Routine Activity Theory: Unterschied zwischen den Versionen

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== Ursprung ==
== Ursprung ==


Die RAT wurde erstmals 1979 von [[Lawrence E. Cohen]] und [[Marcus Felson]] formuliert. Ziel der Autoren war es, den Anstieg der Kriminalitätsrate in den USA zwischen 1960 und 1980 zu erklären. Ihr Erklärungsmodell macht den gesellschaftlichen Wandel, der sich in einem veränderten Grad sozialer Verflechtungen und Interaktionen zeigt, für die steigende Kriminalität (hier stehen vor allem die [[Eigentumsdelikte]] im Fokus der Aufmerksamkeit) verantwortlich.  
 
Die gestiegene Mobilität der US-amerikanischen Bevölkerung führt zunächst zu einer Besiedelung der Vororte (suburbs) größerer Städte. Wohn- und Arbeitsstelle sind in der Regel klar räumlich voneinander getrennt. Zeitlich auf diese Entwicklung folgend, führt ein zunehmender Anteil von berufstätigen Frauen zur relativen Auflösung [[informelle Kontrolle|informeller Kontrollsysteme]]. Für einen Großteil des Tages sind die Wohnhäuser unbewohnt und unbewacht. Gleichzeitig finden hochwertige transportable und leicht verkäufliche Produkte (z.B. Fernseher und Videorekorder) Einzug in viele Haushalte. Diese gesellschaftlichen Entwicklungen identifizieren Cohen und Felson als Routineaktivitäten (z.B. das Verlassen des Wohnortes während der Büro- und Arbeitszeiten), die einer zeitweiligen Auflösung der Sozialkontrolle („abscence of guardiance“) gleichkommen.
Die RAT wurde erstmals 1979 von [[Lawrence E. Cohen]] und [[Marcus Felson]] formuliert (Cohen/Felson 1979). Ziel der Autoren war es, Kriminalitätsraten in den USA zu erklären und insbesondere die Bedingungen zu eruieren, unter denen ganze Bevölkerungsgruppen Opfer krimineller Aktivitäten werden. Damit ist der RAT ursprünglich ein viktimologischer Ansatz. (Eifler, 2002)
 
Ihr Erklärungsmodell macht den gesellschaftlichen Wandel, der sich in einem veränderten Grad sozialer Verflechtungen und Interaktionen zeigt, für die steigende Kriminalität (hier stehen vor allem die [[Eigentumsdelikte]] im Fokus der Aufmerksamkeit) verantwortlich.  
 
Der Begriff der routine activities bezeichnet in Anlehnung an Amaos Hawley (1950) diejenigen Aktivitäten, die Menschen regelmäßig zum Zwecke der Existenzsicherung ausführen, wie z.B. die Ausübung eines Berufes, das einkaufen von Lebensmitteln oder anderen Gütern des alltäglichen Bedarfs. Aus solchen Aktivitätsmustern großer Bevölkerungsgruppen ergeben sich der RAT zufolge jeweils spezifische Verteilungsmuster von Eigentumsdelikten. (Eifler, 2002)
 
Eine gestiegene Mobilität der US-amerikanischen Bevölkerung führt zunächst zu einer Besiedelung der Vororte (suburbs) größerer Städte. Wohn- und Arbeitsstelle sind in der Regel klar räumlich voneinander getrennt. Zeitlich auf diese Entwicklung folgend, führt ein zunehmender Anteil von berufstätigen Frauen zur relativen Auflösung [[informelle Kontrolle|informeller Kontrollsysteme]].
 
Für einen Großteil des Tages sind die Wohnhäuser unbewohnt und unbewacht. Gleichzeitig finden hochwertige transportable und leicht verkäufliche Produkte (z.B. Fernseher und Videorekorder) Einzug in viele Haushalte. Diese gesellschaftlichen Entwicklungen bezeichnen Cohen und Felson als Routineaktivitäten (z.B. das Verlassen des Wohnortes während der Büro- und Arbeitszeiten), die einer zeitweiligen Auflösung der Sozialkontrolle gleichkommen.
 


== Die Routine Activity Theory im Detail ==
== Die Routine Activity Theory im Detail ==
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Die RAT betrachtet Kriminalität aus der Sicht des Täters und stellt auf die Rahmenbedingungen für die Begehung einer Straftat ab, wobei drei Elemente in den Vordergrund gestellt werden (vgl. Felson/Clarke 1998: 12 ff):
Die RAT betrachtet Kriminalität aus der Sicht des Täters und stellt auf die Rahmenbedingungen für die Begehung einer Straftat ab, wobei drei Elemente in den Vordergrund gestellt werden (vgl. Felson/Clarke 1998: 12 ff):


'''1. „suitable target“'''
'''1. „availability suitable target“'''


Zunächst ist für die Begehung einer Straftat die Existenz eines geeigneten Tatziels, also
Zunächst ist für die Begehung einer Straftat die Existenz eines geeigneten Tatziels, also
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'''2. “Absence of a Capable Guardian"'''
'''2. “Absence of capable guardians"'''


Das zweite wesentliche Element für die Deliktsbegehung ist das Fehlen eines ausreichenden Schutzes vor Kriminalität für das Tatziel. Instanzen formeller und informeller Kontrolle können sowohl menschliche Akteure aber auch Alarmanlagen, Überwachungskameras oder andere technische Kontrollsysteme sein. Einige Beispiele für “capable guardians” sind:
Das zweite wesentliche Element für die Deliktsbegehung ist das Fehlen eines ausreichenden Schutzes vor Kriminalität für das Tatziel. Instanzen formeller und informeller Kontrolle können sowohl menschliche Akteure aber auch Alarmanlagen, Überwachungskameras oder andere technische Kontrollsysteme sein. Einige Beispiele für “capable guardians” sind:
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'''3. „Likely Offender“'''  
'''3. „presence of motivated offender“'''  


Vorraussetzung für die Straftat ist ein motivierter Täter. Die Motivation kann dabei aus einem Bedürfnis entspringen (Armut, Beschaffungskriminalität, Habgier), aber auch auf gesellschaftlichen bzw. Umweltfaktoren basieren (Gruppendruck, Erziehungsdefizite, Rebellion gegen Autoritäten, ärmliche Lebensverhältnisse, schlechte Beschäftigungsaussichten) oder ihre Grundlage in der Überzeugung des Einzelnen haben. (Feltes, 2004 S. 49 ff)
Vorraussetzung für die Straftat ist ein motivierter Täter. Die Motivation kann dabei aus einem Bedürfnis entspringen (Armut, Beschaffungskriminalität, Habgier), aber auch auf gesellschaftlichen bzw. Umweltfaktoren basieren (Gruppendruck, Erziehungsdefizite, Rebellion gegen Autoritäten, ärmliche Lebensverhältnisse, schlechte Beschäftigungsaussichten) oder ihre Grundlage in der Überzeugung des Einzelnen haben. (Feltes, 2004 S. 49 ff)
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*Groff (2007), ''Simulation for Theory Testing and Experimentation: An Example Using Routine Activity Theory and Street Robbery''
*Groff (2007), ''Simulation for Theory Testing and Experimentation: An Example Using Routine Activity Theory and Street Robbery''
*Göppinger (2008), ''Kriminologie,'' S. 169 - 172
*Göppinger (2008), ''Kriminologie,'' S. 169 - 172
*Hawley, ''Human Ecology. A theory of Community Structure''
*Kelley (1993), ''Family victimization''
*Kelley (1993), ''Family victimization''
*Kunz (2004), ''Kriminologie'', S. 194-201
*Kunz (2004), ''Kriminologie'', S. 194-201
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