Strafvollzug in freier Form: Unterschied zwischen den Versionen

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== '''Besonderheiten bei Jugendlichen''' ==
Insbesondere für Jugendliche bedeutet der Aufenthalt in einer Justizvollzugsanstalt ein einschneidendes und sich häufig negativ auf den weiteren Lebensverlauf auswirkendes Ereignis. Unter anderem ist hierfür das Zeitempfinden Jugendlicher verantwortlich, welches sich von dem Erwachsener unterscheidet. Jugendliche erfahren zudem einen stärkeren Leidensdruck durch die Trennung aus ihrem primären und sekundären sozialen Umfeld und sind in ihrer Persönlichkeit weniger gefestigt und stärker prägbar, als Erwachsene. Jugendlichen muss die Möglichkeit gegeben werden, familiäre Beziehungen zu pflegen.
Der Umgang mit delinquenten Jugendlichen erfordert somit eine besondere, sensiblere Umgehensweise, welche Rücksicht auf die Besonderheiten der Entwicklungsphase nimmt.
Der Staat ist dazu verpflichtet, negative Auswirkungen zu mindern. Jugendliche befinden sich in einer stark prägenden Lebensphase und sollen dazu befähigt werden, ein nicht kriminelles und selbständiges Leben führen zu können. Der Aufenthalt in einer Strafanstalt wäre insofern kontraproduktiv, wenn nicht sogar verfassungswidrig (vgl. Butz, 2004).
Jugendliche zu inhaftieren kann zum Teil als unangemessene Härte interpretiert werden. Der Staat übernimmt in dieser Phase eine besondere Verantwortung und fördert die Betroffenen beispielsweise durch soziales Lernen und die Förderung von Fähigkeiten, welche sich positiv auf die berufliche Karriere auswirken. Die erfolgreiche Wiedereingliederung ist sowohl für den Betroffenen, wie auch für den Schutz der Allgemeinheit von großer Wichtigkeit.


Die Achtung der Menschenwürde und der Verhältnismäßigkeit staatlichen Strafens muss den Besonderheiten des jugendlichen Lebensabschnittes und Heranwachsender Rechnung tragen.
Die Achtung der Menschenwürde und der Verhältnismäßigkeit staatlichen Strafens muss den Besonderheiten des jugendlichen Lebensabschnittes und Heranwachsender Rechnung tragen.
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Hinweise auf Verstöße gegen die Grundrechte sieht das Bundesverfassungsgericht in der Missachtung gegenüber völkerrechtlicher Vorgaben. Hierzu gehört auch die Isolationshaft, welche jedoch weiterhin in den Bundesländern, bis auf Hessen, durchgeführt wird (vgl.http://www.strafvollzugsarchiv.de).  
Hinweise auf Verstöße gegen die Grundrechte sieht das Bundesverfassungsgericht in der Missachtung gegenüber völkerrechtlicher Vorgaben. Hierzu gehört auch die Isolationshaft, welche jedoch weiterhin in den Bundesländern, bis auf Hessen, durchgeführt wird (vgl.http://www.strafvollzugsarchiv.de).  
== '''Offener Vollzug''' ==
Nach § 10 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz soll ein straffällig gewordener Mensch mit seiner Zustimmung in eine Anstalt oder Abteilung des offenen Vollzuges untergebracht werden. Voraussetzung hierfür ist, dass nicht zu befürchten ist, dass er sich dem Vollzug entzieht oder den offenen Vollzug für die weitere Begehung von Straftaten missbraucht. Hierzu müssen sich Betroffene einer Eignungsuntersuchung unterziehen. Der offene Vollzug stellt nach dem Willen des Gesetzgebers die Regelunterbringung dar, der geschlossene Vollzug hingegen die Ausnahme. In der Praxis ist jedoch das Gegenteil zu beobachten. Lediglich 10 bis 20 % der Gefangenen erfüllen die Voraussetzungen für den offenen Vollzug. D.h. 80 - 90 % der Gefangenen werden im geschlossenen Vollzug untergebracht. Der offene Vollzug unterscheidet sich vom geschlossenen Vollzug primär dadurch, dass er über keine oder geringe Vorkehrungen gegen Entweichungen, d. h. gegen die Flucht von Gefangenen verfügt (§ 141 Abs. 2 StVollzG).
Eine Überwachung findet in geeigneter Weise statt. Der Aufenthalt in einer Einrichtung des offenen Vollzugs kann widerrufen werden, wenn der Betreffende die Eignungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt. Jugendliche aus Jugendstrafanstalten können unter bestimmten Voraussetzungen in den offenen Jugendstrafvollzug wechseln.
Die Unterbringung im offenen Vollzug ist ein Mittel des Behandlungsvollzuges, mit dem das vom Gesetzgeber formulierte Vollzugsziel den straffällig gewordenen Menschen zu befähigen, nach der Entlassung ein Leben in sozialer Verantwortung ohne Verübung weiterer Straftaten zu führen, leichter erreicht werden kann, wie es erwiesenermaßen nach Unterbringung im geschlossenen Vollzug der Fall ist. Das Leben im offenen Vollzug wird den normalen Lebensverhältnissen stark angeglichen. Dieses findet im geschlossenen Vollzug keine Anwendung. Die Gefahr der Subkulturbildung durch schädliche Beeinflussungen  Mitgefangener ist im offenen Vollzug weitaus geringer als im geschlossenen Vollzug.
== '''Praxis des offenen Vollzugs:''' ==
Der Betroffene verlässt in den Morgenstunden die Anstalt und begibt sich auf den Weg zu seinem Arbeitsplatz, welcher sich außerhalb der Anstalt befindet. Auf der Arbeit erfolgen regelmäßige Kontrollen durch Anstaltsmitarbeiter. Nach Beendigung der Arbeit kehrt er umgehend, auf direktem Wege, zur Anstalt zurück und bleibt dort bis zum nächsten Morgen. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, engmaschige Rücksprachen mit der Anstalt zu pflegen. Sie erteilen umgehende Auskunft über eventuelle Unpünktlichkeiten, unangemessenes Verhalten oder Substanzabusus. In der Anstalt bewegt sich der Gefangene weitgehend frei und kann dort an unterschiedlichen Freizeitaktivitäten und Behandlungsmaßnahmen teilnehmen. An Wochenenden besteht die Möglichkeit, die Familie zu besuchen.
Der Gefangene genießt also eine "relative" Freiheit. Kontinuierliche Beaufsichtigung und Kontrollen sind zwar gelockert, werden jedoch sowohl auf der Arbeit, wie auch innerhalb der Anstalt durchgeführt.


== '''Fazit''' ==
== '''Fazit''' ==
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