Völkerstrafrecht: Unterschied zwischen den Versionen

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Als Völkerstrafrecht bezeichnet man die Summe der Normen, die die Strafbarkeit einzelner Individuen unmittelbar aufgrund von Völkerrecht begründen.
Als Völkerstrafrecht bezeichnet man die Summe der Normen, die die Strafbarkeit einzelner Individuen unmittelbar aufgrund von Völkerrecht begründen. Das bedeutet, dass Individuen direkt auf Grund von völkerrechtlichen Normen strafbar sein können - eine Ausnahme vom nicht mehr ganz aktuellen Prinzip, dass das Völkerrecht nur die Beziehungen zwischen Staaten und internationalen Organisationen regelt.


Das bedeutet, dass Individuen direkt auf Grund von völkerrechtlichen Normen strafbar sein können - eine Ausnahme vom nicht mehr ganz aktuellen Prinzip, dass das Völkerrecht nur die Beziehungen zwischen Staaten und internationalen Organisationen regelt. Man kann diese Erweiterung des Kreises der Völkerrechtssubjekte als Kehrseite der Entwicklung der Menschenrechte verstehen: Einerseits so, dass nur die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen als völkerstrafrechtliche Verbrechen bestraft werden können, und andererseits, indem die Menschenrechte Individuen berechtigen, während das Völkerstrafrecht Individuen verpflichtet.
Die Entwicklung des Völkerstrafrechts wurde durch die Weltkriege gefördert. Nach dem Ersten Weltkrieg begründete der Versailler Vertrag die Möglichkeit einer Anklage des deutschen Kaisers (die dann aufgrund der Verweigerung der Auslieferung Wilhelms II. durch die Niederlande nicht zustande kam). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in den Nürnberger Prozessen erstmals Individuen strafrechtlich für Handlungen zur Rechenschaft gezogen, die sie als Teile von Staatsorganen begangen hatten. Trotz erheblicher Kritik an den Nürnberger Prozessen (Stichwort "Siegerjustiz") sind manche der Grundsätze, die im Urteil von Nürnberg etabliert wurden, zum Teil heute noch gültig. Nach einer Phase der Stagnation entwickelte sich das Völkerstrafrecht seit dem Ende des Kalten Krieges z.B. durch die Schaffung von Ad-Hoc-Tribunalen (für Ex-Jugoslawien und Ruanda in den Jahren 1993 und 1994) weiter. Von großer Bedeutung war aber vor allem die Schaffung des Internationalen Strafgerichtshofes durch das Statut von Rom. Nachdem das Statut vom 17.7.1998 von 60 Staaten ratifiziert wurde, trat es am 1.7.2002 in Kraft. Der erste Fall des in Den Haag angesiedelten Gerichtshofs wird im Jahre 2007 oder 2008 verhandelt.
 
Die Entwicklung des Völkerstrafrechts begann zwar schon vor dem Zweiten Weltkrieg, als im Versailler Vertrag die Anklage des deutschen Kaisers Wilhelm II. wegen internationaler Verbrechen vorgesehen wurde. Doch aufgrund der Weigerung der Niederlande, Wilhelm II. auszuliefern, konnte sich das Völkerstrafrecht vorerst nicht entwickeln. Erst die Nürnberger Prozesse von 1946 haben die Entwicklung des Völkerstrafrechts nachhaltig gefördert. Zum ersten Mal wurden Einzelpersonen persönlich für Handlungen, die als Teile von Staatsorganen begangen hatten, zur Rechenschaft gezogen. Zwar sind die Nürnberger Prozesse oft als "Siegerjustiz" diffamiert worden; auch wurde dem Militärtribunal vorgeworfen, es verletze den Grundsatz "nulla poena sine lege" bzw. "nullum crimen sine lege", indem es quasi neue Völkerstrafrechtstatbestände kreierte. Jedoch sind die Grundsätze, die im Urteil von Nürnberg niedergelegt sind, grundlegend und zum Teil noch heute gültig.
 
Während des Kalten Krieges stagnierte die Entwicklung des Völkerstrafrechts. Erst durch die Schaffung der Ad-Hoc-Tribunale für Ex-Jugoslawien und Ruanda durch die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates Nr. 827 (25. Mai 1993) bzw. 955 (8. November 1994) konnte der Entwicklung des Völkerstrafrechts ein neuer Schub gegeben werden. Vorläufiger Höhepunkt der Entwicklung des Völkerstrafrechts ist die Schaffung des Internationalen Strafgerichtshofes mit Sitz in Den Haag durch das Rom-Statut vom 17. Juli 1998, das nach Hinterlegung der 60. Ratifikationsurkunde am 1. Juli 2002 in Kraft getreten ist.


Einzelne Tatbestände des Völkerstrafrechts sind insbesondere:
Einzelne Tatbestände des Völkerstrafrechts sind insbesondere:
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Im Rahmen des Rom-Statuts ist das Verbrechen des Angriffskrieges nicht definiert. Es besteht insbesondere Streit darüber, welche Rolle der UN-Sicherheitsrat bei der Ausübung der Gerichtsbarkeit des IStGH über dieses Verbrechen spielen soll. Mit einer Definition ist wahrscheinlich in naher Zukunft nicht zu rechnen.[1]
Im Rahmen des Rom-Statuts ist das Verbrechen des Angriffskrieges nicht definiert. Es besteht insbesondere Streit darüber, welche Rolle der UN-Sicherheitsrat bei der Ausübung der Gerichtsbarkeit des IStGH über dieses Verbrechen spielen soll. Mit einer Definition ist wahrscheinlich in naher Zukunft nicht zu rechnen.[1]


Einzelnachweise [Bearbeiten]
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Anonymer Benutzer