Terrorismus und Widerstand: Erklärungen, Scheinerklärungen und praktische Probleme 23.6.12: Unterschied zwischen den Versionen

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== Die Herausforderung für die Kriminologie ==
== Die Herausforderung für die Kriminologie ==
An dieser weit verbreiteten Sicht der Dinge ist alles verkehrt: die Einschätzung der Situation, ihre Bewertung und sogar die Begriffe, mit denen wir die Welt wahrnehmen und zu erklären und zu beeinflussen versuchen.   
Bevor ich meine Hypothese vorstelle, erkläre ich vorsichtshalber, dass es sich erstens nur um eine Vermutung handelt, die ich heute noch gar nicht belegen kann, dass ich zweitens vielleicht nicht mehr auf der Höhe der Zeit bin - ich publiziere zum Themengebiet seit 1980 und bin dem alten Terrorismus mehr verbunden als dem neuen.   


1. Das gilt erstens für die Einschätzung der Lage der kritischen Kriminologie. Sie ist nicht zur Vernunft gekommen, sondern sie ist mausetot. Der Anti-Terrorismus-Konsens war der letzte Nagel zu ihrem Sarg. Die Ruhe zwischen den Lagern ist eine Friedhofsruhe.
1. Meine Vermutung lautet: Die Friedlichkeit des Verhältnisses zwischen kritischer und traditioneller Kriminologie ist nur der schöne Schein. In Wirklichkeit haben sich die beiden nicht vertragen, sondern die eine ist mausetot. Der Anti-Terrorismus-Konsens war der letzte Nagel zu ihrem Sarg. Die Ruhe zwischen den Lagern ist eine Friedhofsruhe.


2. Denn kritische Kriminologie heißt in erster Linie: aktive Kriminologie. Aktiv in dem Sinne einer aktiven Funktion der Wissenschaft. Die traditionelle Kriminologie erfüllt im Wesentlichen passive Funktionen. Sie schafft keine Erkenntnis, sondern sie legitimiert Entscheidungen und verschleiert Machtinteressen, indem sie sie als wissenschaftlich geprüfte Sachzwänge oder objektive Sachverhalte darstellt. Aktive Wissenschaft ist unbequeme Wissenschaft, die zu unbequemen Ergebnissen kommt - unbequem für die Gesellschaft, für die Mächtigen und für die Wissenschaftler selbst - die aber neue Zusammenhänge entdeckt und damit neue Denk-Räume und letztlich Handlungsräume eröffnet. Eine solche aktive Wissenschaft gibt es im Bereich der Kriminologie des Terrorismus nicht.  
2. Denn kritische Kriminologie heißt in erster Linie: aktive Kriminologie. Aktiv in dem Sinne einer aktiven Funktion der Wissenschaft. Die traditionelle Kriminologie erfüllt im Wesentlichen passive Funktionen. Sie schafft keine Erkenntnis, sondern sie legitimiert Entscheidungen und verschleiert Machtinteressen, indem sie sie als wissenschaftlich geprüfte Sachzwänge oder objektive Sachverhalte darstellt. Aktive Wissenschaft ist unbequeme Wissenschaft, die zu unbequemen Ergebnissen kommt - unbequem für die Gesellschaft, für die Mächtigen und für die Wissenschaftler selbst - die aber neue Zusammenhänge entdeckt und damit neue Denk-Räume und letztlich Handlungsräume eröffnet. Eine solche aktive Wissenschaft gibt es im Bereich der Kriminologie des Terrorismus nicht.  
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