Maßregeln der Besserung und Sicherung: Unterschied zwischen den Versionen

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Andererseits wird vom Gesetzgeber eine enge Zusammenarbeit zwischen den beiden an der Führungsaufsicht beteiligten Organen - der Führungsaufsichtsstelle und der Bewährungshilfe- gefordert. Dieses Nebeneinander der beiden Institutionen führt jedoch oft zu Kooperationsproblemen aufgrund unklarer Kompetenzzuweisungen und mangelnder Koordinierung, dienstrechtlicher Regelungen und Hierarchieproblemen, sowie professioneller Eigeninteressen und Handlungsorientierungen.  Somit wurde in den letzten Jahren immer wieder eine Reform der Führungsaufsicht gefordert. Die Überlegungen gingen bis dahin sie abzuschaffen. Dass dies wohl nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen ist, zeigt, dass durch das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten die zeitliche Dauer der Maßregel noch einmal beträchtlich erweitert worden. (§§ 68c Abs. 2, 68e Abs. 4 <nowiki>StGB</nowiki>)  
Andererseits wird vom Gesetzgeber eine enge Zusammenarbeit zwischen den beiden an der Führungsaufsicht beteiligten Organen - der Führungsaufsichtsstelle und der Bewährungshilfe- gefordert. Dieses Nebeneinander der beiden Institutionen führt jedoch oft zu Kooperationsproblemen aufgrund unklarer Kompetenzzuweisungen und mangelnder Koordinierung, dienstrechtlicher Regelungen und Hierarchieproblemen, sowie professioneller Eigeninteressen und Handlungsorientierungen.  Somit wurde in den letzten Jahren immer wieder eine Reform der Führungsaufsicht gefordert. Die Überlegungen gingen bis dahin sie abzuschaffen. Dass dies wohl nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen ist, zeigt, dass durch das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten die zeitliche Dauer der Maßregel noch einmal beträchtlich erweitert worden. (§§ 68c Abs. 2, 68e Abs. 4 <nowiki>StGB</nowiki>)  
Die Führungsaufsichtsstellen sind überwiegend den Landgerichten angegliedert. Schwerpunktmäßig sind deren Aufgaben der Kontakt zu anderen Behörden – im wesentlichen zu den Gerichten und Strafvollstreckungskammern-, sowie Kontakte zu einzelnen Probanden in Konfliktsituationen (Kooperationsverweigerung oder neue Straftat). <br>
Die Führungsaufsichtsstellen sind überwiegend den Landgerichten angegliedert. Schwerpunktmäßig sind deren Aufgaben der Kontakt zu anderen Behörden – im wesentlichen zu den Gerichten und Strafvollstreckungskammern-, sowie Kontakte zu einzelnen Probanden in Konfliktsituationen (Kooperationsverweigerung oder neue Straftat). <br>
Die Aufgaben der Bewährungshilfe werden von staatlich anerkannten <nowiki>SozialarbeiterInnen</nowiki> wahrgenommen. Führungsaufsichtsprobanden stellen eine besondere Herausforderung für <nowiki>BewährungshelferInnen</nowiki> dar. Das Klientel ist sehr heterogen mit unterschiedlichen Risikoprognosen und Problemen. Diese haben immer eine freiheitsentziehende Maßnahme hinter sich, grundsätzlich wird von einer negativen Sozialprognose ausgegangen. Es handelt sich in der Regel um <nowiki>KlientInnen</nowiki> mit einer gefestigten Persönlichkeitsstruktur auf dem Erfahrungshintergrund einer kriminellen Kariere. Zudem unterliegen <nowiki>BewährungshelferInnen</nowiki> der schwierigen Verpflichtung des doppelten Mandats. Das bedeutet, dass sie einerseits ein Vertrauensverhältnis zu ihren <nowiki>KlientInnen</nowiki> herstellen müssen, um effektiv arbeiten zu können, andererseits sind sie den Aufsichtsstellen gegenüber dazu verpflichtet in regelmäßigen Abständen Bericht zu erstatten. Sollte jemand z.B. Weisungen nicht nachkommen so ist dies zu melden. Da Menschen mit langjährigen Hafterfahrungen ihr gesamtes Leben neu organisieren müssen, sind sie bei ihrer Entlassung mit zahllosen Problemen konfrontiert. Das fängt an beim Umgang mit Ämtern, finanziellen Schwierigkeiten, der Wohnungs- und Arbeitssuche bis hin zur Knüpfung neuer Sozialkontakte, der Einhaltung eventueller Bewährungsauflagen und, wie § 2 <nowiki>StVollzG</nowiki> formuliert, ein Leben in sozialer Verantwortung und ohne Straftaten zu führen. Für Sexualstraftäter kommt erschwerend eine starke gesellschaftliche Ablehnung hinzu. Die umfangreichen Aufgaben verlangen eine intensive Begleitung, die jedoch aufgrund der Vielzahl der zu Betreuenden (oftmals an die 70 Probanden und mehr) derzeit nicht zu verwirklichen ist.
Die Aufgaben der Bewährungshilfe werden von staatlich anerkannten <nowiki>SozialarbeiterInnen</nowiki> wahrgenommen. Führungsaufsichtsprobanden stellen eine besondere Herausforderung für <nowiki>BewährungshelferInnen</nowiki> dar. Das Klientel ist sehr heterogen mit unterschiedlichen Risikoprognosen und Problemen. Diese haben immer eine freiheitsentziehende Maßnahme hinter sich, grundsätzlich wird von einer negativen Sozialprognose ausgegangen. Es handelt sich in der Regel um <nowiki>KlientInnen</nowiki> mit einer gefestigten Persönlichkeitsstruktur auf dem Erfahrungshintergrund einer kriminellen Kariere. Zudem unterliegen <nowiki>BewährungshelferInnen</nowiki> der schwierigen Verpflichtung des doppelten Mandats. Das bedeutet, dass sie einerseits ein Vertrauensverhältnis zu ihren <nowiki>KlientInnen</nowiki> herstellen müssen, um effektiv arbeiten zu können, andererseits sind sie den Aufsichtsstellen gegenüber dazu verpflichtet in regelmäßigen Abständen Bericht zu erstatten. Sollte jemand z.B. Weisungen nicht nachkommen so ist dies zu melden. Da Menschen mit langjährigen Hafterfahrungen ihr gesamtes Leben neu organisieren müssen, sind sie bei ihrer Entlassung mit zahllosen Problemen konfrontiert. Das fängt an beim Umgang mit Ämtern, finanziellen Schwierigkeiten, der Wohnungs- und Arbeitssuche bis hin zur Knüpfung neuer Sozialkontakte, der Einhaltung eventueller Bewährungsauflagen und, wie § 2 <nowiki>StVollzG</nowiki> formuliert, ein Leben in sozialer Verantwortung und ohne Straftaten zu führen. Für Sexualstraftäter kommt erschwerend eine starke gesellschaftliche Ablehnung hinzu. Die umfangreichen Aufgaben verlangen eine intensive Begleitung, die jedoch aufgrund der Vielzahl der zu Betreuenden (oftmals an die 70 Probanden und mehr) derzeit nicht zu verwirklichen ist (vgl zur Anwendungspraxis der Führungsaufsicht: Floerecke 1990).


==== Kriminologische Relevanz ====
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*Floerecke, Peter: Die Entstehung der Gesetzesnormen zur Führungsaufsicht: die Gesetzgebung von 1962 bis 1975 und die Anwendungspraxis der Führungsaufsicht. Bonn: Forum Verl. Godesberg, 1989
*Floerecke, Peter: Die Entstehung der Gesetzesnormen zur Führungsaufsicht: die Gesetzgebung von 1962 bis 1975 und die Anwendungspraxis der Führungsaufsicht. Bonn: Forum Verl. Godesberg, 1989
*Floerecke,Peter: Was leistet die Führungsaufsicht? Empirische Daten zu Ressourcen,Kooperationsstrukturen und Kontrollstrategien eines umstrittenen Rechtsinstituts; in: Dertinger, Ch./Marks, E. (Hg.), Führungsaufsicht. Versuch einer Zwischenbilanz zu einem umstrittenen Rechtsinstitut, Bonn 1990, S.51-76
*Dessecker, Axel: Suchtbehandlung als strafrechtliche Sanktion. Eine empirische Untersuchung zur Anordnung und Vollstreckung der Maßregel nach § 64 <nowiki>StGB</nowiki>. Wiesbaden: Kriminologische Zentralstelle, 1996
*Dessecker, Axel: Suchtbehandlung als strafrechtliche Sanktion. Eine empirische Untersuchung zur Anordnung und Vollstreckung der Maßregel nach § 64 <nowiki>StGB</nowiki>. Wiesbaden: Kriminologische Zentralstelle, 1996
*Dessecker, Axel: Gefährlichkeit und Verhältnismäßigkeit. Eine Untersuchung zum Maßregelrecht. Berlin: Dunker&Humblot, 2004  
*Dessecker, Axel: Gefährlichkeit und Verhältnismäßigkeit. Eine Untersuchung zum Maßregelrecht. Berlin: Dunker&Humblot, 2004  
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