Kriminalitätsfurcht: Unterschied zwischen den Versionen

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Dieser Ansatz stützt sich auf den symbolischen Interaktionismus von Mead. Er geht von der Annahme aus, dass soziale Probleme nicht objektiv existieren, sondern institutionell durch Zuschreibungsprozesse konstruiert werden. Den [[Massenmedien]] kommt dieser Auffassung zufolge eine zentrale Rolle zu, da sie strukturierte und interpretierte Informationen über Vorkommnisse vermitteln, die außerhalb der täglichen Erfahrungswelt liegen. Hierdurch konstruieren sie die Wirklichkeit "Kriminalität" und sind gleichzeitig Auslöser von Kriminalitätsfurcht.
Dieser Ansatz stützt sich auf den symbolischen Interaktionismus von Mead. Er geht von der Annahme aus, dass soziale Probleme nicht objektiv existieren, sondern institutionell durch Zuschreibungsprozesse konstruiert werden. Den [[Massenmedien]] kommt dieser Auffassung zufolge eine zentrale Rolle zu, da sie strukturierte und interpretierte Informationen über Vorkommnisse vermitteln, die außerhalb der täglichen Erfahrungswelt liegen. Hierdurch konstruieren sie die Wirklichkeit "Kriminalität" und sind gleichzeitig Auslöser von Kriminalitätsfurcht.
Gestützt wird diese Annahme durch Inhaltsanalysen, die zeigen, dass Art, Ausmaß und Plazierung der Kriminalitätsberichterstattung ein verzerrtes Bild der Realität liefern. Gewaltkriminalität beherrscht etwa ein Drittel der kriminalitätsbezogenen Berichterstattung, obwohl sie in der Kriminalstatistik zusammen nur etwa 2% der Gesamtkriminalität ausmacht. Den Polizeipressestellen kommt hier eine Filterfunktion in der Informationsübermittlung zu, da sie in erster Linie darüber entscheiden, welche Fälle an die Presse weitergegeben werden.
Gestützt wird diese Annahme durch Inhaltsanalysen, die zeigen, dass Art, Ausmaß und Platzierung der Kriminalitätsberichterstattung ein verzerrtes Bild der Realität liefern. Gewaltkriminalität beherrscht etwa ein Drittel der kriminalitätsbezogenen Berichterstattung, obwohl sie in der Kriminalstatistik zusammen nur etwa 2% der Gesamtkriminalität ausmacht. Den Polizeipressestellen kommt hier eine Filterfunktion in der Informationsübermittlung zu, da sie in erster Linie darüber entscheiden, welche Fälle an die Presse weitergegeben werden.
Ein zweiter Überprüfungsansatz ist die Medienwirkungsforschung. Die Zusammenhänge gelten als komplex. Medien können beeinflussen, welche Themen in der Öffentlichkeit diskutiert werden (Agenda-Setting). Bestehende Einstellungen können so zwar nicht verändert, aber verstärkt werden. Zudem scheinen Printmedien eher im kognitiven Bereich wirksam zu werden, während elektronische Medien in erster Linie Emotionen ansprechen. Ausgelöst wird Kriminalitätsfurcht demnach durch die wahrgenommene soziale, personale und räumliche Ähnlichkeit zwischen der Situation des Rezipienten und der des Opfers. Massenmedien wirken also nicht generell furchtsteigernd oder -auslösend, sondern nur unter bestimmten spezifischen Bedingungen (differentielle Medienwirkung; Boers 1991: 139ff.).
 
Ein zweiter Überprüfungsansatz ist die Medienwirkungsforschung. Die Zusammenhänge gelten als komplex. Medien können beeinflussen, welche Themen in der Öffentlichkeit diskutiert werden (Agenda-Setting). Bestehende Einstellungen können so zwar nicht verändert, aber verstärkt werden. Zudem scheinen Printmedien eher im kognitiven Bereich wirksam zu werden, während elektronische Medien in erster Linie Emotionen ansprechen. Kriminalitätsfurcht wird v.a. bei wahrgenommener sozialer, personaler und räumlicher Ähnlichkeit zwischen der Situation des Rezipienten und der des Opfers ausgelöst. Massenmedien wirken also nicht generell furchtsteigernd oder -auslösend, sondern nur unter bestimmten spezifischen Bedingungen (differentielle Medienwirkung; Boers 1991: 139ff.).


===Interaktives Verständnismodell der Kriminalitätseinstellungen===
===Interaktives Verständnismodell der Kriminalitätseinstellungen===
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