Karl Marx

Aus Krimpedia – das Kriminologie-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Karl Heinrich Marx (geboren am 05.05.1818 in Trier; gestorben am 14.03.1883 in London) war ein deutscher Philosoph, Politiker, Nationalökonom und Revolutionär. Sein Hauptwerke sind Kommunistisches Manifest (1848), Kritik der politischen Ökonomie (1859), sowie Das Kapital (1867 f.), an dem er vierzig Jahre seines Lebens arbeitete. Zusammen mit Friedrich Engels entwickelte und begründete Marx Mitte des 19. Jahrhunderts eine wissenschaftliche Theorie des Kommunismus. Sein Anliegen war die Aufhebung der offensichtlichen Diskrepanz zwischen Arm und Reich. Grund dafür waren die Missstände im 19. Jahrhundert, die er vor allem in England beobachtet hatte.

Viele Gedanken von Marx beeinflussten auch die Kriminologie.


Leben und Werk

Karl Marx als 30jähriger Chefredakteur

Karl Heinrich Marx wurde am 05. Mai 1918 in Trier als Sohn von Heinrich und Henriette Marx geboren. Sein Vater war ein jüdischer Rechtsanwalt, der wegen seines Glaubens seine Praxis nicht mehr weiterführen konnte und sich aus diesem Grunde 1817 protestantisch taufen ließ. Seine Mutter konvertierte erst 1825, ein Jahr nach ihren Kindern.

Marx machte 1835 sein Abitur am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Trier und begann anschließend ein Jurastudium in Bonn. 1836 wechselte er nach Berlin, studierte dort Philosophie und schloss sich den Linkshegelianern an. 1841 promovierte Marx in Jena mit der Arbeit Differenz der demokratischen und epikureischen Naturphilosophie. 1842 / 1843 war er zunächst Mitarbeiter, dann Chefredakteur der liberal-oppositionellen Rheinischen Zeitung in Köln. Kurzzeitig übernahm Marx, der durch seinen spöttischen Stil und seine scharfe Feder beeindruckte sogar den Posten des Chefredakteurs und hatte heftige Fehden mit der Zensurbehörde auszufechten. Doch die Verhältnisse wurden zunehmend unerträglich, und Marx räumte die Chefstelle wieder – nachdem die amtliche Schließung der Zeitung nur noch eine Frage von Tagen war. (Misik 2010, 27)

Noch im gleichen Jahr heiratete er seine Jugendfreundin Jenny von Westphalen. Marx ging 1843 nach Paris. Unter dem Einfluss Ludwig Feuerbachs kam er zum philosophischen Materialismus und 1844 begann seine Zusammenarbeit mit Engels. Bis zur Revolution von 1848, nach der Marx wieder nach Deutschland zurückkehren konnte, hielt er sich in Paris und Brüssel auf.

Während dieser Zeit schufen Marx und Engels Die heilige Familie und arbeiteten an der Deutschen Ideologie und Manifest der kommunistischen Partei. In Köln wurde Marx 1848 Chefredakteur der Neuen Rheinischen Zeitung. Der Prozess gegen ihn wegen Aufreizung zur Rebellion endete mit Freispruch, aber er musste wiederum emigrieren und siedelte nach London über. In London arbeitete er für verschiedene Zeitungen und begann mit einem umfassenden Studium der politischen Ökonomie. 1864 wandte er sich der praktischen Politik wieder zu. Er hatte entscheidenden Einfluss an der Gründung der Internationalen Arbeiterassoziation (Internationale), entwarf ihr Programm und bestimmte in großen Maßen ihre Politik.

1867 erschien der erste Band von Marx’ Hauptwerk Das Kapital. Im Jahre 1869 kam es zu einer Auseinandersetzung mit Bakunin ( russischer Revolutionär und Hauptkonfliktpartner von Marx) und seiner anarchistischen Denkweise. Die Gegensätze stellten sich als unüberbrückbar heraus und deshalb veranlasste Marx 1872 auf dem Haager Kongress die Auflösung der Internationale.

Die deutschen Sozialdemokraten sahen in Marx eine Autorität und er beeinflusste sie mit seiner Kritik des Gothaer Programms (1875). Die Einsicht in die notwendigen und unabwendbaren Grundgesetze der kapitalistischen Gesellschaftsordnung zu erschließen, war der weltgeschichtliche Auftrag, dem Marx sein eigenes persönliches Leben unterworfen fühlte. ( Landshut 1971,59) Doch Marx und seine Familie wurden von Armut, Krankheit und Tod gequält. 1881 starb seine Frau und Engels schrieb in einem Brief an einen Freund: Der Mohr (so wurde Marx in der Familie genannt) ist auch gestorben. 1882 unternahm Marx noch Reisen in die Schweiz, nach Algier und Frankreich, um gesund zu werden. Doch nach dem Tod seiner Tochter Jenny gab er sich endgültig auf. Am 14.März 1883 fand ihn Engels, der ihn täglich besuchte, in seinem Lehnstuhl tot vor. Karl Marx wurde im Familiengrab auf dem Friedhof zu Highgate / London bestattet.

Marx’ Ideen entfalteten ihre größte Wirksamkeit erst nach seinem Tode. Viele sozialistische und alle kommunistischen Parteien nahmen seine Gedanken in ihren Programmen auf. Auch die sozialwissenschaftliche Denkweise wurde durch Marx beeinflusst.

Bezüge zur Kriminologie

Bedingungen für Kriminalität

Im 19. Jahrhundert formt sich seine Gesellschaftstheorie, die für die Entwicklung der Kriminalsoziologie genutzt wurde. Die Gesellschaftstheorie hat ihren Ursprung in den Beobachtungen der Ereignisse um die industrielle Revolution und der Verelendung der Massen. 1848 stellen Marx und Engels im Kommunistischen Manifest (1848) die ökonomischen Merkmale einer kapitalistischen Gesellschaft dar. Kriminalität entsteht letztendlich aus dem Konflikt zwischen den Eigentümern von Produktionsmitteln (Bourgeoisie) und dem Proletariat. Dabei tragen die entwürdigenden Arbeits – und Lebensbedingungen der nicht-besitzenden Klasse zur Förderung von Kriminalität bei.

There must be something rotten in the very core of a social system which increases in wealth without diminishing its misery, and increases in crime even more rapidly than in number ( Marx/Engels[1859] 1972:92)

In einem solchen „verdorbenen“ Gemeinwesen bietet kriminelles Handeln den Ausgebeuteten und Benachteiligten eine Möglichkeit, ihren inferioren Status zu artikulieren. (Eifler, 2002:19) Für Engels sind die unwürdigen Lebensbedingungen die wesentlichen sozialen Bedingungen, die die Kriminalität fördern. (Engels[1849] 1950)

Marx hat darüber hinaus eine Gegenüberstellung von Bevölkerungszahlen, Verbrechen und Armut angefertigt und dabei festgestellt, dass trotz wirtschaftlichem Aufschwungs die Verbrechen rascher angewachsen sind als die Bevölkerung, während der Pauperismus von 1849 bis 1858 beinahe konstant blieb.. (MEW 491,492) Er folgert daraus: Es muss doch etwas faul sein im innersten eines Gesellschaftssystems, das seinen Reichtum vermehrt, ohne sein Elend zu verringern, und in dem die Verbrechen rascher zunehmen als seine Bevölkerungszahl. (ebd.)

Marx und Strafe

  • Zweck der Strafe

An mehreren Stellen wird deutlich, dass für Marx die Strafe ihre Legitimation aus der Straftat selbst bezieht. Sie soll die Schuld des Täters ausgleichen und Gerechtigkeit wieder herstellen. Wichtig für ihn ist, dass richterliche Willkür ausgeschlossen ist.

Einige Beispiele finden sich in Die deutsche Ideologie. Er ( der Band ) enthält bedeutsame Äußerungen, nicht nur an den paar Stellen, die üblicherweise zur Praxis des Marxschen Arbeitens und Denkens zitiert werden. Kaum je wieder hat er sich so unbekümmert und geradezu hemmungslos ausgesprochen; (Friedenthal 1981, 272)

Marx' Einstellung zu Verbrechen und Strafe lässt sich in Die deutsche Ideologie nur erahnen, da er die Gedanken Stirners in polemischer Weise kritisiert, aber seine eigene Meinung nicht ausdrücklich niederschreibt. Es handelt sich bei dem Band um eine in ihrer Langatmigkeit und akrobatischen Klopffechterei unerquickliche Kritik des Buches von Max Stirner "Der Einzige und sein Eigentum" unter dem Titel Sankt Max. (Landshut 1971, 47)

In dem Abschnitt Einfache Kanonisation von Verbrechen und Strafe (Die deutsche Ideologie 1845/46, 321) widerspricht Marx Stirner. Stirner geht davon aus, dass Strafaten begangen werden, um dem Staat zu schaden.

Weil der Diebstahl eines armen Teufels, der sich einen fremden Taler aneignet, unter die Kategorie des Verbrechens gegen das Gesetz subsumiert werden kann, darum beging dieser arme Teufel den Diebstahl aus reiner Lust, das Gesetz zu brechen. (321), derartig wiederholt Marx Stirners Einstellung.

Und nach Stirner hat Strafe den Sinn, die Tat zu sühnen.

Da wir gerade mit juristischen und politischen Verbrechen uns zu schaffen machen, so findet sich bei dieser Gelegenheit, daß dergleichen Verbrechen »im gewöhnlichen Verstande« eine Strafe nach sich zu ziehen pflegen, oder auch, wie geschrieben steht, »der Tod der Sünde Sold ist«. Es versteht sich nun, nach dem, was wir bereits über das Verbrechen vernommen haben, daß die Strafe die Selbstverteidigung und Abwehr des Heiligen gegen die Entheiliger ist. Note 1. »Die Strafe hat nur dann einen Sinn, wenn sie Sühne für Verletzung; eines Heiligen sein soll.« p. 316( Karl Marx, Die deutsche Ideologie 1845/46, 321 ) so zitiert Marx Stirner in seinen Werken.

Das Heilige nach Stirner ist dem "Gewissen" gleichzusetzen.


Im weiteren Verlauf befasst sich Marx mit dem Verhältnis von der Existenz eines Gesetzes zur Strafe und knüpft an Stirner an. Er stellt die rhetorische Frage: Ist aber nicht ein "nur durch die Strafe existierender Kriminalkodex" ein Unsinn, und ist eine "nur durch den Kriminalkodex existierende Strafe" nicht auch ein Unsinn? ( 322)

Er folgert also, abweichendes Verhalten, welches durch die Strafe kriminalisiert wird, aber vom Volk nicht als gesetzwidrig wahrgenommen wird, ist genauso sinnlos, wie kriminelles Verhalten, welches nicht verfolgt wird.

Um das Ganze zu erläutern, benutzt er das Beispiel vom Ehebruch. Die Heiligkeit der Ehe ist eine fixe Idee. Aus der Heiligkeit folgt, dass die Untreue ein Verbrechen ist, und es setzt daher ein gewisses Ehegesetz eine kürzere oder längere Strafe darauf. ( 322) Sankt Sancho vergleiche das preußische Ehegesetz, das bloß im Kopfe seines Autors existiert, einmal mit den praktisch geltenden Bestimmungen des Code civil, wo er den Unterschied zwischen heiligen und weltlichen Ehegesetzen finden kann. In der preußischen Phantasmagorie soll die Heiligkeit der Ehe von Staats wegen sowohl gegen den Mann wie gegen die Frau geltend gemacht werden; in der französischen Praxis, wo die Frau als Privateigentum des Mannes angesehen wird, kann nur die Frau, und auch sie nur auf Verlangen des Mannes, der sein Eigentumsrecht geltend macht, wegen Ehebruch bestraft werden. (322)

Marx befasst sich auch in anderen Schriften mit dem Zweck der Strafe u.a. in dem Kapitel über die Todesstrafe (508). Er bezieht Stellung zu Hegels Auffassung und argumentiert so ist die Strafe nichts anderes als ein Verteidigungsmittel der Gesellschaft gegen die Verletzung ihrer Lebensbedingungen, was auch immer deren Inhalt sein mag. (MEW 1972, 508)

An anderer Stelle, in der Debatte über das Holzdiebstahlsgesetz, argumentiert Marx: Die Strafe wird schon begrenzt sein müssen, um wirklich, sie wird nach einem Rechtsprinzip begrenzt sein müssen, um gerecht zu sein. Die Aufgabe besteht darin, die Strafe zur wirklichen Konsequenz des Verbrechens zu machen. Sie muss dem Verbrecher also die notwendige Wirkung seiner eigenen Tat, daher als seine eigene Tat erscheinen. Die Grenze seiner Strafe muss also die Grenze seiner Tat sein. ( Karl Marx 1842, 114)

Die Strafe darf nicht mehr Abscheu einflößen als das Vergehen, die Schmach des Verbrechens darf sich nicht verwandeln in die Schmach des Gesetzes. ( Karl Marx 1842, 120)

  • Einstellung zur Todesstrafe

Marx hat am 28. Januar 1853 auf einen Artikel der Times vom 25. Januar reagiert. Die Times stellt in diesem Artikel dar, dass nach einer öffentlichen Hinrichtung die Zahl der Selbsttötungen steigt und folgert, dass Kinder und Geisteskranke durch die Hinrichtungen in ihrem Verhalten beeinflusst werden. Marx untersucht daraufhin nicht nur die Selbsttötungen sondern auch die Morde, die nach einer öffentlichen Hinrichtung stattfinden und kommt zu dem Ergebnis, dass gerade Mord das Delikt ist, was im Anschluss an eine Hinrichtung erfolgt. Der bewusste Artikel bringt erstaunlicherweise auch nicht ein Argument zugunsten der darin propagierten barbarischen Theorie. Es ist eben schwer, wenn nicht gar unmöglich, ein Prinzip aufzustellen, womit man die Berechtigung und die Zweckmäßigkeit der Todesstrafe in einer auf ihre Zivilisation stolzen Gesellschaft zu begründen vermöchte.( Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 8, 3. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1960, Berlin/DDR. S. 507 Marx spricht sich gegen die Verherrlichung der Todesstrafe aus und sucht nach adäquaten Alternativen besteht da nicht die Notwendigkeit – statt den Scharfrichter zu verherrlichen, der eine Partie Verbrecher beseitigt, nur um wieder Platz für neue zu schaffen - , ernstlich über die Änderung des Systems nachzudenken, das solche Verbrechen züchtet? (ebd.509)

Marx und der Verbrecher

Was ist ein Verbrecher? Dass von ihm nicht nur negative Aspekte ausgehen, beweist Marx in seiner Abschweifung über produktive Arbeit

Ein Verbrecher produziert Verbrechen….Der Verbrecher produziert nicht nur Verbrechen, sondern auch das Kriminalrecht und damit auch den Professor, der Vorlesungen über das Kriminalrecht hält….Der Verbrecher produziert ferner die ganze Polizei und Kriminaljustiz, Schergen, Richter, Henker, Geschworene usw“ (Karl Marx 1863, 363-388)

Im weiteren Verlauf des Textes beweist Marx, dass der Verbrecher sogar für den wirtschaftlichen Fortschritt mitverantwortlich ist:

Wären Schlösser je zu ihrer jetzigen Vollkommenheit gediehen, wenn es keine Diebe gäbe? (ebd.)


Marx als Vertreter des Labeling Approach

Am 23. August 1859 schreibt Marx in einem Kommentar über den Zusammenhang zwischen Bevölkerungszahlen, Verbrechen und Armut:

Das Gesetz selbst kann nicht nur das Verbrechen bestrafen, sondern es auch hervorrufen, und das Gesetz der Berufsjuristen ist sehr dazu geeignet, in dieser Richtung zu wirken. ( Marx 1859, 493)

Schon einige Jahre früher erscheinen in der Rheinischen Zeitung mehrere Artikel zu den Debatten über das Holzdiebstahlsgesetz aus dem Rheinischen Landtag. Marx kommentiert unter dem Synonym "von einem Rheinländer" das Gebaren der staatlichen Gewalt, die die Interessen einzelner Waldeigentümer vertritt. Marx machte sich zum Vertreter der ärmeren Bevölkerung.

Für Erhard Blankenburg ist Marx der erste Vertreter des Labeling-Ansatzes ( Erhard Blankenburg 1974, 313)

  • Abgrenzung zwischen Gewohnheitsrecht und Diebstahl

Die gleiche Handlung, das Sammeln von heruntergefallenen Ästen, dem sogenannten Raffholz, stellt zunächst ein legales Verhalten dar. Der ärmeren Bevölkerung war es zur Gewohnheit geworden, diese Holzreste aufzusuchen und als Brennholz zu verwerten. Mit der neuen Auffassung über die Besitzrechte der Waldeigentümer wird genau dieses Verhalten zum Diebstahl bestimmt. Ohne ihr eigenes Verhalten zu verändern, werden die Armen damit zu Kriminellen. Marx sagt dazu Das Volk sieht die Strafe, aber es sieht nicht das Verbrechen, und weil es die Strafe sieht, wo kein Verbrechen ist, wird es schon darum kein Verbrechen sehen, wo die Strafe ist. Indem ihr die Kategorie des Diebstahls da anwendet, wo sie nicht angewendet werden darf, habt ihr sie auch da beschönigt, wo sie angewendet werden muss. ( Karl Marx 1842, 113)

  • Verbrechen schaffen durch Definieren

Der Charakter der Dinge ist ein Produkt des Verstands. (Karl Marx 1842, 118) Der Vorgang des Holzsammelns ändert seine eigentliche Bestimmung nur duch die Schaffung eines Gesetzes. Eine alltägliche Gewohnheit wird zu deviantem Verhalten, bekommt einen schlechten Charakter, indem man es einfach umbenennt. Der Raffholzsammler vollzieht nur ein Urteil, was die Natur des Eigentums selbst gefällt hat, denn ihr besitzt doch nur den Baum, aber der Baum besitzt jene Reiser nicht mehr. Sammeln von Raffholz und Holzdiebstahl sind also wesentlich verschiedene Sachen...Und diesen wesentlichen Unterschieden zum Trotz nennt ihr beides Diebstahl und bestraft beides als Diebstahl...Ihr hättet ihn den Holzmord nennen und als Mord bestrafen müssen (Karl Marx 1842, 112)

Letztendlich soll das Verfahren folgendes beabsichtigen:

- die Raffholzsammler werden ohne Verhaltensänderung zu Verbrechern.

- die Arbeiter der Waldeigentümer werden zu Verrätern und Werkzeugen ihrer Herren.

- die Waldbesitzer haben nicht nur die Möglichkeit, Schadensersatz einzufordern sondern auch das Recht, eine Geldstrafe festzusetzen oder den Täter zu Zwangsarbeit zu verpflichten.

Durch diesen Prozess wird ersichtlich, dass die Waldeigentümer ihre Macht mit der Berechtigung der staaatlichen Gewalt ausweiten können. Er ( Marx) zeigt, dass die Kriminalisierung des Sammelns von Fallholz erst durch strafprozessuale Vorschriften zu einem Herrschaftsinstrument der kleinen Waldeigentümer wird. Dass die Waldhüter, die von dem Waldeigentümer abhängig sind, ein Denunzioationsrecht bekommen, dass sie den entstandenen Schaden zu schätzen haben und damit auch schon die Strafe festsetzen, begründet die Charakterisierung als Patrimonialgerichtsbarkeit. Marx zeigt, dass nicht nur Privatinteresse und materielles Recht sich entsprechen, sondern dass diesem auch ein eigenes Prozessrecht entspricht. ( Erhard Blankenburg 1974, 319)

Einige Tage später, am 3. November 1842 fasst Marx noch einmal zusammen: Unsere ganze Darstellung hat gezeigt, wie der Landtag die exekutive Gewalt, die administrativen Behörden, das Dasein des Angeklagten, die Staatsidee, das Verbrechen selbst und die Strafe zu materiellen Mitteln des Privatinteresses herabwürdigt. ( Karl Marx 1842, 143 /144)

Sonstiges

Marxistische Kriminalitätstheorien

Teilweise wird in der Literatur der Begriff Marxistische Kriminalitätstheorie für eine Sichtweise der Kritischen Kriminologie verwendet. Die Inhalte gehen auch nicht unbedingt auf Karl Marx zurück sondern sind neomarxistischer Natur.

Die bekannte Tatsache, dass es bei den Klassikern des Marxismus keine ausgebaute Rechts-oder Staatstheorie gab und MARX und ENGELS sich nur sporadisch und in unterschiedlichen Kontexten zur Funktion von Staat und Recht äußerten ....hat zu einer marxistischen Analyse originärer Art beigetragen, die sich viel stärker von Bedingungen und Entwicklungen inspirieren lässt, die sich auf die Verhältnisse spätkapitalistischer Gesellschaften - statt auf den Kapitalismus des 19. Jahrhunderts - beziehen (Kleines Kriminologisches Wörterbuch 1993, Kritische Kriminologie, 334)

Allerdings findet sich der Grundgedanke von Marx in diesen Theorien wieder, dass abweichendes Verhalten als Folge eines Konflikts aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Klassen entsteht.

Vertreter dieser Theorien sind u.a. W. Chambliss, R. Quinney, M. Colvin und J.A. Pauly.

Übersicht über die Werke ( Auswahl)

  • Briefe an den Vater ( 1837 )
  • Kritik der Hegelschen Staatsphilosophie ( 1841 / 42)
  • Aus der Rheinischen Zeitung ( 1842 )
  • Zur Judenfrage ( 1843 )
  • Nationalökonomie und Philosohie ( 1844 )
  • Die heilige Familie ( 1844 / 45)
  • Die deutsche Ideologie ( 1845 / 46 )
  • Manifest der kommunistischen Partei ( 1848 )
  • Zur Kritik der politischen Ökonomie ( 1859 )
  • Theorien über den Mehrwert. Band II ( unvollständig ( 1863 )
  • Das Kapital. Band I ( 1867 )
  • Kritik des Gothaer Programms ( 1875 )
  • Das Kapital. Band II ( 1885 )
  • Das Kapital. Band III ( 1893 )

Eine Auflistung weiterer Werke findet sich hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Marx

Literatur / Quellen

  • Erhard Blankenburg, Karl Marx und der "Labeling" - Ansatz, Kriminologisches Journal/6 (1974)
  • Stefanie Eifler, Kriminalsoziologie, Bielefeld 2002
  • Richard Friedenthal, Karl Marx - Sein Leben und seine Zeit, München 1981
  • Günther Kaiser/Hans-Jürgen Kerner/Fritz Sack/Hartmut Schellhoss, Kleines Kriminologisches Wörterbuch ( Kritische Kriminolgie), Heidelberg 1993
  • Paul-Heinz Koesters, Deutschland deine Denker, Hamburg 1981
  • Karl Marx, Abschweifung ( über produktive Arbeit), in: Theorien über den Mehrwert, 1863 ( Marx-Engels Werke MEW Band 26.1: 363-388)
  • Karl Marx, Die Frühschriften, Stuttgart 1971
  • Robert Misik, Marx für Eilige, Berlin 2010

Links

Lemma Normgenese

Lemma Kriminalsoziologie

Rheinische Zeitung Nr. 298 vom 25. Oktober 1842 zu finden unter http://www.mlwerke.de/me/me01/me01_109.htm ( letzter Zugriff 18.02.2012)

Rheinische Zeitung Nr. 300 vom 27.Oktober 1842 zu finden unter http://www.mlwerke.de/me/me01/me01_116.htm ( letzter Zugriff 18.02.2012)