Welt ohne Gefängnisse: Unterschied zwischen den Versionen

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Die ersten Menschen unserer Art tauchten erst vor rund 250 000 Jahren auf. Im Gegensatz zu dem noch jüngeren homo floreniensis, der erst vor 100 000 Jahren auftauchte und vor rund 12 000 Jahren ausstarb, hat homo sapiens es mit viel Glück und Verstand vermocht, bis heute zu überleben. Wie lange er noch existieren wird, ist angesichts seines Verhaltens gegenüber den Grundlagen seiner Existenz fraglich. Eines aber ist sicher: mehr als 90 Prozent seiner Geschichte lebte der homo sapiens in einer Welt ohne Gefängnisse. Niemand, der sich jemals mit der Frühgeschichte der Menschen befasst hat, hat je behauptet, dass es in der Frühzeit der Menschen irgendwann auch nur einmal ein Gefängnis gegeben hätte. Bis 10.000 vor Christus war die Welt eine Welt ohne Gefängnisse. Und nach vielen Kriterien, die auch heute noch gelten, waren es keine schlechten Gesellschaften: in vielen Gegenden hatten die Menschen genug zu essen, lebten in stabilen sozialen Netzwerken und wären nicht einmal im Traum darauf gekommen zu glauben, nun könnten sie ohne Gefängnisse nicht weiterleben. Dann, um 10 000 vor Christus, erfand der Mensch den Ackerbau, die Seßhaftigkeit, feste Häuser und eine ganz andere Lebensweise - das war die neolithische Revolution (vielleicht die radikalste Revolution in der gesamten bisherigen Geschichte).  
Die ersten Menschen unserer Art tauchten erst vor rund 250 000 Jahren auf. Im Gegensatz zu dem noch jüngeren homo floreniensis, der erst vor 100 000 Jahren auftauchte und vor rund 12 000 Jahren ausstarb, hat homo sapiens es mit viel Glück und Verstand vermocht, bis heute zu überleben. Wie lange er noch existieren wird, ist angesichts seines Verhaltens gegenüber den Grundlagen seiner Existenz fraglich. Eines aber ist sicher: mehr als 90 Prozent seiner Geschichte lebte der homo sapiens in einer Welt ohne Gefängnisse. Niemand, der sich jemals mit der Frühgeschichte der Menschen befasst hat, hat je behauptet, dass es in der Frühzeit der Menschen irgendwann auch nur einmal ein Gefängnis gegeben hätte. Bis 10.000 vor Christus war die Welt eine Welt ohne Gefängnisse. Und nach vielen Kriterien, die auch heute noch gelten, waren es keine schlechten Gesellschaften: in vielen Gegenden hatten die Menschen genug zu essen, lebten in stabilen sozialen Netzwerken und wären nicht einmal im Traum darauf gekommen zu glauben, nun könnten sie ohne Gefängnisse nicht weiterleben. Dann, um 10 000 vor Christus, erfand der Mensch den Ackerbau, die Seßhaftigkeit, feste Häuser und eine ganz andere Lebensweise - das war die neolithische Revolution (vielleicht die radikalste Revolution in der gesamten bisherigen Geschichte).  


In den frühen Hochkulturen sperrte man Menschen in fest ummauerte Räume ein. Man hielt sie als Geiseln fest, um sie auszutauschen. Oder als künftige Opfer, die man in sakralen Zeremonien töten wollte. Oder man sperrte sie ein, damit sie zum Zeitpunkt ihrer Hinrichtung noch da waren. Aber eine Einsperrung als Strafe für ein begangenes Verbrechen (oder zur Besserung eines Verbrechers) gab es damals noch lange nicht. Ein Gefängnis im Sinne einer Institution zur Abbüßung einer Kriminalstrafe war noch in weiter Ferne. Dies aber nicht - wie es ein heute weit verbreitetes Vorurteil will - weil man noch nicht zivilisiert genug war, sondern weil die Sanktionen im Allgemeinen viel milder waren und man eine Gefängnisstrafe für viel zu hart gehalten hätte. Im frühen europäischen Mittelalter, also zum Beispiel im Recht der Franken, stand sogar auf schwere Verbrechen wie etwa eine vorsätzliche Tötung nicht etwa eine Kapitalstrafe, sondern im Regelfall eher ein finanzieller Ausgleich. Die Devise war Kompensation statt Strafe. Wo es heute Kriminalstrafen gibt, gab es damals Bußen nach einem Bußgeldkatalog, so wie man sie heute im Straßenverkehrsrecht kennt.


Die berühmt-berüchtigte Härte des mittelalterlichen Strafrechts war eine Erscheinung nicht des sechsten, siebten, achten oder neunten Jahrhunderts, sondern der terroristischen Territorialgewalten im zwölften, dreizehnten, vierzehnten, fünfzehnten und sechszehnten Jahrhundert. Das war die Zeit der barbarischen Härte, im Vergleich zu welcher die Gefängnisstrafe in der Tat wie eine Wohltat aussah. (Ein relatives Kompliment an das Gefängnis, von dem diese Institution noch heute profitiert.)
Die Freiheitsstrafe entstand erst zwischen den Jahren 1000 und 2000 nach Christus. 




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