Erklärungsmodell

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Definition

Das Erklärungsmodell ist eine erkenntnistheoretische Position. Ein solches Modell ist gut, wenn es folgende Merkmale aufweist: (1) Eleganz, (2) Möglichst wenige willkürliche Elmente, (3) Übereinstimmung mit und Erklärung von allen empirischen Beobachtungen, (4) Ermöglichung detaillierter Vorhersagen über künftige Beobachtungen, die bei Nichteintreffen zur Falisikation führen (Hawkin & Mlodinow 2010: 68).


Erläuterung

Im Erklärungsmodell wird angenommen, sozialwissenschaftliche Erkenntnis bilde sich wie naturwissenschaftliche. In diesem für Natur- wie Sozialwissenschaften gültigen Modell geht es darum, ein beobachtbares Geschehen hypothetisch mit anderen Beobachtungen (Randbedingungen) zusammen zu bringen (zu korrelieren) und zu prüfen, ob dieser unterstelle Zusammenhang einer allgemeinen statistischen Gesetzmäßigkeit folgt.

Ein Geschehen (Explanandum) gilt danach als erklärt, wenn es sich unter bestimmten Randbedingungen aus einer solchen Gesetzmäßigkeit (Explanans) herleiten lässt.

Die Erklärung erfolgt durch statistische Auswertung der Zusammenhänge innerhalb der Quantität von getroffenen Beobachtungen. Das Ergebnis der Erklärung ist eine statistische Wahrscheinlichkeitsaussage.

So kann zum Beispiel die beobachtete Gewalttat eines Jugendlichen mit frühkindlichen Misshandlungen des Täters in Zusammenhang gebracht und geprüft werden, ob zwischen jugendlicher Gewaltdelinquenz und dem Erleiden von Gewalt im Kindesalter ein allgemeiner statistischer Zusammenhang besteht. Dieses Vorgehen wird empirisches Vorgehen genannt.

Das Erklärungsmodell konkuriert mit dem Verstehensmodell. Somit stehen sich in den Sozialwissenschaften zwei erkenntnistheoretische Positionen seit den 60er Jahren und bis heute noch unversöhnlich gegenüber.

In der Kriminologie werden beide Standpunkte vertreten. Aber das Erklärungsmodell ist doch vorherrschend, so dass die meisten Kriminologen sie als eine empirische Erfahrungswissenschaft bezeichnen.

Karl-Ludwig Kunz (2004, 7) erklärt die Dominanz des Erklärungsmodells in der Kriminologie folgendermaßen:

  • Datenmaterial ist über Kriminalstatistiken leicht verfügbar
  • der größte Auftraggeber kriminologischer Forschung, der Staat, fördert bevorzugt die quantitativ-vergleichende Bestimmung des Kriminalitätsvolumens und interessiert sich vor allem für die Wirksamkeit staatlicher Interventionen

Literatur

  • Hawking, Stephen & Leonard Mlodinow (2010) The Grand Design. London: Bantam.
  • Kunz, Karl-Ludwig (2004): Kriminologie. UTB, Bern. S.5ff
  • Von Wright, Georg (1974): Erklären und Verstehen. Frankfurt/M.