Etymologie

Englisch, sinngemäße Übersetzung „Schießerei in Schulen“, oft wird auch der Begriff School Massacre synonym dafür werdet; School abgeleitet vom griechischen Wort schole (Müßiggang, Studium) und Shooting aus den altisländischen Wörtern skutan (hervorspringender Schiffssteven) und skeud (jagen, treiben, auch „Entlastung des Bogens“)

Definition

Unter School Shooting versteht man ein auf einen kurzen Zeitraum beschränktes Ereignis bei dem mindestens eine Person durch eine Schusswaffen auf dem Gelände einer Bildungseinrichtung getötet oder schwer verletzt wird. Unter School werden im amerikanischen Raum hierbei alle Institutionen von der Grundschule bis hin zur Universität verstanden. Bei den Tätern handelt es sich um Schüler, suspendierte oder ehemalige Schüler, sowie Personen, die gewisse negative Assoziationen mit der Bildungseinrichtung verbinden. Da Schule als Ort der Sicherheit gesehen werden, werden solche Ereignisse als besonders traumatisch erlebt. Die Opfer sind Schüler, Lehrer und administrative Angestellte der Schule. Es soll dabei nicht eine bestimme Person getötet werden, sondern so viele wie möglich. Die Opfer werden hier vom Täter nicht als Individuum wahrgenommen, sondern nur in ihrer sozialen Rolle als Angehörige der Institution Schule. Der Vorfall endet mit dem Tod des Täters (Suizid). Die Taten werden langfristig vorbereitet und i.d.R. vorher angekündigt. Es gilt als besondere Form der School Violence („Gewalt in Schule“)

Begriffsgeschichte

Als erster geschichtlicher Vorfall gilt das Bath School Disaster in Michigan vom 18. Mai 1927. Andrew Kohoe tötet dabei 45 Menschen und verletzte 58. Er wollte sich für eine Grundsteuererhöhung, die aufgrund der Errichtung eines neuen Schulgebäudes erhoben wurde und seiner Ansicht nach die finanzielle Existenz seiner Farm gefährdete, rächen. Allerdings wurde die Tat mit Hilfe von Dynamit und weiterem Sprengstoff begangen. Als erstes echtes School Shooting gilt die Tat von Charles Whitman am 1. August 1966 an der University of Texas in Austin. Von der Aussichtsplattform des Glockentrum erschoss er mit einem Gewehr s insgesamt 15 Personen und verletzte weitere 31. Als Tatursachen gelten bis heute psychische Probleme und ein Gehirntumor. Die größte internationale Beachtung erhielt in den letzten Jahrzehnten das Columbine High School Shooting am 20. April 1999 in Littelton, Colorado. Eric Harris und Dyle Klebold töteten mit Hilfe von verschiedenen Handfeuerwaffen 13 und verletzten 24 Lehrer und Schüler. Mutmaßlich wollten sie sich an mehreren Schülergruppen rächen, von denen sie sich unterdrückt fühlten. Der bisher spektakulärste Fall in Deutschland war der Vorfall am Guttenberg-Gymnasium am 26. April 2002 in Erfurt. Robert Steinhäuser erschoss hier insgesamt 16 Personen. Es wird vermutet, dass er sich dafür rächen wollte, dass er ohne Abschluss der Schule verwiesen wurde.

Zusammenhänge mit anderen Begriffen

School Shooting gehört im allgemeinen zur Kategorie der Jugendgewalt. Allerdings besteht ein gewisser Mythos über die Häufigkeit dieser Fälle, denn es handelt sich um eine sehr selten Form der Jugendgewalt; nur etwa 1% aller durch eine Schusswaffe getöteten Jugendlichen kommen in den USA jährlich während eines School Shooting zu Tode (Donahue, Schiraldi und Ziedenberg 1998). Obwohl die Wahrscheinlichkeit für einen amerikanischen Schüler einem School Shooting zum Opfer zu fallen bei etwa 1: 2 000 000 liegt (Macallair 2000), besteht bei Schülern und Eltern eine sehr hohe Kriminalitätsfurcht gegenüber diesen Taten. So befürchten stetig zwischen 50% - 75% der Eltern ein School Shooting könne auch in ihrer Gemeinde geschehen (Juvonen 2001, Macallair 2000). Diese Zahlen können damit erklärt werden, dass School Shootings aufgrund ihrer Seltenheit und Besonderheit, genauso wie die Verbrechen von Prominenten, einen große Medienberichterstattung nach sich ziehen. School Shooting erzeugen meist eine so genannte Moral Panic[1] (Stanley Cohen), bei der aufgrund falscher Tatsache eine Furcht vor bestimmten sozialen Situationen oder einer sozialen Gruppe entsteht. Killingbeck (2001) kritisiert in diesem Zusammenhang, dass School Shootings, wie auch Skandale, politisch noch „angeheizt“ und dann benutzt werden bestimmte politische Ansichten wie traditionelle Werte, Zensur oder die Reglementierung des Waffenbesitzes im politischen Prozess durchzusetzen. Weiterhin wird im Deutschen auch gerne der Begriff Amoklauf verwendet, wobei hier allerdings sowohl spontane als auch geplante Taten verstanden werden. Im englischen Sprachraum ist dieser Begriff nicht üblich.

Kriminologische Relevanz

Kriminologen weisen darauf hin, dass sich sehr selten und extreme Formen von Gewalt sehr schwer vorhersagen lassen (Fox und Levin 2001), so lässt sich Profiling hierbei kaum erfolgreich anwenden. So zeigten z.B. Moore u.a. (2003) in einer Meta-Studie über die School Shootings der letzten 20 Jahre kein eindeutiges Profil hinsichtlich ethnischer, regionaler und sozialer Hintergründe, sowie hinsichtlich der familiären Verhältnisse und der Häufigkeit der sozialen Kontakte. Auch die schulischen Leistungen und die Veränderungen schulischer Leistung wies keine signifikanten Merkmale, ebenso wie die kriminelle Auffälligkeit in der Vergangenheit oder die Diagnose psychischer Krankheiten, auf. Einzigallein, dass es sich hauptsächlich um männliche Personen zwischen 11 und 21 handelt, konnte diagnostiziert werden. Da es sich hierbei um besonders selten Verbrechen handelt, stehen bisher nur verschiedene Erklärungsansätze, die aus Einzelfällen abgeleitet wurden.

Had-it-with-education Model: introvertierte Täter sehen die Schule als Ort aller ihrer Probleme, an dem sie Schmach und Ungerechtigkeit erleiden müssen, dies wollen sie rächen

Contagion Model: aufgrund von anderen School Shootings denken die Täter, sie könnten damit Ruhm und Aufmerksamkeit erlangen

Teen romance Model: Täter fühlen sich durch unerfüllten oder verneinten Liebe zu anderen Mitschülern persönlich verletzt

Person-environment Model: durch unzureichende Kommunikation füllen sich die Täter von ihrer Familie und ihrer Peer Group isoliert und können ihre Aggressionen nicht abbauen

Mental illness Model: Täter leiden an einer psychischen Krankheiten, wie Schizophrenie oder ihren Vorstufen

Enslavement Model: Täter sind von Waffen fasziniert und durch Videospiele daran gewöhnt damit auf andere zu zielen

Ebenso schwer wie ein Profil lassen sich auch Maßnahmen zur Reduzierung von School Shootings ableiten. Die Installation von Metalldetektoren und Überwachungskameras in Schulen und eine Zero Tolerance Strategie hat bisher nicht zu einer Redzierung des Problems beigetragen (Levin und Fox 2001), vielmehr werden eine Verringerung der Klassengrößen, die Erweiterung von Angeboten außerhalb des Lehrplan und Anti-Aggressions-Trainings empfohlen.

Literatur zum Thema

Donahue, Elisabeth, Vincent Schiraldi und Jason Ziedenberg (1998). School House Hype: School shootings and the real risks kids face in America. Center of Juvenile and Criminal Justice

Fox, Alan James und Jack Levin (2001): The Will To Kill. Boston: Allyn and Bacon.

Hagan, John, Paul Hirschfield und Carla Shedd (2002): First and Last Words – Apprehending the Social and Legal Facts of an Urban High School Shootings. Sociological Methods & Research, S. 218-254.

Juvonen, Janna (2001): School Violence – Prevalence, Fears, and Prevention. Rand Education Issue Papers.

Killingbeck, Donna (2001): The Role of Television News in the Construction of School Violence as a “Moral Panic”. Journal of Criminal Justice and Popular Culture, S. 186-202.

Levin, Jack und James Alan Fox (2001): Dead Lines – Essays in Murder and Mayhem. Boston: Allyn and Bacon.

Macallair, Daniel (2000). School House Hype: Two Years after. Center of Juvenile and Criminal Justice.

Moore, Mark H. et. al (2003): Deadly Lessons – Understanding Lethal School Violence. Washington, D.C.: The National Academic Press.

Robertz, Frank (2004): School Shootings. Frankfurt a. Main: Verlag für Polizeiwissenschaft.

Links

Karte der School Shootings in den USA [2]

Auflistung der weltweit wichtigsten School Shootings in der letzten Jahren [3]