Workplace violence: Unterschied zwischen den Versionen

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== Definition ==
== Definition ==


Im Gegensatz zum deutschen „Gewalt am Arbeitsplatz“ geht die mittlerweile international gültige Definition der „workplace violence“ weiter:
Im Gegensatz zum deutschen „[[Gewalt]] am Arbeitsplatz“ geht die mittlerweile international gültige Definition der „workplace violence“ weiter:


''Vorfälle, bei denen Personen im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit bedroht, misshandelt oder in ihrer psychischen oder physischen Gesundheit angegriffen werden.''
''Vorfälle, bei denen Personen im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit bedroht, misshandelt oder in ihrer psychischen oder physischen Gesundheit angegriffen werden.''
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Damit werden nicht nur non physische Angriffe mit eingeschlossen, sondern auch Vorfälle, die sich lediglich im engeren Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz darstellen, jedoch nicht unmittelbar an diesem statt fanden.
Damit werden nicht nur non physische Angriffe mit eingeschlossen, sondern auch Vorfälle, die sich lediglich im engeren Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz darstellen, jedoch nicht unmittelbar an diesem statt fanden.
(Canadian Centre for Occupational Health and Safety (CCOHS))[http://www.ccohs.ca/oshanswers/psychosocial/violence.html]
(Canadian Centre for Occupational Health and Safety (CCOHS))[http://www.ccohs.ca/oshanswers/psychosocial/violence.html]


== Typisierung des FBI ==
== Typisierung des FBI ==
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Eine  Sonderform ist die Sabotage von Maschinen oder Arbeitsgeräten oder die Entwendung und Verbreitung von Firmengeheimnissen.
Eine  Sonderform ist die Sabotage von Maschinen oder Arbeitsgeräten oder die Entwendung und Verbreitung von Firmengeheimnissen.


''''''Typ 4:''' Häusliche Gewalt''',  
''''''Typ 4:''' [[Häusliche Gewalt]]''',  
bei der der Täter meist nicht in dem Betrieb arbeitet, er diesen jedoch als Tatort wählt, da er weiß, dass sich sein Opfer dort regelmäßig aufhält.
bei der der Täter meist nicht in dem Betrieb arbeitet, er diesen jedoch als Tatort wählt, da er weiß, dass sich sein [[Opfer]] dort regelmäßig aufhält.
[http://www.fbi.gov/publications/violence.pdf]
[http://www.fbi.gov/publications/violence.pdf]
In diesem Zusammenhang kommt es meißt zu Fällen von [[Stalking]].


== Situation in den USA ==
== Situation in den USA ==
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In Deutschland ist besonders das Mobbing [http://de.wikipedia.org/wiki/Mobbing] bekannt, welches eine psychische Form des "workplace violance", in Form von Beschimpfungen, Bedrohungen und gezieltem Ausschließen, darstellt.  
In Deutschland ist besonders das Mobbing [http://de.wikipedia.org/wiki/Mobbing] bekannt, welches eine psychische Form des "workplace violance", in Form von Beschimpfungen, Bedrohungen und gezieltem Ausschließen, darstellt.  
Dieses ist im englischsprachigen Raum als „Bullying“ bekannt.
Dieses ist im englischsprachigen Raum als „Bullying“ bekannt.[http://www.dguv.de/inhalt/praevention/aktionen/abba_projekt/weiter_info/Lexikon_Gewalt%5B1%5D.pdf]


Die erste Studie zur "workplace violence" in Deutschland wurde 2009 von der Technischen Universität Darmstadt unter der Leitung von Dr. Jens Hoffmann vorgestellt.  
Die erste Studie zur "workplace violence" in Deutschland wurde 2009 von der Technischen Universität Darmstadt unter der Leitung von Dr. Jens Hoffmann vorgestellt.  


Bei den 20 in der Studie ausgewerteten Fällen in Deutschland starben 21 Menschen, und mehr als zehn wurden zum Teil schwer verletzt. [http://idw-online.de/pages/de/news332075]
Bei den 20 in der Studie ausgewerteten Fällen in Deutschland starben 21 Menschen, und mehr als zehn wurden zum Teil schwer verletzt. [http://idw-online.de/pages/de/news332075]


== Gründe für Workplace violence ==
== Gründe für Workplace violence ==
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Während bei Tattyp 1 und 4 die Verhältnisse am Arbeitsplatz kaum ein Rolle spielen, sind diese bei den Tattypen 2 und 3 meist Hauptursache für die Gewalt.
Während bei Tattyp 1 und 4 die Verhältnisse am Arbeitsplatz kaum ein Rolle spielen, sind diese bei den Tattypen 2 und 3 meist Hauptursache für die Gewalt.


Nach dem Psychologen Thomas Müller, der das Thema "workplace violence" als erster im Deutschsprachigen Raum aufgriff, sind dies Stress, Mangel an eigener Identifizierung mit dem Betrieb und eine massive persönliche Belastungssituation.  
Nach dem Psychologen [[Thomas Müller]], der das Thema "workplace violence" als erster im Deutschsprachigen Raum aufgriff, sind Stress, Mangel an eigener Identifizierung mit dem Betrieb und eine massive persönliche Belastungssituation Hauptgründe dafür, das bisher unauffällige Mitarbeiter "plötzlich ausrasten".  
Nach Müller werde die "workplace violence" zu einem der größten Probleme unserer Zeit:
Nach Müller werde die "workplace violence" zu einem der größten Probleme unserer Zeit:


Er begründet seine These damit, dass die Arbeitswelt immer anonymer werde, sich immer weniger Menschen mit ihrer Arbeit identifizierten, sich als Manövriermasse der Beraterunternehmen in Zeiten der Fusionen fühlten, als lästiges Übel.
Er begründet seine These damit, dass die Arbeitswelt immer anonymer werde, sich immer weniger Menschen mit ihrer Arbeit identifizierten und sich daherh als Manövriermasse der Beraterunternehmen in Zeiten der Fusionen fühlten, als lästiges Übel.
 
   
   
''"In der heutigen Zeit, in der aus ökonomischen Gründen umstrukturiert, vereinfacht und zusammengelegt wird, geht häufig die Identifikation mit dem Unternehmen verloren", sagt Müller. Wenn außerdem bei manchen Mitarbeitern wegen schlechter Kommunikation der Eindruck entsteht, dass hinter den ganzen Reformen und Umstrukturierungen kein Konzept stehe, dürfe man sich über anonyme Mails nicht wundern, über Beschimpfungen, Beschuldigungen oder betriebsschädigende Handlungen."''
''"In der heutigen Zeit, in der aus ökonomischen Gründen umstrukturiert, vereinfacht und zusammengelegt wird, geht häufig die Identifikation mit dem Unternehmen verloren", sagt Müller. Wenn außerdem bei manchen Mitarbeitern wegen schlechter Kommunikation der Eindruck entsteht, dass hinter den ganzen Reformen und Umstrukturierungen kein Konzept stehe, dürfe man sich über anonyme Mails nicht wundern, über Beschimpfungen, Beschuldigungen oder betriebsschädigende Handlungen."''
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Die Folgen von "workplace violence" für die Wirtschaft sind enorm. Schätzungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungen gehen davon aus, dass Mitarbeiter deutscher Unternehmen ihren Arbeitgebern jährlich einen Schaden in Milliardenhöhe zufügen. [http://pit-test.com/content/section/5/46/]
Die Folgen von "workplace violence" für die Wirtschaft sind enorm. Schätzungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungen gehen davon aus, dass Mitarbeiter deutscher Unternehmen ihren Arbeitgebern jährlich einen Schaden in Milliardenhöhe zufügen. [http://pit-test.com/content/section/5/46/]


Die Betroffenen leiden vielfach noch lange nach der Tat an Depressionen, Angstzuständen oder körperlichen Auswirkungen, die oftmals zu geringerer Produktivität, Fehlzeiten oder Berufsunfähigkeit führen.[http://www.vida.at/servlet/ContentServer?pagename=S03/Page/Index&n=S03_83] Damit einher gehen hohen Kosten für das Gesundheitswesen. So ergab eine Studie bei 550 Stalkingopfern (Tattyp 4), dass jeder vierte Betroffene mindestens einmal krank geschrieben war. Die durchschnittliche Dauer der Krankschreibung betrug 61 Tage.  
Die Betroffenen leiden vielfach noch lange nach der Tat an Depressionen, Angstzuständen oder körperlichen Auswirkungen, die oftmals zu geringerer Produktivität, Fehlzeiten oder Berufsunfähigkeit führen.[http://www.vida.at/servlet/ContentServer?pagename=S03/Page/Index&n=S03_83] Damit einher gehen hohe Kosten für das Gesundheitswesen. So ergab eine Studie bei 550 [[Stalking]]opfern (Tattyp 4), dass jeder vierte Betroffene mindestens einmal krank geschrieben war. Die durchschnittliche Dauer der Krankschreibung betrug 61 Tage.  
[http://www.bedrohungsanalyse.de/files/bevor_die_vernunft_versagt.pdf]
[http://www.bedrohungsanalyse.de/files/bevor_die_vernunft_versagt.pdf]


Laut einer DAK-Statistik stiegen die Arbeitsunfähigkeitstage ihrer Mitglieder auf Grund psychischer Erkrankungen zwischen 1997 und 2004 um 69 Prozent. Ein Teil dieser Erkrankungen dürfte auf "workplace violence" zurückzuführen sein.
Laut einer DAK-Statistik stiegen die Arbeitsunfähigkeitstage ihrer Mitglieder auf Grund psychischer Erkrankungen zwischen 1997 und 2004 um 69 Prozent. Ein Teil dieser Erkrankungen dürfte auf "workplace violence" zurückzuführen sein.
[http://www.ksta.de/html/artikel/1173681456782.shtml]
[http://www.ksta.de/html/artikel/1173681456782.shtml]
Der betriebswirtschaftliche
Schaden wird auf ungefähr 50 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.
Der Verlust für die Volkswirtschaft beläuft sich nach Schätzungen auf bis zu 100 Milliarden Euro.
[http://www.fairness-stiftung.de/ps/pdf/NahKampfWDR.pdf]


== Risikoerkennung ==
== Risikoerkennung ==


Eine möglicher Risikoeinschätzung kann zunächst über die Art des betroffenen Betriebes erfolgen.
Eine möglicher Risikoeinschätzung kann zunächst über die Art des betroffenen Betriebes erfolgen.
Nach Einschätzung des Canadian Centre for Occupational Health and Safety ist besonders gefährdet Opfer von "workplace violence" zu werden, wer:
Nach Einschätzung des Canadian Centre for Occupational Health and Safety ist besonders gefährdet Opfer von "workplace violence" zu werden, wer:


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- Hausbesuche macht oder einen mobilen Arbeitsplatz hat
- Hausbesuche macht oder einen mobilen Arbeitsplatz hat
[http://www.ccohs.ca/oshanswers/psychosocial/violence.html#_1_3]
[http://www.ccohs.ca/oshanswers/psychosocial/violence.html#_1_3]




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[http://www.bedrohungsanalyse.de/files/bevor_die_vernunft_versagt.pdf]
[http://www.bedrohungsanalyse.de/files/bevor_die_vernunft_versagt.pdf]
== Möglichkeiten der Intervention bei Tattypen 1 und 4 ==
Auch in Behörden kommt es neuerdings vermehrt zu Gewalttaten durch Kunden an den Mitarbeitern.
Aus diesem Grund hat die Stadt Hamburg eine "AG Gewalt" gegründet, in der dieses Problem thematisiert wurde.
Dort wurde ein Katalog an Maßnahmen zusammengefasst:
* Festlegen, was als "aggressiver Übergriff" gilt, welche Folgen dieser hat, und regelmässige Fortbildungen zum Umgang mit solchen Taten
* Bauliche Maßnahmen in Form geeigneter Arbeitsräume, besonders beim Umgang mit bekannt aggressivem Klientel
* Hinweise an Mitarbeiter, bei geplantem Kontakt mit bekanntermaßen gewalttätigen Personen
* Anstellung eines Wachschutzes und Schaffung eines stets besetzten Empfangsbereiches
* Erlass eines Verbots zum Mitführen von Waffen und Hunden
* ggf. Bereitstellung von Mobiltelefonen und anderen technischen Möglichkeiten des Notrufs
[http://www.hamburg.de/gewalt-am-arbeitsplatz/]
Darüber hinaus finden ständige Zählungen derartiger Vorfälle statt.
Aus den Auswertungen dieser Berichte sollen wirksame Gegenstrategien entwickelt werden.
Weiterhin beschreibt Hoffmann, dass "Privates nicht immer privat bleiben" sollte. [http://www.bedrohungsanalyse.de/files/bevor_die_vernunft_versagt.pdf]
Dies gilt, seiner Meinung nach, insbesondere für häusliche Gewalttaten gegen Mitarbeiter, welche sich auf den Arbeitsplatz ausweiten (Tattyp 4). Hoffmann beschreibt ein Beispiel, an dessen Ende die Ermordung einer Hotelmitarbeiterin steht.
Dieser geschah an ihrem Arbeitsplatz, an den sich der Täter einschleichen konnte, da keiner der Mitarbeiter und Vorgesetzten des Opfers von der Gefahr wusste.


== Möglichkeiten der Intervention bei Tattypen 2 und 3 ==
== Möglichkeiten der Intervention bei Tattypen 2 und 3 ==
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3.  Informationsrecherche und tiefere Analyse anhand der Personalakten und durch Gespräche mit Vorgesetzten.  
3.  Informationsrecherche und tiefere Analyse anhand der Personalakten und durch Gespräche mit Vorgesetzten.  
Weiterhin: Einbeziehung geschulter Gesprächspartner oder externer Experten.
Weiterhin: Einbeziehung geschulter Gesprächspartner oder externer Experten.


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Thomas Müller, Gierige Bestie: Erfolg. Demütigung. Rache  [ISBN 3499622335]  
Thomas Müller, Gierige Bestie: Erfolg. Demütigung. Rache  [ISBN 3499622335 <A href='www.pickitisbn:3499622335'><img style='border: 0px none' src='https://www.citavi.com/softlink?linkid=findit' title='Titel anhand dieser ISBN in Citavi-Projekt übernehmen'/></A>]  


Hoffmann/ Wondrak, Amok und zielgerichtete Gewalt an Schulen, [ISBN 3866760116]
Hoffmann/ Wondrak, Amok und zielgerichtete Gewalt an Schulen, [ISBN 3866760116 <A href='www.pickitisbn:3866760116'><img style='border: 0px none' src='https://www.citavi.com/softlink?linkid=findit' title='Titel anhand dieser ISBN in Citavi-Projekt übernehmen'/></A>]


Peter Langmann, Amok im Kopf: Warum Schüler töten, [ISBN 3407858876]
Peter Langmann, Amok im Kopf: Warum Schüler töten, [ISBN 3407858876 <A href='www.pickitisbn:3407858876'><img style='border: 0px none' src='https://www.citavi.com/softlink?linkid=findit' title='Titel anhand dieser ISBN in Citavi-Projekt übernehmen'/></A>]


== Zeitschriften und Magazine ==
== Zeitschriften und Magazine ==
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http://pit-test.com/content/section/5/46/
http://pit-test.com/content/section/5/46/
http://www.vida.at/servlet/ContentServer?pagename=S03/Page/Index&n=S03_83
http://www.fairness-stiftung.de/ps/pdf/NahKampfWDR.pdf
http://www.dguv.de/inhalt/praevention/aktionen/abba_projekt/weiter_info/Lexikon_Gewalt%5B1%5D.pdf