Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum (TRIPS-Abkommen)

Aus Krimpedia – das Kriminologie-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Abkommen über handelsbezogene Aspekte des geistigen Eigentums (engl. Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Right), auch TRIPS- Abkommen wurden im Jahr 1995, im Rahmen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (engl. General Agreement on Tariffs and Trade , GATT) erarbeitet und umfassen die transnationale Vereinheitlichung der geistigen Eigentumsrechte.

Inhalte

Alle Mitgliedsstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) sind verpflichtet das geistige Eigentum durch Patente zu schützen. Anhand so genannter Schutzrechte wird dieses u.a. durch Urheber- und Markenrecht geschützt, sofern das geistige Eigentum eine neue und erfinderische Tätigkeit impliziert. Darüber hinaus ist das Sortenrecht integriert, was u.a auch das Saatgutverkehrgesetz enthält, durch das der Verkauf, Tausch und die Nutzung von Saatgut handelsrechtlich begrenzt werden [1][2].

Weiterhin werden die Staaten innerhalb der WTO verpflichtet, durch den Sortenschutz, Patente auf mikrobiologische oder nicht- biologische Prozesse sowie Mikroorganismen zu vergeben (ausgenommen sind Pflanzenarten- und Gattungen sowie biologische Verfahren zur Herstellung dieser). Der geschaffene Präzedenzfall in den USA Diamond vs. Chakrabarty aus dem Jahr 1980 legt das Fundament einer Patentierbarkeit von Pflanzen und lebenden Organismen. Das erste Patent auf eine gentechnisch veränderte Pflanze wurde 1985 erteilt, drei Jahre später folgt das erste Patent auf ein Säugetier - Harvard- Maus. Die Anmeldung dieses Patentes beim Europäischen Patentamt erfolgt im Jahr 1992, woraufhin Einwende gegen eine Patentanmeldung eingereicht wurden, da zu dieser Zeit ein Patent auf lebende Organismen ausgeschlossen war. Eine Modifizierung des positiven Rechtes durch die EU- Richtlinie 98/44/EG im Jahr 1998 ermöglicht einen rechtlichen Schutz geistigen Eigentum, in Form von gentechnisch- modifizierten Pflanzen und lebenden Organismen.[3][4]

Ein Monopol für geistiges Eigentum eines Gutes kann nur bei staatlichen Hoheitsrechten gewährt werden. Patente und somit Eigentumsrechte werden in der Regel für circa 20 Jahre vergeben.[5] Die handelsbezogenen Aspekte des TRIPS-Abkommen sehen vor, dass Nicht-Mitgliedsstaaten der WTO, die Zutritt zu den Märkten der Mitgliedsstaaten erlangen möchten, die Regulierungen des Abkommens in ihr nationales Recht umsetzen. Darüber hinaus sind Mitgliedsstaaten ebenso dazu verpflichtet ein entsprechendes Patentrecht sui generis auf nationaler Ebene zu implementieren. Sollten die TRIPS- Abkommen nicht befolgt werden, können von Seiten der WTO Handelssanktionen verhängt werden.[6] Die auf nationalstaatlicher Ebene existierenden sui generis- Systeme geistiger Eigentumsrechte werden durch die jeweiligen Patentämter (für EU-Staaten auch durch das Europäische Patentamt, EPA) umgesetzt. Die Anmeldung eines Patentes kann dort gegen Gebühren erfolgen.

Nationalstaatliche Reglementierungen von Patenten unterscheiden sich hinsichtlich der Patentierbarkeit von biologischen Ressourcen. Während in den USA, Japan und Australien Patente auf Pflanzen und andere lebende Organismen vergeben werden, ist in Europa lediglich die Patentierbarkeit von gentechnisch modifizierten Pflanzen und lebende Organismen zulässig[7].

zuständige Institutionen

Neben nationalstaatlichen Regulierungen geistigen Eigentums gibt es auch international Reglementierungen, die die Rechte am geistigen Eigentum fördern. Durch den internationalen Zusammenarbeitsvertrag (engl. Patent Cooperation Treaty, PCT) einzelner Nationen ist zunächst die Weltorganisation für geistiges Eigentum (engl. World Intellectual Property Organization, WIPO) für die Betreuung von Verträgen dieser Art zuständig. Mit der Entwicklung des Abkommens zu handelsbezogene Aspekte am geistigen Eigentum, wird jedoch die Federführung an die Welthandelsorganisation (engl. World Trade Organisation, WTO) abgegeben. Um traditionelles Wissen als Form geistigen Eigentums besser schützen zu können arbeitet die WIPO derzeit an einer vertragrechtlichen Einbindung und Verlagerung der Zuständigkeit für diese Rechte[8].

Kritik

Ausgehend von einem moralisch, ethischen Standpunkt, ist es fraglich, ob biologische Ressourcen privatisiert werden und die alleinigen Herstellungs-, Zugangs- und Nutzungsrechte bei dem Inhaber des Patentes liegen sollten. Eine allgemein vertretende Kritik an den TRIPS- Abkommen ist, dass diese nicht das Ergebnis eines demokratischen Aushandlungsprozesses von geistigen Eigentumsrechten ist, sondern durch das Intellectual Property Committee (IPC), einem Zusammenschluss von 13 führenden US-amerikanischen Firmen, entwickelt und über die US-Regierung in die WTO eingebracht wurde. Die Interessen die mit diesen Abkommen verfolgt werden, schützen allein ein westlich- basierendes Verständnis von geistigem Eigentum.

Mit dem bilateralen Omnibus Trade and Tariff Act (1988) werden Entwicklungshilfeländer dazu gezwungen ihren Agrarmarkt für westliche Industrienationen weiter zu öffnen, was in Verbindung mit den TRIPS- Abkommen dazu geführt hat, dass u.a. Pakistan und Indien den Abkommen zustimmen mussten[9][10]. Die TRIPS- Abkommen fordern, dass jedes Land sein sui-generis Recht zum Schutz des geistigen Eigentums integriert, sofern dieses eine Patentierung von mikrobiologische oder nicht- biologische Prozesse sowie Mikroorganismen vorsieht (Art. 27). In den meisten Entwicklungshilfeländern waren bis zu diesem Abkommen nur Patente auf medizinische Prozesse zulässig. Infolge des Inkraftretens, bestehen nun einerseits mehr Möglichkeiten für den Patenanmeldung und andererseits verlieren die Staaten dadurch an Eigenständigkeit und Kontrolle über marktwirtschaftliche Preise sowie indigene Rechte.

Eine weiter Kritik ist, dass kein hinreichender Schutz von indigenem bzw. traditionellem Wissen, als Form geistigen Eigentums geboten wird, weil ein Patent Exklusivrechte einer Person zuschreibt und nicht einer ganzen Gemeinschaft, womit indirekt indigene Völker oder lokale Gemeinschaften exkludiert werden. Vor dem Hintergrund der Übereinkommen über die biologische Vielfalt, die die Nutzungs- und Zugangsrechte von biologischen Ressourcen reguliert, wird das „ethische Dilemma“ der TRIPS- Abkommen deutlich; die Patentierung einer genetischen Ressource impliziert das alleinige Eigentum, wodurch andere, vor allem indigene Gemeinschaften von einer Partizipation an der Ressource aber auch von einer möglichen Kommerzialisierung des beliebten Gutes ausgeschlossen werden.

Die TRIPS- Abkommen negieren traditionelles Wissen als Eigentumsform auch dahingehend, indem die Regulierungen des Saatgutverkehrgesetzes nicht berücksichtigen, dass ein Großteils der Agrarwirtschaft auf konventionelle Weise tätig ist, in der die Landwirte Pflanzen durch Kreuzungsverfahren züchten, Saatgut sammeln und tauschen. Das traditionelle Wissen bzw. diese Arbeitsweise wird durch die TRIPS- Abkommen untersagt und kriminalisiert. Die TRIPS untergraben die Übereinkommen über die biologische Vielfalt, denn die Basis von Biodiversität ist traditionelles Wissen, was in konventioneller Landwirtschaft angewendet wird. Traditionelles bzw. indigenes Wissen und die biologische Vielfalt werden durch die Konvention völkerrechtlich geschützt. Die TRIPS- Abkommen sehen keinerlei Ausgleiche von zu erwartenden Vorteilen vor, die durch Patente entstehen könnten, und verhindern weiterhin einen staatlichen Schutz gegen eine Patentierbarkeit von biologischen Ressourcen zum Schutz des Gemeinwohles, da dieses gegen internationale Handelsabkommen verstößt.

Der zirkuläre Prozess von Ungleichheit zwischen Industrienationen und Entwicklungsländern wird durch Patente über biologische Ressourcen, die überwiegend bei westlichen Firmen liegen verstärkt, was nach South letztendlich zu einer „gemeinsamen Kolonialisierung der Natur“ führt[11]. Darüber hinaus wird die Asymmetrie zwischen den Ländern verfestigt, denn auch wenn die Patente nicht bei Industrienationen liegen würden, wäre es den Entwicklungsländern bei ihrem jetzigen Stand nicht möglich dieses Wissen, welches hinter den Patenten liegt, zu nutzen, so Carolan[12]. Pringel (2005) beschreibt zwei Trends, die sich aus den geistigen Eigentumsrechten ergeben, zum einen werden Landwirte aus den Entwicklungsländern ausgebeutet und zum anderen unabhängige Forschungen verhindert[13].


siehe auch


Einzelnachweise

  1. http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/saatverkg_1985/gesamt.pdf Letzter Zugriff: 15.08.2011
  2. http://recht.lebensministerium.at/article/articleview/19246/1/5467 Letzter Zugriff: 06.07.2011
  3. Elisa Träger (2008) Bioprospektion und indigene Rechte. Der Konflikt um die Nutzung von Bioressourcen. Masterthesis. Philosophische Fakultät- Universität zu Köln, Köln
  4. The Center for Food Safety (2004) Monsanto vs. U.S. Farmers Report.
  5. Elisa Träger (2008) Bioprospektion und indigene Rechte. Der Konflikt um die Nutzung von Bioressourcen. Masterthesis. Philosophische Fakultät- Universität zu Köln, Köln
  6. Johan Ragnar (2004) Biopiracy, the CBD and TRIPS – The Prevention of Biopiracy. Masterthesis. Faculty of Law - University of Lund- Sweden, Lund
  7. Elisa Träger (2008) Bioprospektion und indigene Rechte. Der Konflikt um die Nutzung von Bioressourcen. Masterthesis. Philosophische Fakultät- Universität zu Köln, Köln
  8. http://www.wipo.int/edocs/mdocs/tk/en/wipo_grtkf_ic_18/wipo_grtkf_ic_18_7.pdf Letzter Zugriff: 06.07.2011
  9. Vandana Shiva (2001) Protect or plunder? Understanding intellectual property rights Zed Books, London [u.a], ISBN 0864865147
  10. Johan Ragnar (2004) Biopiracy, the CBD and TRIPS – The Prevention of Biopiracy. Masterthesis. Faculty of Law - University of Lund- Sweden, Lund
  11. Nigel South (2007) The 'corporate colonisation of natur': Bio-prospecting, biopiracy and the development of green criminology. In: Piers Beirne & Nigel South (Hrsg.) Issues in Green Criminology. Confronting harms against environments, humanity and other animals. Willan Pub., Cullompton, UK, ISBN 9781843922209
  12. Michael Carolan (2008) Making Patents and Intellectual Property Work: The Asymmetrical "Harmonization" of TRIPS. Organization & Environment 21 (3):295–310.
  13. Peter Pringle (2005) Food, inc. Mendel to Monsanto - the promises and perils of the biotech harvest. Simon & Schuster paperbacks, New York ; London ; Toronto [etc.], ISBN 9780743267632