Bundesamt für Verfassungsschutz

Aus Krimpedia – das Kriminologie-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ist neben dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) und dem Bundesnachrichtendienst (BND) ein weiterer deutscher Nachrichtendienst auf Bundesebene. Da der Verfassungsschutz förderativ aufgebaut ist, existieren neben den Bundesbehörden auf Ebene der einzelnen Bundesländer weitere 16 Landesbehörden für Verfassungsschutz.

Ursprung und Geschichte

Das Bundesamt für Verfassungsschutz nahm seine Tätigkeit im Jahr 1950 aufgrund des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes (BVerfSchG) vom 27. September 1950 auf. Grundlage der Tätigkeit sollte von Anfang an das Sammeln von Nachrichten ohne polizeiliche Exekutivbefugnisse sein.

Insofern orientiert sich das BVerfSchG an den Vorgaben des Polizeibriefes der Alliierten vom 14.04.1949, wonach der Bundesregierung gestattet wurde eine „Stelle zur Sammlung und Verbreitung von Auskünften über umstürzlerische, gegen die Bundesregierung gerichtete Tätigkeiten zu errichten.

Diese Stelle sollte aber keine Polizeibefugnisse haben, um Erfahrungen mit einer politischen Polizei, wie der Gestapo zu verhindern. Das Trennungsgebot ist im § 2 Abs. 1 S.2 BVerfSchG verankert:„Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden.“ Die Ländergesetze enthalten ähnliche Regelungen zur Trennung polizeilicher und nachrichtendienstlicher Befugnisse.

Zunächst bestand der Schwerpunkt der Arbeit in der Sammlung von Informationen über rechts- und linksextremistische Personen. Nachdem der Staatssicherheitsdienst der DDR im Jahr 1950 gegründet wurde, wuchs auch die Bedeutung der Spionageabwehr.

Aufbau der Verfassungsschutzbehörden

Der Verfassungsschutz ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern. Der geltende Grundsatz Verwaltungskompetenzen von Bund und Ländern voneinander zu trennen, gilt nicht im Bereich des Verfassungsschutzes, so dass eine Mischverwaltung stattfindet. Im Gegensatz zu anderen föderalen Staaten, welche zentral organisiert sind, stellt dies eine Besonderheit dar.


Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) Das BfV dient als Zentralstelle zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes. Die Bundesbehörde ist im Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums angesiedelt. Mit ca. 2400 Mitarbeitern hat es seinen Sitz in Köln und ist eine Zentralabteilung sowie in sechs Fachabteilungen gegliedert:

  • Abteilung IT Informations- und Sondertechnik
  • Abteilung 1 Zentrale Fachfragen/Unterstützende Dienste
  • Abteilung 2 Deutscher Rechtsextremismus/-terrorismus/ Deutscher Linksextremismus/- terrorismus
  • Abteilung 4 Spionagebekämpfung/Geheim- und Sabotageschutz
  • Abteilung 5 Sicherheitsgefährdende/ extremistische Bestrebungen von Ausländern
  • Abteilung 6 Islamismus und islamistischer Terrorismus


Landesbehörden für Verfassungsschutz (LfV) Die Landesbehörden für Verfassungsschutz befinden sich in jedem Bundesland als Landesämter für Verfassungsschutz bzw. Abteilungen für Verfassungsschutz mit insgesamt ca. 3100 Mitarbeitern.

Aufgaben

Die Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder sind im Bundesverfassungsschutzgesetz- BVerfSchG geregelt. Demnach hat das Bundesamt für Verfassungsschutz gemeinsam mit den Landesbehörden "Auskünfte, Nachrichten und sonstige Unterlagen" zu sammeln und auszuwerten.

Die Aufgaben erstrecken sich auf die Sammlung und Auswertung von Informationen zu Extremismus und Spionageabwehr. Das BfV beobachtet extremistische und sicherheitsgefährdende Bestrebungen von In- und Ausländern sowie die Aktivitäten fremder Nachrichtendienste.

Darunter fallen Bestrebungen, die gegen "die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Art. 9 Abs. 2 GG), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind, als auch geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht". Ferner wirkt das BfV beim Geheim- und Sabotageschutz mit.

Beobachtungsfelder des BfV

  • Rechtsextremismus
  • Linksextremismus
  • Ausländerextremismus
  • Spionageabwehr, Geheimschutz, Sabotageschutz
  • Terrorismus
  • Scientology

Informationsbeschaffung

Die Verfassungsschutzbehörden gewinnen ihre Erkenntnisse nach eigenen Angaben in erster Linie aus offen zugänglichen Quellen, z.B. aus Druckerzeugnissen wie Zeitungen, Flugblättern, Programmen und Aufrufen. Mitarbeiter besuchen öffentliche Veranstaltungen und befragen auch Personen, die sachdienliche Hinweise geben können. Bei diesen Gesprächen auf freiwilliger Basis treten die Mitarbeiter des BfV offen auf.

Im Rahmen festgelegter gesetzlicher Befugnisse können sie darüber hinaus nachrichtendienstliche Mittel zur Informationsbeschaffung nutzen. Dazu gehört das Führen von V-Leuten (angeworbene Personen aus der extremistischen Szene, keine Mitarbeiter der Verfassungsschutzbehörden) in extremistischen Kreisen, die getarnte Observation und ggf. die genehmigungspflichtige und von einem parlamentarischen Gremium kontrollierte Brief- und Telefonüberwachung. Der Verfassungsschutz ist an die Regeln des Rechts und der Verhältnismäßigkeit gebunden.

Kontrolle

Die Verfassungsschutzbehörden unterliegen der Kontrolle durch den parlamentarisch verantwortlichen Innenminister, durch die Parlamente des Bundes und der Länder und durch den Bundes- bzw. die Landesbeauftragten für den Datenschutz.

Diese Kontrollen werden ergänzt durch die Möglichkeit gerichtlicher Nachprüfung, die betroffene Bürger verlangen können. Hinzu kommt die kritische Kontrolle durch die Massenmedien Presse, Rundfunk und Fernsehen. In dem jährlich erscheinenden Verfassungsschutzbericht und in zahlreichen Publikationen der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern sind die Arbeitsergebnisse offen nachzulesen.

Verfassungsschutzbericht

Der Verfassungschutzbericht wird auf Grundlage der Erkenntnisse des BfV in Zusammenarbeit mit den Landesbehörden erstellt. Er erscheint jährlich und dient der Information und Aufklärung der Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche Bestrebungen.

Die Verfassungsschutzbehörden arbeiten hierbei mit anderen Sicherheitsbehörden, insbesondere den anderen Nachrichtendiensten des Bundes, dem für den Bereich der Bundeswehr zuständigen Militärischen Abschirmdienst (MAD) und dem mit Auslandsaufklärung befassten Bundesnachrichtendienst (BND) zusammen.

Weblinks und Literatur

Rose-Stahl, M.: Recht der Nachrichtendienste. Beiträge zur inneren Sicherheit, Band 18, Bühl 2006

Fuchs, B.: Kriminalistische Kompetenz, Kriminalisten-Fachbuch, Band 1, 2000, S.34-37

Bundesministerium des Innern: Verfassungsschutzbericht 2006

Korte, G.(Hrsg.): Aspekte der nachrichtendienstlichen Sicherheitsarchitektur. Beiträge zur inneren Sicherheit, Band 26, Brühl 2005

Korte, G., Zoller, M. (Hrsg): Informationsgewinnung mit nachrichtendienstlichen Mitteln (nd-Mittel). Beiträge zur inneren Sicherheit, Band 16, Oktober 2001