Verbrechen: Unterschied zwischen den Versionen

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Das deutsche Strafrecht unterscheidet zwischen Verbrechen und Vergehen. In § 12 Absatz 1 StGB gibt es eine Legaldefinition des Verbrechens, die lautet:
Das deutsche Strafrecht unterscheidet zwischen Verbrechen und Vergehen. In § 12 Absatz 1 StGB gibt es eine Legaldefinition des Verbrechens, die lautet:


*(1) Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind.
*"Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind." Danach fallen unter den Verbrechensbegriff z.B. Mord, Totschlag, Raub, Körperverletzung mit Todesfolge, schwere Brandstiftung, schwerer sexuellen Missbrauch und Rechtsbeugung.


In § 12 Absatz 2 und drei heißt es dann erläuternd:
In § 12 Absatz 2 und 3 heißt es dann erläuternd:
*(2) Vergehen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder die mit Geldstrafe bedroht sind. (3) Schärfungen oder Milderungen, die naDach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind, bleiben für die Einteilung außer Betracht.
*"Vergehen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder die mit Geldstrafe bedroht sind. Schärfungen oder Milderungen, die naDach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind, bleiben für die Einteilung außer Betracht."


Gesellschaftswissenschaftlich befasst sich die [[Kriminologie]] mit dem Phänomen des Verbrechens. Mit den Mitteln und Methoden der Verbrechensbekämpfung und -aufklärung beschäftigt sich die [[Kriminalistik]].
Gesellschaftswissenschaftlich befasst sich die [[Kriminologie]] mit dem Phänomen des Verbrechens. Mit den Mitteln und Methoden der Verbrechensbekämpfung und -aufklärung beschäftigt sich die [[Kriminalistik]].


== Historische Einordnung ==
== Historische Einordnung ==
Die Differenzierung zwischen strafbaren Handlungen unterschiedlicher Schwere ist bereits sehr früh in der Rechtsgeschichte belegt. Schon in der Constitutio Criminalis Carolina wurde zwischen causae maiores und causae minores (schwerwiegenden und minderschweren Anklagegründen) unterschieden; diese Trennung war für die Form der Bestrafung ausschlaggebend: Lebens-, Leibes- und Ehrenstrafen oder Geldbuße und kurzzeitiges Gefängnis.
Die Differenzierung zwischen strafbaren Handlungen unterschiedlicher Schwere gab es schon in der Constitutio Criminalis Carolina von 1532, die zwischen causae maiores und causae minores (schwerwiegenden und minderschweren Anklagegründen) unterschied. Diese Trennung war für die Form der Bestrafung ausschlaggebend: Lebens-, Leibes- und Ehrenstrafen oder Geldbuße und kurzzeitiges Gefängnis. Das deutsche Reichsstrafgesetzbuch (RStGB) von 1871 unterschied zwischen drei Stufen der Schwere der Straftat: Verbrechen, Vergehen und Übertretung. Das entsprach dem unter Napoleon entstandenen französischen Code Pénal Impérial (1810), dessen Dreiteilung (crime - délit - contravention) das französische Strafrecht und die eng an das französische angelehnten Systeme (bspw. Belgiens) bis heute bestimmt. Von der Zuordnung der Tat zu einer der drei Kategorien hing wiederum die Strafart ab; für Verbrechen konnte u.U. auf Todesstrafe oder auf Zuchthaus erkannt werden, Vergehen wurden mit Gefängnis und Übertretungen in der Regel nur mit einer Geldstrafe oder kurzer Haft geahndet.


Das deutsche Reichsstrafgesetzbuch (RStGB) von 1871 unterschied zwischen drei Stufen der Schwere der Straftat: Verbrechen, Vergehen und Übertretung. Dabei orientierte es sich an dem unter Napoleon entstandenen französischen Code Pénal Impérial (1810), dessen Dreiteilung (crime - délit - contravention) das französische Strafrecht und die eng an das französische angelehnten Systeme (bspw. Belgiens) bis heute bestimmt. Von der Zuordnung der Tat zu einer der drei Kategorien hing wiederum die Strafart ab; für Verbrechen konnte u.U. auf Todesstrafe oder auf Zuchthaus erkannt werden, Vergehen wurden mit Gefängnis und Übertretungen in der Regel nur mit einer Geldstrafe oder kurzer Haft geahndet.
Mit der Strafrechtsreform von 1974/75 wurde die Kategorie der Übertretungen in Deutschland abgeschafft. Seither sind nur noch Verbrechen und Vergehen strafbare Handlungen. Strafen wie Zuchthaus oder Gefängnis wurden ebenfalls abgeschafft und eine einheitliche Freiheitsstrafe geschaffen, wobei nun auch Verbrechen durch Geldstrafen gesühnt werden können. Da die praktische Bedeutung der Unterscheidung gering ist, plädieren manche für eine einheitliche Kategorie der Straftat statt der Dichotomie von Verbrechen und Vergehen.


Mit der Strafrechtsreform von 1974/75 trat in der Bundesrepublik Deutschland an die Stelle dieser Trichotomie (Dreiteilung) die heute maßgebliche Dichotomie (Zweiteilung): Seither sind nur noch Verbrechen und Vergehen strafbare Handlungen. Die Übertretungen wurden abgeschafft und zum Teil durch Ordnungswidrigkeiten ersetzt. Strafen wie Zuchthaus oder Gefängnis wurden ebenfalls abgeschafft und eine einheitliche Freiheitsstrafe geschaffen, wobei nun auch Verbrechen durch Geldstrafen gesühnt werden können. Ob diese Zweiteilung beibehalten werden soll, ist unter Strafrechtlern umstritten, da ihre praktische Bedeutung relativ gering ist.
Im gegenwärtigen Recht hat die Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen noch folgende Bedeutung:
 
*Der Tatversuch ist bei Verbrechen immer strafbar, bei Vergehne hingegen nur, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB)
*Die versuchte Anstiftung zu einem Verbrechen ist grundsätzlich strafbar, die zu einem Vergehen jedoch nicht. *Die Bedrohung nach § 241 StGB ist nur bei der Androhung eines Verbrechens, nicht aber eines Vergehens, strafbar.


In einigen Rechtssystemen gibt es die Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen nicht oder nicht mehr. Beispielsweise existieren in den ebenfalls vom französischen Modell ausgehend entwickelten Strafrechten Italiens, Spaniens und der Niederlande für Bagatellstraftaten zwar weiterhin die Übertretungen (contravvenzioni, faltas bzw. overtredingen), alle anderen Straftaten werden dagegen einheitlich als „Delikte“ oder „Vergehen“ (delitti, delitos bzw. misdrijven) bezeichnet. Trotzdem werden auch hier schwere und weniger schwere Tatbestände entsprechenden Unterkategorien zugeordnet. In den meisten Rechtsordnungen des Common Law gibt es die Unterscheidung zwischen schweren oder „kapitalen“ Verbrechen (felonies) und weniger schweren kriminellen Verfehlungen (misdemeanors), wobei der eigentliche Ausdruck „Verbrechen“ (crime) im Englischen als Oberbegriff dient und systematisch eher der „Straftat“ als solchen entspricht.
In einigen Rechtssystemen gibt es die Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen nicht oder nicht mehr. Beispielsweise existieren in den ebenfalls vom französischen Modell ausgehend entwickelten Strafrechten Italiens, Spaniens und der Niederlande für Bagatellstraftaten zwar weiterhin die Übertretungen (contravvenzioni, faltas bzw. overtredingen), alle anderen Straftaten werden dagegen einheitlich als „Delikte“ oder „Vergehen“ (delitti, delitos bzw. misdrijven) bezeichnet. Trotzdem werden auch hier schwere und weniger schwere Tatbestände entsprechenden Unterkategorien zugeordnet. In den meisten Rechtsordnungen des Common Law gibt es die Unterscheidung zwischen schweren oder „kapitalen“ Verbrechen (felonies) und weniger schweren kriminellen Verfehlungen (misdemeanors), wobei der eigentliche Ausdruck „Verbrechen“ (crime) im Englischen als Oberbegriff dient und systematisch eher der „Straftat“ als solchen entspricht.
Formeller Verbrechensbegriff in Deutschland [Bearbeiten]


Verbrechen ist die subjektiv objektive Verletzung des Rechts in seiner besonderen und allgemeinen gesetzlichen Geltung in einem Maß, dass die rechtliche Selbstständigkeit der betroffenen Person oder Gemeinschaft grundlegend verändert wird (Kriminalrecht). Im deutschen Strafrecht werden gemäß § 12 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) als Verbrechen alle die gesetzlich normierten Delikte bewertet, bei denen eine Strafandrohung von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe besteht (z. B. Raub, Körperverletzung mit Todesfolge, schwere Brandstiftung, schwerer sexueller Missbrauch, Rechtsbeugung).


Delikte mit Androhung einer geringeren Mindeststrafe werden gemäß § 12 Abs. 2 StGB als Vergehen bezeichnet.
== Formeller Verbrechensbegriff in Deutschland ==
 
Im deutschen Strafrecht werden gemäß § 12 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) als Verbrechen alle die gesetzlich normierten Delikte bewertet, bei denen eine Strafandrohung von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe besteht


Ist ein Vergehen in besonderen Fällen mit höherer Strafe bedroht, sodass eine Mindeststrafe von über einem Jahr vorgesehen ist, bleibt die Tat dennoch ein Vergehen - Gleiches gilt entsprechend auch umgekehrt (§ 12 Abs. 3 StGB).


Der Unterschied zwischen Verbrechen und Vergehen wirkt sich auch auf die Strafbarkeit eines Tatversuchs aus, der gemäß § 23 Abs. 1 StGB bei Verbrechen immer strafbar ist, bei Vergehen dagegen nur dann, wenn es im Gesetz ausdrücklich so bestimmt ist (versuchter Hausfriedensbruch ist demnach z. B. nicht strafbar). Auch ist die versuchte Anstiftung zu einem Verbrechen grundsätzlich strafbar, die zu einem Vergehen jedoch nicht. Von Bedeutung ist der Unterschied auch für den Straftatbestand der Bedrohung (§ 241 StGB), der nur mit der Androhung eines Verbrechens, nicht aber eines Vergehens verwirklicht werden kann.


Auch für den Verlust von Amtsfähigkeit und Wählbarkeit spielt nach § 45 Abs. 1 StGB die Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen eine Rolle.
Auch für den Verlust von Amtsfähigkeit und Wählbarkeit spielt nach § 45 Abs. 1 StGB die Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen eine Rolle.
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