Nachrichtendienst

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Nachrichtendienste in Deutschland

Auf Bundesebene existieren in Deutschland drei Nachrichtendienste:

Grafik: Nachrichtendienste der BRD

Die genannten Dienste sind als Nachrichtendienste von den Geheimdiensten zu unterscheiden. In Deutschland gibt es aufgrund der geschichtlichen Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg und der daraus resultieren gesetzlichen Befugnisse keine Geheimdienste bzw. Geheimpolizeien. Die Nachrichtendienste beschränken sich lediglich auf die Beschaffung und Auswertung von Informationen. Die Befugnisse der deutschen Dienste sind gesetzlich geregelt. Es sind keine aktiven Maßnahmen vorgesehen. Außerdem unterliegen die Dienste einer Kontrolle durch unabhängige Instanzen.

Die Entwicklung der heutigen drei Dienste fand unabhängig voneinander statt. Nachrichtendienste, die es vor der Gründung der Bundesrepublik Deutschland gab, können mit den Strukturen der heutigen nicht verglichen werden.

Die Begriffe Nachrichtendienst und Geheimdienst

Die Begriffe Geheimdienst und Nachrichtendienst stehen im engen Zusammenhang, sind jedoch nicht deckungsgleich. Eine Abgrenzung ergibt sich auch aus dem Wortsinn:


Der Nachrichtendienst hat als staatliche Organisation die Aufgabe der Beschaffung und Auswertung von Informationen. Vom Betreiben weiterer aktiver Maßnahmen ist er ausgeschlossen.

Der Begriff Nachricht ist seit dem 17. Jahrhundert gebräuchlich und trat an die Stelle von Nachrichtung und setzt sich aus den Worten "nach" und "richten" zusammen. "Richten" ist vom germanischen Wort "recht" abgeleitet mit der Bedeutung „aufrichten, lenken, führen“ und war das „wonach man sich ursprünglich zu richten hatte“. Erst später wurde es im Sinne von Mitteilung, Botschaft, Neuigkeit gebraucht.


Geheimdienste sind staatliche Organisationen, die politisch, militärisch, wirtschaftlich oder wissenschaftlich bedeutsame Nachrichten beschaffen, auswerten und weitergeben sowie zur Störung oder Beeinflussung politischer Gegner im In- und Ausland aktiv Handlungen vornehmen, wobei sie grundsätzlich ein Höchstmaß an Geheimhaltung ihrer Aktivitäten anstreben. Auch die Verhinderung der Informationsbeschaffung durch gegnerische Geheimdienste stellt eine wesentliche Aufgabe dar.

Geheim ein seit dem 15.Jahrhundert nachgewiesenes Wort, bedeutete ursprünglich „zum Haus gehörig, vertraut“ und ist vom germanischen Wort „Heim“ abgeleitet. Später nahm es die Bedeutung „heimlich, vertraulich“ an.

Arbeitsweisen der deutschen Nachrichtendienste

Die Nachrichtendienste folgen in ihrem organisatorischen Aufbau der gesetzlichen Aufgabenstellung, indem sie getrennte Organisationseinheiten für die Sammlung von Informationen (Beschaffung) und Auswertung eingerichtet haben.

Sammlung von Informationen

Offene Informationsbeschaffung

Hierzu zählt die Informationsgewinnung aus öffentlich zugänglichen Quellen. Durch die Nachrichtendienste selbst wird angegeben, dass mindestens 80% der gesammelten Erkenntnisse durch die offene Informationsbeschaffung erhoben werden.


Heimliche Informationsbeschaffung

Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel dient einer vom Betroffenen nicht wahrnehmbaren Informationserhebung oder der Verschleierung der nachrichtendienstlichen Tätigkeit:

  • Einsatz von Vertrauenspersonen (V-Personen): V-Personen sollen gegen Bezahlung, ohne Mitarbeiter der Behörde zu sein, Informationen aus verfassungsfeindlichen Organisationen beschaffen. Die Zusammenarbeit ist langfristig angelegt damit im Laufe der Zeit ein möglichst guter Informationszugang ermöglicht wird.
  • Einsatz von Gewährspersonen: Im Gegensatz zu den V-Personen ist der Einsatz von Gewährspersonen nicht über eine längere Dauer angelegt.
  • Nachrichtendienstliche Observationen und der Einsatz von nachrichtendienstlicher Foto- und Videografie dienen meist der Aufklärung personeller Verflechtungen.
  • Damit das Tätigwerden des Nachrichtendienstes vor Außenstehenden geheim gehalten werden kann und um die Mitarbeiter vor Gefahren zu schützen werden Tarnkennzeichen und Tarnausweise verwendet.
  • Die Überwachung der Post- und Fernmeldeverbindungen darf nur eingesetzt werden, wenn alle anderen Mittel keinen Erfolg versprechen. Da der Einsatz dieses Mittels heimlich und anders als im Bereich der Strafverfolgung ohne richterliche Anordnung erfolgt, ist die Maßnahme an besonders strenge Auflagen gebunden. Anordnungsbefugt sind nur die Innenminister nachdem eine vom Parlament berufene Kommission zugestimmt hat. Der hohe Aufwand hat zur Folge, dass dieses Mittel äußerst selten genutzt wird.
  • Das Mithören oder Aufzeichnen des „in einer Wohnung nicht öffentlich gesprochenen Wortes mit technischen Mitteln“ ist den deutschen Nachrichtendiensten teilweise gar nicht oder unter engen Vorraussetzungen erlaubt und daher kein übliches nachrichtendienstliches Mittel.

Auswertung von Informationen

Die Ergebnisse der Beschaffung werden meist in schriftlicher Form den entsprechenden Auswertungeinheiten in den Organisation zugeleitet. Hieraus werden Analysen gefertigt, die u.a. Aussagen zur Organisation, Zusammensetzung, Verbindungen, Geldquellen beinhalten. Des Weiteren wird die Zuverlässigkeit und die Plausibilität der Information bewertet. Daher werden bei Informationen die auf menschliche Quellen zurückgehen immer der Deckname, der Tag und die Umstände der Beschaffung vermerkt. Auch im Nachhinein wird geprüft, ob sich eine Quelle als zuverlässig herausgestellt hat. zur

Weitergabe der Informationen

Die Auswertungsstellen müssen ihre Erkenntnisse an die jeweils mitbetroffenen Behörden weiterleiten. Außerdem werden aktuelle Lagebilder erstellt und den Innenministerien zur Verfügung gestellt. Auch die Polizei- und Justizbehörden erhalten Darstellungen der Sicherheitslage.


Kontrolle der Informationsverarbeitung

Die Nachrichtendienste unterliegen unabhängigen Kontrollen. Da die Betroffenen in der Regel von den nachrichtendienstlichen Maßnahmen keine Kenntnis haben, soll eine hohe Kontrolldichte dieses Defizit kompensieren.

Für die Nachrichtendienste des Bundes sind Fachaufsichten bei den zuständigen Ministerien eingerichtet:

  • für den BND beim Bundeskanzleramt,
  • für den MAD beim Bundesverteidigungsministerium
  • für das BfV beim Bundesinnenministerium

Für die Verfassungsschutzbehörden der Länder existieren Fachaufsichtsbehörden bei den Innenministerien.

Beim Bundestag und bei den Länderparlamenten wurden Kontrollausschüsse eingerichtet, in denen regelmäßig oder anlassbezogen über die Tätigkeit der Nachrichtendienste berichtet wird.

Eingriffe in das nach Art. 10 GG geschützte Post- und Fernmeldegeheimnis überwachen die bei den Parlamenten eingerichteten G10-Kommissionen.

Weiterhin führen die zuständigen Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder Querschnittskontrollen durch. Die Tätigkeit der Nachrichtendienste unterliegt im vollen Umfang der gerichtlichen Kontrolle.

Aufklärungsziel Deutschland

Deutschland ist ein vorrangiges Aufklärungsziel für Nachrichtendienste einer Reihe fremder Staaten.

Die Nachrichtendienste sind in unterschiedlicher Personalstärke an den Vertretungen ihrer Länder in Deutschland präsent. Als „Diplomaten“ oder „Journalisten“ auf Tarndienstposten in den sogenannten Legalresidenturen eingesetzte Mitarbeiter betreiben oder unterstützen offene oder verdeckte Informationsbeschaffung.

Die Aufklärungsziele reichen von Informationsbeschaffung aus Politik, Wirtschaft, Militär etc. bis hin zur Ausspähung und Unterwanderung von Organisationen und Personen, die in Opposition zu ihren Regierungen stehen.

Literatur

Bundesministerium des Innern: Verfassungsschutzbericht 2006

Buschfort, W.: Geheime Hüter der Verfassung. Von der Düsseldorfer Informationsstelle zum ersten Verfassungsschutz der Bundesrepublik (1947-1961), Paderborn, 2004

Gröpl, Ch.: Die Nachrichtendienste im Regelwerk der deutschen Sicherheitsverwaltung. Legitimation, Organisation und Abgrenzungsfragen, Schriften zum öffentlichen Recht Band 646, 1993

Korte, G.,Zoller, M.: Informationsgewinnung mit nachrichtendienstlichen Mitteln (nd-Mittel). Beiträge zur inneren Sicherheit, Band 16, Oktober 2001

Schafranek, F.P.: Die Kompetenzverteilung zwischen Polizei- und Verfassungschutzbehörden in der Bundesrepublik Deutschland. Berichte aus der Rechtswissenschaft, D98, 2000

Gesetzestexte

Bundesverfassungsschutzgesetz (BverfSchG) vom 20.12.1990 (BGBl. I S.2959, 2970), zuletzt geändert am 16.08.2002 (BGBl. I S.2954)

Gesetz über den Bundesnachrichtendienst (BND-Gesetz – BNDG) vom 20.12.1990 (BGBl. I S. 2979), zuletzt geändert am 09.01.2002 durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz ((BGBL- I S. 361)

Gesetz über der Militärischen Abschirmdienst (MAD-Gesetz – MADG) vom 20.12.1990 (BGBl. I S. 2954, 2977) zuletzt geändert am 08.03.2004 (BGBl. I S.334)

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