Sicherungsverwahrung im Jugendstrafrecht: Unterschied zwischen den Versionen

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==Nachträgliche Sicherungsverwahrung im Jugendstrafrecht==
==Nachträgliche Sicherungsverwahrung im Jugendstrafrecht==
Das JGG ließ bis zum 20.06.2008 im § 7 als Maßregeln der Besserung und Sicherung die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Erziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis zu. Der Bundestag verabschiedete am 20.Juni 2008 nun die nachträgliche Sicherungsverwahrung nach Jugendstrafrecht. Eine nachträgliche Sicherungsverwahrung soll künftig auch bei nach Jugendstrafrecht Verurteilten angeordnet werden können. Der Bundestag hat dazu ein Gesetz beschlossen, das auf einen Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries zurückgeht. Die nachträgliche Sicherungsverwahrung ist im § 7 JGG eingefügt worden. Unstrittig ist, dass die Sicherungsverwahrung eine der schärfsten Sanktionen ist, die das deutsche Strafrecht vorsieht. Sie verhindert, dass ein Straftäter in Freiheit kommt, obwohl er seine gerichtlich festgesetzte Strafe voll verbüßt hat. Vor diesem Hintergrund darf die Sicherungsverwahrung immer nur ultima ratio sein, also nur angewendet werden, wenn es kein anderes Mittel gibt, um die Allgemeinheit zu schützen. Das gilt umso mehr bei jungen Menschen, die ihre Persönlichkeitsentwicklung noch nicht abgeschlossen und ihr ganzes Leben noch vor sich haben. Empirische Untersuchungen zeigen, dass die Delinquenz bei jugendlichen Straftätern oft nur eine Episode während ihrer Entwicklung hin zum Erwachsenen darstellt und sie später ein gänzlich straffreies Leben führen. Auch schwere Verbrechen, die die Ausnahme darstellen, werden nicht selten aus einer einmaligen Konfliktlage oder einer ganz spezifischen Situation heraus begangen. Allerdings gibt es - wenn auch nur sehr wenige - junge Täter, die nach einer verbüßten langen Jugendstrafe wieder schwerste Delikte begehen. Mit entsprechendem Gefährdungspotential können solche Extremfälle eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit darstellen (BMJ 2008). Bislang gab es – anders als im Erwachsenenstrafrecht – keine Sicherungsverwahrung bei Verurteilungen nach Jugendstrafrecht. Das wurde nun im Jahr 2008 geändert. Das neue Gesetz sieht bei Verurteilungen nach Jugendstrafrecht die Möglichkeit vor, am Ende einer verbüßten Haftstrafe gerichtlich die nachträgliche Sicherungsverwahrung anzuordnen. Möglich ist, dies
Das JGG ließ bis zum 20.06.2008 im § 7 als Maßregeln der Besserung und Sicherung die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Erziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis zu. Der Bundestag verabschiedete am 20.Juni 2008 nun die nachträgliche Sicherungsverwahrung nach Jugendstrafrecht. Eine nachträgliche Sicherungsverwahrung soll künftig auch bei nach Jugendstrafrecht Verurteilten angeordnet werden können. Der Bundestag hat dazu ein Gesetz beschlossen, das auf einen Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries zurückgeht. Die nachträgliche Sicherungsverwahrung ist im § 7 JGG eingefügt worden. Unstrittig ist, dass die Sicherungsverwahrung eine der schärfsten Sanktionen ist, die das deutsche Strafrecht vorsieht. Sie verhindert, dass ein Straftäter in Freiheit kommt, obwohl er seine gerichtlich festgesetzte Strafe voll verbüßt hat. Vor diesem Hintergrund darf die Sicherungsverwahrung immer nur ultima ratio sein, also nur angewendet werden, wenn es kein anderes Mittel gibt, um die Allgemeinheit zu schützen. Das gilt umso mehr bei jungen Menschen, die ihre Persönlichkeitsentwicklung noch nicht abgeschlossen und ihr ganzes Leben noch vor sich haben. Empirische Untersuchungen zeigen, dass die Delinquenz bei jugendlichen Straftätern oft nur eine Episode während ihrer Entwicklung hin zum Erwachsenen darstellt und sie später ein gänzlich straffreies Leben führen. Auch schwere Verbrechen, die die Ausnahme darstellen, werden nicht selten aus einer einmaligen Konfliktlage oder einer ganz spezifischen Situation heraus begangen. Allerdings gibt es - wenn auch nur sehr wenige - junge Täter, die nach einer verbüßten langen Jugendstrafe wieder schwerste Delikte begehen. Mit entsprechendem Gefährdungspotential können solche Extremfälle eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit darstellen (BMJ 2008). Bislang gab es – anders als im Erwachsenenstrafrecht – keine Sicherungsverwahrung bei Verurteilungen nach Jugendstrafrecht. Das wurde nun im Jahr 2008 geändert. Das neue Gesetz sieht bei Verurteilungen nach Jugendstrafrecht die Möglichkeit vor, am Ende einer verbüßten Haftstrafe gerichtlich die nachträgliche Sicherungsverwahrung anzuordnen. Möglich ist, dies
*bei schwersten Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung sowie in Fällen von Raub- oder Erpressungsverbrechen mit Todesfolge,
*wenn deswegen eine Jugendstrafe von mindestens sieben Jahren verhängt wurde und
*die Anlasstat mit einer schweren seelischen oder körperlichen Schädigung oder Gefährdung des Opfers verbunden war und
*das Gericht aufgrund einer Gesamtwürdigung nach Einholung von zwei Sachverständigengutachten die Gefährlichkeit des Täters mit hoher Wahrscheinlichkeit auch für die Zukunft annimmt.


Bei jungen Menschen, die über eine kürzere Lebensgeschichte verfügen und deren Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist, ist eine ausreichend sichere Gefährlichkeitsprognose nur sehr schwierig zu treffen. Das Fehlerrisiko ist bei Ihnen besonders hoch. Deshalb beschränkt sich das Gesetz darauf, die nachträgliche Sicherungsverwahrung einzuführen (anders bei Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht: dort kann im Strafurteil selbst unmittelbar die Sicherungsverwahrung angeordnet oder ein Vorbehalt aufgenommen werden, der eine Anordnung am Haftende ermöglicht). Wegen der besonderen Entwicklungssituation und der Aussichten für eine positive Einwirkung im Vollzug der Jugendstrafe soll bei jungen Menschen über die Anordnung der Sicherungsverwahrung immer erst aufgrund einer Gesamtwürdigung am Ende des Strafvollzugs entschieden werden können, auch wenn wesentliche Anzeichen für eine künftige Gefährlichkeit bereits anfänglich erkennbar waren. Wegen des erhöhten Prognoserisikos sind die „formalen“ Anordnungsvoraussetzungen zudem enger gefasst, als bei Erwachsenen (BMJ 2008).
Bei jungen Menschen, die über eine kürzere Lebensgeschichte verfügen und deren Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist, ist eine ausreichend sichere Gefährlichkeitsprognose nur sehr schwierig zu treffen. Das Fehlerrisiko ist bei Ihnen besonders hoch. Deshalb beschränkt sich das Gesetz darauf, die nachträgliche Sicherungsverwahrung einzuführen (anders bei Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht: dort kann im Strafurteil selbst unmittelbar die Sicherungsverwahrung angeordnet oder ein Vorbehalt aufgenommen werden, der eine Anordnung am Haftende ermöglicht). Wegen der besonderen Entwicklungssituation und der Aussichten für eine positive Einwirkung im Vollzug der Jugendstrafe soll bei jungen Menschen über die Anordnung der Sicherungsverwahrung immer erst aufgrund einer Gesamtwürdigung am Ende des Strafvollzugs entschieden werden können, auch wenn wesentliche Anzeichen für eine künftige Gefährlichkeit bereits anfänglich erkennbar waren. Wegen des erhöhten Prognoserisikos sind die „formalen“ Anordnungsvoraussetzungen zudem enger gefasst, als bei Erwachsenen (BMJ 2008).
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