Sexualstraftäterambulanz: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Einrichtung forensisch-therapeutischer Spezialambulanzen für entlassene
Die Einrichtung forensisch-therapeutischer Spezialambulanzen für entlassene
Maßregelvollzugspatienten, die gemäß § 63 StGB untergebracht sind, begann bereits im Jahre 1987 in der Psychiatrischen Abteilung der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik in Berlin, (heute: Krankenhaus des Maßregelvollzugs Berlin).
Maßregelvollzugspatienten, die gemäß § 63 StGB untergebracht sind, begann bereits im Jahre 1987 in der Psychiatrischen Abteilung der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik in Berlin, (heute: Krankenhaus des Maßregelvollzugs Berlin).
In der Folge wurden eine Vielzahl entsprechender Einrichtungen mit teilweise unterschiedlicher Schwerpunktsetzung gegründet, die hier überblickartig vorgestellt werden sollen:
In der Folge wurden eine Vielzahl entsprechender Einrichtungen mit teilweise unterschiedlicher Schwerpunktsetzung gegründet, die hier überblickartig vorgestellt werden sollen:
Im Jahre 1988 eröffnete die Klinik für Forensische Psychiatrie Haina, als zentrale Maßregelvollzugseinrichtung des Landes Hessen, eine entsprechende Ambulanz. Die Anfänge von forensischen Ambulanzen als Einrichtungen der Nachsorge insbesondere für entlassene Sexualstraftäter im deutschen Sprachraum gehen auf eine Initiative in Wien im Jahre 1992 zurück. Ausgehend von der Erkenntnis, dass eine Rückfallprophylaxe nicht alleine durch Betreuungsmaßnahmen im Rahmen der Haft und Unterbringung erreicht werden kann, sondern bei einigen Tätern eine intensive Versorgung nach der Entlassung notwendig ist, führte dies dort zunächst zur Einrichtung der ersten psychiatrisch–psychotherapeutischen Betreuungseinrichtung zur fachgerechten Betreuung entlassener Straftäter und Maßnahmenuntergebrachten („Forensische Ambulanz, FRANZ“) durch den Verein für Bewährungshilfe und Soziale Arbeit in Wien. Nachdem zahlreiche Studien über Sexualstraftäter zu der Erkenntnis gelangten, dass die intensive psychotherapeutische Behandlung von Sexualstraftätern nach der Haft oder während einer laufenden Bewährungszeit die Rückfallwahrscheinlichkeit erheblich reduziert, erfolgte im September 1998 die Gründung einer vom Verein Bewährungshilfe Stuttgart e.V. (www.sd-stgt.de) getragenen Psychotherapeutische Ambulanz für Sexualstraftäter. Dabei handelte es sich um den bundesweit ersten Versuch, ein solches Konzept zu entwickeln und umzusetzen und dadurch auch dem durch das „Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten“ (BGBI I S. 160) vom 26. Januar 1998 entstehenden gesteigerten Bedarf an Therapieplätzen zu entsprechen. Durch die Gesetzesnovelle, zu der sich der Gesetzgeber durch eine Serie von Kindestötungen und sexuellem Kindesmissbrauch veranlasst sah, wurde Therapie für einen Großteil der Sexualstraftäter verpflichtend. Die genannte Gesetzesnovelle führte im Jahre 2003 auch zur Gründung der Berliner Forensisch-Therapeutischen-Ambulanz
 
(FTA) (www.forensik-berlin.de ), die, wie die Stuttgarter Einrichtung, auch Probanden aus dem Maßregelvollzug betreut. Am 01.01.2004 begann in enger Zusammenarbeit mit der Sozialtherapeutischen Justizvollzugsanstalt Kassel das von der Bewährungshilfe Kassel getragene Projekt „ Ambulante Nachsorge Kassel (ANK), welches allerdings zum 01.04.2008 beendet und durch ein vom Hessischen Ministerium der Justiz initiiertes Konzept des “Sicherheitsmanagements“ ersetzt worden ist, welches nunmehr individuelle Therapien durch Vermittlung des Vereins zur Forderung der Bewährungshilfe in Hessen e.V. vorsieht. Einen weiteren Entwicklungsschritt zur Einrichtung forensisch-therapeutischer Spezialambulanzen brachte das „Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung“ (BGBI I S. 513) vom 13. April 2007 mit der den Gerichten eröffneten Möglichkeit, entlassenen Strafgefangenen im Rahmen der Maßregel der Führungsaufsicht in §§ 67, 67 Abs.2, 68a Abs.7, 68 b Abs.1 Nr. 11, 68 b Abs.2 Satz 3 StGB die Weisung aufzuerlegen, sich einer ambulanten Nachsorge in Forensischen Ambulanzen zu unterziehen. Dies führte bereits am 01.04.2008, fußend auf einer Ambulanzkonzeption der Justizbehörde in Hamburg, zur Einrichtung zweier Ambulanzbereiche mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen. Die forensische Nachsorge bei Sexualstraftätern wurde im Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie des Universitätsklinikums Eppendorf (www.uke.de ) angesiedelt; für Haftentlassene mit psychiatrischer Erkrankung die Zuständigkeit der Forensisch-psychiatrische Ambulanz der Asklepios Klinik-Nord begründet, deren Fachabteilung VII auch für unter Führungsaufsicht stehende ehemalige Patienten des Maßregelvollzuges zuständig blieb. In Mischfällen von Maßregelunterbringung und Strafvollzug wird darauf abgestellt, ob die Entlassung aus dem Maßregelvollzug – insoweit bleibt es bei der vorgenannten Zuständigkeit – oder aus der Strafhaft erfolgt.
Im Jahre 1988 eröffnete die Klinik für Forensische Psychiatrie Haina, als zentrale Maßregelvollzugseinrichtung des Landes Hessen, eine entsprechende Ambulanz. Die Anfänge von forensischen Ambulanzen als Einrichtungen der Nachsorge insbesondere für entlassene Sexualstraftäter im deutschen Sprachraum gehen auf eine Initiative in Wien im Jahre 1992 zurück. Ausgehend von der Erkenntnis, dass eine Rückfallprophylaxe nicht alleine durch Betreuungsmaßnahmen im Rahmen der Haft und Unterbringung erreicht werden kann, sondern bei einigen Tätern eine intensive Versorgung nach der Entlassung notwendig ist, führte dies dort zunächst zur Einrichtung der ersten psychiatrisch–psychotherapeutischen Betreuungseinrichtung zur fachgerechten Betreuung entlassener Straftäter und Maßnahmenuntergebrachten („Forensische Ambulanz, FRANZ“) durch den Verein für Bewährungshilfe und Soziale Arbeit in Wien.  
 
Nachdem zahlreiche Studien über Sexualstraftäter zu der Erkenntnis gelangten, dass die intensive psychotherapeutische Behandlung von Sexualstraftätern nach der Haft oder während einer laufenden Bewährungszeit die Rückfallwahrscheinlichkeit erheblich reduziert, erfolgte im September 1998 die Gründung einer vom Verein Bewährungshilfe Stuttgart e.V. (www.sd-stgt.de) getragenen Psychotherapeutische Ambulanz für Sexualstraftäter. Dabei handelte es sich um den bundesweit ersten Versuch, ein solches Konzept zu entwickeln und umzusetzen und dadurch auch dem durch das „Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten“ (BGBI I S. 160) vom 26. Januar 1998 entstehenden gesteigerten Bedarf an Therapieplätzen zu entsprechen.
 
Durch die Gesetzesnovelle, zu der sich der Gesetzgeber durch eine Serie von Kindestötungen und sexuellem Kindesmissbrauch veranlasst sah, wurde Therapie für einen Großteil der Sexualstraftäter verpflichtend. Die genannte Gesetzesnovelle führte im Jahre 2003 auch zur Gründung der Berliner Forensisch-Therapeutischen-Ambulanz
(FTA) (www.forensik-berlin.de ), die, wie die Stuttgarter Einrichtung, auch Probanden aus dem Maßregelvollzug betreut. Am 01.01.2004 begann in enger Zusammenarbeit mit der Sozialtherapeutischen Justizvollzugsanstalt Kassel das von der Bewährungshilfe Kassel getragene Projekt „ Ambulante Nachsorge Kassel (ANK), welches allerdings zum 01.04.2008 beendet und durch ein vom Hessischen Ministerium der Justiz initiiertes Konzept des “Sicherheitsmanagements“ ersetzt worden ist, welches nunmehr individuelle Therapien durch Vermittlung des Vereins zur Forderung der Bewährungshilfe in Hessen e.V. vorsieht. Einen weiteren Entwicklungsschritt zur Einrichtung forensisch-therapeutischer Spezialambulanzen brachte das „Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung“ (BGBI I S. 513) vom 13. April 2007 mit der den Gerichten eröffneten Möglichkeit, entlassenen Strafgefangenen im Rahmen der Maßregel der Führungsaufsicht in §§ 67, 67 Abs.2, 68a Abs.7, 68 b Abs.1 Nr. 11, 68 b Abs.2 Satz 3 StGB die Weisung aufzuerlegen, sich einer ambulanten Nachsorge in Forensischen Ambulanzen zu unterziehen.  
Dies führte bereits am 01.04.2008, fußend auf einer Ambulanzkonzeption der Justizbehörde in Hamburg, zur Einrichtung zweier Ambulanzbereiche mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen. Die forensische Nachsorge bei Sexualstraftätern wurde im Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie des Universitätsklinikums Eppendorf (www.uke.de ) angesiedelt; für Haftentlassene mit psychiatrischer Erkrankung die Zuständigkeit der Forensisch-psychiatrische Ambulanz der Asklepios Klinik-Nord begründet, deren Fachabteilung VII auch für unter Führungsaufsicht stehende ehemalige Patienten des Maßregelvollzuges zuständig blieb. In Mischfällen von Maßregelunterbringung und Strafvollzug wird darauf abgestellt, ob die Entlassung aus dem Maßregelvollzug – insoweit bleibt es bei der vorgenannten Zuständigkeit – oder aus der Strafhaft erfolgt.
 
In Rheinland-Pfalz führte die Gesetzesnovelle im Jahre 2009 unter Einbeziehung der Bewährungshilfe des LG Frankenthal zur Einrichtung einer Psychotherapeutischen Ambulanz der Justiz (PAJu) (www.justiz.rlp.de) durch die Justizvollzugsanstalt – Sozialtherapeutische Anstalt– Ludwigshafen in Zusammenarbeit mit der Justizvollzugsanstalt  Frankenthal und der Jugendstrafanstalt Schifferstadt. Das bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz entschloss sich ebenfalls zur Errichtung dreier forensischer Nachsorgeambulanzen zur Beratung, Vermittlung und Durchführung geeigneter Betreuungs- und/oder Behandlungsformen für aus dem Justizvollzug entlassene Sexualstraftäter, die unter Bewährungs- und Führungsaufsicht stehen. Bislang erfolgte am 01.09.2008 in München die Eröffnung der Psychotherapeutische Fachambulanz für Sexualstraftäter München (http://www.hilfswerk-muenchen.de) und am 01.10.2009 einer mit gleicher Konzeption arbeitenden psycho-therapeutischen Fachambulanz in Nürnberg. Die Nachsorgeambulanzen sind derzeit als Modellprojekte mit einer Laufzeit von drei Jahren konzipiert. Sie sind pauschal finanziert und werden von freien Trägern betrieben. Der Betrieb der Fachambulanz in München erfolgt auf der Grundlage eines Vertrages zwischen dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und dem Evangelischen Hilfswerk München gemeinnützige GmbH, der Betrieb in Nürnberg aufgrund eines Vertrages mit der zur Diakonie gehörenden Stadtmission Nürnberg e.V (www.stadtmission-nuernberg.de). Der eingetragene Verein: „Bochumer Ambulanzzentrum e.V (kontakt@bochumer-ambulanzzentrum.de) , dem Fachleute nahezu aller Instanzen der Sozialkontrolle angehören, ist Träger der gleichnamigen Ambulanz und hat das Ziel, eine strukturierte ambulante Sexualstraftätertherapie unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse für strafrechtlich in Erscheinung getretene Sexualstraftäter zu ermöglichen. Die Facharbeit des Vereins erfolgt in dem den Verein fachlich begleitenden Psychotherapieausschuss.
In Rheinland-Pfalz führte die Gesetzesnovelle im Jahre 2009 unter Einbeziehung der Bewährungshilfe des LG Frankenthal zur Einrichtung einer Psychotherapeutischen Ambulanz der Justiz (PAJu) (www.justiz.rlp.de) durch die Justizvollzugsanstalt – Sozialtherapeutische Anstalt– Ludwigshafen in Zusammenarbeit mit der Justizvollzugsanstalt  Frankenthal und der Jugendstrafanstalt Schifferstadt. Das bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz entschloss sich ebenfalls zur Errichtung dreier forensischer Nachsorgeambulanzen zur Beratung, Vermittlung und Durchführung geeigneter Betreuungs- und/oder Behandlungsformen für aus dem Justizvollzug entlassene Sexualstraftäter, die unter Bewährungs- und Führungsaufsicht stehen. Bislang erfolgte am 01.09.2008 in München die Eröffnung der Psychotherapeutische Fachambulanz für Sexualstraftäter München (http://www.hilfswerk-muenchen.de) und am 01.10.2009 einer mit gleicher Konzeption arbeitenden psycho-therapeutischen Fachambulanz in Nürnberg. Die Nachsorgeambulanzen sind derzeit als Modellprojekte mit einer Laufzeit von drei Jahren konzipiert. Sie sind pauschal finanziert und werden von freien Trägern betrieben. Der Betrieb der Fachambulanz in München erfolgt auf der Grundlage eines Vertrages zwischen dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und dem Evangelischen Hilfswerk München gemeinnützige GmbH, der Betrieb in Nürnberg aufgrund eines Vertrages mit der zur Diakonie gehörenden Stadtmission Nürnberg e.V (www.stadtmission-nuernberg.de). Der eingetragene Verein: „Bochumer Ambulanzzentrum e.V (kontakt@bochumer-ambulanzzentrum.de) , dem Fachleute nahezu aller Instanzen der Sozialkontrolle angehören, ist Träger der gleichnamigen Ambulanz und hat das Ziel, eine strukturierte ambulante Sexualstraftätertherapie unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse für strafrechtlich in Erscheinung getretene Sexualstraftäter zu ermöglichen. Die Facharbeit des Vereins erfolgt in dem den Verein fachlich begleitenden Psychotherapieausschuss.
Eine Besonderheit stellt die von der Behandlungsinitiative Opferschutz (BIOS-BW) e.V. (www.bios-bw.de) , einem interdisziplinärer Zusammenschluss von Angehörigen nahezu aller mit der Behandlung von Straftätern befassten Fachdisziplinen und dem Psychiatrischen Zentrum Nordbaden (PZN) mit dem dort angesiedelten „Forensischen Integrationsteam“ (FIT) in Wiesloch getragene und am 2. Juni 2008 im Amtsgericht Karlsruhe eröffnete Forensische Ambulanz Baden (FAB) dar, die sich dem BIOS- Ansatz entsprechend, in erster Linie dem Opferschutz und nur nachrangig dem Täterinteresse verpflichtet sieht. Sie gestattet neben der Behandlung von Gewalt-und Sexualstraftätern der Justizvollzugsanstalten Bruchsal, Mannheim, Heimsheim, Heilbronn sowie Offenburg auch - dem originären Auftrag der Behandlungsinitiative Opferschutz (BIOS-BW) e.V folgend, - die Behandlung traumatisierter Verbrechensopfer! Die Forensische Ambulanz Baden übernimmt auch die Erstellung originärer Behandlungs- und kriminalprognostischer Gutachten gem. §§ 46, 56, 63, 64, 66 StGB.
Eine Besonderheit stellt die von der Behandlungsinitiative Opferschutz (BIOS-BW) e.V. (www.bios-bw.de) , einem interdisziplinärer Zusammenschluss von Angehörigen nahezu aller mit der Behandlung von Straftätern befassten Fachdisziplinen und dem Psychiatrischen Zentrum Nordbaden (PZN) mit dem dort angesiedelten „Forensischen Integrationsteam“ (FIT) in Wiesloch getragene und am 2. Juni 2008 im Amtsgericht Karlsruhe eröffnete Forensische Ambulanz Baden (FAB) dar, die sich dem BIOS- Ansatz entsprechend, in erster Linie dem Opferschutz und nur nachrangig dem Täterinteresse verpflichtet sieht. Sie gestattet neben der Behandlung von Gewalt-und Sexualstraftätern der Justizvollzugsanstalten Bruchsal, Mannheim, Heimsheim, Heilbronn sowie Offenburg auch - dem originären Auftrag der Behandlungsinitiative Opferschutz (BIOS-BW) e.V folgend, - die Behandlung traumatisierter Verbrechensopfer! Die Forensische Ambulanz Baden übernimmt auch die Erstellung originärer Behandlungs- und kriminalprognostischer Gutachten gem. §§ 46, 56, 63, 64, 66 StGB.
Nicht als Sexualstraftäterambulanzen begriffen werden können die an der Sektion für Sexualmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel seit 1973 bestehende Sexualmedizinische Ambulanz (http://www.uni-kiel.de/sexmed) und die an der Charité von Prof. Beier geleitete Ambulanz für Sexualmedizin (http://www.sexualmedizin.charite.de/index.php), da diese zwar - neben  anderen sexualmedizinischen Störungsbildern – auch Sexualstraftäter behanden, insgesamt aber die gesamte Bandbreite sexueller Störungen behandeln.
Nicht als Sexualstraftäterambulanzen begriffen werden können die an der Sektion für Sexualmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel seit 1973 bestehende Sexualmedizinische Ambulanz (http://www.uni-kiel.de/sexmed) und die an der Charité von Prof. Beier geleitete Ambulanz für Sexualmedizin (http://www.sexualmedizin.charite.de/index.php), da diese zwar - neben  anderen sexualmedizinischen Störungsbildern – auch Sexualstraftäter behanden, insgesamt aber die gesamte Bandbreite sexueller Störungen behandeln.


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Entlassung aus dem Strafvollzug (§§ 57, 57a StGB, 88 JGG), Strafttäter und  
Entlassung aus dem Strafvollzug (§§ 57, 57a StGB, 88 JGG), Strafttäter und  
Rechtsbrecher im Rahmen der Führungsaufsicht (§ 68b Abs. 2 StGB), diese auch  
Rechtsbrecher im Rahmen der Führungsaufsicht (§ 68b Abs. 2 StGB), diese auch  
schon in der Vorbereitung anstehender Entlassung. Soweit die Psycho-
schon in der Vorbereitung anstehender Entlassung.  
therapeutischen Ambulanzen, wie in Ludwigshafen, einer sozialtherapeutischen
 
Soweit die Psycho-therapeutischen Ambulanzen, wie in Ludwigshafen, einer sozialtherapeutischen
Anstalt angegliedert sind, ergeben sich die Rechtsgrundlagen für die Behandlung  
Anstalt angegliedert sind, ergeben sich die Rechtsgrundlagen für die Behandlung  
inhaftierter Straftäter auch aus den §§ 9 und 123-126 StVollzG, soweit durch
inhaftierter Straftäter auch aus den §§ 9 und 123-126 StVollzG, soweit durch
den zwischenzeitlich zuständig gewordenen jeweiligen Landesgesetzgeber
den zwischenzeitlich zuständig gewordenen jeweiligen Landesgesetzgeber
keine Neuregelung erfolgt.
keine Neuregelung erfolgt.
Da die Grenzen zwischen Gewaltdelikten mit expliziten sexuellen Handlungen und solchen mit impliziten Motiven und Lustgewinn in Form von gewaltsamen Sexualdelikten  fließend sind, umfassen die Therapiekonzepte auch der Forensischen Ambulanzen, die sich als Sexualstraftäterambulanzen begreifen, i. d. R. auch die Aufnahme der genannten Gewalt-Klientel, wenngleich diese zahlenmässig von untergeordeter Bedeutung ist, z. B. in der Stuttgarter Ambulanz etwa 10 % der Klienten. Eine besondere Rolle spielen Entlassene und zu Entlassende aus dem Maßregelvollzug (vgl. §§ 63, 64, 67, 67b, 67c, 68b Abs. 2 StGB). Neben der bereits dargestellten Verfahrensweise in Hamburg erfolgt deren Versorgung im wesentlichen durch die unter der Aufsicht der jeweiligen Sozialministerien der Länder stehenden Forensischen Ambulanzen der Krankenhäuser des Maßregelvollzugs. In Berlin, Stuttgart und in der Karlsruher Ambulanz (dort sog.: Karlruher Modell in enger Zusammenarbeit mit dem PZN Wiesloch) erfolgt allerdings eine gemeinsame Betreuung sowohl der aus dem Strafvollzug als auch der aus den Einrichtungen des Maßregelvollzugs Entlassenen.
Da die Grenzen zwischen Gewaltdelikten mit expliziten sexuellen Handlungen und solchen mit impliziten Motiven und Lustgewinn in Form von gewaltsamen Sexualdelikten  fließend sind, umfassen die Therapiekonzepte auch der Forensischen Ambulanzen, die sich als Sexualstraftäterambulanzen begreifen, i. d. R. auch die Aufnahme der genannten Gewalt-Klientel, wenngleich diese zahlenmässig von untergeordeter Bedeutung ist, z. B. in der Stuttgarter Ambulanz etwa 10 % der Klienten. Eine besondere Rolle spielen Entlassene und zu Entlassende aus dem Maßregelvollzug (vgl. §§ 63, 64, 67, 67b, 67c, 68b Abs. 2 StGB). Neben der bereits dargestellten Verfahrensweise in Hamburg erfolgt deren Versorgung im wesentlichen durch die unter der Aufsicht der jeweiligen Sozialministerien der Länder stehenden Forensischen Ambulanzen der Krankenhäuser des Maßregelvollzugs. In Berlin, Stuttgart und in der Karlsruher Ambulanz (dort sog.: Karlruher Modell in enger Zusammenarbeit mit dem PZN Wiesloch) erfolgt allerdings eine gemeinsame Betreuung sowohl der aus dem Strafvollzug als auch der aus den Einrichtungen des Maßregelvollzugs Entlassenen.


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Die Arbeit der Sozialtherapeutischen Anstalten und Forensischen Fachambulanzen orientiert sich am ehesten an einem von multifaktoriellen Kriminalitätsverständnis geprägten Behandlungsansatz. Es handelt sich dabei um einen pragmatischen, an den  Sozialisations- und Lerntheorien orientierten Ansatz, basierend auf der Annahme, dass die Ursachen für delinquente Verhaltensweisen im individuellen Sozialisationsverlauf und spezifischen Lebensbedingungen der jeweiligen Probanden zu verorten und Ausdruck einer in der Sozialisation erworbenen Verhaltensdisposition sind (s. dazu: Göppinger 2008). Bedeutsam erscheint hierbei, dass die delinquente Verhaltensbereitschaft multifaktorielle Ursachen mit einer hinsichtlich der kriminogenen Belastungen großen individuelle Variationsbreite aufweist. Daraus ist die Konsequenz zu ziehen, dass die Verhaltensdisposition erst unter bestimmten psychosozialen Kontextbedingungen zu delinquenten Verhaltensweisen führt und demgemäss die Auftretenswahrscheinlichkeit von delinquenten Verhaltensweisen durch Minderung kriminogener Faktoren, insbesondere auch bei Sexualstraftätern durch adäquate therapeutische Intervention zu senken ist.  
Die Arbeit der Sozialtherapeutischen Anstalten und Forensischen Fachambulanzen orientiert sich am ehesten an einem von multifaktoriellen Kriminalitätsverständnis geprägten Behandlungsansatz. Es handelt sich dabei um einen pragmatischen, an den  Sozialisations- und Lerntheorien orientierten Ansatz, basierend auf der Annahme, dass die Ursachen für delinquente Verhaltensweisen im individuellen Sozialisationsverlauf und spezifischen Lebensbedingungen der jeweiligen Probanden zu verorten und Ausdruck einer in der Sozialisation erworbenen Verhaltensdisposition sind (s. dazu: Göppinger 2008).  
 
Bedeutsam erscheint hierbei, dass die delinquente Verhaltensbereitschaft multifaktorielle Ursachen mit einer hinsichtlich der kriminogenen Belastungen großen individuelle Variationsbreite aufweist. Daraus ist die Konsequenz zu ziehen, dass die Verhaltensdisposition erst unter bestimmten psychosozialen Kontextbedingungen zu delinquenten Verhaltensweisen führt und demgemäss die Auftretenswahrscheinlichkeit von delinquenten Verhaltensweisen durch Minderung kriminogener Faktoren, insbesondere auch bei Sexualstraftätern durch adäquate therapeutische Intervention zu senken ist.  


Als konkrete Therapieziele formuliert exemplarisch die Stuttgarter Ambulanz:
Als konkrete Therapieziele formuliert exemplarisch die Stuttgarter Ambulanz:


Übernahme der Verantwortung für die Tat (Verantwortungsbewusstsein)
*Übernahme der Verantwortung für die Tat (Verantwortungsbewusstsein)
Entwicklung von Mitgefühl für das Opfer (Empathiefähigkeit)
*Entwicklung von Mitgefühl für das Opfer (Empathiefähigkeit)
Auseinandersetzung mit der Entstehung von eigenem Gewalt- und Sexualverhalten
*Auseinandersetzung mit der Entstehung von eigenem Gewalt- und Sexualverhalten
Entwicklung von Selbst- und Impulskontrolle (Affekt- und Verhaltenskontrolle)
*Entwicklung von Selbst- und Impulskontrolle (Affekt- und Verhaltenskontrolle)
Befähigung zur konstruktiven und adäquaten Kommunikation mit Partner und Familie
*Befähigung zur konstruktiven und adäquaten Kommunikation mit Partner und Familie
Einüben sozialer Fähigkeiten in der therapeutischen Beziehung und im Alltag
*Einüben sozialer Fähigkeiten in der therapeutischen Beziehung und im Alltag
Entwickeln sozialer Fähigkeiten und Grundqualifikationen (Rollendistanz, Empathie und Ambiguitätstoleranz)
*Entwickeln sozialer Fähigkeiten und Grundqualifikationen (Rollendistanz, Empathie und Ambiguitätstoleranz)
Entwickeln einer Balance zwischen persönlicher und sozialer Identität (Ich-Identität)
*Entwickeln einer Balance zwischen persönlicher und sozialer Identität (Ich-Identität)
Entwickeln von kreativem und kritischem Denken und Handeln (Handlungskompetenz)
*Entwickeln von kreativem und kritischem Denken und Handeln (Handlungskompetenz)
Kritische Überprüfung der eigenen Werte u. Normen (Entwickeln normativen Verhaltens)
*Kritische Überprüfung der eigenen Werte u. Normen (Entwickeln normativen Verhaltens)
Verbesserung von Konfliktlösungsstrategien (Konfliktfähigkeit und Copingstrategien)
*Verbesserung von Konfliktlösungsstrategien (Konfliktfähigkeit und Copingstrategien)
Regulierung und Kontrolle von Emotionen und Phantasien (Selfmanagement)
*Regulierung und Kontrolle von Emotionen und Phantasien (Selfmanagement)
Abbau von Alkohol- oder Suchtmittelgebrauch
*Abbau von Alkohol- oder Suchtmittelgebrauch
Entwickeln von Kompetenzen zur Integration in die Arbeits- und Berufswelt, Resozialisierung in gesellschaftliche Strukturen (Partnerschaft, Arbeit, Wohnsitz, Freizeit).
*Entwickeln von Kompetenzen zur Integration in die Arbeits- und Berufswelt, Resozialisierung in gesellschaftliche Strukturen (Partnerschaft, Arbeit, Wohnsitz, Freizeit).




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Voraussetzung für eine Behandlung ist neben der Behandlungsbereitschaft zunächst der Abschluss einer Therapievereinbarung, die insbesondere Regelungen für die Verschwiegenheits- und Offenbarungspflichten gem. § 68a Abs. 7 und 8 StGB und etwaige Einwilligungen in etwaige Katamneseuntersuchungen enthält. Hinsichtlich der Behandlung wird in den Ambulanzen überwiegend zunächst nach Ersttherapie und Adaptionstherapie differenziert. Erstere für jene Klienten, die bislang noch keine Therapie in der Justizvollzugsanstalt erhalten haben oder die zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurden mit Schwerpunktsetzung im Bereich der Motivation und des Erwerbs von Grundkompetenzen zur Problembearbeitung und Letztere für jene Klienten, bei denen bereits eine psychotherapeutische Behandlung während der Haft, in der Sozialtherapeutischen Anstalt oder ggf. im Maßregelvollzug stattgefunden hat. Hier kommt es, an den Bedürfnissen der Freiheit ausgerichtet, darauf an, die Verhaltenskonsistenz in psychosozialen Konfliktsituationen in enger Abstimmung mit den bislang mit der Therapie befassten Instanzen zu optimieren und zu überprüfen. Als Therapieformen konkret heißt dies für die Therapie, dass, ausgehend von dem oben III. dargestellten multifaktoriellen Kriminalitätsverständnis, der kognitivbehavioralen Therapierichtung vor allem beim Gruppentherapieangebot eine wesentliche Bedeutung zukommt, wobei kognitiv-behaviorale Elemente in die Einzeltherapie einfließen und auch andere, insbesondere psychodynamische Therapieansätze neben die genannten Therapieformen treten, insbesondere die Teilnahme an Selbsthilfegruppen, Paar- und Angehörigengespräche, soziale Trainingskurse und bei gravierenden psychischen Störungen auch eine medikamentöse Behandlung.
Voraussetzung für eine Behandlung ist neben der Behandlungsbereitschaft zunächst der Abschluss einer Therapievereinbarung, die insbesondere Regelungen für die Verschwiegenheits- und Offenbarungspflichten gem. § 68a Abs. 7 und 8 StGB und etwaige Einwilligungen in etwaige Katamneseuntersuchungen enthält.  
 
Hinsichtlich der Behandlung wird in den Ambulanzen überwiegend zunächst nach Ersttherapie und Adaptionstherapie differenziert. Erstere für jene Klienten, die bislang noch keine Therapie in der Justizvollzugsanstalt erhalten haben oder die zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurden mit Schwerpunktsetzung im Bereich der Motivation und des Erwerbs von Grundkompetenzen zur Problembearbeitung und Letztere für jene Klienten, bei denen bereits eine psychotherapeutische Behandlung während der Haft, in der Sozialtherapeutischen Anstalt oder ggf. im Maßregelvollzug stattgefunden hat.  
 
Hier kommt es, an den Bedürfnissen der Freiheit ausgerichtet, darauf an, die Verhaltenskonsistenz in psychosozialen Konfliktsituationen in enger Abstimmung mit den bislang mit der Therapie befassten Instanzen zu optimieren und zu überprüfen. Als Therapieformen konkret heißt dies für die Therapie, dass, ausgehend von dem oben III. dargestellten multifaktoriellen Kriminalitätsverständnis, der kognitivbehavioralen Therapierichtung vor allem beim Gruppentherapieangebot eine wesentliche Bedeutung zukommt, wobei kognitiv-behaviorale Elemente in die Einzeltherapie einfließen und auch andere, insbesondere psychodynamische Therapieansätze neben die genannten Therapieformen treten, insbesondere die Teilnahme an Selbsthilfegruppen, Paar- und Angehörigengespräche, soziale Trainingskurse und bei gravierenden psychischen Störungen auch eine medikamentöse Behandlung.




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Die Ambulanz gibt die Rückfallrate für gewalttätige Delikte bei etwa 6% in der Gruppe der Behandelten gegenüber 23% in der Gruppe der nicht Behandelten an.
Die Ambulanz gibt die Rückfallrate für gewalttätige Delikte bei etwa 6% in der Gruppe der Behandelten gegenüber 23% in der Gruppe der nicht Behandelten an.


Für die Schweiz übernimmt zum einen der Psychiatrisch-Psychologische Dienst im Amt für Justizvollzug Kanton Zürich (www.zurichforensic.org)  
Für die Schweiz übernimmt zum einen der Psychiatrisch-Psychologische Dienst im Amt für Justizvollzug Kanton Zürich ([www.zurichforensic.org])  
die Therapie  von gleichermassen Gewalt- wie Sexualstraftätern nach einem  Modell der durchgehenden Betreuung sowohl innerhalb von Gefängnissen und Strafanstalten als auch in der langfristigen extramuralen Nachsorge mit insgesamt ca. 1500 Straftätern pro Jahr und ca. 250 hoch rückfallgefährdeten Gewalt- oder Sexualstraftätern, wobei vor allem spezialisierte deliktorientierte Interventionen Anwendung finden und zum anderen behandelt die Forensische Ambulanz der UPK (Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel) (www.upkbs.ch) aktuell 34 Klienten mit einer Störung der Sexualpräferenz bzw wegen des Konsums illegaler Internetpornographie. Rechtsgrundlagen sind die §§ 56, 59, 63, 64 StGB der Schweiz.
die Therapie  von gleichermassen Gewalt- wie Sexualstraftätern nach einem  Modell der durchgehenden Betreuung sowohl innerhalb von Gefängnissen und Strafanstalten als auch in der langfristigen extramuralen Nachsorge mit insgesamt ca. 1500 Straftätern pro Jahr und ca. 250 hoch rückfallgefährdeten Gewalt- oder Sexualstraftätern, wobei vor allem spezialisierte deliktorientierte Interventionen Anwendung finden und zum anderen behandelt die Forensische Ambulanz der UPK (Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel) (www.upkbs.ch) aktuell 34 Klienten mit einer Störung der Sexualpräferenz bzw wegen des Konsums illegaler Internetpornographie. Rechtsgrundlagen sind die §§ 56, 59, 63, 64 StGB der Schweiz.