Intensivtäter: Unterschied zwischen den Versionen

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Als '''Intensivtäter''' werden jugendliche und erwachsene Mehrfach- oder Wiederholungstäter bezeichnet, die in einem begrenzten Zeitabschnitt mehrfach kriminell in Erscheinung treten. Da diese Gruppe von Delinquenten ein überproportional hoher Anteil an allen begangenen Straftaten fällt, sind sie für die Kriminalpolitik ein wichtiges Aufgabenfeld.(Kaiser/Kerner/Sack/Schellhoss, 1993, S.181). Innerhalb der Gesamtgruppe der Straftäter stellen die Intensivtäter zwar nur einen kleinen Anteil, der jedoch einen überproportional hohen Anteil an begangenen Straftaten aufweist, etwa fünf bis zehn Prozent der jugendlichen Straftäter begehen ca. 50 Prozent der in dieser Altersklasse registrierten Straftaten.(vgl. Boeger, 2011, S.8). Meist sind die Intensivtäter polytrop, also in verschiedenen Delinquenzbereichen auffällig, wobei Gewalt gegen Menschen dominiert. Die meisten Intensivtäter werden im jugendlichen und heranwachsenden Alter aktiv und sind überwiegend männlich, weibliche Intensivtäter treten verschwindend gering in Erscheinung.   
Als '''Intensivtäter''' werden jugendliche und erwachsene Mehrfach- oder Wiederholungstäter bezeichnet, die in einem begrenzten Zeitabschnitt mehrfach kriminell in Erscheinung treten. Da diese Gruppe von Delinquenten ein überproportional hoher Anteil an allen begangenen Straftaten fällt, sind sie für die Kriminalpolitik ein wichtiges Aufgabenfeld.(Kaiser/Kerner/Sack/Schellhoss, 1993, S.181). Innerhalb der Gesamtgruppe der Straftäter stellen die Intensivtäter zwar nur einen kleinen Anteil, der jedoch einen überproportional hohen Anteil an begangenen Straftaten aufweist, etwa fünf bis zehn Prozent der jugendlichen Straftäter begehen ca. 50 Prozent der in dieser Altersklasse registrierten Straftaten.(vgl. Boeger, 2011, S.8). Meist sind die Intensivtäter polytrop, also in verschiedenen Delinquenzbereichen auffällig, wobei Gewalt gegen Menschen dominiert. Die meisten Intensivtäter werden im jugendlichen und heranwachsenden Alter aktiv und sind überwiegend männlich, weibliche Intensivtäter treten verschwindend gering in Erscheinung.   
==Definition==
==Definition==
In der Polizeilichen Kliminalstatistik (PKS) werden als Mehrfachtäter Tatverdächtigte mit zwei, drei oder vier Fällen pro Statistikjahr angegeben. Als Intensivtäter werden in der PKS Tatverdächtigte mit mehr als vier Fällen pro Statistikjahr angesehen.
===Polizeiliche Kriminalstatistik===
In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) werden als Mehrfachtäter Tatverdächtigte mit zwei, drei oder vier Fällen pro Statistikjahr angegeben. Als Intensivtäter werden in der PKS Tatverdächtigte mit mehr als vier Fällen pro Statistikjahr angesehen.
===Kaiser===
Kaiser definiert Intensivtäter als "Mehrfachdelinquenten, die aufgrund von Art, Schwere und Häufigkeit des Rechtsbruchs eine besonders hohe Sozialgefährlichkeit gegenüber nur gelegentlich deliktisch handelnden Rückfalltätern erkennen lassen."(Kaiser, 1993, S.178; Kaiser/Kerner/Sack/Schellhoss, 1993, S.178) Von diesen unterscheiden sie sich durch eine besonders hohe Sozialgefährlichkeit aufgrund von Art, Schwere und Häufigkeit der verübten Straftaten. Die Auftrittswahrscheinlichkeit ereignet sich bei der Mehrzahl der Intensivtäter nur während eines begrenzten Zeitraums. (vgl. Boegner, 2011, S.143)  
Kaiser definiert Intensivtäter als "Mehrfachdelinquenten, die aufgrund von Art, Schwere und Häufigkeit des Rechtsbruchs eine besonders hohe Sozialgefährlichkeit gegenüber nur gelegentlich deliktisch handelnden Rückfalltätern erkennen lassen."(Kaiser, 1993, S.178; Kaiser/Kerner/Sack/Schellhoss, 1993, S.178) Von diesen unterscheiden sie sich durch eine besonders hohe Sozialgefährlichkeit aufgrund von Art, Schwere und Häufigkeit der verübten Straftaten. Die Auftrittswahrscheinlichkeit ereignet sich bei der Mehrzahl der Intensivtäter nur während eines begrenzten Zeitraums. (vgl. Boegner, 2011, S.143)  
===MIT===
===MIT===
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==Entstehung und Entwicklung des Begriffs aus historischer Sicht==
==Entstehung und Entwicklung des Begriffs aus historischer Sicht==
===Entwicklung===
===Entwicklung===
Bei [[Cesare Lombroso]] findet sich zum ersten Mal in der Literatur der [[geborene Verbrecher]], also ein Menschen, der schon böse und kriminell geboren wird und an körperlichen Merkmalen wie Kopfform, Kieferstellung, Augenbrauen etc. erkannt werden kann. Dieser Gedanke wurde in mehreren nachfolgenden Theorien und Strömungen aufgegriffen, weiter ausdifferenziert, aber auch widerlegt und kritisiert. Nach Begründung der Chicagoer Schule in den 1930er Jahren wurde die Untersuchung der Lebensläufe von Straftätern forciert, um Strukturen und Änderungen im zeitlichen Ablauf einer delinquenten Karriere zu verfolgen, dies war der Anfang der [[Karriereforschung]]. Das Ehepaar Glueck untersuchte unter anderem Faktoren, denen die größtmögliche prognostische Bedeutung zukommen, und identifizierte insbesondere drei davon: a) Beaufsichtigung der Kinder durch die Mutter b)Strenge der Erziehung und c)Ausprägung des Zusammenhalts der Familie.(vgl. Hessisches Landeskriminalamt, 2008, S.47ff).   
Bei [[Cesare Lombroso]] in seinem Werk "l´uomo delinquente" 1876 findet sich zum ersten Mal in der Literatur der [[geborene Verbrecher]], also ein Menschen, der schon böse und kriminell geboren wird und an körperlichen Merkmalen wie Kopfform, Kieferstellung, Augenbrauen etc. erkannt werden kann. Dieser Gedanke wurde in mehreren nachfolgenden Theorien und Strömungen aufgegriffen, weiter ausdifferenziert, aber auch widerlegt und kritisiert. Nach Begründung der Chicagoer Schule in den 1930er Jahren wurde die Untersuchung der Lebensläufe von Straftätern forciert, um Strukturen und Änderungen im zeitlichen Ablauf einer delinquenten Karriere zu verfolgen, dies war der Anfang der [[Karriereforschung]]. Das Ehepaar Sheldon und Eleanor Glueck untersuchte mit ihrem [[Mehrfaktorenansatz]] unter anderem Faktoren, denen die größtmögliche prognostische Bedeutung zukommen, und identifizierte insbesondere drei davon: a) Beaufsichtigung der Kinder durch die Mutter b)Strenge der Erziehung und c)Ausprägung des Zusammenhalts der Familie.(vgl. Hessisches Landeskriminalamt, 2008, S.47ff).   
[[Chronic offenders]]oder auch persisters oder career criminals genannt (vgl. Kammigan, Masterarbeit, 2009, S.6ff))wurden zum ersten Mal in der Philadelphia Cohort Study diejenigen Täter benannt, auf die pro Kopf fünf oder mehr polizeiliche Registrierungen erfolgten und die für mehr als die Hälfte aller begangenen Delikte verantwortlich waren. Ende des 19. Jahrhunderts erfolgt die Unterteilung in Gelegenheits- und Gewohnheitsverbrecher. [[ Terri Moffit]] unterscheidet 1993 in seiner [[Two-Path-Theory]] [[adolescence-limited-offenders]], deren delinquentes Verhalten sich auf die Jugendzeit beschränkt und dann verwächst, und [[life-course-persistent-offenders]], deren antisoziales Verhalten im Kindesalter beginnt und sich bis hin zum Erwachsenenalter fortsetzt. Sie beschreibt damit, dass Kriminalität entweder kontinuierlich oder phasenweise geschehe, jedoch beides nicht möglich sei.   
[[Chronic offenders]]oder auch persisters oder career criminals genannt (vgl. Kammigan, Masterarbeit, 2009, S.6ff))wurden zum ersten Mal in der Philadelphia Cohort Study diejenigen Täter benannt, auf die pro Kopf fünf oder mehr polizeiliche Registrierungen erfolgten und die für mehr als die Hälfte aller begangenen Delikte verantwortlich waren. Ende des 19. Jahrhunderts erfolgt die Unterteilung in Gelegenheits- und Gewohnheitsverbrecher. [[ Terri Moffit]] unterscheidet 1993 in seiner [[Two-Path-Theory]] [[adolescence-limited-offenders]], deren delinquentes Verhalten sich auf die Jugendzeit beschränkt und dann verwächst, und [[life-course-persistent-offenders]], deren antisoziales Verhalten im Kindesalter beginnt und sich bis hin zum Erwachsenenalter fortsetzt. Sie beschreibt damit, dass Kriminalität entweder kontinuierlich oder phasenweise geschehe, jedoch beides nicht möglich sei.   
===Theoretische Erklärungsansätze===
===Theoretische Erklärungsansätze===
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*Bildungs- und Ausbildungsdefizite mindern dadurch die Chancen auf berufliche Ausbildung und gesellschaftliche Integration.
*Bildungs- und Ausbildungsdefizite mindern dadurch die Chancen auf berufliche Ausbildung und gesellschaftliche Integration.
==Literatur==
==Literatur==
Annette Boegner, Jugendliche Intensivtäter, 2011
Boegner, Annette, Jugendliche Intensivtäter, 2011
Berliner Kriminologische Studien, Band 8, Jugendliche Mehrfach- und "Intensivtäter", 2009
Forum Kritische Psychologie Nr. 53, "Intensivtäter"- eine empirische Studie, 2009
Hessisches Landeskriminalamt, Band 1, Mehrfach- und Intensivtäter in Hessen, 2008
Bundeskriminalamt, "Junge Mehrfach- und Intensivtäter- Gelingt der Wissenstransfer zwischen kriminologischer Forschung und polizeilicher Praxis?", Tagung 17.November 2010
Dr. Steffen, Wiebke, "Mehrfach- und Intensivtäter" in ZJJ - Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, 2003
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