Spezialprävention: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Spezialprävention'''
== Spezialprävention ==




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Die verfechter der Spezialprävention bestimmen sich nach weitläufigen empirischen Bedingungen (der Gefährlichkeit) des Täters. Die Tat wird nur als eine Bedingung unter anderen für eine weiterreichende Gefahrenpotentialbeurteilung und darauf reagierenden Präventionszwang genommen. (August Köhler, Der Vergeltungsgedanke und seine Politische Bedeutung, 1978)  
Die verfechter der Spezialprävention bestimmen sich nach weitläufigen empirischen Bedingungen (der Gefährlichkeit) des Täters. Die Tat wird nur als eine Bedingung unter anderen für eine weiterreichende Gefahrenpotentialbeurteilung und darauf reagierenden Präventionszwang genommen. (August Köhler, Der Vergeltungsgedanke und seine Politische Bedeutung, 1978)  
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Der spezialpräventive Zweck der Strafe kann auf verschiedene zwei verschiedene Weisen erreicht werden, entweder durch negative (repressive) oder positive (Integrations und sozialisierungsfördernde) Methoden:  
Der spezialpräventive Zweck der Strafe kann auf verschiedene zwei verschiedene Weisen erreicht werden, entweder durch negative (repressive) oder positive (Integrations und sozialisierungsfördernde) Methoden:  
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Rechtsprechung--> BVerfG (E=35, 202,235f.=Lebach-Urteil) Urteil was der die lebenslämgliche Freiheitsstrafe ausgesetzt hat und ein Anspruch auf Resozialisierung bejaht --> BVerfG - 45, 187, 239f.)  
Rechtsprechung--> BVerfG (E=35, 202,235f.=Lebach-Urteil) Urteil was der die lebenslämgliche Freiheitsstrafe ausgesetzt hat und ein Anspruch auf Resozialisierung bejaht --> BVerfG - 45, 187, 239f.)  


'''Kritik:'''
 
== Kritik: ==
 


Man müsste einen Täter so lang gefangen halten bis er wieder sozialisierungsfähig wäre.(Roxin, Seite 77f.)  
Man müsste einen Täter so lang gefangen halten bis er wieder sozialisierungsfähig wäre.(Roxin, Seite 77f.)  
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'''Entstehungsgeschichte


Franz von Liszt und sein Marburger Programm'''
== Entstehungsgeschichte ==
 
 
== Franz von Liszt und sein Marburger Programm ==
 


Einer der bedeutesten Verfechter (wenn nicht Erfinder) der Theorie der Spezialprävention war Franz von Liszt.  
Einer der bedeutesten Verfechter (wenn nicht Erfinder) der Theorie der Spezialprävention war Franz von Liszt.  
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Seine Forderungen nach einem Zweckgedanken im Strafrecht fanden weitere Anhänger und wurden von der von ihm gegründeten "soziologischen" Strafrechtsschule weiterentwickelt (Schulenstreit mit der positiven Schule Bindings). In seinem Marburger Programm verteidigte er die Spezialpräventive Behandlung und teilte sie nach drei Tätertypen auf:  
Seine Forderungen nach einem Zweckgedanken im Strafrecht fanden weitere Anhänger und wurden von der von ihm gegründeten "soziologischen" Strafrechtsschule weiterentwickelt (Schulenstreit mit der positiven Schule Bindings). In seinem Marburger Programm verteidigte er die Spezialpräventive Behandlung und teilte sie nach drei Tätertypen auf:  


1) Die Unschädlichmachung der weder abzuschreckenden noch zu bessernden Gewohnheitsverbrechern (Die allgemeinheit (Gesellschaft) wird durch die Einsperrung des Täters gesichert )  
'''1) Die Unschädlichmachung der weder abzuschreckenden noch zu bessernden Gewohnheitsverbrechern (Die allgemeinheit (Gesellschaft) wird durch die Einsperrung des Täters gesichert )'''


2) Abschreckung der bloßen Gelegenheitsverbrechern (Der Täter wird von der Begehung weiterer Straftaten abgeschreckt)  
'''2) Abschreckung der bloßen Gelegenheitsverbrechern (Der Täter wird von der Begehung weiterer Straftaten abgeschreckt)'''
 
'''3) Besserung der Besserungsfähigen (Durch Besserung wird der Täter wieder "geheilt")'''


3)Besserung der Besserungsfähigen (Durch Besserung wird der Täter wieder "geheilt")


Weitere im Marburger Programm entahltene Forderungen/Massnahmen (wurden später zum Teil im Alternativentwurf – siehe unten- des StGB´s mit einbezogen) waren, unter anderem:
Weitere im Marburger Programm entahltene Forderungen/Massnahmen (wurden später zum Teil im Alternativentwurf – siehe unten- des StGB´s mit einbezogen) waren, unter anderem:


1.Ersetzen der Vergeltungs- durch die Zweckstrafe
*'''Ersetzen der Vergeltungs- durch die Zweckstrafe'''


2.Zwischen den verbleibenden Zweckstrafen wird die Spezialprävention der Generalprävention übergeordnet
*'''Zwischen den verbleibenden Zweckstrafen wird die Spezialprävention der Generalprävention übergeordnet'''


3.Rechtfertigungsvoraussetzungen der Strafe:
*'''Rechtfertigungsvoraussetzungen der Strafe:'''


a) Notwendigkeit (prinzip der subsidiarität) -  wo andere sozialpolitische Massnahmen oder eigene, freiwillige Leistungen des Täter ausreichenden Rechtsgüterschutz gewährleisten können, darf mangels Notwenidigkeit nicht bestraft werden
*'''Notwendigkeit (prinzip der subsidiarität)''' -  wo andere sozialpolitische Massnahmen oder eigene, freiwillige Leistungen des Täter ausreichenden Rechtsgüterschutz gewährleisten können, darf mangels Notwenidigkeit nicht bestraft werden


b) Eignung (Prinzip der effektivität) – wenn mildere Möglichkeiten nicht zur verfügung stehen, ist auf die Strafe mangels eignung, zu verzichten, wo sie kriminalpolitisch wirkungslos oder gar schädlich ist. Heute prinzipien der subs. Und eff. Der Staatlichen Strafe.
*'''Eignung (Prinzip der effektivität)''' – wenn mildere Möglichkeiten nicht zur verfügung stehen, ist auf die Strafe mangels eignung, zu verzichten, wo sie kriminalpolitisch wirkungslos oder gar schädlich ist. Heute prinzipien der subs. Und eff. Der Staatlichen Strafe.


4.Blosse Moralwidrigkeiten bedrohen die “Sicherheit der Gesellschaft” nicht, die Strafe ist folglich zu ihrer bekämpfung weder “notwendig” noch “geeignet” und deswegen müssen diese von vorneherein als Rechtsgüter ausscheiden.
*'''Blosse Moralwidrigkeiten''' bedrohen die “Sicherheit der Gesellschaft” nicht, die Strafe ist folglich zu ihrer bekämpfung weder “notwendig” noch “geeignet” und deswegen müssen diese von vorneherein als Rechtsgüter ausscheiden.
Die bis in die Gegenwart erstreckende Bedeutung Liszts liegt vor allem darin, daß er als Erster Verbrechen und Strafe als Erscheinung der Wirklichkeit, als Phänomen des sozialen Lebens und des einzelmenschlichen Schicksals deutet und damit den Brückenschlag zwischen Strafrecht und Kriminologie ermöglicht, die bis dahin einander abgewandt dagestanden hatten. ((Maurach/Zipf, §6I, Rn.28)  
Die bis in die Gegenwart erstreckende Bedeutung Liszts liegt vor allem darin, daß er als Erster Verbrechen und Strafe als Erscheinung der Wirklichkeit, als Phänomen des sozialen Lebens und des einzelmenschlichen Schicksals deutet und damit den Brückenschlag zwischen Strafrecht und Kriminologie ermöglicht, die bis dahin einander abgewandt dagestanden hatten. ((Maurach/Zipf, §6I, Rn.28)  


Eine der modernere, den heutigen Zuständen Umformulierung der leitenden Ideen des Marburger Programms liefern Baumann/Weber/Mitsch (Strafrecht AT, §3, Rn.39 ff.). Sie unterscheiden zwischen:  
 
 
== Tätertypen (aktuelle Version) ==
 
 
Eine der modernere, den heutigen Zuständen Umformulierung der Tätertypen des Marburger Programms liefern Baumann/Weber/Mitsch (Strafrecht AT, §3, Rn.39 ff.). Sie unterscheiden zwischen:  


1.Den Straftätern die von der Generalprävention von vornherein nicht erfasst werden, weil sie infolge seelischer Störungen durch die Strafdrohung nicht beeinflussbar sind, sei es wegen fehlender Unrechtseinsicht z.B. Geisteskrankheit oder wegen - trotz vorhandener Unrechtseinsicht - fehlender Steuerungsfähigkeit z.B. Triebtäter. Da diese Tätergruppen Schuldunfähig sind wäre eine Bestrafung unter Berufung des Schuldprinzips wie sie die absoluten Straftheorien anprangern nicht möglich. Bleiben solche Täter nach der Begehung der Tat gefährlich (was meistens der Fall ist), so werden Maßregeln der Besserung oder Sicherung angeordnet, etwa Unterbringung in
1.Den Straftätern die von der Generalprävention von vornherein nicht erfasst werden, weil sie infolge seelischer Störungen durch die Strafdrohung nicht beeinflussbar sind, sei es wegen fehlender Unrechtseinsicht z.B. Geisteskrankheit oder wegen - trotz vorhandener Unrechtseinsicht - fehlender Steuerungsfähigkeit z.B. Triebtäter. Da diese Tätergruppen Schuldunfähig sind wäre eine Bestrafung unter Berufung des Schuldprinzips wie sie die absoluten Straftheorien anprangern nicht möglich. Bleiben solche Täter nach der Begehung der Tat gefährlich (was meistens der Fall ist), so werden Maßregeln der Besserung oder Sicherung angeordnet, etwa Unterbringung in


2.Einem psychatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsantsalt. Die 1933 als "zweite Spur" ins StGB eingeführten Maßregeln, sind ausschliesslich Instrumente der Spezialprävention und basieren primär auf die schon aus dem Marburger Programm bekannten Zielen der Besserung durch Heilung oder, falls diese nicht möglich ist, Sicherung der Gesellschaft.  
2.Einem psychatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsantsalt. Die 1933 als "zweite Spur" ins StGB eingeführten Maßregeln, sind ausschliesslich Instrumente der Spezialprävention und basieren primär auf die schon aus dem Marburger Programm bekannten Zielen der Besserung durch Heilung oder, falls diese nicht möglich ist, Sicherung der Gesellschaft.  
2. Die Straftäter die kraft ihrer Persönlichkeitsstruktur durch die Strafandrohung beeindruckbar sind, die aber das Risiko, erwischt zu werden, zu gering eingeschätzt haben. Die Strafe besteht in rund 80% aus einer Geldstrafe und in den übrigen Fällen eine Freiheitsstrafe die die Aufgabe den Täter zu bessern, ihn zu künftigem rechtstreuen Verhalten zu erziehen und zumindest durch das zugefügte Übel vor einer neuen Tat abzuschrecken.


3. Die Straftäter die kraft ihrer Persönlichkeitsstruktur durch die Strafandrohung beeindruckbar sind, die aber das Risiko, erwischt zu werden, zu gering eingeschätzt haben. Die Strafe besteht in rund 80% aus einer Geldstrafe und in den übrigen Fällen eine Freiheitsstrafe die die Aufgabe den Täter zu bessern, ihn zu künftigem rechtstreuen Verhalten zu erziehen und zumindest durch das zugefügte Übel vor einer neuen Tat abzuschrecken.
== Der Alternativentwurf ==


'''Der Alternativentwurf'''


Im Oktober 1966 wurde der Alternativentwurf – AE – von Strafrechtslehreren zum Regierungsentwurf eines Strafgesetzbuches – E 62 – fertiggestellt. In ihm wurden viele Ideen eines zweckgerichteten Strafrechts Liszts übernommen.
Im Oktober 1966 wurde der Alternativentwurf – AE – von Strafrechtslehreren zum Regierungsentwurf eines Strafgesetzbuches – E 62 – fertiggestellt. In ihm wurden viele Ideen eines zweckgerichteten Strafrechts Liszts übernommen.
Anonymer Benutzer