Zwei Gesetze der Strafentwicklung: Unterschied zwischen den Versionen

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== Gesetze der Strafentwicklung ==
[[Émile Durkheim]] befasste sich in der (von ihm selbst im Jahre 1898 gegründeten) Zeitschrift ''L'Année Sociologique'' unter anderem mit der Evolution der Strafe. Der Aufsatz "''Deux Lois de l'Évolution Pénale''" (1901) erschien 1973 auf englisch ("''Two laws of penal evolution''" von T.A. Jones und A.T. Scull).
[[Émile Durkheim]] befasste sich in der (von ihm selbst im Jahre 1898 gegründeten) Zeitschrift ''L'Année Sociologique'' unter anderem mit der Evolution der Strafe. Der Aufsatz "''Deux Lois de l'Évolution Pénale''" (1901) erschien 1973 auf englisch ("''Two laws of penal evolution''" von T.A. Jones und A.T. Scull).


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Für Durkheim spielte das Strafrecht und die Entwicklung der Strafen eine wesentliche Rolle, wobei er besonders die Beziehungen zwischen Gesetz, Glauben und Moral in den Mittelpunkt stellte.
Für Durkheim spielte das Strafrecht und die Entwicklung der Strafen eine wesentliche Rolle, wobei er besonders die Beziehungen zwischen Gesetz, Glauben und Moral in den Mittelpunkt stellte.
Dem Aufsatz gingen seine Überlegungen über Kriminalität, kollektives Bewußtsein und kollektive Ideale voraus. (Siehe ''De la division du travail social'', 1893)
Dem Aufsatz gingen seine Überlegungen über Kriminalität, kollektives Bewußtsein und kollektive Ideale voraus. (Siehe ''De la division du travail social'', 1893)
Es wird festgestellt das der Charakter von Bestrafung über die Zeit hinweg unverändert blieb in punkto: Suchen nach einem Schuldigen; Distanzierung; Verbannung von der Gesellschaft der Anständigen; ggf. Unschädlichmachung. Mit der Zeit nahm aber die Mißbilligung von Strafen die eine positive Einwirkung auf den Täter vermissen lassen und das Bestrafen um des Leidens willen zum Inhalt hatten ab.


Durkheim stellt mithin fest das zwischen Kriminalität und Bestrafung eine Wechselbeziehung besteht, aber Bestrafung nicht Resultat des Verbrechens ist. Er wendet die Betrachtung um und sagt: Kriminalität ist was soziale Bestrafung erhält, und was bestraft wird übertritt soziale Wertevorstellungen und Gesinnungen.
Durkheim stellt mithin fest das zwischen Kriminalität und Bestrafung eine Wechselbeziehung besteht, aber Bestrafung nicht Resultat des Verbrechens ist. Er wendet die Betrachtung um und sagt: Kriminalität ist was soziale Bestrafung erhält, und was bestraft wird übertritt soziale Wertevorstellungen und Gesinnungen.
Strafen dienen somit auch als eine Art Informationsbote für das kollektive Bewußtsein was als "schlecht/verboten" einzuordnen ist.


:: ''"Jede wissenschaftliche Untersuchung bezieht sich auf eine bestimmte Gruppe von Erscheinungen... Wir stellen beispielsweise die Existenz einer bestimmten Anzahl von Handlungen fest, die ... einmal begangen, von seiten der Gesellschaft jene besondere Reaktion auslösen, die man Strafe nennt. Wir bilden daraus eine Gruppe ...: wir nennen Verbrechen jede mit Strafe bedrohte Handlung und machen das so definierte Verbrechen zum Gegenstande einer Spezialwissenschaft, der Kriminologie"''
:: ''"Jede wissenschaftliche Untersuchung bezieht sich auf eine bestimmte Gruppe von Erscheinungen... Wir stellen beispielsweise die Existenz einer bestimmten Anzahl von Handlungen fest, die ... einmal begangen, von seiten der Gesellschaft jene besondere Reaktion auslösen, die man Strafe nennt. Wir bilden daraus eine Gruppe ...: wir nennen Verbrechen jede mit Strafe bedrohte Handlung und machen das so definierte Verbrechen zum Gegenstande einer Spezialwissenschaft, der Kriminologie"''
:: (E. Durkheim (1895); ''Regeln der soziologischen Methode''; König R. (Hg.) 5. Aufl. Darmstadt 1976, S.130-132)
:: (E. Durkheim (1895); ''Regeln der soziologischen Methode''; König R. (Hg.) 5. Aufl. Darmstadt 1976, S.130-132)




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* D. Garland (1990); ''Punishment and Modern Society: A Study in Social Theory''; Oxford
* D. Garland (1990); ''Punishment and Modern Society: A Study in Social Theory''; Oxford
* L. Sheleff (1975); ''From restitutive law to repressive law: Durkheim's The Division of Labour in Society revisited''; European Journal of Sociology; Cambridge; S.16-45
* L. Sheleff (1975); ''From restitutive law to repressive law: Durkheim's The Division of Labour in Society revisited''; European Journal of Sociology; Cambridge; S.16-45
* S. Spitzer (1975); ''Punishment and social organisation: a study of Durkheim's theory of penal evolution''; Law and Society Review; Oxford;  S.613-637
Anonymer Benutzer