Sterbehilfe: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Definitorische Abgrenzung'''
'''Definitorische Abgrenzung'''
Passive Sterbehilfe Indirekte Sterbehilfe Aktive Sterbehilfe Suizidbeihilfe Terminale Sedierung
{| border = “1“ cellpadding=“20“ cellspacing=“0“
Sterbenlassen durch Nichtergreifen oder Einstellen lebenserhaltender medizinischer Maßnahmen Leidensminderung bei Inkaufnahme eines beschleunigten Todeseintritts Vorzeitiges Herbeiführen des Todes Bereitstellung von Möglichkeiten zum Suizid Leidensminderung durch (teilweises) Ausschalten des Bewusstseins
! '''Passive Sterbehilfe'''
! '''Indirekte Sterbehilfe'''
! '''Aktive Sterbehilfe'''
! '''Suizidbeihilfe'''
! '''Terminale Sedierung'''
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| Sterbenlassen durch Einstellen oder Nichtergreifen lebenserhaltender medizinischer Maßnahmen
| Leidensminderung bei Inkaufnahme eines beschleunigten Todeseintritts
| Vorzeitiges Herbeiführen des Todes
| Bereitstellung von Möglichkeiten zum Suizid
| Leidensminderung durch (teilweises) Ausschalten des Bewusstseins
|}
 


=='''Rechtslage'''==
=='''Rechtslage'''==
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Erfolgt die “terminale Sedierung“ mit Einwilligung des Patienten und ist sie mit einer unbeabsichtigten Lebensverkürzung verbunden, so fällt sie rechtlich unter die Zuordnung der indirekten Sterbehilfe. Wird die terminale Sedierung dagegen bspw. zum Zweck der schmerzfreien Entziehung der Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr bei einem sterbewilligen Patienten eingesetzt, so ist diese gemäß § 216 StGB (Tötung auf Verlangen) strafbar. <ref> Rothärmel, S. (2004) ‚Terminale Sedierung aus juristischer Sicht‘, in: Ethik in der Medizin, 16 (4), S. 349-357.</ref>  
Erfolgt die “terminale Sedierung“ mit Einwilligung des Patienten und ist sie mit einer unbeabsichtigten Lebensverkürzung verbunden, so fällt sie rechtlich unter die Zuordnung der indirekten Sterbehilfe. Wird die terminale Sedierung dagegen bspw. zum Zweck der schmerzfreien Entziehung der Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr bei einem sterbewilligen Patienten eingesetzt, so ist diese gemäß § 216 StGB (Tötung auf Verlangen) strafbar. <ref> Rothärmel, S. (2004) ‚Terminale Sedierung aus juristischer Sicht‘, in: Ethik in der Medizin, 16 (4), S. 349-357.</ref>  
==='''Rechtsprechungen bei Einzelfallentscheidungen (BGH, OLG)'''===
==='''Rechtsprechungen bei Einzelfallentscheidungen (BGH, OLG)'''===
Da fehlende gesetzliche Regelungen zur Sterbehilfe Unsicherheiten hervorrufen, werden oftmals höchstrichterliche Entscheidungen als Orientierungshilfe herangezogen. Wegweisend waren hierzu u.a. der Fall Hackenthal aus dem Jahr 1984 oder auch die Dolantin-Entscheidung aus dem Jahr 1996 sowie dessen neuerliche Bestätigung im Jahr 2001. Im Fall Hackenthal hatte der behandelnde Arzt seiner Patientin eine tödliche Dosis Zyankali bereitgestellt, welche die Patientin ohne Beisein des Arztes einnahm und verstarb. Die Unterstützung des Arztes wurde vom Oberlandesgericht München nicht als aktive Sterbehilfe, sondern als Beihilfe zum Suizid gewertet und der Arzt somit freigesprochen. >ref>OLG München (1987) ‚Beschluss vom 31.7.1987 – 1 WS 23/87‘, in: Neue Juristische Wochenschrift, 40 (1987), 2940-2946.</ref> Bei der Dolantin-Entscheidung hat der Bundesgerichtshof wiederum Handlungssicherheiten im Falle indirekter Sterbehilfe erbracht und die Vorsatzfrage gestärkt. <ref>BGH (1997) ‚Urteil vom 5.11.1996, 3 StR 79/96‘, in: Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen, hg. von den Mitgliedern des Bundesgerichtshofes und der Bundesanwaltschaft, Band 42, Berlin: Carl Heymanns, 301-305.</ref>
Da fehlende gesetzliche Regelungen zur Sterbehilfe Unsicherheiten hervorrufen, werden oftmals höchstrichterliche Entscheidungen als Orientierungshilfe herangezogen. Wegweisend waren hierzu u.a. der Fall Hackenthal aus dem Jahr 1984 oder auch die Dolantin-Entscheidung aus dem Jahr 1996 sowie dessen neuerliche Bestätigung im Jahr 2001. Im Fall Hackenthal hatte der behandelnde Arzt seiner Patientin eine tödliche Dosis Zyankali bereitgestellt, welche die Patientin ohne Beisein des Arztes einnahm und verstarb. Die Unterstützung des Arztes wurde vom Oberlandesgericht München nicht als aktive Sterbehilfe, sondern als Beihilfe zum Suizid gewertet und der Arzt somit freigesprochen. <ref>OLG München (1987) ‚Beschluss vom 31.7.1987 – 1 WS 23/87‘, in: Neue Juristische Wochenschrift, 40 (1987), 2940-2946.</ref> Bei der Dolantin-Entscheidung hat der Bundesgerichtshof wiederum Handlungssicherheiten im Falle indirekter Sterbehilfe erbracht und die Vorsatzfrage gestärkt. <ref>BGH (1997) ‚Urteil vom 5.11.1996, 3 StR 79/96‘, in: Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen, hg. von den Mitgliedern des Bundesgerichtshofes und der Bundesanwaltschaft, Band 42, Berlin: Carl Heymanns, 301-305.</ref>
==='''Grundsätze der Bundesärztekammer'''===
==='''Grundsätze der Bundesärztekammer'''===
Richtlinien der Bundesärztekammer stellen für Mediziner eine weitere Größe dar, um in unklaren Situationen der Sterbehilfe zu entscheiden. Als zulässig werden hier explizit die passive und indirekte sowie freiwillige und nicht-freiwillige Sterbehilfe beschrieben; auch gelten diese im engeren Sinne bei Sterbenden sowie im weiteren Sinne bei schwerkranken Patienten. Aktive Sterbehilfe und Tötung auf Verlangen werden als in keinem Fall zulässig betrachtet und die ärztliche Beihilfe zum Suizid als dem ärztlichen Ethos gegenläufig verstanden. Demgegenüber wurde die Patientenverfügung bereits vor der gesetzlichen Regelung im Jahre 2009 als bindend angesehen, bspw. wird die Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr zwar zur Basisversorgung gezählt, der Patient muss aber nicht zwangsläufig, insbesondere nicht gegen seinen Willen, ernährt und mit Flüssigkeit versorgt werden. <ref>[http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/Sterbebegl2004.pdf: Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung von 2004]</ref>
Richtlinien der Bundesärztekammer stellen für Mediziner eine weitere Größe dar, um in unklaren Situationen der Sterbehilfe zu entscheiden. Als zulässig werden hier explizit die passive und indirekte sowie freiwillige und nicht-freiwillige Sterbehilfe beschrieben; auch gelten diese im engeren Sinne bei Sterbenden sowie im weiteren Sinne bei schwerkranken Patienten. Aktive Sterbehilfe und Tötung auf Verlangen werden als in keinem Fall zulässig betrachtet und die ärztliche Beihilfe zum Suizid als dem ärztlichen Ethos gegenläufig verstanden. Demgegenüber wurde die Patientenverfügung bereits vor der gesetzlichen Regelung im Jahre 2009 als bindend angesehen, bspw. wird die Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr zwar zur Basisversorgung gezählt, der Patient muss aber nicht zwangsläufig, insbesondere nicht gegen seinen Willen, ernährt und mit Flüssigkeit versorgt werden. <ref>[http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/Sterbebegl2004.pdf: Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung von 2004]</ref>
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