Staatsverbrechen und der heimliche Lehrplan der Kriminologie: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Bezugsrahmen, innerhalb dessen man seine Wahrnehmung organisierte, bestand aus der gleichsam axiomatischen Gewissheit, "dass das Strafrecht das Recht des Machthabers gegen den Machtunterworfenen ist, der Machthaber selbst aber nicht bestraft werden kann" (Naucke 2012: 15).  
Der Bezugsrahmen, innerhalb dessen man seine Wahrnehmung organisierte, bestand aus der gleichsam axiomatischen Gewissheit, "dass das Strafrecht das Recht des Machthabers gegen den Machtunterworfenen ist, der Machthaber selbst aber nicht bestraft werden kann" (Naucke 2012: 15).  


Dieser Bezugsrahmen war so tief verankert, dass er nicht von einem Tag auf den anderen durch die Entdeckung deliktischen Handelns seitens staatlicher Akteure revidiert werden konnte. Das Prinzip der Straffreiheit der Obrigkeit (princeps legibus solutus) galt seit unvordenklichen Zeiten als schiere Selbstverständlichkeit. Das Strafrecht war ein Instrument des Herrschers gegen schwierige Untertanen, die untereinander keinen Frieden halten konnten und durch den weisen Herrscher und seine Peinliche Gerichtsbarkeit zur Raison gebracht werden mussten. Und es war eine Waffe des Herrschers gegen Angriffe auf seine Ehre, seine Befehlsgewalt oder sein Leben. Das Delikt der mehr oder minder direkten Herausforderung staatlicher Machthaber aus dem Innern des Staates selbst wurde seinerzeit als ''crimen (laesae) maiestatis'', als ''perduellio'' oder als ''Staatsverbrechen'' bezeichnet.
Dieser Bezugsrahmen war so tief verankert, dass er erstens schon effektiv jede Wahrnehmung und jede Subsumtion staatlichen Handelns unter das Strafrecht blockierte und zweitens auch in dem (eines Tages ja dann doch eintretenden Fall einer solchen Wahrnehmung und Subsumtion) nicht von einem Tag auf den anderen revidiert werden konnte. Im Absolutismus war staatsrechtlich sonnenklar, dass der Machthaber von Gott eingesetzt war und sich auch nur vor diesem Urgrund seiner legitimen Herrschaft zu verantworten hatte (princeps legibus solutus). Doch selbst die in post-absolutistischen deutschen Landen dominierende Kantische Rechts- und Staatslehre wollte von irgendeiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Herrscher nichts wissen und riet den Unzufriedenen dazu, statt den Herrscher zu kritisieren doch lieber ins Exil zu gehen. Und wer nicht Kantianer war, sondern Hegelianer, der sah im Staat eh die Materialisierung edelster Menschheitsideale von Freiheit und Vernunft. 
 
Das Prinzip der Straffreiheit der Obrigkeit (princeps legibus solutus) galt seit unvordenklichen Zeiten als schiere Selbstverständlichkeit. Das Strafrecht war ein Instrument des Herrschers gegen schwierige Untertanen, die untereinander keinen Frieden halten konnten und durch den weisen Herrscher und seine Peinliche Gerichtsbarkeit zur Raison gebracht werden mussten. Und es war eine Waffe des Herrschers gegen Angriffe auf seine Ehre, seine Befehlsgewalt oder sein Leben. Das Delikt der mehr oder minder direkten Herausforderung staatlicher Machthaber aus dem Innern des Staates selbst wurde seinerzeit als ''crimen (laesae) maiestatis'', als ''perduellio'' oder als ''Staatsverbrechen'' bezeichnet.


    
    
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