Alterskriminalität


Alterskriminalität bezeichnet im weiteren Sinne Straftaten, die von Personen begangen werden, die 60 Jahre und älter sind. In der einschlägigen Literatur wird teilweise diskutiert, die Altersgrenze anzuheben. Dies wird u.a. mit der gestiegenen Lebenserwartung in den vergangenen Jahren begründet. Die Alterskriminalität im engeren Sinne beschreibt Delikte, die auf den altersbedingten Leistungsabfall körperlicher und geistiger Prozesse zurückzuführen sind.

Definition

In der kriminologischen Literatur versteht man unter dem Begriff der Alterskriminalität die Gesamtheit aller strafbaren Handlungen von Menschen, die 60 Jahre und älter sind und die auf die biologischen, psychologischen und sozialen Prozesse des Alterns zurückzuführen sind (vgl. Keßler 2005: 7-8).

Begriffsklärungen und Abgrenzung

Die Alterskriminalität bezieht sich genauso wie die Jugendkriminalität auf eine spezifische Tätergruppe. Die Straffälligkeit bzw. Delinquenz dieser Gruppe steht im Zusammenhang mit den besonderen an die Lebensphase gebundenen biologischen und psychologischen Bedingungen. Alterskriminalität stellt einen Teilbereich der Spätkriminalität dar. Spätkriminalität bezeichnet wie Frühkriminalität vorrangig den zeitlichen Beginn krimineller Handlungen innerhalb eines Lebensabschnittes. Bei erstmaliger Delinquenz bis zum 30. Lebensjahr spricht man in der Kriminologie von Frühkriminalität und bei erstmaliger Delinquenz nach dem 30. Lebensjahr von Spätkriminalität (vgl. Sieverts 1967: 42). In Bezug auf die Alterskriminalität bedeutet das, dass alle Ersttäter Spätkriminelle sind. Erstkriminelle sind alle Personen, die sich zuvor straffrei verhalten haben (vgl. Jäckle 1988: 1). In der kriminologischen Literatur wird vermutet, dass es sich bei deutlich mehr als der Hälfte aller durch Senioren begangenen Straftaten um Erstverstöße handelt (vgl. Kunz 2014: 23). Keßler spricht sogar von einer Ersttäterquote von 70 % (vgl. Keßler 2005: 347). Auch wenn diese Zahlen durch keinen Vertreter zweifelsfrei belegt werden können, fällt der Spätkriminalität in diesem Zusammenhang eine große Bedeutung zu.

In der Literatur wird der Begriff der Alterskriminalität unterschiedlich abgehandelt. Teilweise werden die alterungsbedingten Prozesse als Ursache für Alterskriminalität vernachlässigt, teilweise umfasst die Definition mancher Autoren auch Straftaten, die nicht nur durch sondern auch an alten Menschen verübt werden (vgl. Keßler 2005: 7)

Da der Alterungsvorgang schleichend abläuft und es hierbei individuelle, regionale sowie perspektivische Unterschiede gibt, gehen die Meinungen zur Definition des Alters bei den unterschiedlichen Autoren ebenfalls auseinander. In Deutschland ist die gesellschaftliche Vorstellung vom Alter insbesondere mit dem Austritt aus dem Arbeitsleben bzw. mit dem Eintritt in den Ruhestand verbunden. Dieser Übergang findet meist zwischen dem 60. und dem 65. Lebensjahr statt. Diese allgemein akzeptierte Altersgrenze wird auch bei der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) verwendet. Hier werden u.a. Personen ab dem 60. Lebensjahr in einer Kategorie zusammengefasst (vgl. Kunz 2014: 12-13).

Durch die allgemein steigende Lebenserwartung der Bevölkerung in den westlichen Industrieländern gibt es in diesem Zusammenhang immer wieder Diskussionen über die Anhebung der Altersgrenze. Schwind sprach sich beispielsweise dafür aus, die Grenze für das Alter auf 65 Jahre anzuheben. Das Strafrecht der Bundesrepublik Deutschland hält keine Legaldefinition für das Alter bereit. Eine strafrechtliche Sonderbehandlung für ältere Straftäter ist ebenfalls im Strafrecht nicht vorgesehen (vgl. Kunz 2014: 13).

Ausmaß in der Bundesrepublik Deutschland

Hellfeld

Allgemeine Deliktsfelder

Eine Grundlage für die Erhebung der Kriminalitätsbelastung in Deutschland ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Diese wird jährlich durch das Bundeskriminalamt veröffentlicht und stellt das offizielle Hellfeld dar. Der PKS ist zu entnehmen, dass sich die Tätergruppe der älteren Menschen im Vergleich zu anderen Altersgruppen generell durch eine sehr geringe Kriminalitätsbelastung auszeichnet. Neben Kindern zwischen 8 und 10 Jahren ist die Gruppe der Senioren ab einem Alter von 60 Jahren am geringsten belastet (vgl. Kunz, S. 19). Seniorenkriminalität zeichnet sich weiter dadurch aus, dass die Kriminalitätsbelastung im fortgeschrittenen Alter tendenziell zurückgeht. Die Entwicklung der Tatverdächtigen (TV) ab 60 Jahren ist seit dem Jahr 2000 als es insgesamt noch 130.524 erfasste Alterskriminelle gab (5,7 % Anteil an allen TV) bis zum Jahr 2014 geringfügig, aber kontinuierlich auf einen Wert von 158.377 TV angestiegen. Bei insgesamt 2.149.504 registrierten TV im Jahr 2014 machen die Personen der Gruppe der über 60-Jährigen somit einen Anteil von 7,4 % der Gesamtkriminalität aus.

Straftaten von Senioren zeichnen sich im Allgemeinen durch ihren Bagatellcharakter aus. Die populärsten Deliktsfelder bei Alterskriminellen im Jahr 2014 sind neben dem Diebstahl ohne erschwerende Umstände (41.408 TV) die Beleidigung (21.973 TV), der Betrug (21.620 TV) sowie die einfache, vorsätzliche Körperverletzung (16.622 TV).

Beim Diebstahl ohne erschwerende Umstände handelt es sich hauptsächlich um Ladendiebstähle. Insbesondere Frauen begehen kaum andere Delikte. Generell ist der Anteil älterer Frauen an der Alterskriminalität etwas höher als der Frauenanteil an der Gesamtkriminalität. Dennoch begehen allgemein deutlich mehr Männer als Frauen Straftaten im höheren Alter. Die Kriminalität der Männer ähnelt dabei immer mehr der der Frauen. Sie begehen im Alter kaum Straftaten, die mit schwerwiegender körperlicher Gewaltanwendung oder Kraftaufwendung verbunden sind (vgl. Kunz, S. 18ff.). Im Jahr 2014 waren die am seltensten durch Senioren begangenen Delitke: Mord- bzw. Totschlagsdelikte (179 TV), Vergewaltigungen bzw. sexuelle Nötigungen (222 TV) und Raubdelikte (315 TV).

Die verbreitete Annahme von der Sexualstraftat als dem klassischen Altersdelikt, spiegelt sich in den in der PKS erhobenen Daten nicht wider. Im Verhältnis zur gesamten deutschen Bevölkerung waren im Jahr 2011 nur ca. 0,3 % der Senioren wegen dieses Delikts tatverdächtig.

Straßenverkehrsdelikte

Die Straßenverkehrsdelikte werden im Gegensatz zu den übrigen relevanten Deliktsbereichen nicht in den Erhebungen der PKS aufgeführt sondern in der Strafverfolgungsstatistik. Neben einfachen Diebstahlsdelikten bilden die Straßenverkehrsdelikte bei älteren Menschen die am häufigsten verfolgten Gesetzesverstöße. Hier sind die fahrlässige Körperverletzung im Straßenverkehr und die Verkehrsunfallflucht hervorzuheben. Die Straßenverkehrsdelinquenz allgemein ist in den letzten Jahren rückläufig. Bei den älteren Personen ist die Zahl vom Ende der 1980er Jahre (1988 – 32166 TV) bis zum Jahr 2006 (34482 TV) annähernd konstant geblieben (vgl. Lachmund, S. 44ff.). Im Gesamtvergleich entfallen lediglich etwa 3 bis 4 % aller verfolgten Straßenverkehrsdelikte auf ältere Menschen. Im Verhältnis zur geringen Beteiligung am motorisierten Straßenverkehr insgesamt ist dieser Anteil jedoch beachtlich (vgl. Kreuzer, S. 32).

Dunkelfeld

Das Dunkelfeld beinhaltet alle Delikte, die den Strafverfolgungsbehörden nicht bekannt geworden sind. Bis dato sind systematische und längerfristige Dunkelfeldforschung im Bereich der Alterskriminalität weitestgehend ausgeblieben. Die Untersuchung von Akers & LaGreca aus dem Jahr 1988 zum Thema Alkoholkonsum stellt hier eine Ausnahme dar. Bei diesen standardisierten Interviews wurden die Teilnehmer der Altersgruppe ab 60 Jahre u.a. nach Kontakten zur Justiz und zu unter Strafe stehenden Verhaltensweisen befragt (vgl. Kreuzer 1992: 30).

Aufgrund des geringen Ausmaßes der Alterskriminalität im Verhältnis zur Gesamtkriminalität, werden in der einschlägigen Literatur hierzu lediglich Mutmaßungen angestellt. Wissenschaftliche Forschungen in der Kriminologie gehen von einem wesentlich größeren Dunkel- als Hellfeld aus. Nach Clages/Zimmermann liegt das Verhältnis bei 3:1 bis 5:1. Der Grund dafür ist die geringe öffentliche Wirksamkeit der von älteren Tätern verübten Straftaten. Das favorisierte Delikt der Alterskriminellen ist der Ladendiebstahl. Dieser wird in der Praxis zudem oftmals als Bagatelle behandelt. Hinzukommt, dass alte Menschen zunehmend weniger soziale Kontakte haben und sich im Gegensatz zu jüngeren Tätern weniger mit ihren Taten vor anderen brüsten. Die Taten bleiben so häufig unentdeckt. Weiterhin werden alte Menschen allgemein seltener als potenzielle Täter verdächtigt und ihnen wird beim Anzeigeverhalten durch andere Bürger und später im Strafverfahren durch die Strafverfolgungsbehörden milde und wohlwollend gegenübergetreten (vgl. Kreuzer 1992: 31).

Aspekte, die gegen ein überdurchschnittliches Dunkelfeld sprechen, finden in der Wissenschaft ebenfalls Erwähnung. Taten aus dem Bereich der Alterskriminalität sind prinzipiell leichter zu verfolgen, da ältere Personen aufgrund ihrer altersbedingten Abbauerscheinungen nicht mehr in der Lage sind, ihre Taten zu verschleiern. Zudem hat Alterskriminalität häufig Appellcharakter, eine Nichtentdeckung der Tat ist in dem Fall vom Täter nicht intendiert.

Motive und Ursachen

Erklärungsansätze für die Entstehung von Alterskriminalität

Grundsätzlich stehen für die Erforschung von Ursachen und Motiven für Alterskriminalität die allgemeinen Kriminalitätstheorien zur Verfügung. Ob diese Theorien tatsächlich geeignet sind, um speziell die Altersdelinquenz zu erklären, wird in der wissenschaftlichen Literatur kontrovers diskutiert. Diese Theorien wurden meist im Rahmen der Erklärung von Jugenddelinquenz entwickelt und überprüft. Weiterführend wird die Diskussion über die Beziehung und Beeinflussung von Alter und Kriminalität im Kontext der sog. „age-crime debate“ geführt (vgl. Kunz 2014: 33).

Ferner werden interdisziplinär auch altersspezifische Erklärungsansätze erwähnt. Es herrscht hier Einigkeit darüber, dass sich bei Straßenverkehrsdelikten die altersbedingt sinkende körperliche und geistige Leistungskraft negativ auswirkt. Ursächlich ist die Überschätzung der eigenen Leistungs- und Wahrnehmungsfähigkeit (vgl. Lachmund 2011: 46). Für das erstmalige Begehen eines Ladendiebstahls werden dagegen Gründe wie Nachholbedürfnis, Einsamkeit oder Altersarmut genannt. Zudem wird häufig auch ein implizierter Appell durch die Begehung von Straftaten vermutet. Letzteres zeigt sich immer wieder durch die naive Begehungsart, welche geradezu auf Entdeckung abzielt.

Hinzukommt, dass der Alltag älterer Menschen eher erlebnisarm ist und Ladendiebstähle eine Abwechslung bieten können. Die Begehung eines Ladendiebstahls erfordert des Weiteren keinen Kraftaufwand und keine sozialen Kontakte. Zudem ist ein Ladendiebstahl weniger verpönt und stößt auf geringere Hemmschwellen als andere Delikte. Das Anzeigeverhalten gegenüber älteren Menschen ist weniger stark ausgeprägt und führt häufig dazu, dass die Täter für (vermindert) schuldunfähig erklärt werden. Dieser Umstand führt wiederum oftmals zu einer Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft. Des Weiteren verfügen ältere Menschen aufgrund niedriger Renten immer häufiger über unzureichende finanzielle Mittel, was bis hin zur Altersarmut führen kann. Die oftmals objektive, aber auch häufig subjektiv empfundene Bedürftigkeit, kann an dieser Stelle eine Erklärung für Eigentumsdelikte sein.

Weitere Faktoren, die die Altersdelinquenz beeinflussen können, sind um- bzw. unstrukturierte Tagesabläufe. Darüber hinaus haben alte Menschen subjektiv oftmals gesellschaftlich einen niedrigen Status; auch soziale Kontakte nehmen stetig ab. Aufgrund dessen fühlen sie sich häufig nutzlos und isoliert. Dies kann dazu führen, dass altersspezifische Delikte aufgrund des damit einhergehenden Appellcharakters begangen werden. Einsamkeit kann ebenfalls für den Abbau von Empathie verantwortlich sein. Dies kann sich bei Senioren hemmungsabbauend und somit kriminalitätsbegünstigend auswirken. Altersstraftaten sind hiernach alternative Handlungen für soziale Ausgliederung, die den alten Menschen zum Ersttäter werden lassen (vgl. Bartl 2010: 48ff.).

Erklärungsansätze für den allgemeinen Rückgang von Kriminalität im Alter

Neben den allgemeinen Kriminalitätstheorien und den erwähnten altersspezifischen Erklärungsansätzen für das Phänomen der Alterskriminalität gibt es auch Erklärungen zu den Ursachen des allgemeinen Rückgangs von Kriminalität im fortschreitenden Alter. Die beiden folgenden Ansätze beziehen sich in erster Linie auf Alterskriminelle, die bereits in jüngeren Jahren delinquent gewesen sind. Beide erheben daher nicht den Anspruch, das Phänomen der Spätkriminalität zu erklären.

Schwächetheorie

Hier ist zunächst die Schwächetheorie zu nennen. Bei dieser Theorie handelt es sich um den ältesten Erklärungsansatz für Alterskriminalität. Sie wurde bereits im Jahr 1949 durch Exner als Kriminalität der Schwäche bezeichnet (vgl. Bartl 2010: 68). Der Ansatz sucht, die generelle Abnahme von Kriminalität im Alter zu erläutern. Der geringe Anteil älterer Menschen an Straftaten ist durch eine Veränderung der kriminellen Energie, bedingt durch körperliche und geistige Einbußen im Rahmen des Alterungsprozess, erklärbar. Einerseits reduziert der Straftäter die generelle Anzahl der Delikte, andererseits begeht er meist diejenigen Straftaten, zu denen er trotz seines körperlichen und geistigen Abbaus noch in der Lage ist. Die Kriminalität alter Menschen wird somit erheblich eingeschränkt.

Burn-out-Theorie

Als zweite Theorie wird die Burn-out-Theorie aufgeführt. Diese geht davon aus, dass sich mit zunehmendem Alter eine gewisse Müdigkeit bemerkbar macht. Alternde Wiederholungs- bzw. Dauertäter werden sesshafter und weniger rebellisch. Eine antisoziale Einstellung kann zwar fortdauern, aber das Verhalten und das Ausleben dieser Haltung ändern sich. Strafbares Verhalten wird in diesem Fall häufig abgelegt (vgl. Keßler 2005: 304-309).

Geschichte und Forschungssituation

Die Alterskriminalität stellt in den Kriminalwissenschaften und in der Kriminologie insgesamt einen vernachlässigten Themenbereich dar (vgl. Kunz 2014: 14). Sie macht in der Gesamtkriminalität lediglich einen geringen Anteil aus. Das gilt sowohl für die reine Anzahl von registrierten Taten als auch für die durchschnittliche Schwere der einzelnen Delikte. Außerdem rückt das Interventionsbedürfnis der Gesellschaft bei älteren Straffällig,en im Gegensatz zu heranwachsenden Tätern, in den Hintergrund (vgl. Kunz 2014: 15). Erstmals widmete sich in Deutschland Friedreich, in seinem „System der gerichtlichen Psychologie“, im Jahr 1842 dem Thema Alterskriminalität. Eine erste offizielle Erfassung datiert aus dem Jahr 1883 aus der Kriminalstatistik des Deutschen Reiches. Erst Ende des 19. Jahrhunderts setzte die systematischere Untersuchung von Alterskriminalität durch Wissenschaftler wie Günz, Leppman, Bresler, Zingerle und Aschaffenburg ein.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschränkte sich die wissenschaftliche Betrachtung von Alterskriminalität vorwiegend auf den älteren, biologisch veränderten männlichen Sexualtäter. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte wurden verschiedene Aussagen über die Art der Kriminalität älterer Personen gemacht und diesbezüglich spezielle theoretische Erklärungskonzepte entwickelt. Ein Großteil der Literatur zur Alterskriminalität stammt aus den USA. Das Thema hatte in den 1970er und 1980er Jahren aufgrund des damaligen demographischen Wandels eine erhebliche Brisanz. Seit den 1990er Jahren wird die Alterskriminalität in den USA wieder seltener thematisiert.

Die aktuellsten und gleichzeitig umfassendsten Studien der heutigen Zeit stammen aus Japan. In diesem Zusammenhang ist u.a. die „Studie des Japanischen Justizministerium zum Ausmaß und zur Entwicklung von Alterskriminalität im Hellfeld“ sowie die „Studie zu den Merkmalen und Motivationen verurteilter Alterstäter in Japan“ zu nennen (vgl. Kunz 2014: 15).

Insgesamt beschränken sich die meisten Beiträge zur Alterskriminalität auf die offiziell registrierten Altersstraftaten des Hellfeldes. Hierzu werden zur Analyse von Alterskriminalität fast ausschließlich Kriminalstatistiken verwendet. Diese beinhalten jedoch kaum Informationen zu Tathintergründen und Tätermerkmalen. Daher ist der bisherige Kenntnisstand zu präventiven und kriminogenen Faktoren der Alterskriminalität begrenzt (vgl. Kunz 2014: 16).

Innerhalb der deutschsprachigen Kriminologie ist eine längerfristige und systematische Bearbeitung der Thematik bislang nicht erkennbar. Im Jahr 1993 wurde die Forschungssituation zur Alterskriminalität von Feest wie folgt erläutert:

„Im Ganzen gesehen ist die Alterskriminalität empirisch noch sehr wenig erforscht, so dass relevante Aussagen aufgrund von Einzeluntersuchungen nicht gemacht werden können. Vorläufig ist daher eine Analyse der Entwicklung der Alterskriminalität, ihrer Deliktstruktur und ihrer Tätermerkmale fast nur anhand der Kriminalstatistik möglich.“ Und weiter „Über die Täter der Alterskriminalität existieren nur wenige, zumeist medizinisch-psychiatrisch orientierte Spezialstudien. Dabei handelt es sich durchweg um Untersuchungen über verurteilte Täter, während Dunkelfeldforschungen bisher völlig fehlen“ (Kunz 2014: 17, Zit. nach Feest 1993).

Diese in die Jahre gekommene Beschreibung zum Forschungsstand der Alterskriminalität und den damit verbundenen Missständen besitzt auch heute noch Gültigkeit. Die wissenschaftliche Literatur zur Alterskriminalität stagniert größtenteils auf der deskriptiven Ebene. Feststellungen zu Entstehungshintergründen von Alterskriminalität werden seither ausnahmslos theoretisch abgehandelt.

Literatur

  • Bartl, J. (2010): Seniorenkriminalität – Ausmaße und Ursachen der Altersdelinquenz. Saarbrücken
  • Bürger-Prinz, H. und Lewrenz, H. (1961): Die Alterskriminalität. Stuttgart
  • Bundesministerium des Innern (2015): Polizeiliche Kriminalstatistik 2014. Berlin
  • Jäckle, L. (1988): Aspekte der Alterskriminalität in kriminologischer Sicht. Freiburg im Breisgau
  • Keßler, I. (2005): Straffälligkeit im Alter: Erscheinungsformen und Ausmaße. Kölner Schriften zur Kriminologie und Kriminalpolitik, Band 8. Münster
  • Kunz, F. (2014): Kriminalität älterer Menschen, erschienen in: Schriftenreihe des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht - Kriminologische Forschungsberichte, Band K 164 in Kriminologische Forschungsberichte: Hrsg.: Albrecht, H.-J. und Kaiser, G. Berlin
  • Kreuzer, A. und Hürlimann, M. (1992): Alte Menschen als Täter und Opfer: Alterskriminologie und humane Kriminalpolitik gegenüber alten Menschen. Freiburg im Breisgau
  • Lachmund, C. (2011): Der alte Straftäter. Die Bedeutung des Alters für Kriminalitätsentstehung und Strafverfolgung. Studien zu Kriminalität – Recht – Psyche. Münster
  • Schramke, H.-J. (1996): Alte Menschen im Strafvollzug: Empirische Untersuchung und kriminalpolitische Überlegung. Bonn
  • Sieverts, R. (1967): Handwörterbuch der Kriminologie – Band 1. Berlin

Weblinks

Alterskriminalität im Kriminologie-Lexikon ONLINE