Kriminalität: Unterschied zwischen den Versionen

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Göppinger lässt sich zur „Formalität“ einer Kriminalitätsphänomenologie aus, d.h. für die Beschreibung der Erscheinungsformen von Kriminalität als Massenphänomen wird „die“ Kriminalität nicht nur in der Kriminologie, sondern auch in der polizeilichen Praxis und in der kriminalpolitischen Diskussion nach verschiedenen formalen Gesichtspunkten klassifiziert. Dabei werden unter anderem Kriterien verwendet wie Alter und Geschlecht (zum Beispiel Jugendkriminalität, Alterskriminalität, Frauenkriminalität), soziale Stellung und ethnische Herkunft (zum Beispiel Kriminalität der Mächtigen oder Ausländerkriminalität), Deliktsgruppen (zum Beispiel Gewaltkriminalität, Rauschgiftkriminalität, Sexualkriminalität oder Verkehrskriminalität) oder Begehungsmodalitäten (zum Beispiel Organisiertes Verbrechen oder jugendliche Banden).
Göppinger lässt sich zur „Formalität“ einer Kriminalitätsphänomenologie aus, d.h. für die Beschreibung der Erscheinungsformen von Kriminalität als Massenphänomen wird „die“ Kriminalität nicht nur in der Kriminologie, sondern auch in der polizeilichen Praxis und in der kriminalpolitischen Diskussion nach verschiedenen formalen Gesichtspunkten klassifiziert. Dabei werden unter anderem Kriterien verwendet wie Alter und Geschlecht (zum Beispiel Jugendkriminalität, Alterskriminalität, Frauenkriminalität), soziale Stellung und ethnische Herkunft (zum Beispiel Kriminalität der Mächtigen oder Ausländerkriminalität), Deliktsgruppen (zum Beispiel Gewaltkriminalität, Rauschgiftkriminalität, Sexualkriminalität oder Verkehrskriminalität) oder Begehungsmodalitäten (zum Beispiel Organisiertes Verbrechen oder jugendliche Banden).


Schneider meint, es ist das Wesen der psycho- und soziodynamischen, realistischen Definition des Verbrechens, dass sie die Reaktion auf Kriminalität berücksichtigt, dass sie sich an der kriminellen Wirklichkeit orientiert und dass sie die Kriminalität nicht nur als Endprodukt beurteilt, sondern sich ihre prozeßhafte Entwicklung, ihr Werden angelegen sein lässt. Der psycho- und soziodynamischen, realistischen Definition kommt es nicht so sehr wie der strafgesetzlichen Definition auf eine statische, formale Begriffsbestimmung an, sondern darauf, dass Kriminalität im engeren Sinne als Resultat eines konkreten informellen oder formellen Benennungsprozesses verstanden werden. Um einer realitätsnahen, prozeßhaften Entwicklung Rechnung zu tragen, ist eine solche Differenzierung des Kriminalitätsbegriffs notwendig. Denn einerseits will man die volle Variationsbreite der Kriminalität erfassen, andererseits ihr Bedeutungsfeld so eingrenzen, dass der Kriminalitätsbegriff praktisch und theoretisch gehandhabt werden kann. Die Differenzierung des Kriminalitätsbegriffs ist ferner erforderlich, weil die Kriminalität durch die Art der Reaktion ihre Qualität ändert. Es müssen also Schnitte in die sozialen und individuellen Kriminalisierungsprozesse gelegt werden.
Schneider meint, es ist das Wesen der psycho- und soziodynamischen, realistischen Definition des Verbrechens, dass sie die Reaktion auf Kriminalität berücksichtigt, dass sie sich an der kriminellen Wirklichkeit orientiert und dass sie die Kriminalität nicht nur als Endprodukt beurteilt, sondern sich ihre prozeßhafte Entwicklung, ihr Werden angelegen sein lässt. Der psycho- und soziodynamischen, realistischen Definition kommt es nicht so sehr wie der strafgesetzlichen Definition auf eine statische, formale Begriffsbestimmung an, sondern darauf, dass Kriminalität im engeren Sinne als Resultat eines konkreten informellen oder formellen Benennungsprozesses verstanden wird. Um einer realitätsnahen, prozeßhaften Entwicklung Rechnung zu tragen, ist eine solche Differenzierung des Kriminalitätsbegriffs notwendig. Denn einerseits will man die volle Variationsbreite der Kriminalität erfassen, andererseits ihr Bedeutungsfeld so eingrenzen, dass der Kriminalitätsbegriff praktisch und theoretisch gehandhabt werden kann. Die Differenzierung des Kriminalitätsbegriffs ist ferner erforderlich, weil die Kriminalität durch die Art der Reaktion ihre Qualität ändert. Es müssen also Schnitte in die sozialen und individuellen Kriminalisierungsprozesse gelegt werden.


Eisenberg stellt die registrierte der vermuteten tatsächlichen Kriminalität gegenüber. Untersuchungen über Entstehungszusammenhänge von Kriminalität sind nahezu ausschließlich auf diejenigen Stufen strafrechtlicher Beurteilung beschränkt, deren Ergebnisse zur Aufnahme in amtliche Statistiken geführt haben. Dabei ist die diesbezügliche kriminologische Forschung dem prinzipiellen Einwand ausgesetzt, die einschlägigen Statistiken als ihr zentralen Datenquellen seien allein zum Nachweis behördlicher Tätigkeit oder des Geschäftsanfalls geeignet und spiegelten lediglich Struktur und Intensität informeller und formeller Strafverfolgung wider. Hingegen seien sie keine geeigneten Instrumente zur Erfassung vermuteter tatsächlicher Kriminalität, da es ihnen insoweit an den Voraussetzungen gültiger (valider) und zuverlässiger (reliabler) Messung fehle.
Eisenberg stellt die registrierte der vermuteten tatsächlichen Kriminalität gegenüber. Untersuchungen über Entstehungszusammenhänge von Kriminalität sind nahezu ausschließlich auf diejenigen Stufen strafrechtlicher Beurteilung beschränkt, deren Ergebnisse zur Aufnahme in amtliche Statistiken geführt haben. Dabei ist die diesbezügliche kriminologische Forschung dem prinzipiellen Einwand ausgesetzt, die einschlägigen Statistiken als ihre zentralen Datenquellen seien allein zum Nachweis behördlicher Tätigkeit oder des Geschäftsanfalls geeignet und spiegelten lediglich Struktur und Intensität informeller und formeller Strafverfolgung wider. Hingegen seien sie keine geeigneten Instrumente zur Erfassung vermuteter tatsächlicher Kriminalität, da es ihnen insoweit an den Voraussetzungen gültiger (valider) und zuverlässiger (reliabler) Messung fehle.


Kaiser erstellt Konzepte zur Erklärung der Kriminalität als Sozialerscheinung. Eine solche Beurteilung gilt sowohl für die Deutung der Kriminalität in einem bestimmten Zeitpunkt (Querschnittanalyse) als auch für jene der Kriminalitätsentwicklung (Längsschnittsanalyse). Dies schließt freilich nicht aus, dass Theoriebruchstücke oder formelhaft verkürzte Erklärungsansätze an die Stelle von sonst genauer ausgearbeiteten Theorien treten. Vor allem trifft dies für die Anomietheorie zu, die trotz aller Schwächen neben der Kulturkonflikttheorie noch immer reiches Erklärungspotential enthält und Chiffren zur Entschlüsselung der zeitgenössischen Kriminalität liefert.  
Kaiser erstellt Konzepte zur Erklärung der Kriminalität als Sozialerscheinung. Eine solche Beurteilung gilt sowohl für die Deutung der Kriminalität in einem bestimmten Zeitpunkt (Querschnittanalyse) als auch für jene der Kriminalitätsentwicklung (Längsschnittsanalyse). Dies schließt freilich nicht aus, dass Theoriebruchstücke oder formelhaft verkürzte Erklärungsansätze an die Stelle von sonst genauer ausgearbeiteten Theorien treten. Vor allem trifft dies für die Anomietheorie zu, die trotz aller Schwächen neben der Kulturkonflikttheorie noch immer reiches Erklärungspotential enthält und Chiffren zur Entschlüsselung der zeitgenössischen Kriminalität liefert.  


Sozialpsychologische Kriminalitätstheorien sind soziale Lerntheorien, Kontrolltheorien und die Interaktionstheorie welche gemeinsam davon ausgehen, dass Sozialabweichung, Delinquenz und Kriminalität in Sozialprozessen entstehen. Die Interaktionstheorie studiert nicht so sehr Verhalten und Menschen, die als kriminell definiert und ihr Verhalten als kriminell definiert werden. Es kommt ihr auf die Bedeutung an, die der Mensch seinem eigenen Verhalten zumisst und die andere menschlichem Verhalten geben. Immer steht die Interaktion, die wechselseitige Beeinflussung zwischen Person, Verhalten und Umwelt im Mittelpunkt sozialpsychologischen Denkens. Die Interaktion ist die Brücke zwischen Person und Gesellschaft. Menschliche Verhaltensweisen werden erlernt und sind deshalb von Gesellschaft zu Gesellschaft verschieden. (Schneider)
Sozialpsychologische Kriminalitätstheorien sind soziale Lerntheorien, Kontrolltheorien und die Interaktionstheorie welche gemeinsam davon ausgehen, dass Sozialabweichung, Delinquenz und Kriminalität in Sozialprozessen entstehen. Die Interaktionstheorie studiert nicht so sehr Verhalten und Menschen, die als kriminell definiert und ihr Verhalten als kriminell eingestuft werden. Es kommt ihr auf die Bedeutung an, die der Mensch seinem eigenen Verhalten zumisst und die andere menschlichem Verhalten geben. Immer steht die Interaktion, die wechselseitige Beeinflussung zwischen Person, Verhalten und Umwelt im Mittelpunkt sozialpsychologischen Denkens. Die Interaktion ist die Brücke zwischen Person und Gesellschaft. Menschliche Verhaltensweisen werden erlernt und sind deshalb von Gesellschaft zu Gesellschaft verschieden. (Schneider)


Der Begriff der '''Kriminalität''' wird aber auch mit sehr unterschiedlichen Zielrichtungen und Bedeutungsinhalten gebraucht. [[Henner Hess|Hess]] und [[Sebastian Scheerer|Scheerer]] (1997) unterscheiden z.B. vier solcher Bedeutungen im sozialen Leben:
Der Begriff der '''Kriminalität''' wird aber auch mit sehr unterschiedlichen Zielrichtungen und Bedeutungsinhalten gebraucht. [[Henner Hess|Hess]] und [[Sebastian Scheerer|Scheerer]] (1997) unterscheiden z.B. vier solcher Bedeutungen im sozialen Leben:
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