Welt ohne Gefängnisse: Unterschied zwischen den Versionen

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Eine Parallele könnte die Abschaffung der Sklaverei sein. Auch damals, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, gab es eine Kombination von quantitativer Expansion und qualitativem Reputationsverlust. Die Sklaverei war unter quantitativen Gesichtspunkten eine Institution mit Zukunft. Niemals zuvor gab es so viele Sklaven auf der Welt und so viele Sklaventransporte von Afrika nach Amerika wie in den Jahrzehnten, die der Abschaffung von Sklavenhandel und Sklavenhaltung unmittelbar vorausgingen. Die Sklaverei ging nicht langsam und graduell, sondern ruckartig und katastrophal zu Ende. Von den ersten politischen Kampagnen gegen den Sklavenhandel bis zur Abschaffung der Sklaverei in den USA vergingen nicht einmal 100 Jahre. Im historischen Prozess ist das blitzschnell - und es bedeutet nichts anderes, als dass die Institution des Gefängnisses, die heute erst unter einem gewissen Reputationsverlust, aber noch nicht unter einer Bedrohung seiner Existenz leidet, in 100 Jahren eine Sache der Vergangenheit geworden sein könnte. Vielleicht ein wenig früher oder später. Aber immerhin. Vielleicht gibt es in zehn Jahren die erste Gesellschaft ohne Gefängnisse in unserer Zeit, in zwanzig Jahren eine kleine Welle an Abschaffungen und in fünfzig Jahren nur noch die USA und einige ander Länder wie China und Zimbabwe, die am Gefängnis als Institution der Kriminalstrafe festhalten. Vielleicht geht es der Gefängnisstrafe so wie heute schon der Todesstrafe: immer mehr Argumente türmen sich gegen die Institution auf, immer mehr Gesellschaften verzichten stolz auf diese Strafe und immer weniger Staaten wehren sich mit immer schlechteren Argumenten und schlechterem Gewissen gegen ihre Abschaffung ...  
Eine Parallele könnte die Abschaffung der Sklaverei sein. Auch damals, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, gab es eine Kombination von quantitativer Expansion und qualitativem Reputationsverlust. Die Sklaverei war unter quantitativen Gesichtspunkten eine Institution mit Zukunft. Niemals zuvor gab es so viele Sklaven auf der Welt und so viele Sklaventransporte von Afrika nach Amerika wie in den Jahrzehnten, die der Abschaffung von Sklavenhandel und Sklavenhaltung unmittelbar vorausgingen. Die Sklaverei ging nicht langsam und graduell, sondern ruckartig und katastrophal zu Ende. Von den ersten politischen Kampagnen gegen den Sklavenhandel bis zur Abschaffung der Sklaverei in den USA vergingen nicht einmal 100 Jahre. Im historischen Prozess ist das blitzschnell - und es bedeutet nichts anderes, als dass die Institution des Gefängnisses, die heute erst unter einem gewissen Reputationsverlust, aber noch nicht unter einer Bedrohung seiner Existenz leidet, in 100 Jahren eine Sache der Vergangenheit geworden sein könnte. Vielleicht ein wenig früher oder später. Aber immerhin. Vielleicht gibt es in zehn Jahren die erste Gesellschaft ohne Gefängnisse in unserer Zeit, in zwanzig Jahren eine kleine Welle an Abschaffungen und in fünfzig Jahren nur noch die USA und einige ander Länder wie China und Zimbabwe, die am Gefängnis als Institution der Kriminalstrafe festhalten. Vielleicht geht es der Gefängnisstrafe so wie heute schon der Todesstrafe: immer mehr Argumente türmen sich gegen die Institution auf, immer mehr Gesellschaften verzichten stolz auf diese Strafe und immer weniger Staaten wehren sich mit immer schlechteren Argumenten und schlechterem Gewissen gegen ihre Abschaffung ...  


== Ansätze zur Abschaffung ==
== Ein mögliches Ziel ==
 
 
 


Gefängnisse sind Institutionen mit vielen Aufgaben. Eine Aufgabe ist die Besserung der Gefangenen. Sie sollen eine Ausbildung, vielleicht eine Behandlung, eine Therapie, eine Portion Realismus und Selbstvertrauen und einen Kontakt zu positiven Anknüpfungspunkten in der Gesellschaft erhalten. Das ist das Gefängnis als Instrument des rehabilitativen Ideals (Kritiker sagen: das ist das Gefängnis der Behandlungsideologie). Eine andere Aufgabe besteht in der Unschädlichmachung der Gefangenen. Das Gefängnis ist auch dazu da, dass Gefangene während ihrer Haftzeit keine Straftaten mehr begehen können: wer wegen einer Vergewaltigung oder eines Mordes einsitzt, der ist auch deshalb im Gefängnis, weil man sichergehen will, dass er in der Zeit seiner Strafe jedenfalls draußen, also in der freien Gesellschaft, keine weiteren Straftaten mehr begehen kann. Das ist das Gefängnis des Sicherheits-Staates (Kritiker sagen: das ist das Gefängnis der Sicherheitshysterie). Die vorrangige Aufgabe des Gefängnisses aber ist die Bestrafung von Kriminellen. Wer nicht bestraft werden soll, der kommt auch nicht ins Gefängnis. Weder zur Besserung noch zur Sicherung. Am Anfang des Gefängnisses steht die Aufgabe der Bestrafung - und das heißt: am Anfang der Institution steht ihre Aufgabe als Institution der vorsätzlichen Zufügung von Leid.


== Literatur ==
== Literatur ==
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