Bekämpfung von Jugendbanden in Honduras

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Siehe auch Bekämpfung von Jugendbanden in El Salvador

Die Bekämpfung von Jugendbanden in Honduras ähnelt der auch in Guatemala und in El Salvador verfolgten "Politik der harten Hand" (mano dura; mano súper dura), wird in Honduras aber unter der Bezeichnung der "Null-Toleranz-Politik" (zero tolerance; cero tolerancia) betrieben.

Der folgende Artikel betrifft die Zeit von 2002-2009, genauer gesagt: die Regierungszeit der Präsidenten Ricardo Maduro (2002-06) und Manuel Zelaya (2006-09). Ziel der Politik war die Zerschlagung der Jugendbanden der sogenannten maras.

in ElISalvador und Honduras verfehlte diese Politik ihr Ziel. Sie trug aber zu einer Verschärfung der Lage bei. In Honduras kam es zu einer Spirale der Gewalt, in der vor allem Jugendliche Opfer außergerichtlicher Hinrichtungen wurden.

Maras in Honduras

Zunächst sollen die drei wichtigsten Termini mara, pandilla und clica im Zusammenhang mit der Entwicklung der Jugendbanden erklärt werden. Pandillas sind ein lokales Phänomen Zentralamerikas und können als Jugendbanden übersetzt werden. Vor allem nach dem Ende der Bürgerkriege in Zentralamerika entwickelten sich die pandillas als Antwort auf eine Atmosphäre der Unsicherheit und der Exklusion der Jugendlichen, die in den Neunzigern und Zweitausendern die Region kennzeichneten[1]. Der Begriff mara hingegen, der ebenfalls Jugendbande bedeutet, hat eine transnationale Konnotation und ist in diesem Sinne kein lokales Phänomen Zentralamerikas[2]. Die beiden größten und wichtigsten maras in Zentralamerika bilden die Mara Salvatrucha (MS 13) und die Mara Dieciocho (Mara 18), auch Barrio 18, Calle 18 oder Pandilla 18 genannt. Beide maras sind zum Schutz der zentralamerikanischen Migranten, die vor den Bürgerkriegen in ihre Heimatländer flohen, in den ihnen feindlich gesonnenen, verarmten Vierteln von Los Angeles in den USA entstanden. Während Mara Dieciocho von Mexikanern für zentralamerikanische Migranten gegründet wurde, bildete die Mara Salvatrucha zunächst eine ausschließlich salvadorianische Gruppierung. Im Jahr 1996 implementierte der US - Kongress die sogenannte Illegal Immigration Reform und den Immigrant Responsibility Act. Dadurch konnten Personen die keine US - Staatsbürgerschaft besitzen in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden. Zunächst waren vor allem straffällig gewordene Migranten davon betroffen[3]. Unter diesen Deportierten befanden sich viele mareros, wie die Mitglieder einer mara genannt werden. Sie trugen ihre Erfahrungen und ihren Lebenstil aus den USA in ihre Heimatländer, in denen sie lokale Ableger ihrer mara, sogenannte clicas, gründeten[4]. Im Fiskaljahr 1996 schoben die USA 2,769 Personen nach Honduras ab. Die Zahl der Deportierten stieg in den kommenden Jahren erheblich und für das Fiskaljahr 2007 wurde eine Repatriierung von über 30.000 Personen nach Honduras verzeichnet[5]. Durch diese Entwicklung schluckten die lokalen Ableger, clicas, vor allem der Mara Salvatrucha und Mara Dieciocho die lokalen pandillas in Zentralamerika und führten insgesamt zu einer Radikalisierung der Jugendbanden. Lediglich in Nikaragua und in geringerem Maße in Costa Rica bestehen noch pandillas, während sie in Guatemala, El Salvador und Honduras fast vollständig von den maras absorbiert wurden[6]. Die Einflusszone einer clica beschränkt sich im Wesentlichen auf ein bestimmtes Territorium, meistens ihre Nachbarschaft, die es gegen die Kontrahenten zu verteidigen gilt. Zwar schliessen sich clicas, die sich mit der gleichen mara assoziieren manchmal zusammen, um gegen ihre Kontrahenten vorzugehen, aber untereinander sind sie weder hierarchisch, noch transnational organisiert[7]. Die Mitgliederzahl der maras beläuft sich in Honduras laut einer Schätzung der honduranischen Regierung aus dem Jahre 2001 auf 35.000[8]. Diese Angaben decken sich mit den Angaben des Office on Drugs and Crime der Vereinten Nationen, die eine Anzahl von ca. 36.000 mareros in Honduras verortet[9]. Spezifisch für Honduras ist, dass mareros vermehrt von den Drogenkartellen in ihre Aktivitäten eingebunden werden, um strategisch wichtige Regionen für den Drogentransit entlang der Grenzen und Küstenlinie zu kontrollieren[10]. Trotz dessen sind die mareros vor allem in den beiden größten Städten Honduras, Tegucigalpa und San Pedro Sula, aktiv[11].

Die Jugend ist Schuld

Die schwierige sozio-ökonomische Situation, die Ineffektivität der Justiz und der Polizeikräfte verbunden mit der steigenden Kriminalität und Gewalt schafften eine Atmosphäre einer weitreichenden Unsicherheit in der honduranischen Bevölkerung. Für die meisten Bürger und Medien waren Strassenkinder und die maras verantwortlich für diese Entwicklung[12]. Vor allem die hohe Mordrate wurde den maras zugeschrieben. Laut Casa Alianza, einer NGO, die sich um die Rechte von Kindern sorgt, lag der prozentuale Anteil von Morden im Zusammenhang mit einer mara im Jahr 2000 bei 16%, im Jahr 2001 bei 18% und im ersten Halbjahr des Jahres 2002 bei 16 %[13]. Diese Zahlen decken sich nicht mit der weitverbreiteten Annahme, die Jugendlichen seien allein für die Unsicherheit im Land verantwortlich. Dennoch wurden diese Ängste von Politikern, wie dem Ex-Präsidenten Maduro, politisiert und die Bevölkerung unterstützte die Forderung nach repressiven Maßnahmen, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Um das Problem mit den maras in Honduras weiter zu verschärfen, instrumentalisierte man die US – Aussenpolitik. Zwar sahen die USA in den maras ebenfalls ein Problem für die demokratische Entwicklung, ordneten ihnen aber nicht die Dringlichkeit zu. So tätigte der honduranische Innenminister Oscar Alvarez 2004 eine nicht haltbare Aussage, die eine Verbindung zwischen Al-Qaeda und den Mara Salvatrucha lancierte. Wenig später folgte die ebenfalls haltlose Aussage, die kolumbianische FARC versuche mittels der honduranischen maras Ex-Präsident Maduro zu töten[14]. Die gewünschte Aufmerksamkeit der USA und auch der eigenen Bevölkerung, da man den Einfluss der US-Aussenpolitik in diesen Ländern nicht unterschätzen sollte, folgte prompt. Es wurde eine neue Special Task Force des FBI, die sich auf die maras in Zentralamerika und in den USA konzentrierte, gegründet. Es folgte die Eröffnung eines Büros dieser Task Force im Februar 2005 in San Salvador, um vor allem den Informationsaustausch zwischen Zentralamerika und den USA zu stärken[15]. Für die US – Aussenpolitik vermengten sich das organisierte Verbrechen, der Drogenschmuggel und die maras in Zentralamerika zu einer anti-social combination. Ganz im Sinne der honduranischen Elite gewann das Problem der maras durch die Neudefinierung der US - Aussenpolitik in Zentralamerika und in ihrem eigenen Land an Bedeutung.


cero tolerancia

Auf seinen Wahlkampfveranstaltungen, Maduro escucha (Maduro hört zu), mit Vertretern der Zivilgesellschaft und der Bevölkerung formulierte Ricardo Maduro Joest von der Nationalen Partei, partido nacional oder PN, sein Regierungsprogramm. In dessen Zentrum stand der Bereich Sicherheit, der mit dem Schlagwort der Cero Tolerancia versehen wurde, angelehnt an die zero tolerance - Politik des früheren Bürgermeisters von New York Rudolph Giuliani. Sie sollte der seit Jahren zunehmenden Kriminalität und Gewalt in Honduras Einhalt gebieten[16]. Am 27.11.2001 wurde Ricardo Maduro Joest von der Nationalen Partei zum Präsidenten Honduras gewählt. Um die Sicherheit für seine Bürger wiederherzustellen, wählte Maduro den einfachsten Weg, wie aus folgendem Interview ersichtlich wird.


Most of the gang members we were capturing were going free the next day because there wasn't enough evidence to hold them. We also had a hard time getting witnesses to give testimony because they were seeing gang members get out the next day and looking to avenge those who accused them. So, instead of taking the long route of accumulating proof of types of crimes committed, we opted to make it illegal to belong to gangs[17].


Der wichtigste Schritt seiner Null-Toleranz-Politik bildete eine Änderung des Artikels 332 des honduranischen Strafgesetzbuches. Am 13.08.2003 unterzeichnete der Präsident das Dekret 117-2003, wodurch eine Mitgliedschaft in einer mara illegal wurde. Das Dekret umfasst zwei Artikel, wovon lediglich der Erste inhaltlich relevant ist.


Artículo 332 – Asociación Ilícita. Se sancionará con la pena de nueve (9) a doce (12) anos(!) de reclusión y multa de Diez Mil (L. 10,000,00) a Doscientos Mil (L. 200,000,00) Lempiras a los jefes o cabecillas de maras, pandillas y demás grupos que se asocien con el propósito permanente de ejecutar cualquier acto constitutivo de delito. … Con la misma pena de reclusión establecida en el párrafo anterior rebajada en un tercio (1/3), se sancionará a los demás miembros de las referidas asociaciones ilícitas. … Son jefes o cabecillas, aquellos que se destaquen o identifiquen como tales y cuyas decisiones influyan en el ánimo y acciones del grupo.[18]


Artikel 332 – Verbotene Organisation. Es werden mit einer Strafe von 9 bis 12 Jahren Haft sowie einer Geldbuße von 10,000 Lempiras bis 200,000 Lempiras Anführer oder führende Köpfe der maras, pandillas und weiterer Gruppen bestraft, welche sich asoziieren mit dem beständigen Vorsatz des Ausführens von Akten die sich als Straftaten konstituieren...Mit der Herabsetzung von 1/3 der vorher beschriebenen Haftstrafe in diesem Paragraphen sind weitere Mitglieder, die den genannten verbotenen Organisationen angehören zu bestrafen...Anführer oder führende Köpfe sind Jene, die sich abheben und [...] und deren Entscheidungen das Lebensgefühl und die Aktionen der Gruppe beeinflussen.


Am 23.12.2004 massakrierte eine schwerbewaffnete Gruppe 28 Personen, darunter sechs Kinder, während ihrer Weihnachtseinkäufe in San Pedro Sula, bei ihrem Angriff auf einen städtischen Bus. Das Täterumfeld wurde mit der Mara Salvatrucha in Verbindung gebracht [19]. Daraufhin erfolgte eine Verschärfung der Gesetzgebung durch das Dekret 223-2004, welches im Februar 2005 implementiert wurde. Die Haftstrafe in Artikel 332 des Strafgesetzbuches für die Mitgliedschaft in einer verbotenen Organisation wurde auf 20 bis 30 Jahre angehoben, sowie das Bußgeld von 100,000 Lempiras bis 300,000 Lempiras, für Anführer dieser Organisation heraufgesetzt. Die Herabsetzung des Strafmaßes von 1/3 für weitere Mitglieder blieb bestehen[20].

Zur Durchsetzung seiner Null-Toleranz-Politik wurden 8,000 Polizisten sowie 3,000 Angehörige der Armee speziell dafür eingesetzt mareros aufzuspüren und zu verhaften. Weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Polzei und Militär zum Patroullieren in urbanen Umgebungen folgten[21]. Des Weiteren wurden die Kompetenzen der Polizei Verdächtige festzusetzen und zu verhaften, ausgeweitet[22].

Die auffälligsten Defizite der Gesetzgebung bilden zum einen die Verletzung der Unschuldsvermutung, wie sie auch vom früheren Richter des obersten Gerichtshofes José María Palacios kritisiert wurde[23]. Zum anderen fehlt eine Definition einer mara/ pandilla bzw. eines marero/ pandillero, wie sie beispielsweise in den Anti-Mara-Gesetzen El Salvadors zu finden ist, was einen großen interpretativen Spielraum zulässt. So werden in Honduras trotz einer fehlenden Definition eines mareros Jugendliche primär aufgrund ihrer äußeren Erscheinung, zumeist Tätowierungen, als Mitglieder einer mara festgesetzt [24]. Jegliche Versuche die Änderungen an Artikel 332 des honduranischen Strafgesetzbuches durch eine Verfassungswidrigkeit anzufechten, wurden vom Obersten Gerichtshof abgeschmettert[25].

Am 27.01.2006 übernahm José Manuel Zelaya Rosales der liberalen Partei das Präsidentenamt. Zunächst verkündete er durch Dialog und Reintegrierungs- und Bildungsmaßnahmen den Jugendlichen eine Perspektive bieten zu wollen, fiel jedoch schnell wieder in die alten repressiven Muster zurück. Ab September 2006 wurden die Polizei- und Militärkräfte in den Strassen kontinuierlich verstärkt, um Verdächtige zu verfolgen und festzusetzen[26].


Auswirkungen der Null – Toleranz – Politik. Eine Spirale der Gewalt.

Zwischen 2002 und 2003 sanken laut Angaben der Regierung die Raubdelikte, der Diebstahl von Fahrzeugen, Entführungen sowie Bankraub, was als erfolgreiche Umsetzung der Null-Toleranz-Politik[27] und ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung der Sicherheit im Land gefeiert wurde. Im Gegensatz dazu stieg die Mordrate im genannten Zeitraum um 17%[28]. Es entwickelte sich in Honduras eine Spirale der Gewalt ungekannten Ausmaßes, die im Jahr 2011 mit einer Mordrate von 86,5 auf 100.000 Einwohner erneut einen Höchststand erreichte[29]. Dies bedeutet, dass Im Durchschnitt jeden Tag 20 Menschen in Honduras ermordet wurden. Zum Vergleich lag die Mordrate 2005 bei 37,0 auf 100.000 Einwohner[30]. Folglich stieg die Mordrate um 229,7% in sechs Jahren. Für die Zahlen aus dem Jahre 2011 existieren auch Analysen über die Motive der Morde, die einen interessanten Einblick in ein Land geben, das von Gewalt beherrscht wird. Zunächst einmal konnte bei 57, 5 % der Mordfälle kein Motiv geklärt werden. Für die restlichen 42,5 % gibt es vom Instituto Universitario en Democracia, Paz y Seguridad (Universitäres Institut für Demokratie, Frieden und Sicherheit, IUDPAS) folgende Zahlen: 27,1 % entfallen auf Auftragsmorde, die in Honduras mit einigen, vergleichsweise wenigen, Dollar durch (Ex-)Polizisten, (Ex-)Militärs oder mareros erkauft werden können; 1,2 % bzw. 84 Morde entfallen auf Polizisten und erst danach folgen Morde durch die maras mit 77 Fällen [31].


Reaktion der maras

Die Reaktion der maras auf die Gesetzgebung ließ nicht lange auf sich warten. Am 30.08.2003, knapp zwei Wochen nach Implementierung der Änderung des Artikels 332 des Strafgesetzbuches, attackierten mareros einen städtischen Bus in San Pedro Sula. Sie töteten 14 Personen, 18 weitere Personen wurden verletzt. Zudem hinterließen sie eine Nachricht an Präsident Maduro seine Gesetzgebung zurückzuziehen. Im folgenden Jahr wurden 10 verstümmelte Leichen mit Nachrichten an den Präsidenten aufgefunden, die die Morde und Verstümmelungen als Reaktion auf außergerichtliche Tötungen durch Kräfte des Staates an den mareros deklarierten. Das Busattentat in San Pedro Sula in der Weihnachtszeit 2004 galt als Antwort auf den Tod von 105 Gefängnisinsassen, die bei einem Feuer in einem Gefängnis misteriös ums Leben kamen und war gleichzeitig der Auslöser für die Heraufsetzung der Haftstrafen in Bezug auf die maras (siehe Dekret 223 – 2004)[32].


Gefängnisse

Durch eine Verhaftungswelle, die mit der Poltitk der Null-Toleranz-Politik einherging, besaß Honduras bereits im Jahr 2002 mit einem Wert von 207,6 % die höchste Überbelegungsrate in Gefängnissen in ganz Latein Amerika. 78,5% der Gefängnisinsassen waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig verurteilt und warteten auf ihre Anhörung[33]. Dem entsprechend sind die Konditionen in den Gefängnissen mangelhaft. Insassen sterben jedes Jahr sowohl durch andere Insassen als auch durch das Einwirken von Strafvollzugsbeamten [34]. Immer wieder kommt es in den Gefängnissen zu Gewaltausbrüchen zwischen rivalisierenden maras oder zu verheerenden Brandstiftungen, deren Ursachen sehr zweifelhaft sind[35]. Es wird berichtet, dass Strafvollzugsbeamte auch auf Insassen schiessen, die sich retten wollen, Schlüssel für Gefängnistrakte abhanden kommen oder die Feuerwehr erst sehr spät ihre Aufgabe wahrnehmen kann. Man sollte sich vor Augen führen, dass ein Teil der Insassen, die bei diesen Vorfällen sterben, nicht rechtskräftig von einem Gericht zu einer Haftstrafe verurteilt wurde.


Außergerichtliche Hinrichtungen

Ein schwerwiegendes Problem in Honduras sind außergerichtliche Hinrichtungen, vor allem von Jugendlichen. Immer wieder wird die Polizei mit einer Kampagne von sozialer Säuberung in Verbindung gebracht[36]. Jedes Jahr werden Hunderte von Leichen von gefesselten Jugendlichen mit einem Schuss in den Hinterkopf aufgefunden[37]. Dabei wird zwischen mareros und Strassenkindern kein Unterschied gemacht. Casa Alianza, eine NGO, die sich um die Rechte von Kindern bemüht, berichtet, dass zwischen 1998 und 2007 knapp 4000 Kinder und Jugendliche Opfer von außergerichtlichen Tötungen wurden, ohne dass eine Ermittlung in den meisten Fällen stattfindet[38]. Dabei sollen die Täter Hilfe von Mitgliedern der Polizei und des Militärs erhalten haben bzw. diese sich selbst an sozialen Säuberungen beteiligt haben[39]. Auch das US - State Department bestätigte 2005 die Existenz von paramilitärischen Todesschwadronen, die mareros bzw. Jugendliche im Allgemeinen mit Wissen bzw. Hilfe des Staates attackieren[40]. Mittlerweile werden jeden Tag 3 Jugendliche bzw. Kinder in Honduras ermordet[41]. Immer wieder werden Polizei, Militär und private Sicherheitsdienste mit diesen Vergehen in Verbindung gebracht[42]. Auch Selbstjustiz durch Anwohner ist in Honduras vorzufinden. So lynchten Bewohner eines Dorfes südöstlich der Hauptstadt zwei mareros, die beschuldigt wurden einen Ladenbesitzer ermordet zu haben[43].


Straflosigkeit

Kritiker werfen der Null-Toleranz-Politik der honduranischen Regierung sowie der Dämonisierung der Jugendlichen durch die Medien vor, eine Kultur in dem Land geschaffen zu haben, bei der die Tötung von Jugendlichen nicht mehr verfolgt wird und sich deshalb eine Kultur der Straflosigkeit etablierte[44]. Ein Beispiel ist die Entlassung der früheren Leiterin der Abteilung für Innere Angelegenheiten, Maria Luisa Borjas, im Jahre 2002, deren Aufgabe die Strafverfolgung von honduranischen Polizisten war. Sie äußerte Beweise für die Existenz der polizeilichen Todesschwadron, Los Magnificos, zu haben, deren Aufgabe es sei Jugendliche außergerichtlich zu töten. Weiterhin soll laut Borjas der damalige Polizeichef, Salomon Escoto Salinas, Beweise vernichtet haben, die die Polizei mit extralegalen Tötungen in Verbindung brachte[45]. Immer wieder wurde in der Vergangenheit die Straflosigkeit angeprangert. So sollen von den Tausenden von Morden an Jugendlichen weniger als 50 % gelöst worden sein[46]. Da vor allem die Medien die Ermordung von Jugendlichen meist in einen Kontext von mara-Rivalitäten verorten und die Jugendlichen, speziell die mareros, von der Öffentlichkeit und den Autoritäten von vornherein kriminalisiert werden, ist der Aufklärungsbedarf solcher Tötungsdelikte gering[47].

Fußnoten

  1. Muggah, Rodgers 2009, S.6
  2. Muggah, Rodgers 2009, S.5
  3. Muggah, Rodgers 2009, S.6
  4. Muggah, Rodgers 2009, S.6
  5. Muggah, Rodgers 2009,S.6
  6. Muggah, Rodgers 2009, S.5
  7. Muggah, Rodgers 2009, S.7
  8. Berkman 2006,S.5
  9. Orozco, Rouse 2010, S.8
  10. Orozco, Rouse 2010, S.9
  11. Orozco, Rouse 2010, S.8
  12. International Court of Justice, S.1
  13. Amnesty International, S.8
  14. Muggah, Rodgers 2009, S9
  15. Muggah, Rodgers 2009, S.9
  16. Minkner-Bünjer 2001, S.254
  17. Berkman 2006, S.6
  18. La Gaceta 2003
  19. International Court of Justice, S.2 f.)
  20. La Gaceta 2005
  21. Muggah, Rodgers, Jütersonke 2009, S.10f.
  22. Berkman 2006, S.6
  23. Berkman 2006, S.7
  24. Berkman 2006, S.7 und Orozco, Rouse 2010, S.8 f.
  25. International Court of Justice, S.2
  26. Meyer, Sullivan 2009, S.11; International Court of Justice, S.2; Orozco, Rouse 2010, S.8
  27. Berkman 2006, S.6
  28. Berkman 2006,S.6
  29. IUDPAS 2012, S.4
  30. IUDPAS 2012, S.4
  31. IUDPAS 2012, S.3
  32. Muggah, Rodgers 2009, S.10
  33. Berkman 2006, S.6f.; The Guardian 2012
  34. International Court of Justice, S.3
  35. Micek 2004; Ungar 2012
  36. Campbell 2004, S.5
  37. Kleeman 2007; Orozco, Rouse 2010 S8 f.
  38. Amnesty International, S.7; Orozco, Rouse 2010, S.9; Carroll 2010
  39. Orozco, Rouse 2010, S.8 f.; Campbell 2004, S.6; Berkman 2006, S.9
  40. Muggah, Rodgers, Jütersonke 2009, S.11
  41. Carroll 2010
  42. Campbell 2004, S.6
  43. International Court of Justice, S.1
  44. Kleeman 2007
  45. Kleeman 2007
  46. Carroll 2010
  47. Amnesty International, S.8

Quellen


Weiterführende Links

Videos

  • Ein ca. 30 min. Video über Honduras in Englisch mit einem Schwerpunkt auf Tattooentfernungen. Hier
  • Eine BBC Dokumentation in Englisch über maras in salvadorianischen Gefängnissen. Hier
  • Eine BBC Dokumentation über die Mara 18 in Englisch. Hier
  • Aus Ross Kemp Filmreihe, die gefährlichsten Gangs der Welt, Folge El Salvador in Deutsch. Hier
  • Ein 10 min. Video vom chilenischen Narichtensender Canal 24 Horas über El Salvador in Spanisch. Hier
  • Ein ca. 45 min. Interview des salvadorianischen Canal 12 mit einem Mitglied der Mara 18 in Spanisch. Hier
  • Ein ca. 45 min. Interview des salvadorianischen Canal 12 mit einem Mitglied der Mara Salvatrucha in Spanisch.Hier
  • Die Dokumentation La vida loca von Christian Poveda offenbahrt einen länger dokumentierten Einblick in das Leben von Mitgliedern der Mara 18 in El Salvador. In Deutsch siehe Hier.

Literatur

  • Für mehrere Publikationen zum Thema pandillas bzw. maras in El Salvador siehe Instituto Universitario de Opinión Pública (IUDOP), der Universidad Centroamericana José Simeón Cañas, El Salvador. nur Spanisch