Abolitionismus

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Das Wort Abolitionismus bezeichnet Lehren und Bestrebungen zur Aufhebung rechtlich institutionalisierter Zwangsverhältnisse und Sanktionsformen. Im 19. Jahrhundert war es vor allem im anglo-amerikanischen Raum zunächst mit dem Kampf gegen die Sklaverei, dann auch mit der Kampagne gegen die diskriminierenden Gesetze gegen die Prostitution verbunden. Als Abolitionisten bezeichneten sich aber auch damals schon die Befürworter einer Abschaffung der Todesstrafe. Heutzutage bezeichnet das Wolrt Abolitionismus auch eine im engeren Sinne kriminalpolitische Strömung, die auf die Abschaffung der Gefängnisse und sogar des gesamten Strafrechtssystems (criminal justice system) sowie eine Neudefinition und Neubearbeitung der bislang als Kriminalität bezeichneten Phänomene hinarbeitet. Dieser straftheoretische und kriminalpolitische Abolitionismus denkt nicht in den Kategorien des Strafrechts, also von Täter und Opfer, von Schuld und Strafe usw., sondern denkt kritisch-analysierend über diese Kategorien und über die Folgen von deren Anwendung in der Strafrechtspraxis nach.

Kriminologische Relevanz:

Unabhängig von der möglicherweise großen theoretischen Bedeutung des A. im Zusammenhang mit der Kritik der Strafe und des Strafrechts lässt sich für die Kriminologie als soziales System, also als Versammlung von Leuten, die Kriminologie betreiben, sagen, dass der A. als Strömung nie sehr stark war und im Augenblick angesichts des generellen punitive turn kaum eine Rolle spielt. Eine abolitionistische Vereinigung ist die "ICOPA" - was schon für drei Namen stand: "International Conference on Prison Abolition", "International Conference on Penal Abolition" und "International Circle for Penal Abolition".


Geschichte des Abolitionismus und ...

der Sklaverei

Die erste Abolitionsbewegung war diejenige gegen den transatlantischen Sklavenhandel - erst nach ihrem erfolgreichen Ende begann die Bewegung zur Abschaffung der Sklavenhaltung in den USA, in den britischen Kolonien, Brasilien und überall sonst.

der Prostitution

Die Abolitionsbewegung gegen das Zwangsregime, dem Prostituierte unterworfen waren, nimmt in gewisser Weise eine Sonderstellung ein, schwankte die Bewegung doch zwischen den Polen einer reinen Befreiung der Prostituierten von staatlicher Repression (ohne die Prostitution selbst zu bekämpfen) und einer Bekämpfung, die mehr der Prostitution als der repressiven Behandlung der Prostituierten galt. Ein solcher Unterschied zeigte sich z.B. zwischen der britischen Abolitionsbewegung einerseits und der deutschen andererseits. Die britische Abolitionsbewegung ist untrennbar mit Josephine Butler verbunden.

Die deutsche Abolitionsbewegung ist untrennbar mit Anna Pappritz verbunden.

der Todesstrafe

der Gefängnisse

des Strafrechts

Kritik und Gegenkritk

Der häufigste Vorwurf an die Adresse von Abolitionisten ist der Utopie-Vorwurf. Der Gegenvorwurf an die Adresse der Kritiker wurde von Gerhard Mauz (1975: 7) formuliert: "Es muss nicht bis zum Ende aller Tage angeklagt und verurteilt werden. Über die Verstöße gegen unsere Vereinbarungen, die wir Gesetze nennen, als hätten wir sie wie Moses vom Berge herabgebracht, kann auch solidarisch verhandelt, sie können auch leidenschaftslos ausgetragen werden (so jedenfalls, dass nicht noch mehr Leid entsteht, so schon gelitten wird). - Es setzt dies nur voraus, dass wir darauf verzichten, über Menschen zu befinden; dass wir uns dazu entschließen, mit ihnen, für sie und damit auch für uns nach Lösungen zu trachten. - Eine Utopie? Eine Utopie ist wohl eher die Vorstellung, es könne unsere Mühe um den kAustrag der Konflikte, die im Zusammenhang mit unseren Vereinbarungen entstehen, für alle Zeit im Anklagen und Verurteilen am Ziel sein - in einem Richt, das über uns richtet. Eine Utopie ist doch wohl eher die Vorstellung, wir könnten für alle Zeit damit am Ziel sein, dass wir strafen."

Siehe auch

Welt ohne Gefängnisse

Literatur

Adam Hochschild, Bury the Chains. The British Struggle to Abolish Slavery. New York: Houghton Mifflin 2005

Sebastian Scheerer, "Abolitionismus". In: R. Sieverts, H.J. Schneider, Hg., Handwörterbuch der Kriminologie. In völlig neu bearb. zweiter Auflage, Band 5, Berlin: de Gruyter: 1991: 289-301 (S. 289).

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