Definition

Der Begriff Viktimologie stammt aus dem Lateinischen, es bezieht sich auf das Wort "victima", dessen Wortstamm von "vincire" = binden und "vincere" = siegen herrührt. Sie befasst sich mit der Persöhnlichkeit, Umwelt und dem Verhalten des Opfers, desweiteren erforscht die Viktimologie die Beziehung zwischen Opfern und Tätern, die Folgen für die Opfer einer Straftat, (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Viktimologie, 10.10.2007) und hat sich den Prozess der Opferwerdung (Viktimisierung) als Forschungsobjekt gemacht.


Siehe auch: Stockholm-Syndrom


Erläuterung

In wissenschaftlichen Diskussionen bleibt es weiterhin ungeklärt, ob die Viktimologie eine eigenständige Wissenschaft ist oder eine Teildisziplin der Kriminologie. Allerdings geht man davon aus, dass es sich um ein wichtiges Teilgebiet der Kriminologie mit der Verknüpfung bzw. Interaktion zwischen den Variablen Täter, Opfer und Tatsituation unter Berücksichtigung der Entstehungs- und Kontrollprozesse im Zusammenhang mit Straftaten handelt. In den 60er Jahren hatte sich vor allen Dingen in den USA die Opferbefragung zu einem regelmäßig und vielerorts eingesetzten Erhebungsinstrument entwickelt (vgl. Fattah/Sacco 1989, Gottfredson 1984, Hough 1985 unter anderem). Dieser Boom von Opferbefragungen führte zu einer Verlagerung des Forschungsinteresses vom Täter auf das Opfer. Durch Befunde der Opferbefragungen stimuliert, hat sich heute die Viktimologie zu einer eigentständigen kriminologischen Disziplin entwickelt. Aufgabe und Ziel der Viktimologie ist es, alle individuellen, sozialen und gesellschaftsstrukturellen Prozesse aus der Perspektive des Opfers zu ermitteln und aus diesen Erkenntnissen vorbeugende Strategien zu erstellen.

Allgemeines

Viktimisierung ist ein Fachbegriff, der in den Disziplinen Kriminologie, Psychologie und den Sozialwissenschaften gebraucht wird. Seine Verwendung in den Sozialwissenschaften ist nicht ausführlich definiert. Zumeist steht das Wort in Verbindung mit struktureller Benachteiligung, d.h. es beschreibt den Vorgang der Zuschreibung einer Opferrolle an einzelne Mitglieder oder Gruppen der Gesellschaft zumeist durch Mitglieder dominanter gesellschaftlicher Gruppen, Institutionen oder Ideologien. Menschen können durch Gewalterfahrungen wie Diskriminierung, Missbrauch, Rassismus oder Krieg zum Opfer werden. Hierbei ist das Konzept der erlernten Hilflosigkeit von erheblicher Bedeutung. Durch das Labelling kann eine Opferrolle, Opferstatus oder ein Opfermythos entstehen (Lebe, 2003).

Wie bereits in der Definition erwähnt ist Viktimologie eine Teildisziplin der Kriminologie und beschäftigt sich sowohl mit der Opferwerdung und den daraus resultierenden Reaktionen sowie mit deren prozesshaften Voraussetzungen. Die Interaktion zwischen Opfer und Täter, sowie zwischen Opfer und sozialen Kontrollinstitutionen (Justiz), soziales Umwelt und Einrichtungen sind der Fokus der Viktimisierung (Lebe, 2003).

In der Psychologie wird der Terminus sekundäre Viktimisierung verwendet und bezieht sich auf die Reaktionen (Teilnahmslosigkeit, ablehnende Äusserungen, moralische Vorwürfe usw.) der sozialen Umgebung des Opfers. Auch die wiederholte Begegnung mit dem Täter kann zur sekundären Viktimisierung führen, dies wird jedoch vom Opferhilfsgesetz geregelt (Lebe, 2003).

Geschichte der Viktimologie

Erste Ansätze einer systematischen Betrachtung des Opfers kamen von dem deutschen Kriminologen Hans von Hentig (1887-1974). Auch Benjamin Mendelson legte 1947 den Fokus auf die Opferwissenschaft. Henri Ellenberg machte auf die soziale Isolation aufmerksam, die als Risikofaktor für die Opferwerdung anzusehen ist. 1963 wurde in Neuseeland das erste Gesetz zur Opferentschädigung erlassen, erst 13 Jahre später wurde dieses Gesetz in Deutschland implementiert. Im selben Jahr 1976 wurde der Verein "Der Weisse Ring" gegründet. 1979 wurde in Münster die World Society of Victimology ins Leben gerufen und 1983 wurde die Europäische Konvention über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten durch den Ministerrat des Europarates in Straßburg anerkannt (Heller, 2007).

Traditionelle Viktimisierungstheorien

Fokus aller Opfertypologien ist die Frage nach der Ursache der Opferwerdung. Der Grundgedanke hierfür ist die Tatsache der Disposition, mit andern Worten, es ist anzunehmen, dass manche Menschen eher Opfer von Straftaten werden als andere. Opfertypologien sollen nicht etikettieren und noch weniger stigmatisieren, sondern vielmehr die möglichen Opfer auf ihre Disposition hinweisen und somit präventiv handeln zu können. Es geht darum Wege der gefahrenvermeidung aufzuzeigen.

abs

Literatur

Fattah Ezzat / Sacco Vincent (1989): Crime and victimization of the elderly. New York.

Gottfredson, Michael (1984): Victims of crime. The dimensions of risk. London.

Hillenkamp, Thomas (1983): Der Einfluß des Opferverhaltens auf die dogmatische Beurteilung der Tat. Gieseking, Bielefeld.

Hinrichs, Reimer (1987): Chronische Verbrechensopfer. Thieme, Stuttgart.

Hough, Mike (1985): The impact of victimisation. Findings of the British Crime Survey. In: Victimology 10. 488-497.

Kiefl, Walter (1986): Soziologie des Opfers. Fink, München.

Kirchhoff, Gerd Ferdinand (Hg.) (1979): Das Verbrechensopfer. Ein Reader zur Viktimologie. Studienverlag Brockmeyer, Bochum.

Mitsch, Wolfgang (2004): Rechtfertigung und Opferverhalten. Kovac, Hamburg.

Stadler, Lena (2006): Viktimologie des Stalking. Shaker, Aachen.

Zeitschriften

Viktimologie und Opferrechte (VOR); Schriftenreihe der Weisser Ring Forschungsgesellschaft. Insbruck, Wien, München (u.a.), Studienverlag.

Victimology (1976-1985)

Links

http://www.tokiwa.ac.jp/~tivi/index_e.html (Tokiwa International Victimology Institute)

http://www.worldsocietyofvictimology.org/ (The World Society of Victimology)

http://www.victimology.nl/ (International Victimology Web Site)