Islamismus und Islamistischer Terrorismus

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Im Gegensatz zur Religion des Islam handelt es sich beim Islamismus um eine extremistische, politische Ideologie auf der Grundlage islamisch-religiöser Überzeugungen. In Abgrenzung dazu wird unter Islamistischem Terrorismus der nachhaltig gewaltsam geführte Kampf für islamistische Ziele mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und das Eigentum anderer Menschen verstanden.

Islamismus

Der Islamismus ist eine politische, zumeist sozialrevolutionäre Bewegung, die von einer Minderheit der Muslime getragen wird. Ihre Anhänger, die Islamisten, fordern unter Berufung auf den Urislam des 7. Jahrhunderts die "Wiederherstellung" einer "islamischen Ordnung" als der nach ihrem Verständnis einzig legitimen Staats- und Gesellschaftsform, die alle anders geprägten Ordnungssysteme ersetzen soll. In dieser "islamischen Ordnung" sollen alle Lebensbereiche so gestaltet sein, wie es von Gott durch den Koran und das Vorbild des Propheten und der frühen Gemeinde Sunna verbindlich vorgegeben sei. Militante Islamisten glauben sich legitimiert, die "islamische Ordnung" mit Gewalt durchzusetzen. Sie beziehen sich dabei auf die im Koran enthaltene Aufforderung zum Jihad (eigentlich: Anstrengung, innerer Kampf, auch: "heiliger Krieg"), die sie - abweichend von anderen Muslimen - als heilige Pflicht zum unablässigen Krieg gegen alle "Feinde" des Islam sowohl in muslimischen als auch in nichtmuslimischen Ländern ansehen.

Islamistischer Extremismus

Islamistische Extremisten sind eine Minderheit unter Muslimen. Sie wollen alle Menschen ihrer „religiösen“ Ideologie unterwerfen. Über das, was sie wollen, sind sich islamistische Extremisten jedoch uneinig. Einig sind sie sich aber in der Ablehnung von Freiheit und Demokratie. Sie meinen, Menschen hätten nicht das Recht, Gesetze im Rahmen der parlamentarischen Demokratie zu erlassen. Nur Gottes Wille dürfe das, und diesen interpretieren sie allein.

Islamistische Organisationen

Die verschiedenen islamistischen Organisationen lassen sich folglich nach den Methoden und Mitteln unterscheiden, derer sie sich zur Erreichung ihrer Ziele bedienen. Vorrangig zu nennen sind die dem gewalttätigen Jihad (Heiliger Krieg) verpflichteten, weltweit terroristisch aktiven Gruppierungen und Mujahedin-Netzwerke, zum Teil eingebunden in die Terrororganisation Al-Qaida Osama bin Ladens. Einen Schwerpunkt bilden auch islamistische Organisationen, die die Gesellschafts- und Herrschaftsverhältnisse in ihren Herkunftsländern gewaltsam (mit terroristischen Aktionen oder Guerillakrieg) verändern wollen. Deren Mitglieder sind vielfach als politische Flüchtlinge nach Deutschland gelangt und versuchen, den Kampf in der Krisenregion von Deutschland aus logistisch und propagandistisch zu unterstützen. Eine dritte Kategorie bilden Organisationen, die unter Ausnutzung der rechtsstaatlichen Instrumentarien (=legalistisch) islamistische Positionen auch im gesellschaftlichen Leben Deutschlands durchsetzen, mindestens aber Freiräume für organisierte islamistische Betätigung in Deutschland erlangen wollen und so - desintegrativ - zur Bildung einer islamistischen Binnengesellschaft beitragen.

Entstehung der „Mujahedin“-Netzwerke

Als Mujahedin („Kämpfer für die Sache Gottes“) werden im Sprachge­brauch der Sicherheitsbehörden Personen bezeichnet, die an Kämpfen in Af­ghanistan oder Bosnien-Herzegowina, in Tschetschenien oder im Kaschmir teilgenommen und dazu religiöse wie auch paramilitärische Unterweisungen in afghanischen, sudanesischen oder pakistanischen Trainingslagern erhalten haben. Eingerichtet wurden solche Rekrutierungs- und Ausbildungslager nach der sowjetischen Invasion in Afghanistan im Jahr 1979 mit dem Ziel, Kämpfer gegen die sowjetische Besatzungsmacht auszubilden. Vor allem ara­bische Muslime aus den Ländern des Maghreb, dem Sudan und dem Nahen Osten, insbesondere aus Ägypten und Saudi-Arabien, folgten Aufrufen zum gemeinsamen Jihad mit den Muslimen in Afghanistan gegen den Kommunismus. Wie viele Personen in diesen Lagern ausgebildet wurden, ist nicht genau bekannt. Die persönlichen Kontakte, die für das Netzwerk arabischer und anderer Mujahedin kennzeichnend sind, resultieren häufig aus dieser gemeinsamen Ausbildungszeit. Ein Training in Afghanistan / Pakistan gehört zu den wichtigsten Voraussetzungen für einen Einsatz auf einem der Schauplätze des bewaffneten Jihad und auch für den Aufstieg in den inneren Kreis einer der regionalen „Mujahedin“-Gruppen. Nach dem Rückzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan erfolgte eine Umorientierung in den Aktionszielen der Mujahedin. Die USA, die anfäng­lich die Ausbildung von Mujahedin, u. a. in Pakistan, gefördert hatten, wur­den nun, neben Israel, zunehmend als Feind betrachtet. Insbesondere die Sta­tionierung einer größeren Zahl amerikanischer und anderer westlicher Trup­pen nach dem Ende des 2. Golfkriegs in Saudi-Arabien, dem Land der wich­tigsten heiligen Stätten des Islam, trug zu dieser Entwicklung bei. Die Trainingslager der Mujahedin in Afghanistan bestanden bis zum Sturz des Taliban-Regimes im Herbst / Winter 2001 fort. Durch die Ausbildung in diesen Lagern wurden kontinuierlich neue Verbindungen geknüpft, die nach Rückkehr in die Heimatländer oder in ein Exilland außerhalb der islamischen Welt aufrechterhalten wurden. Dieses Kontaktnetz ermöglicht bis heute ge­meinsame oder abgestimmte Aktionen von kämpferischen Islamisten welt­weit.

Zielsetzung der Mujahedin

Diese Menschen sehen sich zumeist als „Kämpfer für die Sache Allahs“, die den Islam gegen eine vermeintliche Aggression der „Ungläubigen“ verteidigen wollen. Als geeignetes Mittel bejahen sie dabei auch den bewaffneten Kampf, den sie nicht nur in den Kampfgebieten des Mittleren Ostens und Zentralasiens führen, sondern auch durch terroristische Anschläge in andere Teile der Welt zu tragen versuchen. Viele Mujahedin sind bereits derart radikalisiert, dass sie auch dazu bereit sind, ihr Leben im „Kampf für den Islam“ zu opfern.

Ideologische Grundlagen

Die Einstellung der Mujahedin setzt voraus, dass sie nicht nur mit konventionellen Konfliktlösungsstrategien abgeschlossen, sondern auch eine Ideologie verinnerlicht haben, die ihren Kampf zu rechtfertigen scheinen. So berufen sich gewaltbereite Islamisten vor allem auf islamistische Vordenker des 20. Jahrhunderts oder verwenden Versatzstücke aus Werken früherer islamischer Gelehrter, z.B. von Ibn Taymiyya (1263-1328) oder Ibn Qayyim al-Jau-ziyya (1292-1350). Daneben gilt auch Muhammad Ibn Abd al-Wahhab (1703-1792) als wichtige Autorität der Islamisten. Im 20. Jahrhundert stellte der indisch-pakistanische Journalist und Politiker Sayyid Abul-A’la Maududi (1903-1979) als Erster gewaltsames Handeln in den Mittelpunkt seiner Ideologie. Er betrachtete den bewaffneten Kampf als notwendiges Mittel zur Errichtung eines islamischen Staates. Diese Idee wurde von dem ägyptischen Muslimbruder Sayyid Qutb (1906-1966) weiterentwickelt. In seinem 1964 erschienen Buch „Wegzeichen“ argumentierte er, dass die Machthaber aller muslimischen Länder sich soweit vom Islam entfernt hätten, dass sie als Ungläubige zu betrachten seien. Der Kampf gegen ihre Tyrannei sei erforderlich, um für Muslime überhaupt die Voraussetzungen für ein Leben gemäß den islamischen Regeln zu schaffen. Damit lieferte Qutb die Begründung für einen religiös motivierten Kampf gegen „Ungläubige“. In der Folgezeit beriefen sich zahlreiche terroristische Gruppen und Gruppierungen in der arabischen Welt auf seine Lehre. Einen maßgeblichen Beitrag zur Internationalisierung des bewaffneten Kampfes leistete der Palästinenser Abdullah Azzam (1941-1989). Nach der Invasion Afghanistans durch die Sowjetunion 1979 sah er die wichtigste Aufgabe der Muslime nicht in der Bekämpfung ihrer – als „ungläubig“ empfundenen – Regierungen, sondern in der Verteidigung gegen äußere Feinde. Als von Feinden besetzte islamische Länder betrachtete er dabei nicht nur Afghanistan und Palästina, sondern alle Länder, die sich im Lauf der Geschichte unter islamischer Herrschaft befunden hatten, wie etwa Spanien. Den Kampf gegen vermeintliche Eindringlinge erklärte Azzam zur Pflicht eines jeden Muslims. Nach dem Rückzug der sowjetischen Armee aus Afghanistan, der von den Mujahedin als „Befreiung“ gefeiert wurde, besonders aber nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, suchten die von Azzam und anderen indoktrinierten und im Kampf erprobten Mujahedin neue Ziele. Ausgelöst unter anderem durch den Golfkrieg und den Palästina-Konflikt gerieten im Laufe der 1990er Jahre die USA und ihre westlichen Unterstützer immer deutlicher in das Zielspektrum der gewaltbereiten Islamisten. Usama Bin Ladin, Schüler Azzams, forderte 1998 alle Muslime auf, Amerikaner und ihre Verbündeten nicht nur in islamischen Ländern, sondern wo immer möglich zu töten. Damit bekam der bewaffnete Kampf endgültig eine internationale, ja weltweite Dimension. Doch nicht nur der Kampf selbst ist international geworden, auch die Herkunftsländer der Mujahedin sind längst nicht mehr auf den Nahen und Mittleren Osten beschränkt. So beteiligen sich inzwischen auch Islamisten aus den USA oder Europa an den Kämpfen oder versuchen, in Europa oder Amerika Anschläge zu verüben.

Organisationen und Strömungen

Muslimbruderschaft

Die älteste, mitgliederstärkste und noch heute aktive Gruppierung islamistischer Extremisten ist die Muslimbruderschaft (MB). Sie wurde 1928 in Ägypten gegründet. Ihr Chefideologe Sayyid Qutb (1906-1966) forderte, die Herrschaft der Menschen über die Menschen mit dem Jihad zu beseitigen. Allein Allah solle die gesamte Lebensführung aller Menschen bestimmen. Islamistische Extremisten in der ganzen Welt berufen sich auf diese totalitäre Vorstellung.

Jihadisten

Islamistische Extremisten, darunter auch Abspaltungen der MB, versuchen mit Gewalt und Terrorismus ihre Ziele umzusetzen. Oft werden sie „Jihadisten“ genannt. Sie behaupten, es sei ihre Pflicht und damit ihr Recht, ihren „göttlichen“ Vorstellungen mit Gewalt und Terrorismus zu dienen.

Al-Qaida

Die zurzeit bekannteste international aktive jihadistische Organisation ist Al-Qaida. Diese Terroristen sind unter anderem für die Anschläge auf das World-Trade-Center in new York 2001, einen Madrider Vorortzug 2004 sowie Londoner U-Bahnen und Busse 2005 verantwortlich. Dabei wurden tausende Menschen ermordet. Al-Qaida ist vor allem ein Netzwerk, das über persönliche Beziehungen und Bekanntschaften zusammengehalten wird.

Legalisten

Nicht alle islamistischen Extremisten wollen ihre Ziele mit Gewalt erreichen. Einige versuchen, bestehende politische Systeme zu unterwandern, um so an die Macht zu kommen. Erst dann solle das so eroberte System ihren „religiösen“ Gesetzen unterworfen werden. Vertreter dieser Linie heißen Legalisten.

Weblinks