in der Gesellschaft), wenden aber auch selbst nur selten Gewalt an und missbrauchen ihre Macht nie. Korruption, Erpressung, Folter und extralegale Tötungen kommen nicht vor. Als Organisation mit Gewaltlizenz wird die Polizei intern und extern effektiv kontrolliert: von Bürgern, die ihr Beschwerderecht ausüben bis zu gerichtlichen Verfahren. Es gibt keine willkürlichen Verhaftungen und/oder Verfahrenseinstellungen.Verdächtige erhalten faire Verfahren und gelten bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig. (Artikel 6 EMRK, Art. 18 der Amerikanischen Menschenrechtskonvention und Art. 14 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte.)

Toda pessoa pode recorrer aos tribunais para fazer respeitar os seus direitos. Deve poder contar, outros sim, com processo simples e breve, mediante o qual a justiça a proteja contra atos de autoridade que violem, em seu prejuízo, qualquer dos direitos fundamentais consagrados constitucionalmente. (Declaración Americana de los Derechos y Deberes del Hombre, Artículo XVIII: Toda persona puede ocurrir a los tribunales para hacer valer sus derechos. Asimismo debe disponer de un procedimiento sencillo y breve por el cual la justicia lo ampare contra actos de la autoridad que violen, en perjuicio suyo, alguno de los derechos fundamentales consagrados constitucionalmente.)

Die Gerichte sind nicht korrupt. Alle haben Zugang zum Recht. Verfahren sind fair: sowohl in der Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Polizeihandeln als auch in der Verfahrensführung in normalen Strafprozessen. Die Regeln des due process werden auch gegenüber unterprivilegierten Angeklagten eingehalten. Es gibt keine Verpolizeilichung des Prozesses, keine unfairen plea bargains. Keine Klassenjustiz. Fehlurteile werden nicht vertuscht, sondern korrigiert; Justizopfer werden entschädigt.

Der Strafvollzug achtet die Menschenwürde. Grausame Behandlung ist ausgeschlossen und Gewalt zwischen Gefangenen wird verhindert. (Eine anspruchsvolle Konzeption von Rechtsstaatlichkeit könnte die Freiheitsstrafe, das Gefängnis als Ort ihres Vollzugs und die Institution der Kriminalstrafe selbst auf den Prüfstand stellen.)

Der Gesetzgeber respektiert die Freiheitsrechte und Justizgrundrechte. Er schützt nur Rechtsgüter, keine Weltanschauungen. Es gelten das Bestimmtheitsgebot, das Rückwirkungsverbot, das Ultima-Ratio-Prinzip, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

[Ein "starkes" Rechtsstaatsverständnis würde die Strafgesetzgebung direkt in den Vergleich mit der Verfassung zwingen: für vorkonstitutionelle Strafgesetze gälte die Vermutung der Verfassungswidrigkeit. Flurbereinigung durch kritische Rechtsgutlehre: nur wenige Rechtsgüter würden gegen bestimmte Angriffe strafrechtlich geschützt. Ob ein Gesetz erforderlich, geeignet und verhältnismäßig ist, wird schon während der Beratungen geprüft, ist aber auch später verfassungsgerichtlicher Überprüfung zugänglich.]

The Rule of Law Index

Seit einiger Zeit gibt es Versuche, sich ein empirisches Bild von der Realität der mehr oder weniger rechtsstaatlichen Verhältnisse auf der Welt zu machen:

Der Index zeigt die Einkommensabhängigkeit von Rechtsstaatlichkeit. Wohlhabende Staaten mit geringer sozialer Ungleichheit und einem geringen Gewaltniveau rangieren weit oben auf der Skala. Der funktionierende Rechtsstaat ist durch Gleichheit, Implementation der Gesetze, geringe Kriminalität und wenig Machtmissbrauch der Behörden gekennzeichnet. (Kant: Glückseligkeit). Wahrscheinlich bedarf eine solche Staatsorganisation sozialstruktureller Voraussetzungen im Sinne einer funktionsfähigen Zivilgesellschaft, die sich dann ihrerseits unter den Bedingungen des Rechtsstaats wiederum am besten entfalten kann. Wo es an diesen Voraussetzungen mangelt, wird sich ein Rechtsstaat kaum entwickeln können und wird sich ein Leben in Frieden, Freiheit und Sicherheit auch kaum realisieren lassen. Das wiederum kann in eine Abwärtsspirale führen, aus der ein Ausweg schwer zu finden ist. - Rechtsstaatliche Kriminalpolitik ist also abhängig von Bedingungen, die sie selbst nicht einfach herstellen kann. Sie drückt sich aus in der Existenz und Befolgung von Gesetzen, die sich als Realisierungen von Verfassungs- und Gerechtigkeitsprinzipien legitimieren können und die vor allem bestimmte Abwehrrechte des Bürgers gegenüber staatlicher Willkür enthalten.

Polizei

Beispiel: extrajudicial killings (also known as extrajudicial executions) are killings of a person by governmental authorities without the sanction of any judicial proceeding or legal process. Extrajudicial punishments are mostly seen by humanity to be unethical, since they bypass the due process of the legal jurisdiction in which they occur.[citation needed] Extrajudicial killings often target leading political, trade union, dissident, religious, and social figures and are only those carried out by the state government or other state authorities like the armed forces or police, as extra-legal fulfillment of their prescribed role.

Section 3(a) of the United States Torture Victim Protection Act contains a definition of extrajudicial killing: a deliberate killing not authorized by a previous judgement pronounced by a regular constituted court affording all the judicial guarantees which are recognized as indispensable by civilized peoples. Such term, however, does not include any such killing that, under international law, is lawfully carried out under the authority of a foreign nation.

Extrajudicial killings and death squads are common in Syria, Iraq, Egypt, Libya, Central America, India, Mexico, Colombia, Brazil, Venezuela, Indonesia, Afghanistan, Pakistan, Bangladesh, several nations or regions in Africa, including the Democratic Republic of the Congo and Burundi, Jamaica, Kosovo, Russia, Uzbekistan, parts of Thailand, Turkey, in the Philippines, Tajikistan,Papua New Guinea, and by Israeli forces.

Gerichte

The book shows how little the democracies of Argentina and Brazil have departed from the “dirty war” tactics employed by their authoritarian predecessors in the 1970s dictatorships. It shows that indeed democracies can prove even more lethal, as exemplified by the 7,500 police killings that took place in the state of Sao Paulo, Brazil alone during the 1990s in comparison with the almost 600 assassinations in the whole country during the 1964-85 dictatorship. In fact, the Paulista police killed 1,428 people in the single year 1992. The conviction rates are no less chilling: 5 percent in Sao Paulo and Salvador da Bahia (Brazil), 20 percent in Buenos Aires (Argentina), 40 percent in Córdoba (Argentina), and 50 percent in Uruguay, whose population is comparable to the smaller cities of the other two countries. Yet even in Córdoba, the high conviction rate, always in relation to the other cases, is accompanied by the highest degree of outcome inequality along class lines since “a police officer who kills a middle-class individual is more than twice as likely to be convicted as one who kills a lower income resident” (p. 11).
Another key piece in this puzzle is the quality of the information presented in the courts, a byproduct of the credibility of the witnesses and the available evidence. Interestingly, the system is not only shaped by the laws that judges apply but also by informational failures and procedural truth, which is, in most cases, a “police-crafted reality” (p. 176). Almost invariably, with the notable exception of Uruguay, the lower-class victims, the undereducated, and the marginalized are more likely to become victims and have fewer resources to craft another reality. The legal system is notably impaired by the police, who investigate their own crimes and commit many other illegal acts, from planting guns to manipulating forensic evidence. As Brinks shows, the social and political support for violent police tactics, much stronger in Brazil than in Argentina and Uruguay, also shapes judicial outcomes. In Salvador da Bahia, where the odds of being shot by the police are sixty times higher than in Uruguay, “the laws have been pushed aside to make way for killing the socially undesirable” (p. 223).

Strafvollzug

Probleme schwacher Staaten

Konkurrierende Ordnungsformen der Gewalt

Banden mit eigenen Gewaltordnungen (Gerichtsverfahren, Strafen)

Milizen als parastaatliche Gegen-Banden

  1. Gegenbanden = Milizen (grupos de extermínio; escuadrones de muerte) mit eigenen Verfahren, Strafen, bzw. Exekutionen von Bandenmitgliedern
  2. Banden können mit staatlichen Zwangsstäben Bündnisse eingehen (Graham Denyer Willis - The Killing Consensus: Police, Organized Crime, and the Regulation of Life and Death in ...)
  3. Banden können von Milizen verdrängt oder kooptiert werden. Diese Milizen arbeiten mafia-ähnlich (cosca mit gewaltbereiten jungen Männern, partito mit Beziehungen zu Politik und Verwaltung, Polizei und Militär; Zwangs-Abonnements/Steuern/Schutzgeld)

Hohe Kriminalitätsraten (geringe Geltung der Gesetze)

  1. Geringe faktische Gesetzesbindung der Zwangsstäbe. Polizei begeht Straftaten (Erpressung, Raub, Entführung, Homizid), ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Kultur der Straflosigkeit. Manchmal mit Ethik der Säuberung und impliziter Komplizenschaft der Staatsanwaltschaft und Gerichte, manchmal mit offizieller Billigung durch die Regierung
  2. Konkurrenz zur staatlichen Gewaltordnung: klienteläre Netzwerke, Milizen, Banden
  3. Ineffiziente Ermittlungen, geringe Aufklärungsquoten, hohes Dunkelfeld
  4. Diskriminierung von Minderheiten und Marginalisierten
  5. Korruption
  6. No due process (both in a substantive and in a formal sense)
  7. Gefängnisse: menschenunwürdige Haftbedingungen

Probleme starker Staaten

In starken Staaten gibt es die Probleme der schwachen Staaten in gemilderter Form. Aber das Problem ist hier nicht das Implementationsdefizit der Normen, die Löchrigkeit des staatlichen Gewaltmonopols und die Bildung parastaatlicher Gewaltordnungen, sondern die Transformation des Rechtsstaats in einen Sicherheits- und Überwachungsstaat, bzw. einen faktischen Doppelstaat. (Schwierig, weil legal und damit prima facie legitimiert. Man denke an die lange Legitimität der Kriminalisierung von Homosexuellen, an die Todesstrafe, an die Anti-Kommunisten-, die Anti-Drogen- und die Anti-Terror-Gesetzgebung. Und an die Praxis ihrer Implementierung.)

Externalisierung von Gewalt: Im Westen sieht man die eigenen Probleme oft weniger genau. Dabei sind die Gefahren für den Rechtsstaat, die vom Westen ausgehen und sich über die Welt ausbreiten, womöglich größer und nachhaltiger als diejenigen, die ihren Ursprung in den armen, schwachen und anomischen Staaten existieren. Dies deswegen, weil sich die Probleme des Westens aufgrund seiner hegemonialen Stellung global ausbreiten und in den Gegenden, in die sie externalisiert werden, potenzierte Schäden anrichten. Beispiel: Terror- und Drogenbekämpfung. Man kann diese spezifischen, vom Westen ausgehenden, Probleme als solche der starken Staaten bezeichnen. Diese strong state problems beruhen auf der ausbeuterischen Ausnutzung der überlegenen Stärke der starken und wohlhabenden Staatnen und insbesondere des Hegemons, d.h. der USA. Demgegenüber kann man die Probleme der Rechtsstaatlichkeit in den armen Staaten als Probleme des schwachen Staates identifizieren.

Terrorismus

  • Feindstrafrecht und Verpolizeilichung des materiellen und prozessualen Strafrechts: Vorfeldkriminalisierung

Internationale Terrorismus-Bekämpfung und Menschenrechte

Cuban Foreign Minister Bruno Rodriguez noted to the United Nations, “One hundred and sixty six persons have remained under detention for ten years now, without any guarantees, without being tried by a court or the right to legal defense … That prison and military base should be shut down and that territory should be returned to Cuba.”
Current Congressional restrictions: The National Defense Authorization Act for Fiscal Year 2016 (NDAA), the annual defense allocation bill, imposes serious restrictions on the Obama Administration’s ability to transfer Guantanamo detainees and close the prison. The law bans transfers to the United States, even for trial or emergency medical care. It also bans building or modifying prison facilities in the United States to house any Guantanamo detainees, and adds more onerous restrictions on transferring detainees to other countries for resettlement, even after they have been cleared for transfer by all relevant national security agencies.
Fundamental flaws: The Guantanamo military commission system, conceived to try detainees for war crimes, still fails to meet U.S. constitutional fair trial standards. It has also been extremely ineffectual: Since 9/11, the military commissions have convicted only eight detainees. Four of those convictions were overturned completely and one partially after the offenses they were convicted of were found not to be war crimes. In the same period, federal courts on U.S. soil have tried and convicted over 500 people on terrorism-related charges.
Procedural confusion and delays: Pre-trial hearings in the 9/11 and USS Cole trials have hit procedural roadblock after roadblock. Despite multiple revisions of the military commission rules, confusion continues over which rules apply (including the Constitution), partially because of the commissions’ attempt to mix rules from military and civilian courts. In comparison, U.S. federal courts, authorized by Article III of the U.S. Constitution, can draw on decades of precedent and have clear and time-tested procedures. Federal courts regularly—and speedily—handle terrorism trials without incident. For example, in 2014 Osama bin Laden’s son-in-law was tried, convicted, and sentenced to life in prison in New York federal court, eighteen months after he was captured.
  • Terrorlisten (hostis gentium; Vogelfreiheit)
  • Impunität von Regierungsverbrechen (Folter politischer Gegner, extraordinary renditions; Geheimgefängnisse; Angriffskrieg gegen Irak und IS; Kriegsverbrechen in Vietnam, Massenmorde in Indonesien)
  • Disposition matrix (killer drones). Cockburn, The Kill Chain; Bhuta: On preventive killing.

Drogen

Verletzung der Handlungsfreiheit durch Drogenprohibition (fehlende Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit)


Erosion der Freiheitsrechte

  • Ausnahmezustand. Doppelstaat. Feindstrafrecht. Drogen- und Terror-Bekämpfung. Terrorlisten. Äußerer Neo-Despotismus (Kolonialrecht) und innerer Normenstaat. Verwischung der Grenzen zwischen innen und außen. Moebius-Band.
  • Polizeigewalt USA
  • Verletzung der Menschenwürde durch Mass Incarceration
Michelle Alexander: The New Jim Crow
Loik Wacquant

Was ist da, wo kein Rechtsstaat ist?

Die quantitativen Analysen lassen offen, welche Verhältnisse sich ergeben, wenn der Rechtsstaat nur unzureichend funktioniert. Geht man davon aus, dass kein Vakuum herrscht, stellt sich die Frage, welche Normen an die Stelle des Rechtsstaats treten oder mit ihm koexistieren. Mit anderen Worten: es mangelt an einem vollständigen Bild der Rechtswirklichkeit. Das ist ein problem of knowledge (Carothers 2006). Es ist zwischen defizitärem Rechtsstaat und hybridem Rechtsstaat zu unterscheiden (Lauth 2001, Lauth/Sehring 2009). Im hybriden Rechtsstaat dominiert der Rechtsstaat nicht mehr über alternative Ordnungen, er ist nur eines von zwei oder mehreren Regelsystemen und besitzt auch nicht mehr Durchschlagskraft als diese informellen Institutionen.

Alternative Normensysteme werden definiert als socially shared rules, usually unwritten, that are created, communicated and enforced outside of officially sanctioned channels (Helmke/Levitsky 2004: 727).

So kann ein nicht voll funktionierender Rechtsstaat durch ein responsives customary law ergänzt werden - kann aber auch defizitär sein, weil mächtige Akteure (Guerilla, Oligarchen, etc.) ein eigenes Regelsystem aufgabaut haben, as sich staatlicher Kontrolle entzieht und toleriert wird/werden muss.

Banden, Milizen, Doppelstaat

Zukunft

  • Der globale Doppelstaat
  1. Nouveau Moyen Age
  2. Clash of Civilizations
  3. World State
  • Justiz als Privileg
  • Gefängnis als Privileg. Even under horrific conditions (Philippines)
  1. Konstitutionell-wohlfahrtsstaatliche Ordnung (mit Tendenz zu oligopolistisch-präventiver Sicherheitsordnung, in der sich begüterte Akteure im Austausch gegen Geld und Freiheiten (wie z.B. das informationelle Selbstbestimmungsrecht) Schutz erkaufen können.
  2. neo-despotische Ordnungsform (agrarische Gesellschaften, offene Gewalt gehört zum Alltag, Typ Somalia)
  3. parastaatliche Ordnungsform (Lateinamerika) mit starker Betonung von Militär und Polizei und selbständig agierenden Milizen
  4. post-akephal-konstitutionelle Ordnungsform (Papua Neuguinea).

Fragen:

  1. Ist eine effektive Kriminalpolitik im Rechtsstaat überhaupt denkbar? Der Rechtsstaat schränkt die staatliche Gewalt ein - und tendiert damit im Bereich der Kriminalität zu einer Bestrafungs-Verhinderungs-Politik. Voltaire: "Il vaut mieux hasarder de sauver un coupable que de condamner un innocent." (Lieber 100 Schuldige laufen lassen als einen Unschuldigen zu verurteilen.)
  2. Unterscheiden sich die Rechtsstaatlichkeits-Probleme (a) in armen Ländern von denen (b) in reichen Ländern?
  3. Staats-Schwäche in armen Ländern: Todesschwadronen als Folge mangelnder Effizienz?
  4. Staats-Übermacht in reichen Ländern: Sektorale Aufhebung des Rechtsstaats als Folge ungebremster Überlegenheit?
  5. Vom Rechtsstaat zum Doppelstaat: brauchen wir eine neue Terminologie für die empirische Analyse des Rechts?

Doppelstaat

Ernst Fraenkel crió el concepto del Estado Duplo. El Estado Duplo consiste de dos lados o partes relativamente independentes. En el Estado de las Normas (Normenstaat) las instituciones del estado obedecen a sus próprias reglas. En el Estado de las Medidas (Maßnahmenstaat) las instituciones siguen los interesses del poder sin limitaciones jurídicas.

Es gibt Sphären, in denen Willkür herrscht: Willkür gegenüber Angehörigen unerwünschter rassischer, religiöser, politischer, kultureller oder sexueller Minderheiten. Dazu können auch Lebensstilminderheiten (Drogenkonsumenten) und die Gruppe der Verdächtigen und Delinquenten ("Kriminelle"), bzw. der "Asozialen" gehören. Angehörige dieser Gruppen sind im Doppelstaat faktisch und in unterschiedlichem Maße auch gesetzlich rechtlos gestellt.

Ein Doppelstaat besteht aus einem Teil, dem Normenstaat, in dem der Staat sich an seine eigenen Regeln hält, und einem anderen Teil, dem Maßnahmenstaat, in dem politische Opportunität oder Behördenwillkür regieren. Der Doppelstaat ist kein Rechtsstaat, sondern ein Aliud, in dem für die Mehrheit der Menschen alles wie im Rechtsstaat funktioniert, in dem aber eine kleine oder große Minderheit in steter Angst vor Behördenwillkür und insbesondere vor Verhaftung, Folter und Tod durch die Polizei, eine Geheimpolizei, Militärs oder sonstige Angehörige staatlicher oder parastaatlicher Organisationen herrscht.

Möglicherweise kann man den Rule-of-Law-Index auch nutzen, um Hypothesen über das Verhältnis von Normen- zu Maßnahmenstaat in den Ländern der Welt zu bilden.

Auf dem imaginierten Doppelstaats-Index würden möglicherweise die Philippinen aktuell weit oben rangieren.

Staat wird selbst zur Quelle von Problemen. Genozid. Machtmissbrauch. Korruption. Angst der Bürger vor Repression. erro judicial. Gefängnisse: Suizid, Homizid, Gewalt unter den Gefangenen. Verlust von Vertrauen in Institutionen (Randolph Roth, USA).

Weblinks und Literatur

  • Mark Mazzetti (2013) Killing Business. Der geheime Krieg der CIA. Berlin: Berlin Verlag


Siehe auch