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Nach von Liszt, der die bereits von dem antiken griechischen Philosophen [[Platon]] 400 v. Chr. und von dem römischen Philosophen [[Seneca]] im 1. Jh. n. Chr. formulierten Gedanken erneut aufgriff, sollte nicht länger gestraft werden, weil gesündigt worden ist, sondern damit zukünftig nicht gegen geltendes Recht verstoßen wird („Punitur ne peccetur“). Während die metaphysisch geprägten Vertreter der absoluten Straftheorie von einem freien Willen und somit personaler Verantwortung des Täters ausgingen und das Strafmaß von seiner Schuld abhängig machten, ging der vom Positivismus geprägte von Liszt von der Determiniertheit des Täters durch Motive in Form eines festen Ablaufs psychischer Kausalität aus und machte die Dauer der Strafe von der Gefährlichkeit des Täters abhängig. Nach von Liszt folgte die Tat einem festen Mechanismus, als notwendige und unvermeidbare Wirkung der vorgegebenen Bedingungen des Täterumfeldes. Seine naturwissenschaftlich fundierte Theorie schloss somit die Individualschuld i.S. von [[Hegel]] aus, wenngleich er den Schuldbegriff nicht gänzlich eliminierte.
Nach von Liszt, der die bereits von dem antiken griechischen Philosophen [[Platon]] 400 v. Chr. und von dem römischen Philosophen [[Seneca]] im 1. Jh. n. Chr. formulierten Gedanken erneut aufgriff, sollte nicht länger gestraft werden, weil gesündigt worden ist, sondern damit zukünftig nicht gegen geltendes Recht verstoßen wird („Punitur ne peccetur“). Während die metaphysisch geprägten Vertreter der absoluten Straftheorie von einem freien Willen und somit personaler Verantwortung des Täters ausgingen und das Strafmaß von seiner Schuld abhängig machten, ging der vom Positivismus geprägte von Liszt von der Determiniertheit des Täters durch Motive in Form eines festen Ablaufs psychischer Kausalität aus und machte die Dauer der Strafe von der Gefährlichkeit des Täters abhängig. Nach von Liszt folgte die Tat einem festen Mechanismus, als notwendige und unvermeidbare Wirkung der vorgegebenen Bedingungen des Täterumfeldes. Seine naturwissenschaftlich fundierte Theorie schloss somit die Individualschuld i.S. von [[Hegel]] aus, wenngleich er den Schuldbegriff nicht gänzlich eliminierte.
===Strafe als Triebhandlung===
===Strafe als Triebhandlung===
Die von ihm geforderte Umgestaltung der blinden, triebartigen Reaktion auf Devianz als Ausfluss des Arterhaltungstriebes in zielbewussten Rechtsgüterschutz richtete sich seines Erachtens gegen relative Theorien da der absolute Ursprung der Strafe betont würde. Die Strafe sei nicht hervorgebracht durch den Zweckgedanken, sondern unabhängig von diesem und würde diesem in der menschlichen Kulturgeschichte vorausgehen. Von Liszt begründete seine Ansicht der Strafe als Triebhandlung damit, dass diese in der Urgeschichte aller Völker und sogar in der Tierwelt vorkäme. Gleichzeitig werde allerdings die Weiterbildung der Strafe von der Triebhandlung in die Willenshandlung durch den Zweckgedanken als Ergebnis der bisherigen Entwicklung nachgewiesen und als Forderung aufgestellt, weshalb auch absolute Theorien bekämpft würden. Daher sprach von Liszt von einer „Vereinigungstheorie“, obwohl er als führender Vertreter der soziologischen Strafrechtsschule gilt.
Die von ihm geforderte Umgestaltung der blinden, triebartigen Reaktion auf Devianz als Ausfluss des Arterhaltungstriebes in zielbewussten Rechtsgüterschutz richtete sich seines Erachtens gegen relative Theorien da der absolute Ursprung der Strafe betont würde. Die Strafe sei nicht hervorgebracht durch den Zweckgedanken, sondern unabhängig von diesem und würde diesem in der menschlichen Kulturgeschichte vorausgehen. Von Liszt begründete seine Ansicht der Strafe als Triebhandlung damit, dass diese in der Urgeschichte aller Völker und sogar in der Tierwelt vorkäme. Gleichzeitig werde allerdings die Weiterbildung der Strafe von der Triebhandlung in die Willenshandlung durch den Zweckgedanken als Ergebnis der bisherigen Entwicklung nachgewiesen und als Forderung aufgestellt, weshalb auch absolute Theorien bekämpft würden. Damit konkretisiert von Liszt den entwicklungstheoretischen Ansatz hin zu einer Selektionstheorie darwinistischer Prägung. Er sieht sein Werk als „Vereinigungstheorie“, obwohl er als führender Vertreter der soziologischen Strafrechtsschule gilt.
 
===Objektivierung der Strafe===
===Objektivierung der Strafe===
Als einen der ersten Schritte forderte von Liszt die „Objektivierung der Strafe“  unter der er den Übergang der Funktion des Strafens von den bisher beteiligten Kreisen auf  unbeteiligte, unbefangen prüfende Organe verstand, d.h. die Strafe sollte verstaatlicht werden und die Aufnahme von Strafverfahren von Amts wegen erfolgen. Zunächst sollten dazu die rechtlich geschützten Interessen zu Rechtsgütern erklärt und die Normen katalogisiert werden. Damit war lt. von Liszt der erste Schritt zur Prävention getan, da diese Katalogisierung die erste Selbstbeschränkung der staatlichen Strafgewalt darstelle und somit ein „Bollwerk“ des Staatsbürgers gegenüber der Staatsgewalt geschaffen werde. Gleichzeitig würde die Strafe mit der beginnenden Objektivierung Maß und Ziel gewinnen, die Blutrache würde abgeschafft. Der Verbrecher, selbst Träger von Rechtsgütern, würde durch diese Art der Strafe in seinen Rechten zwar geschmälert, sie würden aber nicht gänzlich beschnitten. Nach von Liszt war die Einsicht in die Wirkungen der Strafe durch eine unbefangene Betrachtung der selbigen die Grundvoraussetzung für die Anpassung der Strafe an den Zweckgedanken und damit die Umwandlung ihrer Funktion in den Rechtsgüterschutz.  
Als einen der ersten Schritte forderte von Liszt die „Objektivierung der Strafe“  unter der er den Übergang der Funktion des Strafens von den bisher beteiligten Kreisen auf  unbeteiligte, unbefangen prüfende Organe verstand, d.h. die Strafe sollte verstaatlicht werden und die Aufnahme von Strafverfahren von Amts wegen erfolgen. Zunächst sollten dazu die rechtlich geschützten Interessen zu Rechtsgütern erklärt und die Normen katalogisiert werden. Damit war lt. von Liszt der erste Schritt zur Prävention getan, da diese Katalogisierung die erste Selbstbeschränkung der staatlichen Strafgewalt darstelle und somit ein „Bollwerk“ des Staatsbürgers gegenüber der Staatsgewalt geschaffen werde. Gleichzeitig würde die Strafe mit der beginnenden Objektivierung Maß und Ziel gewinnen, die Blutrache würde abgeschafft. Der Verbrecher, selbst Träger von Rechtsgütern, würde durch diese Art der Strafe in seinen Rechten zwar geschmälert, sie würden aber nicht gänzlich beschnitten. Nach von Liszt war die Einsicht in die Wirkungen der Strafe durch eine unbefangene Betrachtung der selbigen die Grundvoraussetzung für die Anpassung der Strafe an den Zweckgedanken und damit die Umwandlung ihrer Funktion in den Rechtsgüterschutz.  
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