Staatsverbrechen und der heimliche Lehrplan der Kriminologie: Unterschied zwischen den Versionen

 
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Im Folgenden geht es um Lernziele und Lerngegenstände in der kriminologischen Ausbildung. Allerdings um jene, die gerade nicht dort zu finden sind, wo man sie vernünftigerweise zunächst einmal sucht, nämlich in den Studienplänen und Modulbeschreibungen, wie wir sie aus dem universitären Sitzungen, den Informationsmaterialien und den Internetauftritten der kriminologischen Institute und Studiengänge im In- und Ausland kennen.  
Im Folgenden geht es um Lernziele und Lerngegenstände in der kriminologischen Ausbildung. Allerdings um jene, die gerade nicht dort zu finden sind, wo man sie vernünftigerweise zunächst einmal sucht, nämlich in den Studienplänen und Modulbeschreibungen, wie wir sie aus dem universitären Sitzungen, den Informationsmaterialien und den Internetauftritten der kriminologischen Institute und Studiengänge im In- und Ausland kennen.  


Es geht vielmehr um einen Lehrplan sui generis. Einen Lehrplan der Kriminologie, der das Stadium der Schriftlichkeit noch gar nicht erreicht hat - und nie erreichen wird. Einen Lehrplan, den es so gesehen gar nicht zu geben scheint, der jedenfalls unsichtbar ist und der zwar nirgendwo auf der Welt jemals in Gremien diskutiert und über den nirgendwo jemals abgestimmt wurde, der aber paradoxerweise überall auf der Welt, wo Kriminologie betrieben wird, auf das Strengste befolgt wird. Keine Aufsichtsbehörde hat ihn je genehmigt und kein Amtsblatt hat ihn je veröffentlicht: dennoch beeinflusst er alles, was in der Kriminologie getan wird, von Alaska bis Feuerland, von Irland bis Australien und von Sofia bis Singapur.  
Der Lehrplan, um den es geht, ist nirgendwo schriftlich festgelegt. Nie wurde er diskutiert, in keinem Gremium gab es jemals eine Vorlage, nirgendwo hat man je über ihn abgestimmt. Keine Aufsichtsbehörde hat ihn je genehmigt und kein Amtsblatt hat ihn je veröffentlicht. In der Welt des Geschriebenen gibt es ihn nicht. Doch unsichtbar heißt nicht unbedingt inexistent. Denn paradoxerweise ist seine Wirkung stärker als die aller geschriebenen Curricula zusammengenommen. Der heimliche Lehrplan der Kriminologie ist nicht, wie die anderen, räumlich in seiner Geltung begrenzt. Er gilt überall auf der Welt und er wird auf das Strengste befolgt. Der heimliche Lehrplan beherrscht die Kriminologie von Alaska bis Feuerland, von Irland bis Australien und von Sofia bis Singapur. Er war schon in Kraft, als die Kriminologie entstand und er bedurfte keiner Ergänzungen, keiner Novellierungen und schon gar keiner Revision bis auf den heutigen Tag. Nichts deutet darauf hin, dass seine Bestimmungen außer Kraft gesetzt werden könnten. Er ist nicht nur das eherne Gesetz, unter dem die Kriminologie antrat, sondern er stellt auch das größte Hindernis dar, das der Kriminologie wie ein Felsblock den Weg zur vollen Wissenschaftlichkeit versperrt.
 
 
Gibt es ihn überhaupt?
Suchmethode Indirekt Dark Matter Aids
 
Vorschlag Staatsverbrechen.
 
Besonderheiten des Umgangs mit Staatsverbrechen, die anders nicht erklärt werden können.
 
Ein Umgang, der sich vorhersehen lässt.
 
Dann hätte man den indirekten Nachweis seiner Existenz.
 
Und man könnte seine Konturen zu bestimmen versuchen.  


Der Lehrplan, von dem die Rede sein soll, galt schon zur Zeit der Entstehung der akademischen Disziplin namens Kriminologie. Nichts deutet darauf hin, dass er jemals außer Kraft gesetzt werden könnte. Er benötigt auch weder Novellierungen noch Revisionen. Trotz oder wegen seiner Unsichtbarkeit wirkt er wie ein ehernes Gesetz. Und so wie seine Existenz eine Voraussetzung dafür war, dass die Kriminologie überhaupt entstand, so war und ist er zugleich das größte Hindernis, der schwerste Felsbrocken, der ihr den Weg zur vollen Wissenschaftlichkeit versperrt.




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== Literatur ==
== Literatur ==
*Bernfeld, Siegfried (1981) Sisyphos oder die Grenzen der Erziehung, 4. Auflage Frankfurt a. M.
*Bernfeld, Siegfried (1981) Sisyphos oder die Grenzen der Erziehung, 4. Auflage Frankfurt a. M.
*[http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Michael_Franz_Birnbaum#Zum_Werk_.22.C3.9Cber_das_Erforderni.C3.9F_einer_Rechtsgutverletzung_zum_Begriff_des_Verbrechens.22 Birnbaum]
*Döring, Klaus W. (1989) Lehrerverhalten. Weinheim.
*Döring, Klaus W. (1989) Lehrerverhalten. Weinheim.


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*Popitz: Phänomene der Macht. 2., erw. Aufl. Tübingen: Mohr 1992, S. 22
*Popitz: Phänomene der Macht. 2., erw. Aufl. Tübingen: Mohr 1992, S. 22
*[http://www.springerlink.com/content/x3017321870441p2/ Sack, Fritz (2008) Die deutsche Kriminologie im Lichte des Werkes von D. Garland, in: Exklusion in der Marktgesellschaft ...]
*[http://www.springerlink.com/content/x3017321870441p2/ Sack, Fritz (2008) Die deutsche Kriminologie im Lichte des Werkes von D. Garland, in: Exklusion in der Marktgesellschaft ...]
*[http://www.policypress.co.uk/PDFs/General/An%20introduction%20to%20political%20crime_Chapter%202.pdf Ross, Jeffrey Ian (2012) An Introduction to Political Crime. Bristol: Policy Press Chapter 2: Theoretical explanations of political crime]
*Schütz, Alfred: Über die mannigfaltigen Wirklichkeiten, in: Ders.: Gesammelte Aufsätze. Bd. 1: Das problem der sozialen Wirklichkeit Den Haag 1971, S. 237-298.
*Schütz, Alfred: Über die mannigfaltigen Wirklichkeiten, in: Ders.: Gesammelte Aufsätze. Bd. 1: Das problem der sozialen Wirklichkeit Den Haag 1971, S. 237-298.
*Zinnecker, Jürgen (1975) Der heimliche Lehrplan. Weinheim.
*Zinnecker, Jürgen (1975) Der heimliche Lehrplan. Weinheim.
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